OGH 7Ob176/07v

OGH7Ob176/07v23.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Maxwald und Dr. Georg Bauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen 531.844,92 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2007, GZ 2 R 55/07h-17, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. Dezember 2006, GZ 19 Cg 112/06a-9, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Die Urkundenvorlage der klagenden Partei und die Äußerungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin werden zurückgewiesen.

2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.865,24 EUR (darin enthalten 477,54 EUR an USt) und der Nebenintervenientin die mit 2.387,70 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu 1.

Jeder Partei steht nach ständiger Rechtsprechung nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Schriftsätze, Nachträge oder Ergänzungen sind unzulässig (RIS-Justiz RS0041666). Die ergänzenden Schriftsätze sind daher zurückzuweisen. Zu 2.

Zur besseren Verständlichkeit werden die Feststellungen und der unstrittige Sachverhalt mit der Gesetzeslage gemeinsam zur Darstellung gebracht.

Die Beklagte ist Betreiberin eines Stromübertragungsnetzes, die Klägerin zugelassene Kundin im Sinn des § 44 Abs 1 und 2 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz idF BGBl I Nr 143/1998 (ElWOG I). Die Beklagte belieferte die Klägerin mit elektrischer Energie und schrieb ihr im Zeitraum 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 „Stranded-Costs-Verordnung-Beiträge" für das Braunkohlekraftwerk Voitsberg 3 in der Höhe des Klagsbetrags vor, die die Klägerin auch bezahlte. Die Energie-Control-Kommission wies mit Bescheid vom 17. Mai 2006 den Rückzahlungsantrag der Klägerin ab. Vor Beginn der Liberalisierung des österreichischen Strommarkts erfolgten zahlreiche Investitionen in Kraftwerke, die nach der Liberalisierung nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Daraus entsprang der Gedanke, dass jene Kunden, die von der Liberalisierung durch Kostensenkungen profitieren, die sogenannten Stranded-Costs, das heißt die nicht mehr wettbewerbsfähigen Investitionen, finanzieren sollten.

§ 69 ElWOG I setzt mit Wirksamkeit ab 19. Februar 1999 die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (RL 96/92/EG) vom 19. Dezember 1996 (EB-RL) um. § 69 ElWOG I lautet:

„(1) Wurden nicht rentable Investitionen und Rechtsgeschäfte eines Elektrizitätsunternehmens durch die Europäische Kommission gemäß Art 24 EB-RL anerkannt, ist der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß zugelassene Kunden Beiträge für die Aufbringung der Mittel zu leisten haben, die für die Gewährung von Betriebsbeihilfen für Elektrizitätsunternehmen erforderlich sind, deren Lebensfähigkeit aufgrund von Erlösminderungen infolge von Investitionen oder Rechtsgeschäften, die durch die Marktöffnung unrentabel geworden sind, gefährdet ist. In dieser Verordnung sind weiters die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen diesen Unternehmen Betriebsbeihilfen zu gewähren sind.

...

(2) Die Verordnung gemäß Abs 1 hat insbesondere zu enthalten:

  1. 1. Art und Ausmaß der vom zugelassenen Kunden zu leistenden Beiträge;
  2. 2. die Voraussetzungen, unter denen ein Ausgleich für Erlösminderungen für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel geworden sind, zu gewährleisten ist. ...

(3) Die Beiträge gemäß Abs 2 Z 1 sind so zu bemessen, dass durch die zu entrichtenden Beiträge jene zu erwartenden Erlösminderungen von Elektrizitätsunternehmen gedeckt werden, für die Betriebsbeihilfen gewährt werden. ...

(5) Für die sich aufgrund des Einsatzes inländischer Braunkohle bis zu einem Ausmaß von 3 % der in einem Kalenderjahr zur Deckung des gesamten österreichischen Elektrizitätsverbrauchs ergebenden Differenzbeträge zwischen dem Marktpreis und dem Preis vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ... sind jedenfalls Betriebsbeihilfen zu gewähren, wobei auf die in den Absätzen 9 und 10 enthaltenen Übergangsbestimmungen für Verträge Bedacht zu nehmen ist.

(6) Die Netzbetreiber haben die gemäß Abs 1 bis 3 bestimmten Beiträge einzuheben und an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten abzuführen, das diese treuhändig zu verwalten hat.

(7) Die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten verwalteten Mittel sind ausschließlich als Betriebsbeihilfen für nicht rentable Investitionen oder Rechtsgeschäfte für ... (begünstigte Unternehmen) zu verwenden. ..."

Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Regelung der Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen von Elektrizitätsunternehmen für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel werden könnten, BGBl II Nr 52/1999, die sogenannte Stranded-Costs Verordnung I (VO I), lautet, soweit hier von Bedeutung:

„§ 8 (1) Zur Aufbringung der zur Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen aus Investitionen gemäß § 3 Z 1 bis 3 können bis zum Ablauf des 18. Februar 2009 Beiträge eingehoben werden, wenn und insoweit diese Investitionen als nicht rentable Investitionen von der Europäischen Kommission anerkannt werden. ... (5) Zur Aufbringung der für die Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen aus Investitionen und Rechtsgeschäften gemäß § 3 Z 4 und 5 (= Kraftwerk Voitsberg 3 und Kohle-Lieferungsvertrag, abgeschlossen zwischen der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau Gesellschaft und der Österreichischen Draukraftwerke Aktiengesellschaft vom 20. Juli 1977) erforderlichen Mittel sind vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten jährlich Beträge pro kWh festzusetzen, die von den Endverbrauchern aufzubringen sind. ...

§ 9 (1) Zur Einhebung der Beiträge gemäß § 8 Abs 5 haben die Netzbetreiber vierteljährlich beginnend mit 1. April 2000 die ihrer Gesamtabgabe an die Verbraucher entsprechenden Beträge an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten abzuführen. Gegenüber Endverbrauchern, die zugelassene Kunden sind, kann der Netzbetreiber diesen Betrag gesondert in Rechnung stellen.

(2) Beiträge gemäß § 8 Abs 5 sind beginnend mit 19. Februar 1999 einzuheben.

(3) Werden Betriebsbeihilfen gemäß § 8 Abs 5 nicht oder nur in geringerem Ausmaß von der Europäischen Kommission anerkannt, sind die über die Anerkennung hinausgehenden Beihilfen aufbringungsgerecht und verzinst zurückzuerstatten.

(4) Insoweit die Europäische Kommission über die in § 3 Z 4 und 5 bestimmten unrentablen Investitionen oder Rechtsgeschäfte hinaus Stranded-Costs anerkennt, ist die Bestimmung dieser Beiträge ebenso wie die Anpassung der § 3 und 4 an die Kommissionsentscheidung einer weiteren Verordnung vorbehalten.

§ 10 (1) Die Netzbetreiber haben die Beiträge von Stranded-Costs, die zugelassenen Kunden verrechnet werden, auf den Rechnungen oder Teilrechnungen für die Netznutzung gesondert auszuweisen, wobei auch der Verwendungszweck der eingehobenen Mittel anzugeben ist. Die Beträge können auch aufgeschlüsselt nach Verwendungszweck angeführt werden."

Diese Verordnung trat mit 19. Februar 1999 in Kraft. Die jahresmäßige Höhe der Beiträge wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten im Bundesgesetzblatt II Nr 53/1999, II Nr 103/2000 kundgemacht.

Art 24 EB-RL lautet:

„(1) Mitgliedsstaaten, in denen aufgrund der Bestimmungen dieser Richtlinie vor Inkrafttreten dieser Richtlinie auferlegte Verpflichtungen oder erteilte Betriebsgarantien möglicherweise nicht erfüllt werden, können eine Übergangsregelung beantragen, die ihnen von der Kommission unter anderem unter Berücksichtigung der Dimension des betreffenden Systems, des Verbundgrads des Systems und der Struktur seiner Elektrizitätsindustrie gewährt werden kann. Vor einer entsprechenden Entscheidung unterrichtet die Kommission die Mitgliedsstaaten unter Wahrung der Vertraulichkeit über diese Anträge. Die Entscheidung wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

(2) Diese Übergangsregelung ist zeitlich begrenzt und an das Auslaufen der in Absatz 1 genannten Verpflichtungen oder Garantien gebunden. Die Übergangsregelung kann Ausnahmeregelungen zu den Kapiteln IV, VI und VII enthalten. Die Anträge auf Anwendung einer Übergangsregelung müssen bei der Kommission spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Richtlinie eingereicht werden."

