OGH 10ObS121/07b

OGH10ObS121/07b18.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Univ.-Prof. DI Hans Lechner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Stefanie E*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Charlotte Lindenberger, Rechtsanwältin in Steyr, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Juni 2007, GZ 11 Rs 43/07h-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. März 2007, GZ 24 Cgs 109/06k-15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die am 26. 12. 1947 geborene Klägerin bezieht seit 1. Oktober 2005 von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Berufsunfähigkeitspension in einer monatlichen Höhe von 226,18 EUR (2005). Mit Bescheid vom 20. 4. 2006 hat die beklagte Partei einen Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage für die Zeit von 1. 10. 2005 bis 31. 12. 2005 abgelehnt und die Ausgleichszulage für die Zeit ab 1. 1. 2006 mit 4,35 EUR monatlich festgesetzt.

Die Ehe der Klägerin mit Friedrich Josef E***** wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes E***** vom 26. 3. 1990 gemäß § 49 EheG aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. Mit ihrer am 3. 5. 1990 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von ihrem geschiedenen Gatten einen monatlichen Unterhalt von 7.000 ATS (508,71 EUR) ab 1. 5. 1990. Mit einstweiliger Verfügung vom 20. 7. 1990 wurde Friedrich Josef E***** zur Leistung eines vorläufigen Unterhaltsbetrags von 7.000 ATS (508,71 EUR) monatlich verpflichtet; mit Beschluss vom 10. 5. 1993 wurde die einstweilige Verpflichtung ab 1. 3. 1993 auf einen vorläufigen Unterhaltsbetrag von 4.300 ATS (312,49 EUR) monatlich eingeschränkt. Im Unterhaltsverfahren war unter anderem strittig, ob der Klägerin eine eigene Erwerbstätigkeit zumutbar sei und inwieweit Familienbeihilfe und Pflegegeld des im gemeinsamen Haushalt mit der Klägerin lebenden behinderten Sohnes Reinhard E***** als anzurechnendes Eigeneinkommen der Klägerin anzusehen seien. Die Klägerin berief sich im Wesentlichen darauf, dass ihr eine eigene Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sei, weil sie den am 20. 9. 1966 geborenen Sohn Reinhard pflegen müsse. Dieser hatte im Jahr 1981 im Turnunterricht einen Unfall erlitten und ist seitdem ab dem 5. Halswirbel querschnittgelähmt. Im BBRZ in L***** absolvierte er eine Lehre zum Bürokaufmann, die er im Februar 1989 abschloss. Seit Mai 1990 ist er beim Land Oberösterreich voll beschäftigt, er arbeitet im Bauhof in A***** am Computer und als Telefonist und verdient derzeit rund 1.200 EUR monatlich netto. Er bezieht weiters eine Unfallrente von der AUVA (Vollrente samt Zusatzrente; im Jahr 1993 waren dies 6.679,90 ATS [485,45 EUR] monatlich) und Pflegegeld der Stufe 5. Im Unterhaltsverfahren brachte die Klägerin vor, dass sie Reinhard zur Arbeit fahren und auch wieder abholen müsse; es sei ihr nicht möglich, für den Zeitraum zwischen diesen Fahrten eine Beschäftigung zu erlangen, eine solche sei ihr auch nicht zumutbar. Zu diesem Thema wurden mehrere Sachverständigengutachten eingeholt. Nach der Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich ab 1. 7. 1993 vertrat der Verhandlungsrichter letztlich sinngemäß die Auffassung, dass Reinhard E***** die Klägerin zur Abgeltung der geleisteten Pflege mit dem nun gewährten Pflegegeld der Stufe 5 „erhalten" könne. Am 23. 7. 1993 schlossen die Klägerin und Friedrich Josef E***** folgenden gerichtlichen Vergleich:

„1.) In diesem Verfahren vereinbaren die Streitteile Ruhen des Verfahrens mit der Wirkung des ewigen Ruhens im Innenverhältnis.

2.) Mit diesem Vergleich sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Titel des Unterhalts oder der Unterhaltsrückforderung bis einschließlich 31. 7. 1993 bereinigt und verglichen.

3.) Die Klägerin verpflichtet sich, dem Beklagten mit Unterfertigung des Vergleichs eine Einstellungsermächtigung hinsichtlich des offenen Exekutionsverfahrens anlässlich der einstweiligen Verfügung in diesem Verfahren 8 E 3497/90 des Bezirksgerichtes L***** auszuhändigen und den für August 1993 an sie allenfalls noch zur Auszahlung gelangenden Betrag unverzüglich an den Beklagten zurückzuerstatten. ...

4.) Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben."

