OGH 7Ob2332/96h

OGH7Ob2332/96h26.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.I.Huber in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Friedrich P*****, vertreten durch Dr.Herbert Felsberger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Josef K*****, vertreten durch Dr.Gottfried Kassin, Rechtsanwalt in St.Veit an der Glan, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 10.Juli 1996, GZ 3 R 167/96k-15, mit dem aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 16.Februar 1996, GZ 1 C 913/95i-10, teilweise als nichtig aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Gericht zweiter Instanz wird eine Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei gegen das Ersturteil aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der am 5.7.1995 beim Erstgericht eingelangten Mahnklage begehrte der Kläger vom Beklagten, den er mit "Josef K*****, Kaufmann" bezeichnete, ein Honorar von S 10.800 sA. Am 21.7.1995 langte beim Erstgericht der gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl erhobene Einspruch ein, wobei der zugleich mit dem Zahlungsbefehl übermittelte Vordruck verwendet wurde, der durch Einspruchsgründe ergänzt wurde. Weiters wurde die beim Beklagten aufscheinende Berufsbezeichnung "Kaufmann" durchgestrichen und statt dessen neben dem Namen "K***** Josef" der Zusatz "Bau GesmbH" handschriftlich eingefügt. Der Einspruch trägt eine unleserliche Unterschrift, die jedoch erkennen läßt, daß eine firmenmäßige Zeichnung nicht erfolgte. Das Erstgericht führte daraufhin das Beweisverfahren durch und entschied mit Urteil vom 16.Februar 1996 dahin, daß es den Beklagten schuldig erkannte, dem Kläger S 10.800,-- samt 4 % Zinsen seit 1.7.1995 zu zahlen und ein gestaffeltes Zinsenmehrbegehren abwies.

Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlaß der Berufung des Beklagten dieses Urteil im angefochtenen (klagsstattgebenden) Teil sowie das diesem vorangegangene Verfahren ab einschließlich der Anberaumung der Tagsatzung vom 19.9.1995 als nichtig auf und wies den Einspruch "der Josef K***** Bau GesmbH" zurück. Es vertrat die Ansicht, daß der Einspruch nicht vom Beklagten Josef K*****, sondern von der Josef K***** Bau GesmbH erhoben worden sei, die hiezu nicht legitimiert gewesen sei. Der Einspruch könne daher nicht die Rechtsfolge des § 452 Abs 1 ZPO herbeiführen, sodaß der Zahlungsbefehl des Erstgerichtes in Rechtskraft erwachsen sei. Diese Rechtskraft sei von amtswegen wahrzunehmen und führe zur Nichtigkeit des Ersturteiles und des vorangegangenen Verfahrens.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten ist zulässig.

Anfechtbar sind gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO Beschlüsse, mit denen das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Gegen einen berufungsgerichtlichen Beschluß auf Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Urteiles ist mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO der Rekurs an den Obersten Gerichtshof an sich unzulässig. Als gesetzgeberisches Motiv für die Ausnahme von der Rekurszulassung nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist die Überlegung zu erkennen, daß im Fall einer Nichtigerklärung des Urteiles und des diesen vorangegangenen Verfahrens ohne Zurückweisung der Klage der geltend gemachte Rechtschutzanspruch gerichtsanhängig verbleibt und über ihn noch - bei grundsätzlich unveränderter Verfahrenslage - eine neue Sachentscheidung zu fällen ist. Berufungsgerichtliche Beschlüsse, welche die weitere Prozeßführung abschneiden, sollen hingegen anfechtbar sein (EvBl 1989/60). Unter diesem Gesichtspunkt kommt es daher einer Zurückweisung der Klage gleich, wenn durch einen berufungsgerichtlichen Beschluß das Verfahren in einen Stand vor der wirksamen Erhebung von Einwendungen im Bestandverfahren (SZ 52/125) oder im Wechselmandatsverfahren (SZ 34/77) zurückversetzt wird. Diese Erwägungen gelten auch für den Fall, daß vom Berufungsgericht der Einspruch gegen den Zahlungsbefehl zurückgewiesen und damit der beklagten Partei abschließend der Rechtschutz verweigert wird. Auch in diesem Fall ist in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO die Zulässigkeit des Rekurses zu bejahen (9 ObA 85/88; 7 Ob 226/79).

Wegen Rechtsähnlichkeit ist demnach die Voraussetzung nach § 521a Abs 1 Z 3 ZPO ebenfalls zu bejahen, sodaß das Rechtsmittelverfahren zweiseitig ist und die Rekursfrist gemäß § 521 Abs 1 ZPO vier Wochen beträgt (9 ObA 85/88; EvBl 1989/60).

Der Beschluß des Berufungsgerichtes wurde dem Vertreter des Beklagten am 24.7.1996 zugestellt. Am 16.8.1996 langte ein Antrag des Beklagten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang ein, der mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.8.1996, der dem Beklagten am 29.8.1996 zugestellt wurde, abgewiesen wurde. Der vom Vertreter des Beklagten verfaßte und unterfertigte Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde am 20.9.1996 beim Erstgericht überreicht. Mit Rücksicht auf die Gerichtsferien in der Dauer von 15.7. bis 25.8.1996 ist der Rekurs daher jedenfalls rechtzeitig.

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Aus der Ausbesserung der Berufsbezeichnung "Kaufmann" auf "Bau GesmbH" kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht darauf geschlossen werden, daß der (damals unvertretene) Beklagte nicht im eigenen Namen, sondern namens einer GesmbH Einspruch erheben wollte. Abgesehen davon, daß die Vermutung naheliegt, daß der Beklagte damit allenfalls seine Berufsbezeichnung konkretisieren wollte, und der Einspruch zwar unleserlich, aber keineswegs firmenmäßig unterzeichnet wurde, ist auch nicht davon auszugehen, daß der Beklagte sich nicht selbst gegen den Zahlungsbefehl zur Wehr setzen und eine sinnlose und für ihn schädliche Prozeßhandlung vornehmen wollte (vgl 1 Ob 57/72). Es fehlt auch im bisherigen Verfahren jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Beklagte beabsichtigt hat, sich nicht im eigenen Namen, sondern namens einer juristischen Person in den Prozeß einzulassen. Er trat in den Verhandlungen immer persönlich auf, ohne auf ein Vertretungsverhältnis zu einer GesmbH hinzuweisen, und bezeichnete sich insbesondere im Schriftsatz vom 30.11.1995, mit dem ein Zeuge namhaft gemacht wurde, mit "Josef K*****, Baumeister".

Der dem Beklagten persönlich zuzuordnende Einspruch setzte daher den Zahlungsbefehl außer Kraft, sodaß das Erstgericht zu Recht ein Beweisverfahren durchführte und mit Urteil über den Klagsanspruch erkannte. Der Nichtigkeitsgrund der rechtskräftig entschiedenen Sache liegt daher nicht vor.

Somit wird das Berufungsgericht über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Erstgerichtes zu entscheiden haben, ohne von einer Nichtigkeit wegen entschiedener Sache auszugehen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die § 52 (1) ZPO.

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