Mit Schreiben vom 11. Februar 1998 notifizierte das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten einen Antrag auf Gewährung einer Übergangsregelung gemäß Art 24 EB-RL. Notifiziert wurden zwei Ausnahmeregelungen, darunter der langfristige Lieferbezugsvertrag für inländische Braunkohle für das Kraftwerk Voitsberg, das von einer gesetzlichen Betriebsgarantie im Umfang von bis zu 3 % des inländischen Jahresverbrauchs an Elektrizität profitiere. Die Regelung zur Deckung der Stranded-Costs ziele darauf ab, diese Erzeugungsanlage zu entschädigen, 1. für ihre langfristige Verpflichtung, Braunkohle zu Preisen zu beziehen, die über den Weltmarktpreisen für Stein- bzw Braunkohle lägen und 2. für die Erlösminderungen, die sie aufgrund der aus der Einführung des Wettbewerbs - verglichen mit der gesetzlichen Betriebsgarantie - resultierenden niedrigeren Preisen zu erwarten habe. Das vorgeschlagene Verfahren sei in § 69 ElWOG geregelt. Mit Note vom 21. Oktober 1998 wurde die Republik Österreich von der Europäischen Kommission aufgefordert, die als Übergangsregelungen gemäß Art 24 EB-RL notifizierten Maßnahmen der Kommission auch als staatliche Beihilfen zu notifizieren. Die Kommission erhob Bedenken dagegen, dass es sich um Maßnahmen im Sinne des Art 24 EB-RL handle. Die Tatsache, dass diese Maßnahmen zu beträchtlichen Wettbewerbsverzerrungen führen könnten, ändere an diesem Ergebnis nichts. Zwar würden die möglichen wirtschaftlichen Folgen den in den Ausnahmeregelungen zu den Kapiteln IV, VI und VII der Richtlinie enthaltenen Verpflichtungen im Wesentlichen entsprechen, doch resultierten sie nicht aus solchen Ausnahmeregelungen. Es handle sich vielmehr um Maßnahmen, die gemäß Art 87 Abs 3c EGV geprüft werden müssten.

Die österreichische Regierung notifizierte am 11. Jänner 1999 der Europäischen Kommission nach den Bestimmungen über staatliche Beihilfen gemäß Art 88 Abs 3 EGV die Maßnahme „Ersatz von Stranded-Costs". In der Notifizierung wurde im Wesentlichen der Inhalt des Antrags auf Anwendung einer Übergangsregelung wiederholt, den die österreichische Regierung im Februar 1998 aufgrund des Art 24 EB-RL gestellt hatte.

Die Europäische Kommission beschied am 8. Juli 1999, dass die Maßnahmen der betreffenden Übergangsregelung keine Ausnahmeregelung zu den Kapiteln IV, VI und VII EB-RL erfordere, da das von Österreich gewählte System keine Ausnahmeregelung zu diesen Kapiteln vorsehe. Es handle sich vielmehr um eine reine Ausgleichsregelung, also ein System, in dem Gebühren oder Abgaben von einem Mitgliedsstaat erhoben werden, um die durch die Anwendung der EB-RL verursachten Stranded-Costs zu kompensieren. Die Erhebung solcher Abgaben könne folglich nicht als Übergangsregelung im Sinn des Art 24 EB-RL eingestuft werden.

Erst aufgrund dieser Entscheidung nahm der Gesetzgeber endgültig zur Kenntnis, dass er keine Übergangsregelung gemäß Art 24 EB-RL - wie dies in der Stammfassung des § 69 ElWOG I vorgesehen war -, sondern eine Beihilfenregelung im Sinn des Art 88 EGV für die Kompensation der Stranded-Costs werde treffen müssen. § 69 ElWOG I wurde durch Art 7 Energieliberalisierungsgesetz, BGBl I Nr 121/2000 (ElWOG II) wie folgt neu gefasst:

„(1) Wurden nicht rentable Investitionen und Rechtsgeschäfte eines Elektrizitätsunternehmens ... durch die Europäische Kommission gemäß Art 88 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft anerkannt, ist der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß zugelassene Kunden Beiträge für die Aufbringung der Mittel zu leisten haben, die für die Gewährung von Betriebsbeihilfen für Elektrizitätsunternehmen erforderlich sind, deren Lebensfähigkeit aufgrund von Erlösminderungen infolge von Investitionen oder Rechtsgeschäften, die durch die Marktöffnung unrentabel geworden sind, gefährdet ist. In dieser Verordnung sind weiters die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen diesen Unternehmen Betriebsbeihilfen zu gewähren sind. ...

(2) Die Verordnung gemäß Abs 1 hat insbesondere zu enthalten:

  1. 1. Art und Ausmaß der von zugelassenen Kunden zu leistenden Beiträge;
  2. 2. die Voraussetzungen, unter denen ein Ausgleich für Erlösminderungen, für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel geworden sind, zu gewähren ist; ...

(5) Für die sich aufgrund des Einsatzes inländischer Braunkohle bis zu einem Ausmaß von 3 % der in einem Kalenderjahr zur Deckung des gesamten österreichischen Elektrizitätsverbrauchs ergebenden Differenzbeträge zwischen dem Marktpreis und dem Preis vor Inkrafttreten des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes idF BGBl I Nr 143/1998 sind jedenfalls Betriebsbeihilfen zu gewähren.

(6) Die Netzbetreiber haben die gemäß Abs 1 bis 3 bestimmten Beiträge einzuheben und an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen."

Die Bestimmung trat am 1. Oktober 2001 in Kraft.