Nach diesem Zeitpunkt hat die Klägerin bis dato keinen Unterhalt mehr von Friedrich Josef E***** gefordert.

Am 8. 3. 1991 hatte Friedrich E***** beim Bezirksgericht E***** einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gestellt. Während aufrechter Ehe hatten die Streitteile das Wohnhaus E*****straße 19 in A***** errichtet. Der Kaufpreis des Baugrundstückes wurde zum größten Teil durch einen von der AUVA an Reinhard E***** gewährten Zuschuss (zum Bau eines behindertengerechten Eigenheimes) in Höhe von 230.000 ATS (16.714,75 EUR) finanziert. Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** A***** waren in der Folge stets die Klägerin und Reinhard E*****. Mit Vergleich vom 27. 8. 1993 verpflichtete sich die nunmehrige Klägerin, Friedrich Josef E***** bis 30. 9. 1993 eine Ausgleichszahlung von 250.000 ATS (18.168,21 EUR) zu zahlen; die Klägerin blieb Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** A*****. Über Antrag des Friedrich E***** wurde der Vergleich am 12. 10. 1993 durch einen weiteren Vergleich ergänzt:

„1.) Die im genannten Vergleich festgesetzte Ausgleichszahlung von S 250.000 wird wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise 86, wobei als Ausgangsbasis die Indexzahl für August 1993 vereinbart wird.

2.) Die Antragsgegnerin Stefanie E***** übernimmt im Innenverhältnis die alleinige Verpflichtung zur Rückzahlung der mit dem Hausbau verbundenen Darlehen, so des Darlehens der Bausparkasse der Sparkassen zu Vertrag Nr. ***** und des Wohnbauförderungsdarlehens; sie hat diesbezüglich den Antragsteller Friedrich E***** schad- und klaglos zu halten."

Der Verhandlungsrichter hatte zur Klägerin (damals Antragsgegnerin) sinngemäß gemeint, der geschiedene Gatte „könne ihr ohnehin nichts nehmen". Dass die Klägerin und Friedrich E***** eine Vereinbarung dahin getroffen hätten, dass Friedrich E***** die Ausgleichszahlung so lange nicht (exekutiv) geltend mache, als die Klägerin keinen Unterhalt von ihm fordere, kann nicht festgestellt werden. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin Friedrich E***** gegenüber (auch für die Zukunft) auf Unterhalt verzichtet hätte. Ein allfälliger künftiger Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage wurde weder im Unterhalts- noch im Aufteilungsverfahren thematisiert. Die Klägerin war auch nach 1993 nicht mehr berufstätig. Lediglich von 1. 1. 2005 bis 15. 10. 2006 war sie bei ihrem zweiten Sohn Wolfgang E***** geringfügig beschäftigt. Im Zeitraum 1. 10. 2005 bis 30. 9. 2006 verdiente sie monatlich 317,90 EUR, in der Zeit von 1. 10. 2006 bis 15. 10. 2006 158,95 EUR.

Wie bereits erwähnt ist die Klägerin gemeinsam mit ihrem Sohn Reinhard je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** A*****. Auf der Liegenschaft haften keine Schulden mehr aus, ausgenommen ca 100.000 ATS (7.267,28 EUR) aus einem Landesdarlehen. Die Klägerin verfügt ansonsten über kein Vermögen, Sparguthaben, Zinserträgnisse oder Ähnliches. Sie betreut den Sohn Reinhard weiterhin im gemeinsamen Haushalt.

