OGH 9ObA9/96

OGH9ObA9/9614.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Michael Manhard (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Erwin Niemitz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sigmund B*****, ***** vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei W***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Hannes K.Müller, Rechtsanwalt in Graz, wegen 2,111.451,55 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.September 1995, GZ 8 Ra 42/95-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 30.November 1994, GZ 36 Cga 231/93f-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 25.728,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 4.287,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, der Kläger sei arbeitnehmerähnlich für die beklagte Partei tätig gewesen und ungeachtet der Gründung einer GmbH & Co KG aktiv legitimiert, der Erfolgsbeteiligung sei der Gewinn vergangener Jahre zugrundegelegt worden, das Ausscheiden des Klägers berühre nicht den Anspruch auf die für Zeiträume vor dem Ausscheiden gebührende Erfolgsbeteiligung, zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, war nicht die vom Kläger im Jahre 1990 über Anraten seines Steuerberaters 1990 gegründete Sigmund B***** GmbH & Co KG Vertragspartner der beklagten Partei, sondern nur der gemäß Punkt I 3 des Mitarbeitervertrages zur aussschließlichen Tätigkeit für die beklagte Partei bzw deren Vertragspartner verpflichtete Kläger. Ob der Kläger und die ihm unterstellten Mitarbeiter, wie dies die Revisionswerberin releviert, Akquisitionstätigkeiten nicht nur für die Wiener Städtische Versicherungs AG, sondern auch für andere Versicherungsunternehmungen entfaltet haben, ist nicht entscheidungswesentlich, weil die beklagte Partei nicht einmal behauptet hat, es handle sich dabei nicht um ihr vertraglich verbundene Unternehmungen. Der Kläger als Vertragspartner war daher zur Geltendmachung seiner Ansprüche aus der vereinbarungsgemäß erbrachten Tätigkeit legitimiert; des weiteren ist davon auszugehen, daß die Gründung der GmbH & Co KG durch den Kläger mangels Übernahme des gegenständlichen Vertrages durch diese Gesellschaft für das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen ohne rechtliche Bedeutung war, auch wenn der Kläger die Auszahlung des durch seine Tätigkeit bei der beklagten Partei erworbenen Entgeltes an diese Gesellschaft veranlaßte. Da der Kläger ausschließlich für die beklagte Partei tätig war, darüber hinaus gemäß Punkt I 3 des Mitarbeitervertrages einem Konkurrenzverbot unterlag und überdies in die hierarchisch aufgebaute Organisation des von der beklagten Partei betriebenen Strukturvertriebes eingegliedert war, war er mangels wirtschaftlicher Selbständigkeit als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren (siehe Wachter, Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person, 148 ff und 172 ff, wonach insbesondere die faktische Tätigkeit nur für eine bestimmte Person, die längere Dauer und gewisse Regelmäßigkeit dieser Tätigkeit sowie die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit für andere Personen als den Vertragspartner für die Annahme der wirtschaftlichen Unselbständigkeit von Bedeutung sind, während der Höhe der Entlohnung nur geringe und der sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Behandlung der Einkünfte sowie dem Umstand, daß der Betreffende einen eigenen Gewerbeschein für die ausgeübte Tätigkeit besitzt, keine Bedeutung für die Beurteilung dieser Frage zukommt; siehe auch Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz 281 f; vgl SZ 62/21 sowie 9 ObA 12/91 und 9 ObA 200,201/91).

Soweit die Revisionswerberin für ihre Auffassung, die Erfolgsbeteiligung sei nicht vergangenheitsbezogen gewährt worden, die Verteilung von 1,9 Mio S an die Mitarbeiter im Jahr 1988 ins Treffen führt, ist ihr zu erwidern, daß gerade diese Ausschüttung nicht erfolgsabhängig ausgestaltet war, sondern den Mitarbeitern je nach ihrer hierarchischen Einordnung im Vertriebssystem ein Fixbetrag gewährt wurde. Eine vom jeweiligen Beitrag zum Betriebsergebnis abhängige Erfolgsbeteiligung wurde hingegen erstmals am 2.Oktober 1989 ausbezahlt, und zwar unter Zugrundelegung der Provisionseinnahmen des betreffenden Mitarbeiters in den Jahren 1986 bis 1988; auch in den folgenden Jahren wurden jeweils Erfolgsbeteiligungen auf Basis des Ergebnisses zurückliegender Halbjahreszeiträume gewährt.

Soweit die Revisionswerberin aus dem mit "Ansprüche nach Beendigung

ihrer Tätigkeit" bezeichneten Punkt V 4 des Mitarbeitervertrages "mit

Beendigung des Vertragsverhältnisses erlischt jeder Anspruch gegen

die W***** auf Leistungsvergütung und Provisionen; ausgenommen

ausstehende Abschlußprovisionen und Leistungsvergütungen von

Verträgen während ihrer Zugehörigkeit und Rückerstattung der

Stornoreserve" ein Erlöschen der darin nicht genannten, durch die

Tätigkeit während des betreffenden Jahres bereits verdienten

Erfolgsbeteiligung erschließen will, ist ihr zu erwidern, daß sich

diese Regelung auf die darin genannten Ansprüche beschränkt, wobei

dafür gesorgt wird, daß bereits verdiente Vergütungen auch dann

auszuzahlen sind, wenn sie erst nach Beendigung des

Vertragsverhältnisses fällig werden. Da der Kläger zum Erfolg des

Unternehmens durch seine für die beklagte Partei bis 31.Dezember 1991

entfaltete Tätigkeit beigetragen hatte, stellt die für dieses Jahr zu

gewährende Erfolgsbeteiligung ebenso wie etwa die Leitungsvergütung

verdientes Entgelt dar, das grundsätzlich durch eine Beendigung des

Vertragsverhältnisses vor Fälligkeit nicht verloren geht (vgl auch

infas 1990, A 50; ZAS 1992/4 [Pircher mit dem Hinweis, daß

Leistungen, die die Arbeitnehmer im Hinblick auf ein Leistungsentgelt

erbracht haben, besonders schutzwürdig sind] = ecolex 1990, 567 = WBl

1990, 340 = RdW 1990, 413; siehe auch Martinek/M.u.W.Schwarz, AngG7

290 f sowie 295 f).

Daraus schließlich, daß der Kläger während des aufrechten Vertragsverhältnisses der bisherigen Praxis der beklagten Partei, den ausgeschiedenen Mitarbeitern rechtswidrig die bereits durch ihre Tätigkeit verdiente Erfolgsbeteiligung vorzuenthalten, nicht widersprach, kann entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ein schlüssiger Verzicht des Klägers auf seine diesbezüglichen Ansprüche nicht abgeleitet werden. Daß aber der Kläger, wie von der beklagten Partei behauptet (AS 63) nach seinem Ausscheiden als freier Mitarbeiter auf sämtliche Ansprüche verzichtet habe, wurde von den Vorinstanzen nicht als erwiesen angenommen (siehe S 22 und 32 des Ersturteils).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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