Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 10.Oktober 1986 erhob die Klägerin gegen die Beklagte eine auf Zahlung von 5.000 S sA gerichtete Mahnklage. Die Beklagte erhob gegen den Zahlungsbefehl Einspruch. Das Erstgericht wies die Klage nach Beweisaufnahme mit Urteil ab.
Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Berufungsgericht das Ersturteil sowie das diesem vorangegangene Verfahren ab dem am 21. November 1986 zur Post gegebenen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 3.November 1986 als nichtig auf und wies den Einspruch der Beklagten gegen den Zahlungsbefehl als verspätet zurück; gleichzeitig sprach es aus, daß ein Rekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs der beklagten Partei ist zulässig.
Anfechtbar sind gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO Beschlüsse, mit denen das Berufungsgericht das Urteil des Gerichtes erster Instanz und das vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen hat. Gegen einen berufungsgerichtlichen Beschluß auf Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Urteils und des diesem vorangegangenen Verfahrens ohne Zurückweisung der Klage (und ohne Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes) ist im Zivilprozeß mangels Erfüllung der Voraussetzungen nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO (oder § 519 Abs 1 Z 3 ZPO der Rekurs an den Obersten Gerichtshof unzulässig. Als gesetzgeberisches Motiv für die Ausnahme von der Rekurszulassung nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist die Überlegung zu erkennen, daß im Falle einer Nichtigerklärung des Urteils und des diesem vorangegangenen Verfahrens ohne Zurückweisung der Klage der geltend gemachte Rechtsschutzanspruch gerichtsanhängig verbleibt und über ihn noch - bei grundsätzlich unveränderter Verfahrenslage - eine neue Sachentscheidung zu fällen ist. Berufungsgerichtliche Beschlüsse, die die weitere Prozeßführung abschneiden, sollen hingegen anfechtbar sein (siehe SZ 52/125 mwN). In diesem Sinn wird beispielsweise der Rekurs gegen den Beschluß auf Zurückweisung der Einwendungen in Wechselmandatsverfahren als zulässig angesehen (SZ 34/77). Auch im Fall der Zurückweisung von Einwendungen gegen eine gerichtliche Aufkündigung wird - trotz Unberührtheit des Beschlusses über die Aufkündigung - eine wesentliche Voraussetzung für das Prozeßverhältnis als solches berührt, weil eine Bedingung dafür beseitigt wird, daß der Aufkündigung die verfahrenseinleitende Funktion einer Klage zukommt. Der Oberste Gerichtshof ist daher in der Entscheidung SZ 52/125 davon ausgegangen, daß es im Bestandverfahren unter dem Gesichtspunkt des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO einer Zurückweisung der Klage gleichkommt, wenn durch den berufungsgerichtlichen Beschluß das Verfahren in einen Stand vor der wirksamen Erhebung von Einwendungen zurückversetzt wird. Ähnliche Erwägungen müssen gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - vom Berufungsgericht der Einspruch gegn den Zahlungsbefehl zurückgewiesen und damit der beklagten Partei abschließend der Rechtsschutz verweigert wird. Auch in diesem Fall ist in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 2 ZPO die Zulässigkeit des Rekurses anzunehmen. Folgerichtig ist dann aber auch - wie der Oberste Gerichtshof schon zu 6 Ob 641-644/86 ausgesprochen hat - wegen Rechtsähnlichkeit die Voraussetzung nach § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO zu bejahen, so daß das Rechtsmittelverfahren zweiseitig gestaltet ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß der Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO auch ohne die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 ZPO zulässig und die Anfechtung lediglich gemäß § 528 Abs 1 Z 5 ZPO bei einem 15.000 S nicht übersteigenden Anfechtungsgegenstand ausgeschlossen ist (siehe Fasching ZPR Rz 1981). Berücksichtigt man weiters, daß die genannte Rekursbeschränkung in Arbeits- und Sozialrechtssachen gemäß § 47 Abs 1 ASGG nicht gilt, ist der vorliegende, einen Streitgegenstand von 5.000 S betreffende Beschluß anfechtbar und zwar auch dann, wenn er keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des in Arbeits- und Sozialrechtssachen anstelle des § 502 Abs 4 ZPO geltenden § 46 Abs 2 ASGG betrifft.
Der Rekurs ist daher zulässig, er ist aber nicht berechtigt. Daß der Zahlungsbefehl der beklagten Partei bereits am 5. November 1986 - und nicht erst am 15.November 1986 - zugestellt wurde, ergibt sich nicht nur aus der deutlichen handschriftlichen Datierung des von einem Postbevollmächtigten der Beklagten für RSa-Briefe unterfertigten Rückscheines, sondern auch aus dem darauf befindlichen Stempel des Postamtes Völs vom 5.November 1986. Weder hatte das Berufungsgericht angesichts der klaren Aktenlage einen Grund, an der Richtigkeit dieser deutlichen Datierung zu zweifeln, noch vermögen die Ausführungen der Rekurswerberin Zweifel daran zu erwecken, daß der Postbevollmächtigte der Beklagten die Sendung tatsächlich am 5.November 1986 übernommen hat. Damit war aber der am 21. November 1986 zur Post gegebene Einspruch verspätet und seine Zurückweisung durch das Berufungsgericht berechtigt. Dem Rekurs der beklagten Partei war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
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