Friedrich Josef E***** ist in zweiter Ehe mit Beate E***** verheiratet, der Ehe entstammt das Kind Anna Maria, geboren am 17. 11. 1997. Außer für Beate und Anna Maria E***** treffen Friedrich E***** keine weiteren Sorgepflichten. Friedrich E***** bezieht eine Pension von den ÖBB, wobei für die Zeit ab Oktober 2005 folgende Nettobeträge ausbezahlt wurden: 10/2005 und 11/2005 je 1.403,92 EUR, 12/2005 1.403,91 EUR, anteilige Sonderzahlungen für das Quartal bis 12/2005 836,24 EUR; 01/2006 1.427,58 EUR; 02/2006 und 03/2006 je 1.427,49 EUR, Sonderzahlungen bis 03/2006 EUR 893,12; 04/2006 bis 06/2006 je 1.427,49 EUR, Sonderzahlungen bis 06/2006 855,92 EUR; 07/2006 bis 09/2006 je 1.427,49 EUR, Sonderzahlungen bis 09/2006 855,92 EUR; 10/2006 und 11/2006 je 1.427,49 EUR, 12/2006 1.427,48 EUR; Sonderzahlungen bis 12/2006 855,92 EUR; 01/2007 1.442,98 EUR. Beate E***** ist als Reinigungskraft 20 Stunden pro Woche im Bezirksaltenheim E***** beschäftigt, zum Teil leistet sie Mehrstunden. Im Zeitraum von 1. 10. 2005 bis 31. 12. 2006 hat sie durchschnittlich 829,87 EUR netto im Monat verdient. Mit der gegen den Bescheid vom 20. 4. 2006 erhobenen Klage begehrt die Klägerin von der beklagten Partei die Gewährung der Ausgleichszulage in voller gesetzlicher Höhe ab 1. 10. 2005. Mit ihrem geschiedenen Gatten habe sie vereinbart, dass die von ihr im Zusammenhang mit dem Aufteilungsverfahren zu leistende Ausgleichszahlung für die Überlassung des ehelichen Hauses (250.000 ATS) von Friedrich Josef E***** so lange nicht betrieben werde, als sie keinen Unterhalt beanspruche. Tatsächlich habe es sich also um einen Unterhaltsverzicht Zug um Zug gegen Überlassung des Hauses gehandelt. Aufgrund der Befürchtung des damaligen Richters, diese Vereinbarung sei möglicherweise sittenwidrig, sei die Vereinbarung anders formuliert worden. Jedenfalls sei der Klägerin die Verfolgung des Anspruches unzumutbar, weil sie dann mit der Exekutionsführung ihres geschiedenen Gatten auf die Ausgleichszahlung zu rechnen habe. Dieses Risiko sei der Klägerin, die mit ihrem behinderten (erwachsenen) Sohn zusammenlebe, nicht zuzumuten. Selbst bei Berücksichtigung des fiktiven Unterhaltsanspruches liege ihr Einkommen weit unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz, sodass ihr jedenfalls mehr als die bescheidmäßig zuerkannte Ausgleichszulage zustehe. Der theoretische Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Gatten betrage unter Berücksichtigung von dessen Sorgepflichten maximal 250 EUR im Monat.

Die beklagte Partei bestritt und wandte ein, dass der gegen den geschiedenen Gatten zustehende und auch durchsetzbare Unterhalt bei der Berechnung der Ausgleichszulage als Nettoeinkommen heranzuziehen sei. Die Klägerin habe rechtsmissbräuchlich zu Lasten der Allgemeinheit auf ihre Unterhaltsansprüche ab 1. 8. 1993 verzichtet. Aufgrund des anrechenbaren Nettoeinkommens des Reinhard E***** bestehe auch kein Anspruch auf eine Ausgleichszulagen-Richtsatzerhöhung. Im Übrigen habe die Klägerin in der Zeit von 1. 10. 2006 bis 15. 10. 2006 ein Einkommen bezogen, wodurch der anzuwendende Richtsatz bei weitem überschritten worden sei. Der von 1. 1. 2006 bis 31. 10. 2006 entstandene Überbezug von netto 49,56 EUR sei daher zurückzufordern und möge primär kompensando gegen eine im Verfahren eventuell festzustellende Nachzahlung angerechnet werden.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei, der Klägerin folgende Ausgleichszulage zu leisten:

a) für den Zeitraum von 1. 10. 2005 bis 31. 12. 2005 118,91 EUR monatlich,

b) für den Zeitraum von 1. 1. 2006 bis 30. 9. 2006 145,92 EUR monatlich,

  1. c) für Oktober 2006 304,87 EUR,
  2. d) für den Zeitraum von 1. 11. 2006 bis 31. 12. 2006 463,82 EUR monatlich und

    e) ab 1. 1. 2007 496,20 EUR monatlich,

    jeweils zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen im gesetzlichen Ausmaß. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wurde abgewiesen. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Klägerin habe grundsätzlich einen Unterhaltsanspruch gemäß § 66 EheG; dabei seien die Sorgepflichten des Friedrich E***** für die zweite Gattin und ein Kind zu berücksichtigen, aber auch das Pflegegeld des behinderten Sohnes als anzurechnendes Eigeneinkommen der Klägerin: Wenn statt einer dritten Person die Mutter selbst Pflegeleistungen erbringe, die über das bei einem Kind gewöhnliche Maß hinausgingen, stünde ihr Entgelt zu, das als Einkommen zu betrachten sei. Die Mutter könne die Abführung des vom Kind bezogenen Pflegegeldes fordern und dieses im gemeinsamen Haushalt, also auch für sich selbst verbrauchen. Sollte sie darauf verzichten, sei von einem dennoch erzielbaren Einkommen auszugehen. Aufgrund dieser Einkünfte habe die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch, sodass auf die Frage des rechtsmissbräuchlichen Verzichts nicht mehr eingegangen werden müsse. In den genannten Zeiträumen seien vom Ausgleichszulagenrichtsatz jeweils die Pension sowie das erzielte Arbeitseinkommen der Klägerin abzuziehen; die sich daraus ergebende Differenz ergebe die Höhe der zugesprochenen Ausgleichszulagenbeträge (das bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs gegen ihren geschiedenen Gatten in Anschlag gebrachte Pflegegeld berücksichtigte das Erstgericht bei der Berechnung der Ausgleichszulage nicht). Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück. Es sah eine in der Berufungsbeantwortung der Klägerin enthaltene Tatsachenrüge nicht als entscheidungswesentlich an und führte zur Rechtsrüge der beklagten Partei zusammengefasst Folgendes aus:

