OGH 6Ob59/97p

OGH6Ob59/97p20.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Mag.Judita P*****, vertreten durch Mag.Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Prof.Mag.Ljubomir L*****, vertreten durch Dr.Anton und Dr.Alexander Gruber, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung eines Schenkungsvertrages, Einverleibung des Eigentumsrechtes und Übergabe einer Liegenschaftshälfte (Streitwert im Provisorialverfahren 990.000,-- S), infolge außerordentlichen Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 20.Jänner 1997, GZ 12 R 196/96y-8, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin ficht einen Schenkungsvertrag hinsichtlich einer Liegenschaftshälfte wegen Willensmängeln an und begehrt die Aufhebung des Schenkungsvertrages auch aus dem Grund des Widerrufs der Schenkung. Das Klagebegehren ist auf die Aufhebung des Schenkungsvertrages, die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin am Geschenkobjekt sowie auf die Übergabe der Liegenschaftshälfte gerichtet. Nach dem weiteren Klagevorbringen hätten die Geschenkgeberin und der Geschenknehmer einen Teil des Schenkungsobjektes an Dritte veräußert. Der Kaufpreis sei noch nicht bezahlt worden. Die Klägerin begehrt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit ihr Anspruch auf Rückgabe der Liegenschaftshälfte sowie der Anspruch auf Ausfolgung des Kaufpreises gesichert werden sollen. Der Sicherungsantrag zielt auf zwei an den Beklagten gerichtete Verfügungsverbote hinsichtlich des Kaufpreises und zwei an einen Notar und an eine Bank gerichtete Drittverbote. Der Beklagte sei einkommenslos und verfüge mit Ausnahme des Liegenschaftsanteils über kein Vermögen. Für den Fall des Eintritts der vereinbarten Bedingung des Kaufvertrages und der Auszahlung des Kaufpreises an den Beklagten hätte die Klägerin einen Anspruch auf Auszahlung des Kaufpreises (stellvertretendes commodum). Die einstweilige Verfügung käme zu spät, wenn sie erst nach Eintritt der Rechtswirksamkeit der Kaufverträge und "Fälligkeit der Ausfolgung der Kaufpreise" erlassen werden würde.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die begehrten Sicherungsmittel (bezüglich des Kaufpreises) könnten die klageweise geltend gemachten Ansprüche auf Aufhebung des Schenkungsvertrages, Räumung und Rückstellung der Liegenschaftshälfte nicht sichern. Ein Anspruch auf Ausfolgung des Kaufpreises für den geschenkten und dann an Dritte veräußerten Liegenschaftsanteil bestehe derzeit nicht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und bestätigte die Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Rückgabe der Hälfteanteile des Beklagten an der Liegenschaft EZ 334, Grundbuch 23405 KG Ebenfurth, Bezirksgericht Wiener Neustadt. Im Umfang der Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Ausfolgung des auf die Liegenschaftsanteile entfallenden Kaufpreises hob das Rekursgericht die angefochtene Entscheidung als nichtig auf und überwies die Rechtssache in diesem Umfang gemäß § 44 JN an das Bezirksgericht Wiener Neustadt. In seiner meritorischen Entscheidung teilte das Rekursgericht die Auffassung des Erstgerichtes, daß der auf die Erlassung von Drittverboten betreffend allenfalls bei den Drittschuldnern eingehende Kaufpreiszahlungen gerichtete Sicherungsantrag "schon rein begrifflich" zur Sicherung des Anspruchs auf Rückgabe der Liegenschaftsanteile ungeeignet sei. Zur Nichtigkeit und Überweisung gemäß § 44 JN führte das Rekursgericht aus, daß ein Anspruch auf Auszahlung von Kaufpreisen zumindest derzeit noch nicht geltend gemacht worden sei. Ein Anspruch bestehe mangels Eintritts der aufschiebenden Bedingung noch nicht. Es handle sich daher um einen Sicherungsantrag vor Einleitung eines Rechtsstreites, für den die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes gegeben sei, bei dem der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen habe. Die Gerichtsstände der EO seien zwingend. Von einem unzuständigen Gericht getroffene Entscheidungen seien nichtig. Gemäß § 44 JN sei der Sicherungsantrag an das zuständige Bezirksgericht zu verweisen gewesen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, daß ihrem Sicherungsantrag stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teils absolut, teils wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Das Rekursgericht ist nicht von der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen, daß eine einstweilige Verfügung immer nur zur Sicherung eines konkret geltend gemachten Hauptanspruchs erlassen werden kann und daß sich die Sicherungsmaßnahme stets im Rahmen des Klageanspruchs halten muß (SZ 58/81; 4 Ob 1605/95 mwN). Zwar können auch Anfechtungsansprüche gesichert werden. Der zu sichernde Anspruch muß aber mit dem Klageanspruch ident sein (6 Ob 504/94). Das Sicherungsbegehren betrifft hier den Kaufpreis für einen Teil der Liegenschaft (des Schenkungsobjektes), den die Geschenkgeberin und der Geschenknehmer gemeinsam verkauft haben. Zutreffend wurde vom Rekursgericht die Identität zwischen Klageanspruch und Sicherungsanspruch verneint, weil noch kein Zahlungsbegehren gestellt wurde.

Vor klageweiser Geltendmachung des bedingten Anspruchs ist das im § 387 Abs 2 EO bestimmte Bezirksgericht zur Entscheidung berufen. Ob dies für den vorliegenden Fall im Sinne der Rechtsmeinung der Rekurswerberin nicht gilt, weil eine Klageänderung zur Geltendmachung des Anspruchs auf Ausfolgung des Kaufpreises schon in Aussicht genommen wurde, kann dahingestellt bleiben. Bei der Nichtigerklärung der meritorischen Entscheidung des Erstgerichtes durch das Rekursgericht und der gleichzeitigen Überweisung der Rechtssache an das zuständige Bezirksgericht handelt es sich um eine nicht anfechtbare Entscheidung. § 519 ZPO regelt die Anfechtbarkeit von Beschlüssen des Berufungsgerichtes im Berufungsverfahren. Wenn eine Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde, ist ein Rekurs zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO). Beschlüsse, mit denen der Rechtsschutz über einen Sachantrag noch nicht endgültig verweigert wird, sind unanfechtbar. Die Vorschrift des § 519 Abs 1 ZPO ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auf Entscheidungen des Rekursgerichtes analog anzuwenden (RZ 1996/33). Die bloße Nichtigerklärung des Verfahrens ohne Zurückweisung der Klage oder eines anderen Rechtsschutzbegehrens (hier: eines Sicherungsantrages) ist unanfechtbar (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 519; 9 ObA 98/91)). Der Revisionsrekurs ist daher in diesem Punkt absolut unzulässig, hinsichtlich der bestätigten meritorischen Entscheidung aber - wie ausgeführt - aus dem Grund fehlender erheblicher Rechtsfragen.

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