Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Erstkläger beauftragte die spätere Gemeinschuldnerin mit Arbeiten an einem Bauvorhaben in Niederösterreich. Wegen mangelhafter Durchführungen dieser Arbeiten wurde über Antrag des Erstklägers am 31. 11. 2001 ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet, in dem Sachverständige zahlreiche Mängel feststellten.
Der am 5. 7. 2004 zum Masseverwalter bestellte Beklagte zeigte dem Konkursgericht am 13. 8. 2004 die Unzulänglichkeit der Masse an. Zu Beginn des Konkursverfahrens hatte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin noch Kontakt zum Beklagten gehalten und ihn darüber informiert, dass beide Kläger den Auftrag erteilt hätten, Entgelt aus dem Werkvertrag schuldeten und die durchgeführten Arbeiten mangelhaft seien. Der Beklagte verließ sich auf diese Informationen, ohne weitere Nachforschungen anzustellen.
Der Beklagte forderte als Masseverwalter mit Schreiben vom 1. 9. 2004 die Bezahlung eines offenen Rechnungsbetrages von EUR 101.096,96, dies ohne Berücksichtigung bestehender Mängel. Das Antwortschreiben des Klagevertreters verwies auf Gegenforderungen wegen der im Beweissicherungsverfahren festgestellten Mängel.
Der Beklagte brachte als Masseverwalter am 9. 2. 2005 gegen die Kläger unter Berücksichtigung eines selbst geschätzten Abzuges für die im Beweissicherungsverfahren festgestellten Mängel eine Klage auf Bezahlung von EUR 85.108,93 ein. Die Klage wurde in erster Instanz rechtskräftig wegen Verjährung der am 15. 6. 2001 verrechneten Forderung abgewiesen, zumal der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin jegliche Mitwirkung unterließ. Den obsiegenden Klägern wurden Prozesskosten von EUR 8.925,05 zugesprochen. Der Beklagte teilte den Klägern mit Schreiben vom 25. 8. 2005 mit, dass diese Masseforderung wegen Unzulänglichkeit der Masse uneinbringlich sei. Das Erstgericht gab dem Schadenersatzbegehren der Kläger - gerichtet auf Bezahlung der Prozesskosten - statt, weil der Beklagte sich ohne eigene Nachforschungen, insbesondere ohne Berücksichtigung des Beweissicherungsverfahrens, auf die Angaben des unzuverlässigen und letztlich unkooperativen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin verlassen und ein offensichtlich aussichtsloses Verfahren eingeleitet bzw weitergeführt hätte.
Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Dem beklagten Masseverwalter könne in den Punkten Verjährung und mangelnde Passivlegitimation der Zweitklägerin nicht die schuldhafte Einleitung bzw Fortführung eines aussichtslosen Prozesses vorgeworfen werden, weil der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin die Auftragserteilung durch beide Kläger behauptet habe und die dem Masseverwalter zur Verfügung stehenden Unterlagen die Rechnungslegung an beide Kläger sowie einen Leistungszeitraum bis 14. 9. 2002 dokumentiert hätten. Dass der Beklagte im Verfahren durch die mangelnde Bereitschaft des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin, gerichtlichen Ladungen Folge zu leisten, in Beweisnotstand geraten sei, könne ihm - ex ante betrachtet- nicht zum Vorwurf gemacht werden. Nicht hinreichend geklärt seien aber die Behauptungen der Kläger, eine dem Beklagten erkennbare Aussichtslosigkeit ergebe sich daraus, dass aus dem Beweissicherungsakt die eingeklagte Forderung bei weitem übersteigende Gegenforderungen ersichtlich gewesen seien und darüber hinaus der Beklagte nachweisbare Zahlungen der Kläger in Höhe von EUR 43.749,06 nicht berücksichtigt habe.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses begründete das Berufungsgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zum Umfang der Sorgfaltspflichten eines Masseverwalters vor Einleitung eines Aktivprozesses bei gegebener Masseunzulänglichkeit und zu seiner Haftung nach § 81 Abs 3 KO iVm § 1299 ABGB.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Kläger ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.