    Seit der Aufhebung der Pauschalanrechnung durch den Verfassungsgerichtshof seien Unterhaltsansprüche, die nicht dem § 294 Abs 1 lit c ASVG unterlägen, bei der Ausgleichszulagenbemessung als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie tatsächlich zufließen oder rechtsmissbräuchlich nicht realisiert würden. Der subsidiäre sozialhilfeähnliche Charakter der Ausgleichszulage verbiete es im Allgemeinen, dass der Berechtigte von sich aus auf realisierbare Einkünfte verzichte. Aus dem Gedanken des Verbots rechtsmissbräuchlicher Rechtsausübung habe die Rechtsprechung gefolgert, dass der Verzicht auf bestehende, im Rahmen der Ausgleichszulagenfeststellung zu berücksichtigende Ansprüche (worunter auch das bloße Nichtgeltendmachen und Nichteintreiben offener Forderungen zu verstehen sei) für die Ausgleichszulagenfeststellung unbeachtlich sei, sofern dieser Verzicht (bzw. die Rechtsaufgabe) offenbar den Zweck habe, den Träger der Ausgleichszulage zu schädigen.

    Die Frage eines (rechtsmissbräuchlichen) Verzichts auf Unterhalt könne aber erst dann geprüft werden, wenn feststehe, dass der Klägerin überhaupt ein Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Gatten zustehe, auf den sie verzichten könne. Das Erstgericht habe dabei das vom behinderten Sohn bezogene Pflegegeld als Einkommen berücksichtigt und aufgrund dessen Höhe einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Gatten verneint; hingegen habe es bei der Berechnung der Ausgleichszulage diesen Umstand nicht berücksichtigt.

    Aufgrund der Feststellungen lasse sich jedoch nicht abschließend klären, ob die Klägerin überhaupt einen Unterhaltsanspruch gegen ihren geschiedenen Gatten und bejahendenfalls in welcher Höhe habe. Das vergleichsweise vereinbarte „ewige Ruhen" beinhalte jedenfalls keinen Verzicht der Klägerin auf einen Unterhalt gegen ihren Gatten zumindest ab 1. 8. 1993: Die Vereinbarung „ewigen" Ruhens des Verfahrens sei zwar rein prozessual unzulässig, jedoch nicht bedeutungslos, wenn die Parteien damit zugleich auch das zwischen ihnen streitige Rechtsverhältnis bereinigen wollten, also wenn sie sich etwa außergerichtlich über den Anspruch verglichen hätten, der Beklagte ihn anerkannt oder sogar erfüllt oder der Kläger auf ihn verzichtet habe. Das Erstgericht habe jedoch ausdrücklich nicht feststellen können, dass die Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Gatten Friedrich E***** auch für die Zukunft auf Unterhalt verzichtet habe, weshalb ein realisierbarer Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Gatten grundsätzlich zu bejahen sei. Ausgehend von den festgestellten Einkommen der maßgeblichen Personen bestünde aber dann kein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Gatten mehr, wenn sie selbst über ein entsprechend hohes eigenes Einkommen verfüge. Da die beklagte Partei ihre Einwendung, das Pflegegeld des klägerischen Sohnes sei als Einkommen zu berücksichtigen, erstmals neu (§ 482 ZPO) im Berufungsverfahren erhoben habe, sei im Berufungsverfahren nicht darauf einzugehen, inwieweit ein aus dem Pflegegeldanspruch des klägerischen Sohnes abgeleiteter Anspruch der Klägerin auf Entgelt für ihre geleistete Pflege als Einkommen bei der Ausgleichszulage zu berücksichtigen sei (aufgrund des subsidiären sozialhilfeähnlichen Charakters liegt es aber nahe, ein Einkommen aus unterhaltsrechtlicher Sicht auch als solches nach § 292 Abs 3 ASVG zu werten).

