Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 25. 6. 2003 ereignete sich in einem Wohnhaus ein Wasserschaden, für den die Klägerin als Versicherer 8.877,40 EUR an ihren Versicherungsnehmer Dieter B***** bezahlte. Der Grund für diesen Schaden lag in einem Pumpenausfall, in dem von der erstbeklagten Partei betriebenen öffentlichen Kanalnetz, der zu einem Rückstau und dazu führte, dass Abwasser bei der Hausanschlussleitung eindrang und den Keller im Gebäude überschwemmte. Trotz entsprechender Auflage im Baubewilligungsbescheid war in diesem Gebäude keine Rückstauklappe eingebaut. Das Gebäude wurde von Dieter B***** und seiner Lebensgefährtin Anneliese T***** auf einer Liegenschaft errichtet, die im grundbücherlichen Eigentum von Josef und Maria T*****, den Eltern der Anneliese T***** steht. Den finanziellen Aufwand für dieses Haus trug Dieter B***** gemeinsam mit Anneliese T*****, ohne dass mit deren Eltern schriftliche oder mündliche Vereinbarungen über die Eigentumsverhältnisse und Nutzungsrechte an diesem Haus getroffen worden wären. Die Liegenschaftseigentümer erteilten schlicht ihre Einwilligung zur Errichtung des Wohnhauses und beließen es dabei, sodass sich Dieter B***** als Eigentümer erachtete. Mit Bescheid vom 2. 2. 1999 erteilte die Gemeinde L***** die Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude. Gleichzeitig erteilte sie die Auflage die Bodenabläufe und Schachtdeckel rückstausicher auszubilden, wobei sie auf die Rückstaugefahr hinwies. Eine Kontrolle, ob die Bauwerber der Auflage nachgekommen waren, erfolgte nicht. Dieter B***** war nicht bewusst, dass er eine Rückstauklappe einzubauen hätte. Damals war ihm nicht einmal bekannt, was eine Rückstauklappe überhaupt ist. Er erhielt den Baubescheid, übergab die Errichtung des Kellers der ursprünglich zweitbeklagten Partei und vertraute darauf, dass diese alles ordnungsgemäß errichten würde. Zum Zeitpunkt des Schadenseintritts lag zudem ein Rohrbruch bei der Ablaufleitung unter der Brausetasse vor.
Die Liegenschaftseigentümer Josef und Maria T***** traten sämtliche Ansprüche aus dem „Schadensereignis" an Dieter B***** und Anneliese T***** ab.
Das Verfahren gegen die zweitbeklagte Partei ruht.
Die klagende Partei begehrt unter Berufung auf Legalzession gemäß § 67 VersVG den Ersatz des von ihr ersetzten Schadens. Die erstbeklagte Partei (in der Folge: Beklagte) hafte nach § 364a ABGB. (Auf die Ausführungen hinsichtlich der zweitbeklagten Partei ist mangels Relevanz für das Revisionsverfahren nicht einzugehen.) Der Versicherungsnehmer der Klägerin habe ein selbständig errichtetes Gebäude auf der Liegenschaft der Eltern seiner Lebensgefährtin errichtet und sei sohin als Besitzer und damit als dinglich Berechtigter anzusehen. Dementsprechend habe er einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch gegenüber der Erstbeklagten, weshalb die Klägerin aktiv legitimiert sei. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Ein Ersatzanspruch im Sinn des § 364a ABGB stehe nur dem Eigentümer der Liegenschaft zu. Dieter B***** habe daher keinen Ersatzanspruch der auf die Klägerin gemäß § 67 VersVG hätte übergehen können. Im Übrigen wäre der Schaden nicht eingetreten, hätte der Versicherungsnehmer der Klägerin die im Baubewilligungsbescheid vorgeschriebene Rückstauklappe eingebaut.
Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Bezahlung eines Betrags von 6.658,05 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 2.219,35 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren (rechtskräftig) ab. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte es die Aktivlegitimation der klagenden Partei im Wesentlichen mit der Begründung, dass Dieter B***** jedenfalls obligatorisch Berechtigter hinsichtlich des Wohnhauses sei. Aufgrund der Errichtung mit eigenen Mitteln und der hiezu erteilten Einwilligung der Liegenschaftseigentümer, die offenbar damit auch die Einwilligung zum ständigen Verbleib erteilt hätten, liege nicht bloß familienrechtliches Wohnen vor. Aus dem Verhalten der Parteien lasse sich zumindest auf ein obligatorisches Benützungsrecht schließen, das zur Erhebung nachbarschaftsrechtlicher Ansprüche wie jener der §§ 364 ff ABGB berechtige. Das Erstgericht lastete dem Versicherungsnehmer der Klägerin aus dem Umstand, dass er keine Rückstauklappe eingebaut hatte, nach § 1304 ABGB ein Viertel Mitverschulden an.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der beklagten Partei das Ersturteil im gänzlich klagsabweisenden Sinn ab. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, dass die §§ 364 ff ABGB ihrem Wortlaut nach zwar nur für den Eigentümer gelten, die Rechtsprechung den Anwendungsbereich jedoch auch auf sonst dingliche Berechtigte ausgedehnt habe. Seit der Entscheidung des verstärkten Senats (SZ 62/204) werde in ständiger Rechtsprechung auch dem Bestandnehmer gegen die rechtswidrige Beeinträchtigung seines Bestandrechts an einer unbeweglichen Sache durch Dritte die Unterlassungsklage nach § 364 ABGB zugebilligt und auch die Berechtigung zur Geltendmachung verschuldensunabhängiger Ausgleichsansprüche analog § 364a ABGB zuerkannt. Hingegen habe der Oberste Gerichtshof verneint, dass sich die Grundsätze der Entscheidung des verstärkten Senats auch auf Wohnverhältnisse ausdehnen lassen, die auf Familienangehörigkeit beruhen. Soweit überschaubar, seien Ansprüche anderer obligatorisch Berechtigter bisher nicht anerkannt worden. Fest stehe, dass das gegenständliche Haus vom Versicherungsnehmer der Klägerin und seiner Lebensgefährtin auf der Liegenschaft der Eltern der Lebensgefährtin errichtet worden sei, den finanziellen Aufwand hierfür der Versicherungsnehmer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin getragen habe, ohne dass mit deren Eltern schriftliche oder mündliche Vereinbarungen über die Eigentumsverhältnisse und die Nutzungsrechte an diesem Haus getroffen worden seien.
Nach der Judikatur schließe das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung die Anwendung der subsidiären Vorschriften des § 418 ABGB aus. Vorliegend bedeutet dies, dass aufgrund der festgestellten Einwilligung der Grundeigentümer zur Errichtung des Bauwerks vom Vorliegen einer Vereinbarung auszugehen sei, die die Anwendung des § 418 dritter Satz ABGB ausschließe. Dass ausdrücklich oder schlüssig vereinbart worden sei, dass der Versicherungsnehmer Eigentümer des Grundes werden sollte, habe die klagende Partei nicht behauptet. Insgesamt sei daher die Aktivlegitimation der klagenden Partei zu verneinen. An diesem Ergebnis könne auch der Umstand nichts ändern, dass sich die Klägerin auf eine Zession eines Anspruchs der Liegenschaftseigentümer an den Versicherungsnehmer berufe, weil in einem solchen Fall ein Übergang der Forderung nach § 67 VersVG an die Klägerin nicht möglich sei.
Da die Frage, ob ein bloßes Besitzen einen Anspruch nach § 364a ABGB begründe, relevant erscheine, sei die ordentliche Revision zuzulassen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt. Zunächst ist klarzustellen, dass sich die vom Berufungsgericht als erheblich relevierte Rechtsfrage, ob der bloße „Besitz" einen Anspruch nach § 364a ABGB einräumt, im vorliegend zu beurteilenden Fall nicht stellt.
