OGH 7Ob19/08g

OGH7Ob19/08g12.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Herbert P*****, und 2. Margit P*****, beide: *****, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagten Parteien 1. Josef N*****, und 2. Maria N*****, beide: *****, vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer, Rechtsanwalt in Zwettl, wegen Unterlassung, über die „außerordentliche" Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Krems als Berufungsgericht vom 6. Juli 2007, GZ 1 R 46/07f‑19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Zwettl vom 16. November 2006, GZ 1 C 1074/05x‑15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Kläger begehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, ab sofort durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die auf der Liegenschaft der Beklagten stehenden Eichenbäume nur eine solche Höhe und einen solchen Zustand haben, dass dadurch dem im Wohnungseigentum der Kläger stehenden Reihenhaus und dem dazugehörenden Garten nicht Licht in einem das ortsübliche Maß überschreitenden Ausmaß entzogen wird. Die Eventualbegehren unterscheiden sich davon durch die Präzisierung des Ausmaßes der Beeinträchtigung. Der Streitwert wurde von den Klägern mit 4.000 EUR beziffert.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren insgesamt ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteige und die Revision jedenfalls unzulässig sei.

Dagegen richtet sich die „außerordentliche" Revision der Kläger mit dem Antrag, das Rechtsmittel für zulässig zu erachten und die Urteile der Vorinstanzen im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Zur Zulässigkeit der Revision brachten die Kläger vor, dass eine Bindung an den Ausspruch des Berufungsgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstands jedenfalls dann nicht gegeben sei, wenn vom Berufungsgericht gegen zwingende Bewertungsvorschriften verstoßen worden sei. Es sei zu berücksichtigen, dass die von den Klägern in der Klage vorgenommene Bewertung, die für die Anwendbarkeit der Bestimmungen des RATG und GGG gelte, weder für das Berufungsgericht noch für den Obersten Gerichtshof bindend sei. Das Berufungsgericht habe bei seiner Bewertung gegen § 60 Abs 2 JN verstoßen. Es hätte den Wert der grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache der Bewertung zu Grunde legen müssen. Der Einheitswert betrage vor dem 1. 1. 2007 für die beiden Anteile der Kläger 13.691,34 EUR, nach dem 1. 1. 2007 18.479,34 EUR. Für die Steuerbemessung bei Liegenschaften sei der dreifache Einheitswert heranzuziehen, sodass die Grenze von 20.000 EUR überstiegen werde und eine außerordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache ist jener Betrag anzusehen, welcher als Steuerwert für die Gebührenbemessung in Betracht kommt (§ 60 Abs 2 JN). § 60 Abs 2 JN ist dann anzuwenden, wenn das Streitinteresse ausschließlich vom Wert der Liegenschaft bestimmt wird (RIS‑Justiz RS0053191), in Fällen also, in denen eine grundsteuerpflichtige unbewegliche Sache den Streitgegenstand bildet (RIS‑Justiz RS0046509; Gitschthaler in Fasching/Konecny², § 60 JN Rn 33). Nicht auf den Einheitswert der Liegenschaft abzustellen ist bei Klagen auf Unterlassung der Nutzung einer Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0046509; Gitschthaler aaO, § 60 JN Rn 34). Wenn es um die Entfernung von in den Lichtraum hineinragenden Gegenständen geht, ist die Bestimmung des § 60 Abs 2 JN daher nicht heranzuziehen (7 Ob 545/95 = RIS‑Justiz RS0046509 [T6]).

Im vorliegenden Fall ist nicht die Liegenschaft selbst streitverfangen. Die Beklagten sollen vielmehr dazu verhalten werden, ihren Baumbestand so zu verringern, dass sie die Kläger nicht über das ortsübliche Ausmaß beeinträchtigen. Das Begehren wird auf § 364 Abs 3 ABGB gestützt. Da also nicht die Liegenschaft selbst streitverfangen ist, sondern dem Grundnachbarn ein bestimmtes Verhalten aufgetragen werden soll, um ihn dadurch zur Unterlassung von Beeinträchtigungen anzuhalten, hat sich die Bewertung des Streitwerts nicht nach § 60 Abs 2 JN zu richten. Auf die Höhe des Einheitswerts kommt es daher nicht an.

Abgesehen davon ist auch noch darauf hinzuweisen, dass selbst bei Anwendung des § 60 Abs 2 JN diese Bewertungsvorschrift nur für die Überprüfung des Werts des Streitgegenstands im Hinblick auf die zu vermeidende übermäßig hohe Bewertung nach § 60 Abs 1 JN von Bedeutung ist. Wird aber der Streitgegenstand - wie hier - von den Klägern selbst geringer als nach dem steuerlichen Einheitswert bewertet, so ist das Gericht an diese Bewertung gebunden (RIS‑Justiz RS0109017).

Auch der Oberste Gerichtshof ist an die Bewertung des Berufungsgerichts, die sich an jener durch die Kläger orientiert hat, gebunden, da keine Überschreitung des vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraums zu erblicken ist (vgl RIS‑Justiz RS0042515, RS0042385).

Damit erweist sich die Revision der Kläger als jedenfalls unzulässig, weil der Entscheidungsgegenstand an Geldeswert 4.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO). Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Oberste Gerichtshof über die Unzulässigkeit der Revision selbst zu entscheiden hatte (RIS‑Justiz RS0042228).

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