    Dennoch sei die Frage eines von der Klägerin erzielbaren Einkommens für ihre Pflegeleistungen von maßgeblicher Bedeutung für die Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs gegen ihren geschiedenen Gatten und damit aber auch für die Berechnung der Höhe der Ausgleichszulage, unabhängig von einer allenfalls späteren, derzeit mangels Vorbringens nicht berücksichtigbaren Anrechnung von Entgelt aus Pflegeleistungen. Gemäß § 87 ASGG seien von Amts wegen weitere Aspekte für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu prüfen. Als allgemein bekannt könne vorausgesetzt werden, dass mit der von der Klägerin bezogenen Pension von ca 250 EUR die Lebenskosten nicht ausreichend bestritten werden könnten. Weiters sei die Klägerin bereits 1993 darauf aufmerksam gemacht worden, dass sie der Sohn mit seinem Pflegegeld der Stufe 5 durch Abgeltung der geleisteten Pflege „erhalten könne". Im früheren, gegen ihren geschiedenen Gatten geführten Unterhaltsverfahren habe sich die Klägerin weiters darauf berufen, dass ihr eine eigene Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sei, weil sie den Sohn Reinhard pflegen müsse, den sie auch jetzt noch im gemeinsamen Haushalt betreue. Die letztgenannte Feststellung reiche aber nicht aus, um beurteilen zu können, mit welchem Betrag die bislang nicht näher beschriebenen Pflegeleistungen der Klägerin für ihren Sohn Reinhard zu bewerten seien.

    Das Erstgericht werde daher nach Erörterung mit den Parteien und ergänzender Beweisaufnahme festzustellen haben, ob Reinhard E***** der Klägerin für ihre Pflegeleistungen direkte Zahlungen leiste oder sonstige Kosten trage, die der Klägerin bei ihrer Lebensführung zugute kämen und daher Einkommensersatzfunktion hätten. Jedenfalls diese Beträge seien bei der Berechnung des Unterhaltsanspruches der Klägerin gegen ihren geschiedenen Gatten als Eigeneinkommen in Anschlag zu bringen. In einem weiteren Schritt seien die tatsächlichen Pflegeleistungen der Klägerin festzustellen und - soweit sie über den familienüblichen Umfang hinausgingen - anhand üblicher Pflegesätze für dritte Personen (Fremdpflege) zu bewerten. Eine sich aus diesem Fremdvergleich ergebende Unterbezahlung der Klägerin werde dann als realisierbares Einkommen der Klägerin bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen sein.

    Erst dann, wenn sich nach dieser Prüfung noch ein möglicher Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Gatten ergebe, werde zu prüfen sein, inwieweit die unterlassene Durchsetzung des Anspruches rechtsmissbräuchlich erfolge bzw erfolgt sei. Unterlasse nämlich eine Ausgleichszulagenwerberin die Durchsetzung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches, obgleich ihr dessen Durchsetzung zumindest teilweise möglich und zumutbar wäre und würde sie davon auch nicht Abstand nehmen, wenn der Ausfall nicht durch die Ausgleichszulage gedeckt wäre, so seien diese Ansprüche bei Berechnung dieser Zulage als tatsächlich zufließend zu berücksichtigen. Die in diesem Zusammenhang zu sehende Tatsachenrüge der Klägerin betreffe derzeit noch nicht entscheidungswesentliche Umstände, sodass darauf nicht einzugehen gewesen sei. Auch auf § 294 Abs 5 ASVG müsse nicht eingegangen werden, da für diese Bestimmung seit der Aufhebung der lit a und b in § 294 Abs 1 1. Satz ASVG durch den Verfassungsgerichtshof kein Anwendungsbereich mehr verbleibe. Aufgrund der zur Festsetzung der Höhe der Ausgleichszulage notwendigen Feststellungen erweise sich die Aufhebung des angefochtenen Urteils als unumgänglich.

    Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil keine oberstgerichtliche Judikatur zum Ausgleichszulagenrecht vorzufinden sei, inwieweit Pflegeleistungen im Familienverband realisierbares Einkommen begründen könnten.

    Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, „dem Rekurs Folge zu geben, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass der Klägerin die Ausgleichszulage im vollen gesetzlichen Ausmaß ab 1. 1. 2006 zugesprochen werde und das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werde; in eventu, dem Rekurs Folge zu geben und das angefochtene Urteil aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen".

    Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, „dem Rekurs der klagenden Partei keine Folge zu geben und das angefochtene Urteil ... vollinhaltlich zu bestätigen".