Die Rechtsmittelwerberin weist nämlich in der Revision erstmals auf einen rechtlichen Gesichtspunkt hin, auf den unter Berücksichtigung des wechselseitigen Vorbringens bereits Bedacht zu nehmen gewesen wäre, den aber die Parteien und die Vorinstanzen offensichtlich übersehen oder für unerheblich gehalten haben (§ 182a ZPO). Die Rechtsmittelwerberin führt nun in ihrer Revision zutreffend aus, dass das vorliegende Versicherungsverhältnis als „Versicherung für fremde Rechnung" zu beurteilen sei. Nach ständiger Rechtsprechung liegt die Versicherung für fremde Rechnung dann vor, wenn ein Versicherungsnehmer im eigenen Namen mit einem Versicherer einen Vertrag schließt, der fremdes Interesse zum Gegenstand hat (SZ 59/220; 7 Ob 74/05s; RIS-Justiz RS0017123). Bei der Sachwertversicherung ist grundsätzlich das Eigentümerinteresse als versichert anzusehen (7 Ob 1048/94 mwN; RIS-Justiz RS0080528; RS0080806; 7 Ob 147/03y). Dabei ist es dem Versicherer regelmäßig gleichgültig, wessen Interesse versichert sein soll, weshalb in einem derartigen Fall die Versicherung als für fremde Rechnung genommen anzusehen ist (RIS-Justiz RS0080806; Heiß/Lorenz VersVG2 Rz 1 zu § 85; 7 Ob 147/03y). Nach ständiger - auch von der Lehre gebilligter - Rechtsprechung ist bei der Versicherung für fremde Rechnung die Rechtsbeziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten im Hinblick auf die Verfügungsmacht des Versicherungsnehmers als eine Art gesetzliches Treuhandverhältnis anzusehen (SZ 67/88; SZ 67/213; Schauer, Das österreichische Versicherungsrecht3 170; Heiß/Lorenz aaO Rz 6a zu § 75 VersVG; 7 Ob 147/03y mwN). Auch dann, wenn der Versicherungsnehmer die Sache irrig für seine eigene hält oder ihm die Eigentumsverhältnisse unklar sind, ist im Zweifel das Interesse des Eigentümers versichert, sodass eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinn der §§ 74 ff VersVG vorliegt (7 Ob 39/94 = VersRdSch 1995/384; vgl auch Fenyves in ecolex 1995, 478). Im Fall der Fremdversicherung tritt bei § 67 VersVG der Versicherte derart an die Stelle des Versicherungsnehmers, dass sein Schadenersatzanspruch gegen den Ersatzpflichtigen im Umfang der Versicherungsleistung auf den Versicherer übergeht (7 Ob 27/91 = SZ 64/140; mit Bem von Grassl-Palten, RdW 1992, 366). Da die Rechtsmittelwerberin diesen rechtlichen Aspekt in der Revision releviert und die beklagte Partei hiezu in ihrer Revisionsbeantwortung Stellung bezieht, erübrigt sich eine weitergehende Erörterung mit den Parteien. Die nicht näher begründeten Ausführungen der beklagten Partei in ihrer Revisionsbeantwortung, wonach die Bestimmung des § 67 VersVG vorsehe, dass lediglich der Anspruch des Versicherungsnehmers auf den Versicherer übergehe, vermag allerdings ein Abgehen von dieser Rechtsprechung nicht zu begründen. Insofern ist die Aktivlegitimation der klagenden Partei ein erledigter Streitpunkt, der im fortgesetzten Verfahren nicht neuerlich aufgerollt werden darf (SZ 69/127; 1 Ob 240/99x uva).
Allerdings hat sich das Berufungsgericht ausgehend von seiner Rechtsansicht, wonach die klagende Partei nicht aktiv legitimiert sei, weder mit der Mängelrüge noch mit der Tatsachenrüge in der Berufung der beklagten Partei auseinandergesetzt.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Berufungsgericht daher sämtliche Berufungsgründe - mit Ausnahme jener, die sich mit der mangelnden Aktivlegitimation der klagenden Partei befassen - einer abschließenden Beurteilung zu unterziehen haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)