OGH 5Ob4/08m

OGH5Ob4/08m22.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sepp O*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Christian P*****, 2. Elisabeth P*****, beide vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. November 2007, GZ 3 R 348/07h‑15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Mit dem angefochtenen Zwischenurteil erkannte das Berufungsgericht den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 9 MRG hinsichtlich der im Wohnungseigentum des Klägers stehenden und von den Beklagten gemieteten Wohnung vorbehaltlich einer Ersatzbeschaffung nach § 32 MRG als zu Recht bestehend.

Dem liegen, kurz zusammengefasst, folgende Feststellungen zugrunde:

Als der Kläger die gegenständliche Eigentumswohnung durch Zuschlag erwarb (16. 6. 2004), war seine eigene Wohnversorgung nur durch ein bis 31. 5. 2007 befristetes Hauptmietverhältnis sichergestellt. Sein Hauptmietverhältnis endete auch tatsächlich mit 31. 5. 2007.

Das Mietverhältnis der Beklagten, die die aufgekündigte Wohnung durch nahezu 30 Jahre bewohnen, ist hingegen unbefristet.

Zwei Monate vor Beendigung des befristeten Mietverhältnisses des Klägers, dessen Verlängerung von seinen Vermietern abgelehnt wurde, wurde die gegenständliche Aufkündigung den Beklagten zugestellt.

In der Aufkündigung hat sich der Kläger das Anbot auf Ersatzbeschaffung gemäß § 32 MRG vorbehalten.

Rechtliche Beurteilung

Alle in diesem Zusammenhang in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt.

1. Infolge der 10‑jährigen Sperrfrist des § 30 Abs 3 zweiter Satz MRG, die auch für Eigentumswohnungen gilt (8 Ob 554/78 = SZ 51/151; 4 Ob 535/83 = EvBl 1983/103; 2 Ob 202/99s = EvBl 2000/13), ist auf den geltend gemachten Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 8 MRG zu Recht nicht mehr eingegangen worden. Für die Eigenbedarfskündigung nach § 30 Abs 2 Z 9 MRG besteht keine Vorschrift über eine Sperrfrist nach rechtsgeschäftlichen Erwerb, wohl aber die Verpflichtung, dem Mieter Ersatz zu beschaffen. Zufolge § 32 Abs 1 MRG kann sich der Vermieter in der Aufkündigung vorbehalten, die hienach gebotenen Ersatzmietgegenstände erst im Zug des Verfahrens anzubieten (vgl 6 Ob 3/02p = wobl 2003/70). Diesfalls hat der Vermieter binnen drei Monaten nach Rechtskraft eines Zwischenurteils dem Mieter zwei entsprechende Wohnungen zum Ersatz anzubieten (§ 32 Abs 2 MRG).

2. Es trifft zu, dass für die Beurteilung des Vorliegens des Eigenbedarfs des Vermieters grundsätzlich der Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung maßgeblich ist (RIS‑Justiz RS0070282). Dazu reicht es aber auch aus, dass mit Sicherheit oder höchster Wahrscheinlichkeit in nächster Zukunft - hier zwei Monate nach Zustellung der Aufkündigung - die Obdachlosigkeit des Vermieters bevorsteht. Es ist nicht Voraussetzung, dass der Vermieter im Zeitpunkt der Einbringung der Aufkündigung bereits obdachlos ist (7 Ob 273/55; 6 Ob 278/66 = MietSlg 18.403; 3 Ob 550/85 = MietSlg 37.450; 2 Ob 670/86 = MietSlg 39.464; 9 Ob 702/91).

3. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung stellt der Erwerb eines vermieteten Hauses bzw einer vermieteten Eigentumswohnung bei bestehendem Eigenbedarf kein die Kündigung ausschließendes Selbstverschulden des Vermieters dar (6 Ob 211/65 = MietSlg 17.430; 8 Ob 103/00f mwN = immolex 2002/15; RIS‑Justiz RS0115359). Ein selbstverschuldeter Eigenbedarf wäre nur dann zu bejahen, wenn der Vermieter um die ihm seinerzeit zur Verfügung gestandenen Mittel unter zumutbaren Bedingungen und Verhältnissen in der näheren oder weiteren Umgebung seines derzeitigen Wohnorts eine ausreichend große Eigentumswohnung hätte erwerben können. Dafür trifft aber den Mieter die Behauptungs- und Beweislast (MietSlg 17.430). Die Beklagten haben sich darauf beschränkt, einzuwenden, der Kläger hätte nach Beendigung seines Mietverhältnisses eine andere Wohnung mieten können und habe daher seinen Wohnbedarf selbst verschuldet.

Auf die Möglichkeit, sich zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses eine nicht in seinem Eigentum stehende Wohnmöglichkeit zu verschaffen, kann der Vermieter aber nach der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen verwiesen werden (vgl RIS‑Justiz RS0070482 [T8; T11; T12]), deren Voraussetzungen vom erwiesenen Sachverhalt aber keineswegs gedeckt sind.

4. Die Ausführungen in der außerordentlichen Revision, dass der Kläger erst nach Erwerb der verfahrensgegenständlichen Wohnung ein befristetes Mietverhältnis abgeschlossen hat, steht in Widerspruch zu den maßgeblichen Feststellungen.

5. Die weiters aufgestellte Behauptung, der Kläger habe es gar nicht ernsthaft vor, den Beklagten einen adäquaten Ersatz anzubieten, ist beim derzeitigen Verfahrensstand schon deshalb bedeutungslos, weil das angefochtene Zwischenurteil ohnedies nicht vollstreckbar ist (3 Ob 138/75 = MietSlg 27.463/8).

Es liegen daher insgesamt keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO vor.

Das hatte zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision zu führen.

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