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Ihrem Rekurs legt die Klägerin zugrunde, dass sie mit ihrem Sohn wie in einer Lebensgemeinschaft (wenn auch ohne sexuelle Komponente) lebe, weshalb der Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ex-Gatten entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung 6 Ob 28/07x im Hinblick auf die Teilung der Wohnung und das gemeinsame Wirtschaften ruhe. Bei einem Einkommen des „Lebensgefährten" (Sohnes) von mehr als 2.500 EUR netto und der Erbringung von Haushaltsleistungen für ihn, wofür ein fiktives Entgelt entsprechend den Mindestlohntarifen für Hausgehilfen anzurechnen sei, wäre ein Bestehen auf Unterhalt gegenüber dem geschiedenen Mann sittenwidrig. Damit sei das Ersturteil richtig, dass die Klägerin gegenüber ihrem Ex-Gatten keinen Unterhaltsanspruch habe, aber gegenüber der beklagten Partei einen Anspruch auf die ungekürzte Ausgleichszulage.

Dazu hat der Senat erwogen:

1. Nach ständiger Rechtsprechung ist es im Verfahren über den Anspruch auf Ausgleichszulage Sache des beklagten Versicherungsträgers, durch Vorbringen entsprechender Tatsachen einzuwenden, dass der Anspruch des Pensionsberechtigten auf Ausgleichszulage infolge von Einkünften oder Unterhaltsansprüchen vermindert oder zur Gänze aufgehoben wird. Dem Vorbringen muss zu entnehmen sein, um welche Einkünfte oder Unterhaltsansprüche es sich handelt. Einkünfte oder Unterhaltsansprüche, die der beklagte Versicherungsträger nicht einwendet, bilden keinen Gegenstand des Rechtsstreits (10 ObS 332/90 = SSV-NF 4/148; 10 ObS 122/91 = SSV-NF 5/69; 10 ObS 80/98g = SSV-NF 12/77).

Die beklagte Partei hat sich im Verfahren erster Instanz nur auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Gatten und ihre Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung im Zeitraum 1. 10. 2005 bis 15. 10. 2006 berufen, aber nicht eingewendet, dass sich die Klägerin auf ihren Anspruch auf Ausgleichszulage auch Einkünfte für die von ihr erbrachten Pflegeleistungen (aus dem von ihrem Sohn bezogenen Pflegegeld der Stufe 5) als Einkommen iSd § 292 Abs 3 ASVG anrechnen lassen müsse. Da auch in Sozialrechtssachen ein in erster Instanz unterlassenes Vorbringen im Berufungsverfahren nicht nachgeholt werden kann (§ 482 ZPO; Neumayr in ZellKomm § 63 ASGG Rz 2 mwN), hat das Berufungsgericht zutreffend eine inhaltliche Behandlung der erst im Berufungsverfahren erstmals erhobenen Einwendung abgelehnt.

2. Bei der Prüfung der Einwendung der beklagten Partei, es bestünde ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Ehegatten, ist auch zu prüfen, ob sich die Klägerin - entsprechend der Rechtsansicht der Vorinstanzen - im Hinblick auf die von ihr für ihren behinderten Sohn erbrachten Pflegeleistungen das von ihrem Sohn bezogene Pflegegeld als (fiktives) Eigeneinkommen anrechnen lassen muss.

Hinweise darauf, dass die Klägerin gegenüber ihrem Sohn aufgrund einer sie bindenden Vereinbarung tätig wird, die ihr auch einen Entlohnungsanspruch verschafft, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der in einem Ehegattenunterhaltsstreit ergangenen Entscheidung 3 Ob 540/91 (EvBl 1992/27 = RZ 1992/25, 70 = RIS-Justiz RS0009511) ausgesprochen, dass ein Hilflosenzuschuss Einkommen des hilflosen Pensionsbeziehers und nicht Einkommen des den Hilflosen betreuenden Elternteils ist (ebenso 10 ObS 46/87 = SSV-NF 1/46); dann aber, wenn der Hilflose den Hilflosenzuschuss einem Dritten als Entschädigung für dessen Pflegeleistungen zuwendet, könne diese Zuwendung zu einem Einkommen dieses Dritten werden. Zumindest für den Fall eines Unterhaltsanspruchs nach § 66 EheG (Unterhaltspflicht bei Scheidung wegen Verschuldens), bei dem es auf das erzielbare Einkommen ankomme (anders im Fall des § 69 Abs 2 EheG), schloss sich der 3. Senat zu 3 Ob 540/91 der Entscheidung 6 Ob 641/90 (EFSlg 63.520) an, wonach ein Pflegegeld nach dem stmk Behindertengesetz zwar zu den eigenen Einkünften des Kindes zähle, dass aber das Kind verpflichtet wäre, hievon die Pflegeleistungen der Mutter angemessen abzugelten. Selbst wenn kein formeller Vertrag bestehe, genüge der in der faktischen Übung der Haushalt führenden und obsorgenden Mutter liegende wirtschaftliche Vorgang, um das Pflegegeld des Kindes unterhaltsrechtlich in angemessenem Umfang wie eigene Einkünfte iSd § 94 Abs 2 ABGB zu werten. Selbst im Fall eines Unterhaltsanspruchs nach § 69 Abs 2 EheG wurde im Rahmen der Zurückweisung einer außerordentlichen Revision die Qualifikation des von der Mutter der Klägerin bezogenen Pflegegeldes als Eigeneinkommen der Klägerin als unbedenklich angesehen, weil dieser das Pflegegeld „praktisch zur Gänze zur Verfügung" gestellt werde (6 Ob 123/97z). In der Lehre wird diese Rechtsprechung von Zankl (in Schwimann, ABGB3 I § 66 EheG Rz 24: „Vereinnahmung des Hilflosenzuschusses") und Gitschthaler (in Gitschthaler/Höllwerth (EheG [2008] § 94 Rz 126) geteilt und von Hopf/Kathrein (Eherecht2 [2005] § 94 ABGB Rz 28) kritisiert, wobei aber eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung jeweils fehlt.

