Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 665,66 (darin enthalten EUR 110,94 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall am 15. 3. 1980 von Hugo R*****, dessen Haftpflichtversicherer die Beklagte ist, schwer verletzt. Sie erlitt einen beidseitigen Schädelbruch, eine Hirnprellung, Quetschwunden am Kopf und eine Nasenbeinfraktur. Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer beschränkt mit der zum Zeitpunkt des Unfalls bestehenden Versicherungssumme für sämtliche aus dem Unfall in Zukunft auftretenden Schäden der Klägerin wurde rechtskräftig festgestellt.
Die Klägerin hatte vor diesem Unfall mit der Beklagten im März 1980 einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung, ARB 1965, zu Grunde liegen. Diese lauten:
"Art 1
Gegenstand der Versicherung
1. Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz....
a) bei der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegen Dritte wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes sowie des Amtshaftungsgesetzes; ...
Art 7
Rechte und Pflichten des Versicherers
...
5. Verneint der Versicherer bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach Prüfung des Sachverhaltes das Vorliegen einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg - wobei die Frage der Einbringlichkeit außer Betracht bleibt - ..., so hat er dies dem Versicherten unter Bekanntgabe der Gründe und Hinweis auf das Recht, die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach Art 8 zu beantragen, unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
...
Art 8
Schiedsverfahren
1. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Aussichten der vom Versicherten angestrebten Rechtsverfolgung gemäß Art 7 Abs 5 und 8 wird ausschließlich in einem Schiedsverfahren entschieden. Der Versicherte kann binnen zwei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Mitteilung des Versicherers bei diesem schriftlich die Einleitung des Schiedsverfahrens beantragen.
..."
Am 17. 4. 1996 ersuchte die Klägerin die Beklagte um Rechtsschutzdeckungszusage zur Geltendmachung von Verdienstentgangsansprüchen, wobei sie darlegte, dass sie nach einem unfallbedingten Krankenstand im Jahr 1993 von ihrem Dienstgeber unter Hinweis auf ihre Krankenstände gekündigt worden sei, in der Folge bis zur Geburt ihres Sohnes am 5. 8. 1994 trotz Bemühens keine Beschäftigung erlangen habe können und dadurch eine Verdiensteinbuße von S 87.868,78 erlitten habe. Die Beklagte zog die Kausalität des Unfalles für den geltend gemachten Verdienstentgang in Zweifel und bot gleichzeitig einen Betrag von S 70.000 als "Ablöse des Feststellungsbegehrens" an. Nach einem Telefonat zwischen dem Vertreter der Klägerin und dem Sachbearbeiter der Beklagten erklärte der Vertreter der Klägerin mit Schreiben vom 13. 8. 1996, dass die Klägerin grundsätzlich mit einer vergleichsweisen Bereinigung der geltend gemachten Verdienstentgangsansprüche gegen Leistung eines Betrages von S 40.000 einverstanden sei. Mit der Bezahlung des Betrages sollten sämtliche bisherige und auch in Zukunft allfällig entstehende "Verdienstentgangsansprüche" gegenüber der Beklagten als Haftpflichtversicherer bereinigt und verglichen sein. Es werde jedoch ausdrücklich festgehalten, dass allfällige bisher entstandene und auch in Zukunft entstehende "Rentenansprüche", die aus dem Vorfall vom 15. 3. 1980 resultierten, ausdrücklich ausgeschlossen seien, wobei dieser Ausschluss sämtliche bisher entstandenen und in Zukunft entstehende "Renten oder sonstige Versorgungsansprüche" betreffe. Die Beklagte replizierte: "Die von Ihnen gewählte Formulierung spricht einmal von Verdienstentgang, ein anderes Mal von Rentenansprüchen. Um künftigen Auslegungsproblemen aus dem Weg zu gehen, möge Ihre Mandantin folgende Erklärung abgeben:
Nach Erhalt eines Pauschalbetrages von S 40.000 ... erkläre ich mich
aus dem Schadensfall vom 15. 3. 1980 bezüglich aller Ansprüche aus
dem Titel Verdienstentgang - auch wenn sie derzeit nicht bekannt,
erkennbar oder vorhersehbar sind - für die Vergangenheit und für die
Zukunft ... für vollständig und endgültig abgefunden. Ansprüche aus
sämtlichen übrigen Anspruchstiteln bleiben im Rahmen des bestehenden Feststellungsurteils von meiner heutigen Verzichtserklärung unberührt."