Die im Zulässigkeitsausspruch enthaltene Frage nach der Haftung des Masseverwalters im Sinne des § 81 Abs 3 KO hat der Oberste Gerichtshof unlängst in der Entscheidung vom 18. 4. 2007, 8 Ob 3/07k
= RIS-Justiz RS0122099 = RIS-Justiz RS0110545 [T3] = ZAK 2007/389,
219 [Nunner-Krautgasser 212] = EvBl 2007/120, bereits beantwortet:
Der Masseverwalter hafte für den Kostenschaden des Gegners bei einem erfolglosen Aktivprozess einer unzulänglichen Masse nicht nach § 81 Abs 3 KO (Verletzung konkursspezifischer Pflichten), sondern nur nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, somit nach § 1295 Abs 2 ABGB. Der Masseverwalter hafte nicht nur bei absoluter Aussichtslosigkeit der Führung des Aktivprozesses, sondern bereits dann, wenn er bei sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage zum Ergebnis gelangen konnte, dass ein Prozesserfolg im Aktivprozess mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sei.
Bei Massearmut gilt daher im Sinn der zitierten Entscheidung für den Masseverwalter bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Aktivprozesses ein verschärfter Sorgfaltsmaßstab. Eine offenbare Aussichtslosigkeit einer Prozessführung, dh eine solche, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffsmittel oder Verteidigungsmittel als
erfolglos erkannt werden muss (7 Ob 213/02b = RIS-Justiz RS0117144;
vgl 1 Ob 223/03f = RIS-Justiz RS0022840 [T11]) ist nicht
erforderlich, um eine Haftung des Masseverwalters zu begründen. Es reicht vielmehr die Erkennbarkeit der „weit" überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Prozessverlustes.
Ob die dargelegten Kriterien für eine Haftung des Masseverwalters gegeben sind, lässt sich nur nach der Lage des konkreten Einzelfalles beurteilen (vgl 5 Ob 261/02x). Eine auffallende und damit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes zu den Themenkreisen Verjährung und Passivlegitimation lässt sich hier noch nicht erkennen. Immerhin hatte der Masseverwalter bei Beurteilung der Passivlegitimation als Informationsbasis die Behauptung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin. Da bei Erteilung von Aufträgen im Zusammenhang mit Bauprojekten kein zwingendes Formerfordernis besteht und in der Baubranche mündliche Aufträge nicht völlig außerhalb jeglicher Erfahrung liegen, musste nicht jedenfalls von der offenkundigen Unrichtigkeit derartiger Informationen des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin ausgegangen werden. Ein Teil der vorliegenden Urkunden (Kostenvoranschläge und Rechnungen: Blg 1 bis 4) war an beide Kläger (Ehegatten) adressiert. Als mögliche Erklärung für die in mehrfachen Rechnungen (Blg F) dokumentierte Rechnungslegung ausschließlich an den Erstkläger bietet sich dessen festgestellte Berechtigung zum Vorsteuerabzug an. Wird der Werklohn nicht von vornherein fixiert (wie hier durch die mehrfache Rechnungslegung dokumentiert ist), beginnt die dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB grundsätzlich mit der objektiven Möglichkeit zur Rechnungslegung (RIS-Justiz RS0021821; RS0021887 [T3]; Dehn in KBB2 § 1486 ABGB Rz 5). Mangelhafte Leistungen schieben die Fälligkeit und den Verjährungsbeginn bis zur Verbesserung hinaus. Wird nicht in angemessener Frist verbessert, ist in der Regel die objektive Möglichkeit der Verbesserung ausschlaggebend (RIS-Justiz RS0020041; RS0020107; vgl RS0021992; Dehn aaO). Kommt es bei einem Bauprojekt zur Auseinandersetzung über das Vorliegen von Mängeln und die Verpflichtung des Unternehmers zur Mängelbehebung, kann der Zeitpunkt der Fälligkeit der aushaftenden Werklohnforderung vielfach erst durch ein (umfangreiches) Beweisverfahren vor Gericht geklärt werden.
Diese beiden Streitpunkte (Verjährung und Passivlegitimation) waren im Beweisverfahren des Vorprozesses zu klären. Es ist eine vertretbare Rechtsansicht, dem Masseverwalter in diesen Punkten weder die Einleitung noch die Fortführung des Prozesses als Sorgfaltswidrigkeit vorzuwerfen, zumal die genannten Einwendungen erstmals im Prozess erhoben worden waren.
Der weiteren Einschätzung des Berufungsgerichtes, die Feststellungen des Erstgerichtes seien für die Beurteilung, ob der Masseverwalter wegen aufgetretener Mängel und geleisteter Zahlungen am (gänzlichen) Prozesserfolg zweifeln musste, nicht ausreichend, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Rekursbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihm die Kosten der Rechtsmittelgegenschrift nicht zu ersetzen sind.
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