Nach Art 87 Abs 1 EGV sind staatliche Beihilfen grundsätzlich mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind hingegen nach Art 87 Abs 3 lit c EGV Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Nach Art 88 Abs 1 EGV überprüft die Europäische Kommission fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Markts erfordern. Nach Art 88 Abs 2 EGV entscheidet sie, wenn sie feststellt, dass eine staatliche Beihilfe mit Art 87 EGV unvereinbar ist, dass der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat. Nach Art 86 Abs 2 EGV gelten die Vorschriften dieses Vertrags unter anderem für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind. Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels und richtet erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedsstaaten. Die Europäische Kommission vertrat den Standpunkt, dass eine gleichmäßige Belastung aller Stromabnehmer mit Sitz in Österreich nur unter der Voraussetzung möglich wäre, dass Stromexporte aus österreichischer Produktion ebenfalls mit der Abgabe belastet werden müssten, während österreichische Stromimporte zu entlasten wären. Würde der für Voitsberg notifizierte Aufbringungsmechanismus beibehalten, wäre die Kommission gezwungen, ein Hauptprüfungsverfahren einzuleiten. Österreich schlug den Kompromiss vor, dass für die Vergangenheit für aus der EU importierte elektrische Energie ein Anspruch auf Rückerstattung der bereits eingehobenen Beiträge eingeräumt werde, während für die Zukunft auch für Voitsberg der für die Wasserkraft notifizierte Aufbringungsmechanismus, der eine nach dem Verbundstrombezug im Jahr 1997 differenzierte Festlegung der Beitragssätze vorsah, anzuwenden wäre. Dieser Vorschlag wurde von der Europäischen Kommission als gangbar angesehen. Es wurde abgehend vom bisher notifizierten Modus der geänderte Mechanismus notifiziert.

Mit Note vom 25. 7. 2001 teilte die Europäische Kommission der Republik Österreich mit, dass gemäß Art 69 Abs 1 ElWOG der österreichische Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung bestimmen könne, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang zugelassene Kunden zur Finanzierung der Ausgleichsleistungen für Stranded-Costs herangezogen werden können. In § 69 Abs 2 sei festgelegt, dass die Verordnung Angaben zu Art und Umfang der von zugelassenen Kunden zu leistenden Beiträge enthalten müsse. In Art 2 der Verordnung vom 18. 2. 1999 würden die Beihilfeberechtigten genannt, die beihilfefähigen Investitionen und Verträge definiert und die Dauer der jährlichen Ausgleichszahlungen auf maximal zehn Jahre begrenzt. In Art 4 sei der Höchstbetrag der insgesamt zu leistenden Ausgleichszahlungen festgelegt. Darüber hinaus würden die Voraussetzungen definiert, unter denen die Beihilfen gewährt sowie die Art und Weise, in der die Mittel aufgebracht würden. Die für die Ausgleichszahlungen benötigten Finanzmittel würden im Sinn der Stranded-Costs-Verordnung über eine Abgabe geleistet, die von den Netzbetreibern und anderen zugelassenen Kunden durch einen Zuschlag proportional zur bezogenen Strommenge erhoben würde. Ob es sich bei diesem Vorgang um eine staatliche Beihilfe im Sinn des Art 87 Abs 1 EGV handle, könne nicht festgestellt werden, im Hinblick darauf, dass es sich nicht um eine unmittelbar staatliche Förderung, sondern unter Umständen lediglich um eine staatlich verordnete Verpflichtung, wonach bestimmte Unternehmen bestimmte Beträge an andere Unternehmen zu zahlen hätten, handle. Liege eine Beihilfe vor, so könne darauf Art 87 Abs 3 EGV grundsätzlich angewendet werden. Das gelte allerdings nicht für die Ausgleichsleistungen für das Braunkohlekraftwerk Voitsberg, da einerseits die Kosten aus einem Vertrag über die Lieferung zwischen zwei Unternehmen herrührten, andererseits es sich nicht um eine lebensfähige Investition handle, da die Schließung des Braunkohlekraftwerks Voitsberg vorgesehen sei und die Beihilfen nur dazu zu dienen schienen, das geregelte Auslaufen der Betriebstätigkeit abzufedern. Eine Prüfung nach Art 86 Abs 2 EGV hingegen ergebe, dass dessen Kriterien für eine Genehmigung dieser Beihilfe erfüllt seien und diese auch nicht anderen Artikeln des EGV widerspreche.