Die Klägerin retournierte über Anraten ihres damaligen Rechtsvertreters diese Erklärung unterfertigt an die Beklagte. Am 19. 2. 2001 ersuchte der Vertreter der Klägerin unter Anschluss eines Bescheides des Bundessozialamtes Oberösterreich, in dem der Grad der Erwerbsminderung der Klägerin mit 50 % bewertet wurde, um Rechtsschutzdeckung zur Geltendmachung von Rentenansprüchen. Die Beklagte wies dieses Ansinnen mangels hinreichender Erfolgsaussichten unter Hinweis auf den abgeschlossenen Vergleich ab. Die Klägerin beantragte die Durchführung des Schiedsverfahrens gemäß Art 8 Abs 1 ARB 1965. Der Gutachter traf die Entscheidung, dass die Beklagte die Gewährung der Versicherungsdeckung für die Geltendmachung weiterer Ansprüche aus dem Titel des Verdienstentganges wegen des Unfalls vom 15. 3. 1980 zu Recht ablehne. Zur Begründung stellte er den oben bereits wiedergegebenen Schriftverkehr fest und beurteilte den Vergleich als Generalabfindungsvergleich, von dem sämtliche vergangene oder zukünftige Verdienstentgangsansprüche umfasst seien, weil dies dem objektiven Erklärungswert entspreche, der vom Vertreter der Klägerin letztendlich akzeptiert worden sei. Er lehnte eine Anfechtung des Vergleiches wegen Sittenwidrigkeit ab, weil bei einer derart schweren Verletzung grundsätzlich mit Spätfolgen zu rechnen sei und damit auch, wie sich aus dem Schreiben des Vertreters der Klägerin ergebe, gerechnet worden sei.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten als ihrem Rechtsschutzversicherer Deckung zur Geltendmachung von Verdienstentgangsansprüchen aus dem Verkehrsunfall vom 15. 3. 1980 gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des schuldtragenden Unfalllenkers. Die Beklagte habe die Deckung zu Unrecht abgelehnt, da der Abfindungsvergleich nur die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Aktivbezüge, nicht jedoch allfällige (zukünftige) Rentenansprüche der Klägerin umfasse. Der Vergleich sei überdies sittenwidrig, weil ein krasses Missverhältnis zwischen dem auf Basis der bekannten Folgen errechneten Abfindungsbetrag und dem entstandenen Schaden bestehe. Im Verfahren vor dem Bezirksgericht Lambach habe der beigezogene medizinische Sachverständige erklärt, dass die Verletzungen der Klägerin keine in Prozenten erfassbare Invalidität darstelle. Inzwischen sei jedoch entgegen diesem Gutachten eine Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin um 50 % eingetreten. Dieser Schaden sei zum Vergleichszeitpunkt nicht vorhersehbar gewesen. Das Schiedsgutachten stehe einer gerichtlichen Geltendmachung des Deckungsanspruches nicht im Wege. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussicht zu Recht erfolgt sei. Das Gutachten des Sachverständigen sei bindend. Sämtliche Verdienstentgangsansprüche seien endgültig bereinigt und verglichen. Der Gutachter habe festgestellt, dass die Klägerin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass alle Verdienstentgangsansprüche umfasst seien. Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass das Schiedsgutachten insoweit verbindlich sei, als es nicht von der wirklichen Sachlage offenbar erheblich abweiche. Eine derartige Abweichung liege nicht vor, weil der objektive Erklärungswert des von der Klägerin unterfertigten Vergleiches eine Generalbereinigung sämtlicher Verdienstentgangsansprüche einschließlich zukünftiger Rentenansprüche bedeute und die Beklagte auf diesen Erklärungsinhalt habe vertrauen dürfen. Sittenwidrigkeit liege nicht vor, da die eingetretenen Folgen zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht unvorhersehbar gewesen seien.
Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass dem Schiedsgutachten keine bindende Wirkung zukomme. Gegenstand eines Schiedsgutachtervertrages sei lediglich die an eine oder mehrere Personen erfolgende Übertragung der Aufgabe, einzelne (bestimmte Rechtsfolgen auslösende) Tatbestandselemente tatsächlicher oder rechtlicher Art festzustellen und allenfalls über die reine Tatsachenfeststellung hinaus den Parteiwillen durch einen entsprechenden Ausspruch zu ergänzen oder zu ersetzen. Schiedsgutachter hätten nicht zu entscheiden, was zwischen den Parteien rechtens sei, sondern sollten bloß die Grundlage für eine solche Entscheidung oder eine Streitbereinigung durch die Parteien selbst schaffen. Gegenstand des Schiedsgutachtens nach Art 8 Abs 1 ARB 1965 seien die Erfolgsaussichten der vom Versicherten angestrebten Rechtsverfolgung als Voraussetzung der Kostendeckungspflicht des Rechtsschutzversicherers. Nicht die Entscheidung über den strittigen Anspruch selbst, sondern nur die Feststellung, ob ein einzelnes Tatbestandselement, eine einzelne Voraussetzung eines Anspruchs gegeben sei, sei Aufgabe des Sachverständigen und damit vom Auftrag nach Art 8 ARB 1965 umfasst. Ein Schiedsgutachten unterliege der nachprüfenden richterlichen Kontrolle, wenn die vom Schiedsgutachter vorgenommene Leistungsbestimmung gegen § 879 ABGB verstoße, offenbar unbillig sei oder der zur Gestaltung berufene Dritte die ihm durch den Vertrag selbst gezogenen Grenzen eindeutig überschritten habe. Offenbar unbillig sei das Ergebnis des feststellenden Schiedsgutachtens dann, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben in gröbster Weise verletzt werden oder die Unrichtigkeit des Schiedsgutachtens einem sachkundigen und unbefangenen Beurteiler sofort erkennbar sei. Der Schiedsgutachter habe keineswegs eine Feststellung über die Erfolgsaussichten des von der Klägerin geltend gemachten Rechtsschutzanspruches getroffen, sondern habe eine rechtliche Beurteilung des von ihm festgestellten Sachverhalts über die Einrede der verglichenen Rechtssache vorgenommen und damit die (gerichtliche) Entscheidung im Haftpflichtprozess auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Umstände vorweggenommen, ohne sich jedoch konkret mit den Erfolgsaussichten des von der Klägerin vertretenen Standpunktes auseinandergesetzt zu haben. Damit entspräche das Gutachten nicht dem Auftrag im Sinne des Art 8 Abs 1 ARB 1965, weshalb keine Bindungswirkung bestehe. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten als Voraussetzung des Rechtsschutzdeckungsanspruches aber sei eine abschließende Beurteilung über den Ausgang des Haftpflichtprozesses nicht durchzuführen. Feststellungen im Deckungsprozess über Tatfragen, die Gegenstand des Haftpflichtprozesses seien, seien für den Haftpflichtprozess nicht bindend und daher überflüssig. Soweit sie getroffen würden, seien sie für die Frage der Deckungspflicht unbeachtlich. Im Deckungsprozess komme eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung und des Ergebnisses des Haftpflichtprozesses bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten grundsätzlich nicht in Betracht. Dem Versicherungsnehmer sei uneingeschränkte Deckung dann zu gewähren, wenn der Versicherungsnehmer bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 63 Abs 1 ZPO vom Gericht für die von ihm beabsichtigte Prozessführung Verfahrenshilfe bewilligt erhalten würde, wobei bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten insofern kein strenger Maßstab anzulegen sei, als die Aussicht auf einen Verfahrenserfolg ähnlich wie bei der Verfahrenshilfe mit einer gewissen, wenn auch nicht allzu großen Wahrscheinlichkeit gegeben sein müsse. Die Klägerin habe für ihren Rechtsstandpunkt Beweismittel angeboten. Zur Lösung der im Haftpflichtprozess relevanten Fragen bedürfe es eines mehr oder minder umfänglichen Beweisverfahrens. Ohne vorgreifende Würdigung der Umstände könne dem Standpunkt der Klägerin eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit nicht abgesprochen werden, sodass die Erfolgsaussichten als hinreichend im Sinne der ARB 1965 zu beurteilen seien.
Das Berufungsgericht sprach aus, dasss die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage der Unverbindlichkeit eines Schiedsgutachtens im Sinne des § 64 Abs 1 VersVG bei offenbarem Abweichung von der wirklichen Sachlage und bei Überschreitung des Gutachtensauftrages durch den Schiedsgutachter oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Auf den vorliegenden Rechtsfall ist das VersVG insbes § 64 idF vor der Novelle 1994, BGBl 509/1994, anzuwenden, da der Versicherungsvertrag vor dem 1. 1. 1995 geschlossen wurde (§ 191b Abs 2 Z 1 VersVG).
Sollen nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden, so ist die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Feststellung erfolgt in diesem Fall durch Urteil. Das Gleiche gilt, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen können oder wollen oder sie verzögern (§ 64 Abs 1 VersVG aF). Zum Schutz beider Teile wird die Bindung an das Gutachten dann versagt, wenn dieses von der wirklichen Sachlage offenbar abweicht (vgl Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3 334 f, Garger, Das Sachverständigenverfahren im Versicherungsvertragsrecht, 63 ff). Auf die durch die VersVG-Novelle 1994 geschaffenen Auslegungsschwierigkeiten (vgl Schauer aaO) muss, da der vorliegende Fall nach der alten Gesetzeslage zu beurteilen ist, nicht eingegangen werden.
