Spruch:
Die Revision und die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulassung der Revision nicht gebunden. Entgegen diesem Ausspruch ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung eines solchen Rechtsmittels auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Den auf Antrag des Klägers gemäß § 508 Abs 1 ZPO (über den das Berufungsgericht offenbar irrtümlich in Urteilsform erkannte) nachträglich abgeänderten Zulässigkeitsausspruch (§ 508 Abs 3 ZPO) begründete es lediglich damit, dass der Zulassungsantrag zu Recht darauf hinweise, dass sich die Bejahung der Anwendbarkeit der §§ 5a ff KSchG auf den hier vorliegenden „Anbahnungssachverhalt" nicht auf gesicherte Judikatur berufen könne.
Tatsächlich gibt der Kläger in seinem Antrag aber (auch) die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 92/03p; 4 Ob 175/03v; 1 Ob 110/05s) wieder, wonach die genannten Bestimmungen die Richtlinie 97/7/EG („Fernabsatzrichtlinie") umsetzten. Deren Ziel sei es, den besonderen Risken des Fernabsatzes (dass der Verbraucher die Ware vor dem Kauf nicht in Augenschein nehmen könne und typischerweise eine persönliche Beratung durch den Verkäufer fehle) zu begegnen, weshalb ein Vertragsabschluss im Fernabsatz nur dann gegeben sei, wenn ein Vertrag unter ausschließlicher Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel geschlossen werde und ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem des Unternehmers vorliege; es werde somit auf die typische Situation eines Distanzgeschäfts, also die „Kontaktpflege unter Abwesenden" abgestellt.
Davon ausgehend ist der weiterhin bestrittene „Vertragsabschluss im Fernabsatz" im vorliegenden Fall aber schon deshalb nicht zu bezweifeln, weil sämtliche - nach der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erforderliche - Voraussetzungen eines derartigen Vertragsabschlusses, die in der Zulassungsbeschwerde zutreffend dargestellt werden, nach den im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbaren Feststellungen der Tatsacheninstanzen ohnehin erfüllt sind:
Beim Vertragsschluss kommunizierten die Vertragsparteien ausschließlich über Internet, Telefon und Fax, ohne dass der beklagte Verbraucher die Ware vor dem Verkauf in Augenschein nehmen konnte, wobei - entgegen den Ausführungen des Rechtsmittelwerbers, die insoweit nicht von den Feststellungen ausgehen - zweifellos auch „ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebssystem" des klagenden Unternehmers bestand; steht doch fest, dass der Kläger eine Website im Internet unterhalten hat (über die der Beklagte mit ihm in Verbindung getreten ist), wo auch das letztlich verkaufte Modell angeboten wurde und der Beklagte die notwendigen Informationen erhalten hat. Außerdem waren (nur) auf dieser Website die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers, auf die er in seinem Anbotsfax hinwies, einzusehen. Davon, dass der Fernabsatz zumindest Teil der unternehmerischen Vertriebsorganisation war, ist aber jedenfalls dann auszugehen, wenn der Unternehmer - wie hier - eine dem Vertrieb seiner Produkte gewidmete Homepage einrichtet, über die er seine Geschäfte abwickelt (Krejci in Rummel³ §§ 5a - 5i KSchG Rz 7). Da die Beurteilung, dass dem Beklagten auf dieser Grundlage das umfassende Rücktrittsrecht gemäß § 5e Abs 1 KSchG zustand, schon nach den vom Kläger ohnehin zugestandenen Voraussetzungen nicht zu beanstanden ist, bedarf es dazu nur noch folgender Klarstellungen:
Dieses Rücktrittsrecht muss auch insoweit als umfassend bezeichnet werden, als es dem Verbraucher sowohl dann zusteht, wenn er selbst das Geschäft angebahnt hat (zB durch Wählen der Telefonnummer des Call-Centers des Unternehmers), als auch dann, wenn der Unternehmer sich an den Verbraucher gewandt hat. Insoweit unterscheidet sich die Regelung des § 5e Abs 1 KSchG grundlegend von der in § 3 Abs 3 Z 1 und 2 KSchG normierten Rücktrittsregelung. Bei der letztgenannten Vorschrift kann der Verbraucher nämlich nur zurücktreten, wenn der Unternehmer das Geschäft anbahnt (Schurr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³, § 5e KSchG Rz 6; Apathy in Schwimann V³ § 5e KSchG Rz 2).
Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kann der in der Zulassungsbeschwerde geltend gemachte Umstand, dass hier „nicht der Unternehmer, sondern vielmehr der Verbraucher aktiv geworden" sei, dass also der Verbraucher selbst das Geschäft „angebahnt hat", somit nichts am (umfassenden) Rücktrittsrecht des Beklagten ändern. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt aber auch gar nicht von dem zu 1 Ob 110/05s (SZ 2005/137) entschiedenen Fall, in dem der Oberste Gerichtshof den Vertragsabschluss im Fernabsatz ebenfalls bejaht hat; auch dort ist der Vertragsschluss nämlich aufgrund einer Bestellung des Verbrauchers unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (dort nur Internet) erfolgt, und es wurde - wie hier - vereinbart, der Käufer werde die Ware gegen Barzahlung selbst abholen.
Auf dieser Grundlage hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 110/05s zum Rücktrittsrecht bei Fernabsatzgeschäften (erneut) Stellung genommen und dazu ausgeführt, es diene „als Korrektiv für unüberlegte Bestellungen, zu denen der Verbraucher mittels entsprechender Werbe- und Marketingmaßnahmen verleitet wurde. Der Verbraucher im Fernabsatz soll einem Käufer, der die Ware vor Vertragsabschluss begutachten und überprüfen kann, im Ergebnis gleichgestellt werden. Nur der Widerruf ermöglicht dem Verbraucher, die Vorteile des Distanzvertriebs zu nutzen und sich dennoch in einer vergleichbaren Position zu sehen wie jemand, der den Vertragsgegenstand vor Vertragsschluss intensiv untersuchen kann".
Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wird in diesem Zusammenhang somit nicht aufgezeigt, weil die Berufungsentscheidung ohnehin den wiedergegebenen Grundsätzen folgt. Im Übrigen behauptet der Revisionswerber, das Berufungsgericht weiche durch die Annahme einer wirksamen Rücktrittserklärung von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, weil feststehe, dass der Kläger keine Kenntnis vom Vertragsrücktritt erlangt habe und das Erstgericht nicht festgestellt habe, dass dem Kläger das diesbezügliche Fax des Beklagten zugegangen sei (dass also die Rücktrittserklärung den „Empfängerhorizont" erreicht habe). Dies gehe zu Lasten des insofern beweispflichtigen Beklagten. Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, dass kein Verfahrensmangel vorliegt, weil es auf die begehrte Ersatzfeststellung, dass „ein derartiges Schreiben bei der klagenden Partei nicht eingelangt ist", hier nicht ankommt (§ 5e Abs 1 letzter Satz KSchG). Den Revisionsausführungen, das Berufungsgericht habe den Kläger mit seiner Rechtsansicht über das Bestehen des Rücktrittsrechts des Beklagten nach den §§ 5a ff KSchG überrascht und seine Erörterungspflicht verletzt, ist entgegenzuhalten, dass der Beklagte schon im Verfahren erster Instanz seinen Vertragsrücktritt auch auf diese Bestimmung gestützt und hiezu Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat. Dementsprechende Ausführungen enthält auch seine Berufung, zu denen in der Berufungsbeantwortung des Klägers Stellung genommen wurde.
Mangels erheblicher Rechtsfragen ist die Revision daher zurückzuweisen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zur Revisionsbeantwortung ist Folgendes auszuführen:
Die Mitteilung des Berufungsgerichts, dass dem Beklagten die Beantwortung der Revision freigestellt werde, wurde dem Beklagtenvertreter am 16. 1. 2008 ohne Gleichschrift der Revision zugestellt. Nach telefonischer Urgenz erhielt er schließlich am 29. 1. 2008 die Gleichschrift der Revision. Die vierwöchige Frist zur Revisionsbeantwortung endete daher (jedenfalls) am 26. 2. 2008 (§ 507a Abs 2 Z 2 ZPO). Der Beklagte hat die Revisionsbeantwortung entgegen § 507a Abs 3 Z 1 ZPO beim Erstgericht eingebracht. Sie wurde daraufhin an das Berufungsgericht übersendet, wo sie am 27. 2. 2008 einlangte. Da die unrichtige Adressierung einer fristgebundenen Eingabe nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Anwendung des § 89 GOG ausschließt (Kodek in Rechberger³ Vor § 461 ZPO Rz 7 mwN; RIS-Justiz RS0041608), ist die Zeit der Übersendung des Schriftstücks vom funktionell nicht zuständigen an das funktionell zuständige Gericht in die Rechtsmittelfrist einzurechnen (RIS-Justiz RS0041584; RS0043678).
Die demnach verspätete Revisionsbeantwortung des Beklagten ist daher zurückzuweisen (10 ObS 104/07b; 7 Ob 4/08a).
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