Zum Ausgleichsmechanismus wurde ausgeführt: „Zur Finanzierung der Ausgleichszahlung für die 'Stranded-Costs' des Braunkohlekraftwerks Voitsberg hat die österreichische Regierung ursprünglich einen Zuschlag pro kWh des in Österreich verbrauchten Stroms vorgeschlagen. Mit Schreiben vom 26. Juni 2001 hat die österreichische Regierung den Teil betreffend den Zuschlag jedoch aus der Notifizierung entfernt. In diesem Schreiben hat sich die österreichische Regierung verpflichtet, aus der EU eingeführten Strom nicht zu besteuern und in die EU ausgeführten Strom zu besteuern. Das Einhebungsverfahren wird entsprechend angepasst, sodass ab 1. Oktober 2001 der Ausgleich für das Braunkohlekraftwerk Voitsberg auf dieselbe Weise erhoben wird wie für die Wasserkraftwerke. Für vor diesem Termin fällige Abgaben wird ein Erstattungssystem eingerichtet für Aufschläge auf Stromeinfuhren, und Ausfuhren werden rückwirkend mit demselben Aufschlag belastet wie in der Zeit vom 19. Februar 1999 bis 1. Oktober 2001 für einheimische Energie, die an Inlandskunden geliefert wurde."

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erließ über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerks Voitsberg 3 stehen, die sogenannte Stranded-Costs-Verordnung II, BGBl II Nr 354/2001 (VO II). Diese lautet:

„§ 1 (1) Diese Verordnung hat die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zum Gegenstand, die zur Abdeckung von Erlösminderungen dienen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerks Voitsberg 3 stehen.

(2) Die Regelung über die Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen für sonstige Erlösminderungen, die im Zusammenhang mit der Marktöffnung entstanden sind und deren Zulässigkeit gemäß Art 87 Abs 2c EGV durch Entscheidung der Kommission vom 25. Juli 2007 festgestellt wurde, bleibt einer gesonderten Verordnung vorbehalten.

(3) Für die Abdeckung von Erlösminderungen im Sinn des § 1 Abs 1 kann für nachstehende Investitionen und Rechtsgeschäfte Beihilfen gewährt werden:

  1. 1. Kraftwerk Voitsberg 3,
  2. 2. Kohlelieferungsvertrag, abgeschlossen zwischen der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau Gesellschaft und der Österreichischen Drau-Kraftwerke Aktiengesellschaft.

    § 6 (1) Zur Aufbringung der zur Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen gemäß § 1 Abs 1 sind bis zum Ablauf des 30. Juni 2006 die in der Anlage festgesetzten Beiträge durch den Netzbetreiber vom Endverbraucher einzuheben.

(2) Für Endverbraucher, die im Jahr 1997 ihren Bedarf an elektrischer Energie zur Gänze oder teilweise aus einer Eigenanlage gedeckt haben oder deren Versorgung im Jahr 1997 zur Gänze oder teilweise nicht durch das Versorgungsunternehmen erfolgte, an deren Netz der Endverbraucher angeschlossen ist, ist über Antrag ein von der Anlage abweichender Beitrag durch die Elektrizitäts-Control GmbH bescheidmäßig zu bestimmen.

(3) Bei der Berechnung individueller Beiträge für Endverbraucher gemäß Abs 2 ist Berechnungsgrundlage der rechnerisch ermittelte Bezug von der Verbundgesellschaft im Jahr 1997, ...

§ 7 (1) Die Beträge gemäß § 6 sind beginnend mit 1. Oktober 2001 einzuheben.

(2) Die Netzbetreiber haben vierteljährlich, beginnend mit 1. Jänner 2002, die ihrer Gesamtabgabe an den Endverbraucher entsprechenden Beiträge an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann die Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben. ... § 10 (1) Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der gemäß § 69 Abs 6 ElWOG in Verbindung mit § 9 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (Stranded-Costs I) einzuhebenden Beiträge bleibt durch diese Verordnung unberührt. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann diese, sich aus der Abgabe an alle Endverbraucher und dem in den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten ... festgelegten Betrag von 0,574 Groschen pro kWh ergebenden Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat die bis 30. September 2001 vereinnahmten Mittel an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Diese hat die Mittel gemäß den in dieser Verordnung enthaltenen Bestimmungen den begünstigten Unternehmen zuzuteilen. ...

§ 11 Diese Verordnung tritt mit 1. Oktober 2001 in Kraft. ...

(3) Die Verordnung des Bundesministeriums für Stranded-Costs I tritt mit Ablauf des 30. September 2001 außer Kraft."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Juni 2004, GZ V3/04, VfSlg 17.210, wurde § 10 Abs 1 der VO II wegen Widerspruchs zum - eine Belastung bloß der zugelassenen Kunden vorsehenden - ElWOG als gesetzwidrig aufgehoben.

