OGH 9ObA102/07a

OGH9ObA102/07a8.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Alexander Knotek, Rechtsanwalt, Pergerstraße 12, 2500 Baden, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Ing. Alexander I***** (Landesgericht Wr. Neustadt, *****), vertreten durch die Avia Law Group Wolczik Knotek Winalek Wutte-Lang Rechtsanwälte in Baden, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch die Kaufmann & Pratl Rechtsanwälte Partnerschaft in Graz, wegen 23.375,58 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. Mai 2007, GZ 9 Ra 68/06w-14, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist auf Grund der schlüssigen Aufnahme des zunächst infolge Konkurseröffnung über das Vermögen des vormaligen Klägers (LG Wr. Neustadt 7. 12. 2006, 11 S 136/06w) unterbrochenen Verfahrens nicht schon jedenfalls unzulässig; es mangelt ihm jedoch an der Zulässigkeit mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO.

Es genügt zufolge des § 51 Abs 3 Z 2 ASGG für die Qualifikation einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit als Arbeitsrechtssache iSd § 50 Abs 1 ASGG, wenn auf Klagsseite zumindest Arbeitnehmerähnlichkeit vorliegt (RIS-Justiz RS0085501 ua). Das Rekursgericht hat sich bei seiner Entscheidung im Rahmen der ständigen Rechtsprechung gehalten, wonach für die Qualifikation eines arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses vor allem die wirtschaftliche Unselbständigkeit ausschlaggebend ist und nicht die Bezeichnung des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses oder die steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Einkünfte oder der Besitz eines eigenen Gewerbescheins (9 ObA 9/96; 9 ObA 367/97d; RIS-Justiz RS0086121 ua). Zutreffend weist auch die Revisionsrekurswerberin darauf hin, dass sich bei der Abgrenzung der arbeitnehmerähnlichen Personen iSd § 51 Abs 3 Z 2 ASGG von den selbstständigen Unternehmern in Grenzfällen keine allgemein gültige Regel aufstellen lässt, sondern vielmehr die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind (9 ObA 146/00m; RIS-Justiz RS0085540 ua). Soweit das Rekursgericht die ausschließliche Tätigkeit des vormaligen Klägers für die Beklagte, deren gewisse Regelmäßigkeit und Dauer (bis zur Schließung des „Outbound"-Bereichs durch die Beklagte) sowie die Arbeit mit zur Verfügung gestelltem Personal und Arbeitsmitteln der Beklagten als Kriterien für die wirtschaftliche Unselbständigkeit und damit Arbeitnehmerähnlichkeit des vormaligen Klägers angesehen hat, liegt darin eine jedenfalls vertretbare Rechtsauffassung. Diese berücksichtigt auch den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz, dass die für oder gegen die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses sprechenden Merkmale nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit betrachtet werden müssen (RIS-Justiz RS0050842 ua). Auch die Revisionsrekurswerberin räumt ein, dass der Umstand, dass die Tätigkeit des vormaligen Klägers für die Beklagte dessen einzige Einnahmequelle war, „ein in der Regel sehr gewichtiges Element im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung" sei.

Die Behauptung der Revisionsrekurswerberin, das Rekursgericht habe unzulässigerweise die Beweise des Erstgerichts umgewürdigt oder wäre von den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen abgegangen, trifft nicht zu. Ein Versehen des Rekursgerichts liegt jedoch insoweit vor, als es davon ausging, dass die Beklagte dem Kläger (neben anderen Dienstreisen) auch für Dienstreisen nach Kroatien Kilometergeld zahlte. Dieser Umstand hat aber für den Ausgang des Rekursverfahrens keine Bedeutung. Aus welchen Motiven der Beklagten dieser Kostenersatz erfolgte, fällt ebenfalls nicht ins Gewicht. Bei den anderen von der Revisionsrekurswerberin beanstandeten Erörterungen des Rekursgerichts handelt es sich nicht um eine Umwürdigung der Beweise oder ein Abgehen von der als bindend erkannten Tatsachengrundlage, sondern um Fragen der rechtlichen Beurteilung. Ob der Aufnahmetest, dem sich der vormalige Kläger bei der Beklagten unterziehen musste, „speziell" (oder „nicht speziell") war, ist unerheblich. Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache des Aufnahmetests an sich, könnte sie doch unter Umständen ein Indiz dafür sein, dass die Beklagte von einer persönlichen Arbeitspflicht des von ihr getesteten vormaligen Klägers ausging. Jedenfalls stützt auch dieses Detail nicht die Behauptung der Revisionsrekurswerberin, dem Rekursgericht wäre bei Bejahung der Arbeitnehmerähnlichkeit eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen.

Da die Revisionsrekurswerberin weder im Bereich des materiellen Rechts noch des Verfahrensrechts eine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.

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