Spruch:
1. Den Rekursen der erst- und der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben und der aus Anlass der Berufung gefasste Beschluss des Berufungsgerichts aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Entscheidung über die Berufung hinsichtlich der erst- und der zweitbeklagten Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
2. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Zu 1.:
Das Erstgericht wies hinsichtlich aller drei Beklagten das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht hob das Urteil und das Verfahren ab der Klagebeantwortung aus Anlass der Berufung hinsichtlich der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten als nichtig auf und wies die Klagebeantwortung der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten als verspätet zurück. Die Klage sei dem Zweitbeklagten persönlich sowie als vertretungsbefugtem Organ der Erstbeklagten am 29. 4. 2005 eigenhändig zugestellt worden. Die gemeinsame Klagebeantwortung aller drei Beklagten sei erst am 30. 5. 2005 beim Erstgericht überreicht worden, sodass die Klagebeantwortung hinsichtlich der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten verspätet sei. Dies sei aus Anlass der Berufung bei der gemäß § 470 ZPO durchgeführten Prüfung des Aktes von Amts wegen wahrzunehmen.
Dagegen richten sich die Rekurse der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung aufzutragen.
Die Klägerin beteiligt sich am Rekursverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist ein Rekurs gegen den im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Lehre und Rechtsprechung haben die analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auf berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschlüsse anerkannt, mit denen - ohne Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen - dem Verfahren ein Ende gesetzt wird, sodass sie ihrem Wesen nach einer Klagszurückweisung gleichkommen (RIS-Justiz RS0043869). So wurde die Zulässigkeit des Rekurses bejaht, wenn vom Berufungsgericht das Urteil sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und der Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zurückgewiesen wurde (7 Ob 2332/96h = RIS-Justiz RS0106977). Deshalb sind Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichts, die das Verfahren ohne einen Ausspruch über die Zurückweisung der Klage aus formellen Gründen faktisch dennoch beenden, nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO bekämpfbar, soweit sie der Zurückweisung einer Klage oder eines Sachantrags - etwa auch im Fall der Zurückweisung von Einsprüchen und Einwendungen - gleichzuhalten sind und der beschwerten Partei der Rechtsschutz definitiv verweigert wird (Zechner in Fasching/Konecny², § 519 ZPO Rz 6 mwN; Kodek in Rechberger3, § 519 ZPO Rz 9). An der Judikatur, dass der Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem aus Anlass der Berufung das erstinstanzliche Urteil und das vorangegangene Verfahren einschließlich der mündlichen Streitverhandlung als nichtig aufgehoben und die Klagebeantwortung als verspätet zurückgewiesen werde, deshalb nicht anfechtbar sei, weil noch über das Klagebegehren zu entscheiden sein werde (2 Ob 272/55 und 6 Ob 59/97p = RIS-Justiz RS0039810), wurde von Zechner aaO, § 519 ZPO Rz 72, Kritik geübt. Die Judikatur sei unzutreffend, weil die abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes über einen Sachantrag des Beklagten gleichfalls anfechtbar sei. Sei die Klagebeantwortung tatsächlich nicht verspätet, so könnte dies nach Rechtskraft der Zurückweisung der Klagebeantwortung im Rechtsmittelverfahren gegen das Versäumungsurteil nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden. Der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil, mit dem letztlich dessen Aufhebung und doch noch eine Entscheidung über den Antrag auf Klageabweisung erwirkt werden könne, sei wegen der Belastung der Rechtsposition des Beklagten durch die dem Kläger ermöglichte Exekution zur Sicherstellung kein taugliches Äquivalent.
Der Oberste Gerichtshof schließt sich der überzeugenden Argumentation Zechners an. Wird aus Anlass der Berufung das Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klagebeantwortung als verspätet zurückgewiesen, so wird über den Rechtsschutzantrag des Beklagten (Klagebeantwortung mit dem Antrag auf Abweisung des Begehrens) endgültig unter Vernichtung des Verfahrensaufwands entschieden. Durch die Möglichkeit der Exekution zur Sicherstellung im Fall des Widerspruchs gegen das allfällige Versäumungsurteil ist auch die Rechtsposition des Beklagten gegenüber der Erstattung einer rechtzeitigen und zulässigen Klagebeantwortung verschlechtert. Der Rekurs gegen den Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem aus Anlass der Berufung das Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klagebeantwortung als verspätet zurückgewiesen wird, ist daher in analoger Anwendung von § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig.
Der Rekurs ist auch berechtigt.
Folgender Sachverhalt ist bescheinigt:
Die Klagebeantwortung der Beklagten wurde am 27. 5. 2005 um 21.21 Uhr an das Erstgericht per Fax übermittelt. Dieses Fax erliegt deshalb nicht mehr im erstgerichtlichen Akt, weil es von der Erstrichterin als „überzählige Gleichschrift" an den Beklagtenvertreter in der Tagsatzung vom 7. 7. 2005 wieder ausgefolgt wurde. Die im Akt erliegende Klagebeantwortung, die das Eingangsdatum 30. 5. 2005 aufweist, ist jener Schriftsatz, der mit der eigenhändigen Unterschrift des Rechtsvertreters der Beklagten nachgereicht wurde.
Der als bescheinigt angenommene Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden im Zusammenhalt mit dem Akteninhalt. Auch die von Amts wegen vorgenommenen Erhebungen über das Einlangen der gefaxten Klagebeantwortung ergaben nichts Gegenteiliges. Die Klagen wurden der Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten am 29. 4. 2005 zugestellt. Die am 27. 5. 2005 mittels Fax erhobene Klagebeantwortung erweist sich als rechtzeitig.
Der Beschluss des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im fortzusetzenden Verfahren über die Berufung der Klägerin auch hinsichtlich der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten zu entscheiden haben.
Zu 2.:
Die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
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