Mit Verordnung vom 28. September 2005, BGBl II Nr 311/2005, wurde hierauf § 10 Abs 1 der VO II mit folgendem Wortlaut - soweit er hier maßgebend ist - neu erlassen (VO II nF):

„(1) Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der Beiträge, die von Endverbrauchern und Netzbetreibern nach Maßgabe ihrer Qualifikation als zugelassene Kunden im Sinn des § 44 Abs 1 und 2 ElWOG, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 143/1998, zwischen dem 19. Februar 1999 und dem 30. September 2001 gemäß § 69 Abs 6 ElWOG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 143/1998, in Verbindung mit § 9 Abs 1 der Verordnung BGBl II Nr 52/1999 zu leisten waren, bleibt durch die vorliegende Verordnung unberührt. Insoweit diese Beiträge zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung noch nicht oder nicht vollständig abgeführt worden sind, hat die Energie-Control GmbH den Netzbetreibern ... die Beiträge ... zur Abführung mit Bescheid vorzuschreiben ..."

Der Verfassungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 26. Februar 2007, GZ V1/07, den gemäß Art 89 Abs 3 B-VG iVm Art 139 B-VG gestellten Antrag eines Gerichts auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Stranded-Costs-VO I, BGBl II Nr 52/1999, zurück. Im gerichtlichen Verfahren begehrte die Klägerin als Endverbraucherin von elektrischer Energie und Kundin der beklagten Stromnetzbetreiberin die Rückzahlung ihrer vom 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 bezahlten „Stranded-Costs-Beiträge". Die in § 9 Abs 3 VO I geforderte Anerkennung sei nicht erfolgt. Die Beklagte hat die Rückzahlungsverpflichtung bestritten. Der Verfassungsgerichtshof führte aus, dass er nicht berechtigt sei, durch seine Präjudizialitätentscheidung das antragsstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichts in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dürfe aber ein Antrag nach § 139 B-VG dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) sei, dass die angefochtene generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragsstellenden Gerichts im Anlassfall bilde. Nach der Beurteilung des Verfassungsgerichtshofs sei durch die Übergangsbestimmung des § 10 Abs 1 VO II (nF) den Regelungen der VO I auch für den Zeitraum der Geltung der VO I derogiert worden, wie auch aus seinem Erkenntnis GZ V3/04, VfSlg 17.210/2004 (mit dem § 10 Abs 1 VO II als gesetzwidrig aufgehoben wurde), hervorgehe. Die VO II sei als abschließende Regelung der Einhebung der ausständigen Stranded-Costs-Beiträge von den Netzbetreibern auch für den Zeitraum vom 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 anzusehen. Das antragsstellende Gericht habe daher die Frage der gesetzlichen Deckung für die entrichteten Beiträge nach dieser Regelung und nicht nach der angefochtenen Verordnung zu beurteilen.

Mit den Stranded-Costs befassen sich auch noch folgende Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs:

In seinem Erkenntnis vom 5. Oktober 2004, GZ B623/03, unter anderem VfSlg 17.315, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 69 Abs 1 ElWOG II nicht die Rechtsbeziehungen zwischen beitragspflichtigen Kunden und Beitragsempfängern regle, sondern dass die Beiträge als öffentlich-rechtliche (elektrizitätswirtschaftliche) Geldleistungsverpflichtung der Stromkunden besonderer Art zu beurteilen seien. Dass die für die begünstigten Unternehmen bestimmten Beiträge von der Energie-Control GmbH nur „treuhändig" verwaltet würden und nicht einer Gebietskörperschaft zukämen, mache sie nicht zu zivilrechtlichen Ansprüchen, sondern unterscheide diese nur von den öffentlich-rechtlichen Abgaben im Sinn der Finanzverfassung.

In dem Erkenntnis vom 26. Juni 2003, GZ G240/02, V60/02, VfSlg 16.921, in dem auch der Ablauf des Notifizierungsverfahrens dargestellt ist, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Verordnungsermächtigung im ElWOG II ausreichend inhaltlich determiniert sei.