2.2. Nach Art 1 BPGG (siehe auch Art 2 Abs 1 der Pflege-Vereinbarung Bund - Länder, BGBl 1993/866) hat das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages den Mehraufwand an Betreuung und Hilfe pauschaliert abzudecken, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie ihre Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben führen zu können. Mit dem Hinweis auf den „Beitrag" lässt der Gesetzgeber erkennen, dass die tatsächlichen Kosten für die Pflege in vielen Fällen die vorgesehenen Pauschalbeträge übersteigen. Das Pflegegeld bezweckt keine Erhöhung des Einkommens des Betroffenen, sondern soll ausschließlich dazu beitragen, Pflegeleistungen „einkaufen" zu können und es den Betroffenen ermöglichen, sich die erforderlichen Pflegemaßnahmen selbst zu organisieren. Das bedeutet - nach der Absicht des Gesetzgebers - in erster Linie, dass die Wahlmöglichkeit zwischen häuslicher Betreuung und Pflege in stationären Einrichtungen erweitert werden soll, wobei ein gewisser Vorrang häuslicher Pflege erkennbar ist, aber durchaus die Möglichkeit offen steht, dass sich die Betroffenen genauso für stationäre Versorgung entscheiden können, ohne dass für sie damit Nachteile verbunden wären. Für die Einstufung darf es insbesondere keine Rolle spielen, ob Personen vorhanden sind, die die erforderlichen Pflegeleistungen unabhängig vom Bestehen bzw der Höhe des Pflegegeldanspruchs erbringen. Vom wem die Betreuung und Hilfe angeboten wird ist unbeachtlich. Wie erwähnt kommt sowohl der Einkauf persönlicher Assistenzleistungen als auch die Möglichkeit der Eigeninitiative - durch Angehörige, Freunde etc - in Betracht (Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich [1994] 154 f).

2.3. Unter diesen Prämissen ist es nicht sachgerecht, pauschal das gesamte vom Sohn bezogene Pflegegeld bei der Unterhaltsbemessung als (fiktives) Einkommen der Mutter anzurechnen, weil es grundsätzlich in der Hand des Pflegebedürftigen liegt zu entscheiden, für welche Pflegeleistungen er das Pflegegeld zweckentsprechend verwendet. Auf der anderen Seite wäre es aber auch nicht sachgerecht, bei der Unterhaltsbemessung die Erbringung von Pflegeleistungen durch die unterhaltsberechtigte Person zu Lasten des Unterhaltspflichtigen unberücksichtigt zu lassen, wenn an sich die Möglichkeit bestünde, dass die pflegebedürftige Person die Pflegeleistungen mit Hilfe des Pflegegelds (zumindest teilweise) finanzieren könnte.

2.4. In diesem Sinn ist für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu klären, wofür ihr behinderter Sohn das Pflegegeld verwendet. Nimmt er es für notwendige Fremdleistungen in Anspruch, gehen diese einem fiktiven „Entlohnungsanspruch" der Klägerin vor:

Diese soll im Familienverband nicht gezwungen sein, im Fall einer Konkurrenz mit anderen Leistungen jedenfalls einen Teil des vom Sohn bezogenen Pflegegeldes zur Abgeltung ihrer eigenen Leistungen in Anspruch zu nehmen; andernfalls wäre auch der Pflegebedürftige nicht mehr frei in der Wahl, für welche Leistungen er das Pflegegeld heranzieht.