Die Klägerin begehrt die Rückerstattung der von ihr geleisteten Stranded-Costs-Beiträge. Die Voraussetzungen für die Einhebung seien nicht gegeben. Die Zahlungen seien ohne zugrundeliegenden Rechtstitel irrtümlich geleistet worden. Eine Anerkennung nicht rentabler Investitionen durch die Europäische Kommission im Sinn des § 69 ElWOG sei nicht erfolgt. Sie habe die Betriebsbeihilfe nicht als solche im Sinn des Art 24 EB-RL qualifiziert. Die VO I sei zwar formell mit Ablauf des 30. September 2001 außer Kraft getreten, zugleich sei jedoch durch die VO II eine Übergangsbestimmung in Form des § 10 festgesetzt worden, wonach die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der bis 30. September 2001 einzuhebenden Beträge unberührt bleibe. Da die eingehobenen Beträge nicht durch Gesetz und Verordnung gedeckt seien, seien diese gemäß § 9 Abs 2 VO I zurückzuzahlen. Die unzulässige Beitragseinhebung könne ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich saniert werden.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung mit der Begründung, dass sie passiv nicht klagslegitimiert sei. Sie sei ausschließlich als Verwaltungshelfer und treuhändig tätig gewesen und habe die eingehobenen Beträge an den Bundesminister für Wirtschaft abgeführt. Auch materiell bestehe der Rückforderungsanspruch nicht, da die Europäische Kommission sehr wohl positiv über die österreichische Stranded-Costs-Regelung abgesprochen habe. Sie habe diese zwar nicht als zulässig gemäß Art 24 EB-RL, wohl aber als Beihilfe nach Art 87f EGV qualifiziert. Ziel des österreichischen Gesetzgebers sei gewesen, ein europarechtskonformes System zu schaffen, das die europarechtliche Zulässigkeit der Einhebung rechtfertige, wobei eine bestimmte Form der Anerkennung für den österreichischen Gesetzgeber nicht vorrangig gewesen sei. Auf § 9 Abs 3 VO I könne die Rückforderung nicht mehr gestützt werden, da diese mit der VO II außer Kraft getreten sei. Die Rückzahlungsregelung des § 9 Abs 3 VO I beziehe sich darüber hinaus ausdrücklich auf „unzulässige Beihilfen", woraus sich schon ergebe, dass eine Rückzahlung an die Klägerin nicht zu erfolgen habe, wenn auch die Zustimmung der Europäischen Kommission nicht nach Art 24 EB-RL, sondern aufgrund Art 87f EGV erfolgt sei. Die Differenzierung zwischen „Beihilfe" und „Beitrag" sei absichtlich erfolgt.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Beklagten, der Rechtsweg sei unzulässig (der Beschluss erwuchs in Rechtskraft) und wies das Klagebegehren ab. Zwar habe die VO I einen Rechtsgrund für die Zahlung nicht dargestellt, weil es sich nicht um einen Beitrag zur Finanzierung einer genehmigten Beihilfe nach Art 24 EB-RL gehandelt habe, eine Rückforderung sei aber durch die VO II ausgeschlossen. Mit dem Inkrafttreten der VO II sei die VO I aufgehoben worden, sodass auch § 9 Abs 1 VO I entfalle. Der Gesetzgeber habe zwar nicht ausdrücklich angeordnet, dass eine aufgrund der VO I bereits vor deren Außerkrafttreten erfolgte Zahlung durch die Einhebungsvorschriften der VO II betreffend noch unbezahlte Beiträge rückwirkend gerechtfertigt werde. Es sei jedoch mit der Erlassung der VO II nicht nur die Rückzahlungsverpflichtung im Fall, dass eine Genehmigung der Kommission gemäß Art 24 EB-RL nicht erfolgte, beseitigt worden, sondern es sei auch eine wirksame Grundlage für die Zahlung noch nicht entrichteter Beiträge für den Zeitraum bis 30. September 2001 geschaffen worden. Die Einhebung der Beiträge aufgrund dieser Verordnung in ihrer letztgültigen Fassung sei unbedenklich, da diese in Ausführung des § 69 ElWOG II nach Art 88 EGV genehmigte Beihilfen zur Grundlage gehabt und für die noch unbezahlten Beiträge eine inhaltliche Regelung - nämlich die Übernahme der entsprechenden Bestimmungen der VO I - enthalten habe. Dass offene Beiträge für den Zeitraum bis 30. September 2001 eingefordert und folglich bereits bezahlte Beträge nicht zurückverlangt werden könnten, entspreche der

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. In der Entscheidung 7 Ob 181/04z stand die Auslegung des § 10 VO II, dessen hier interessierender Teil der neuen Fassung entspricht, an, nämlich ob die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der gemäß § 69 Abs 6 ElWOG in Verbindung mit § 9 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (Stranded-Costs VO I) einzuhebenden Beiträge durch diese Verordnung unberührt blieb. Aufgrund einer Interpretation nach dem Wortlaut kam der Oberste Gerichtshof (Binder in Hauer, Aktuelle Fragen des Energierechts 2002, 35, FN 11, folgend) zur Ansicht, dass für den Zeitraum vor dem 30. September 2001 § 9 VO I entsprechend dem Wortlaut „unberührt" bleibe, das heißt, dass diese Bestimmung weiterhin die normative Grundlage für die Einhebung der Beiträge bilde.

Mittlerweile erging das vorhin dargelegte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 26. Februar 2007, GZ V1/07. Auch wenn der Verfassungsgerichtshof - wie er selbst ausführt - das Gericht nicht an eine bestimmte Rechtsauslegung bindet, so hat er jedoch in den tragenden Zurückweisungsgründen dieses Erkenntnisses letztlich - als der nach Art 139 B-VG zur Verordnungsprüfung berufene Gerichtshof - auch über den zeitlichen Geltungsbereich der VO I und II abgesprochen, legt er doch seine Rechtsansicht zum zeitlichen Geltungsbereich der VO I und deren Derogierung durch die VO II auch für den Zeitraum vom 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 dar. Er ließ sich dabei von einer teleologischen Auslegung leiten. Dem ist nun zu folgen. Der Oberste Gerichtshof hält die in der Entscheidung 7 Ob 181/04z vorgenommene Auslegung der VO I und II nicht aufrecht. Mit der VO II wird also die öffentlich-rechtliche Geldleistungsverpflichtung ab 19. Februar 1999 geregelt. Damit ist eine Genehmigung der Europäischen Kommission gemäß Art 24 EB-RL nicht mehr Voraussetzung für die Zahlungspflicht der zugelassenen Endverbraucher.

Der Verfassungsgerichtshof hat die VO II als für den Zeitraum vom 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 für anwendbar erklärt. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass er - als der nach Art 139 B-VG zur Verordnungsprüfung berufene Gerichtshof - die von ihm erkannte Rückwirkung der VO II für gesetzeskonform hält. Ein Eingehen auf die Bedenken der Revisionswerberin gegen die Zulässigkeit der Rückwirkung der VO II und gegen die Gesetzmäßigkeit der VO II wegen der Rückwirkung erübrigt sich im Hinblick auf die schon zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs.

Der Einwand der Revisionswerberin, dass auch die Voraussetzung der Anerkennung als Beihilfe gemäß Art 88 EGV nicht gegeben sei, weil die Europäische Kommission ausgesprochen habe, dass das bisherige Aufbringungssystem der Stranded-Costs gerade nicht bewilligungsfähig sei und für vor diesem Termin fällige Abgaben ein Erstattungssystem einzurichten sei, dies jedoch von der Bundesregierung entgegen ihrer Zusage nicht umgesetzt worden sei, ist nicht berechtigt. Die Revisionswerberin missversteht die von der Kommission gewollte und von der Bundesregierung zugestandene und auch vorgenommene Änderung in der Notifikation, wenn sie davon ausgeht, dass damit eine generelle Rückerstattung von fälligen Abgaben Voraussetzung der Genehmigung der Beihilfen gewesen wäre. Es geht hier lediglich um die Änderungen in der Abgabenlast von Strom, der aus der EU eingeführt wird (so auch Schanda, Energierecht, 114, den die Klägerin selbst zitiert). Dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für den Rückerstattungsfall vorliegen könnten, wurde von ihr ohnehin nicht behauptet. Eine generelle Rückerstattungspflicht hinsichtlich der eingehobenen parafiskalischen Abgaben, weil sie nicht genehmigungsfähig gewesen wären, ist nicht erkennbar. Die Republik Österreich hat entsprechend den Vorgaben der Europäischen Kommission den notifizierten Aufbringungsmechanismus modifiziert. Die Klägerin behauptet auch gar nicht, dass die Europäische Kommission im Sinn des Art 86 iVm Art 88 EGV eine Unvereinbarkeit erkannt hätte und eingeschritten wäre. Die Beihilfen wurden von der Europäische Kommission genehmigt, wovon auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2003, GZ G240/02, V60/02, ausgeht. Da sich das Notifizierungsverfahren sowohl aus den unstrittigen Beilagen als auch aus der eben zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ergibt und die von der Klägerin als fehlend gerügten Vorgänge beim Notifizierungsverfahren der Entscheidung ohnehin zugrunde gelegt werden konnten, liegen die behaupteten sekundären Feststellungsmängel nicht vor.

Auf das von der Klägerin in ihrer zurückgewiesenen „Urkundenvorlage" vorgelegte weitere Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (das sich überdies auf einen anderen als den hier strittigen Zeitraum bezieht) ist auch deshalb kein weiterer Bezug zu nehmen, weil die Klägerin im vorliegenden Verfahren bisher kein entsprechendes Tatsachenvorbringen und darauf fußende Einwendungen gegen die Höhe der Beiträge (nicht einmal in der Urkundenvorlage) erstattet hat. Im Revisionsverfahren gilt das Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO).

§ 10 Abs 1 VO II bildet, zusammenfassend gesagt, die Rechtsgrundlage für die Einhebung der Beiträge, die öffentlich-rechtliche Geldleistungsverpflichtungen sind, für den Zeitraum vom 19. Februar 1999 bis 30. September 2001, zu deren Entrichtung die Klägerin als zugelassene Kundin verpflichtet war. Die Klägerin hat nicht rechtsgrundlos geleistet. Auf die Frage der Passivlegitimation und die weiteren Einwände der Beklagten und der Nebenintervenientin kommt es nicht mehr an (so auch 7 Ob 116/07w).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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