2.5. Damit stellt sich die weitere Frage nach der Bewertung der von der Klägerin erbrachten Leistungen. Sie sind jedenfalls mit der Höhe des Pflegegeldes zu deckeln. Eine Bewertung nach Marktpreisen für Pflegeleistungen kommt nicht in Betracht, weil damit der Tatsache der Leistungserbringung im familiären Umfeld nicht ausreichend Rechnung getragen würde; der im Schadenersatzrecht geltende Aspekt, dass die Erbringung von Pflegehilfe durch nahe Angehörige nicht zu einer finanziellen Entlastung des Schädigers führen soll, kann wegen der Verschiedenheit der Ausgangslagen nicht auf die Anrechnung von Eigeneinkommen im Unterhaltsrecht übertragen werden. Hier erscheint ein Vergleich mit den etwa im Rahmen von Nachbarschaftshilfe geleisteten Zahlungen angemessener. Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge sind dann nicht anzusetzen, wenn sie - wie offenbar auch im Fall des Sohnes der Klägerin - nicht abgeführt werden.

3. Auf diesen Prämissen wird im fortgesetzten Verfahren zu klären sein, ob ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem geschiedenen Gatten besteht, der als Einkommen nach § 292 Abs 3 ASVG anzusehen ist.

3.1. Seit der Aufhebung der pauschalen Anrechnung von Unterhaltsansprüchen gegen den geschiedenen Ehegatten in § 294 Abs 1 erster Satz ASVG durch den Verfassungsgerichtshof (G 104/00-9 = VfSlg 16.089 = ARD 5217/17/2001 mit Hinweis auf G 26/00-7 = VfSlg 15.819) ist ein Unterhaltsanspruch dieser Art bei der Ausgleichszulagenbemessung als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen, soweit der Unterhalt tatsächlich zufließt oder rechtsmissbräuchlich nicht realisiert wird (10 ObS 223/02w = SZ 2002/118; RIS-Justiz RS0106714).

Entgegen den von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren aufgestellten Behauptungen konnte das Erstgericht nicht feststellen, dass Friedrich E***** die Ausgleichszahlung so lange nicht (exekutiv) geltend mache, als die Klägerin keinen Unterhalt von ihm fordere. Diese Feststellung wurde von der Klägerin in der Berufungsbeantwortung bekämpft. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Tatsachenrüge (noch) nicht auseinandergesetzt, weil zuvor noch geprüft werden muss, ob angesichts des gegebenenfalls zu Lasten der Klägerin anzurechnenden Pflegegeldes ihres Sohnes überhaupt noch ein Unterhaltsanspruch gegenüber dem geschiedenen Gatten bestehe. Abhängig vom Ergebnis dieser Beurteilung wird im fortgesetzten Verfahren auf die bekämpfte Feststellung zurückzukommen sein.

3.2. Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang in ihrer Revision geltend, dass die Art des Zusammenlebens mit ihrem Sohn als Lebensgemeinschaft sui generis zu werten sei, die zu einem Ruhen des Unterhaltsanspruchs gegenüber dem geschiedenen Gatten führe. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.

Unabhängig davon, ob das Eingehen einer Lebensgemeinschaft durch den Unterhaltsberechtigten zu einem Ruhen eines Unterhaltsanspruchs führt (dafür die „gefestigte Rechtsprechung" [RIS-Justiz RS0047108],

zuletzt etwa 6 Ob 28/07x = Zak 2007/299, 171 = iFamZ 2007/105, 211

[Deixler-Hübner] = JBl 2007, 516, gegen Stimmen in der Lehre), kann

die hier zu beurteilende Lebensform des Zusammenlebens von Mutter und Sohn unzweifelhaft nicht als solche „Lebensgemeinschaft" angesehen werden. Die Lebensgemeinschaft wird nämlich als ein eheähnlicher Zustand definiert, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht (3 Ob 209/99b = RZ 2001/5, 51). Darunter wird ein jederzeit lösbares familienrechtsähnliches Verhältnis verstanden, das der Ehe nachgebildet, aber von geringerer Festigkeit ist (RIS-Justiz RS0021733). Der Staat ist auch nicht gehalten, eine Lebensform wie die hier zu beurteilende gleich wie eine verschieden- oder gleichgeschlechtliche eheähnliche Lebenspartnerschaft zu behandeln (siehe EGMR 12. 12. 2006, Bsw 13378/05, Burden and Burden gegen Vereinigtes Königreich, NL 2006, 318).

4. Da es bei der vom Berufungsgericht beschlossenen Aufhebung bleibt, ist dem Rekurs der Klägerin nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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