Die Revisionswerberin hat selbst erkannt, dass nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes das in Art 8 ARB 1965 vorgesehene Schiedsverfahren kein Schiedsgerichtsverfahren im Sinne der §§ 577 ff ZPO ist, sondern ein Schiedsgutachterverfahren im Sinne des § 64 VersVG (RIS-Justiz RS0045075). Dort wird dem Gutachten lediglich die Aufgabe übertragen, einzelne (bestimmte Rechtsfolgen auslösende) Tatbestandselemente tatsächlicher oder rechtlicher Art festzustellen und allenfalls über die reine Tatsachenfeststellung hinaus den Parteiwillen durch einen entsprechenden Ausspruch zu ergänzen oder zu ersetzen. Schiedsgutachter entscheiden aber nicht, was zwischen den Parteien rechtens ist, sondern schaffen bloß die Grundlage für eine solche Entscheidung oder eine Streitbereinigung durch die Parteien selbst (7 Ob 604/94, ZVR 1980/304, SZ 49/112 mwN).
Nach Art 8 ARB 1965 sind die Aussichten der angestrebten Rechtsverfolgung Gegenstand des Schiedsgutachterverfahrens. Der Gutachter hat durch die Klärung von Tat- und in diesem Fall auch Rechtsfragen zu beurteilen, ob für die Ansprüche (k)eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Das Berufungsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO), dass der Gutachter diesen Gutachtensauftrag nicht erfüllt hat. Er hat nämlich einerseits bereits die Entscheidung in dem zu deckenden Haftpflichtprozess vorweggenommen und andererseits auch ausgesprochen, was zwischen den Parteien "rechtens" sei. Der Gutachter hat hier nicht - dem Auftrag entsprechend - ausschließlich die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Prozessführung der Klägerin objektiv nach dem vorliegenden Sachverhalt und den angebotenen Beweismitteln abgeschätzt, sondern die Beweiswürdigung der anzurufenden Gerichte (natürlich ohne Einvernahmen) vorweggenommen und selbst "entschieden". Beides steht einem Schiedsgutachter im Sinn des § 64 VersVG aF nicht zu. Er hat seinen Gutachtensauftrag nicht erfüllt.
Wollte man seinen Ausspruch einschränkend nur als Feststellung deuten, dass für die Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestehe, so ändert dies am Ergebnis der Entscheidung nichts. Die Feststellung weicht nämlich offenbar so erheblich von der wirklichen Sachlage ab, dass sie auch aus diesem Grund nach § 64 Abs 1 VersVG aF nicht verbindlich sein kann.
Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich bei der
Erfolgsaussichtsprüfung kein strenger Maßstab anzulegen (7 Ob 47/02s,
7 Ob 236/97z, 7 Ob 48/88, SZ 62/8, RIS-Justiz RS0081929; Harbauer,
Rechtsschutzversicherung3, zu § 1 (der deutschen) ARB 75, Rz 33f,
Knirsch, Verweigerung der Rechtsschutz-Versicherungsleistung wegen
"keiner oder nicht hinreichender Aussicht auf Erfolg" in AnwBl 1993,
725). Die im Rechtsschutzversicherungsbereich vorzunehmende
Beurteilung, ob "keine oder nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg"
besteht, ist am Begriff "nicht als offenbar aussichtslos" des die
Bewilligung der Verfahrenshilfe regelnden § 63 ZPO zu orientieren
(jüngst 7 Ob 47/02s). Nach dieser Bestimmung ist einer Partei die
Verfahrenshilfe bei Vorliegen auch der anderen Voraussetzungen zu
bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos
erscheint. Nach herrschender Meinung ist eine Prozessführung offenbar
aussichtslos, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder
Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann, wie insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand (7 Ob 47/02s; Fasching, LB2, Rz 491; Fucik in Rechberger2 § 63 ZPO Rz 6 mwN). "Eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolges" genügt (vgl Harbauer aaO). Ist das Vorbringen des Versicherungsnehmers wie hier schlüssig, kann der Rechtsschutzversicherer noch prüfen, ob es bei zu erwartendem Bestreiten durch den Gegner beweisbar sein wird. Bietet der Versicherungsnehmer wie hier zulässige Beweismittel für die Richtigkeit seiner Sachdarstellung an, kann der Versicherer nicht bei Prüfung der Erfolgsaussichten das Ergebnis einer Beweisaufnahme vorwegnehmen (vgl Harbauer aaO Rn 34). Diesen Grundsätzen entspricht der vorliegende Schiedsgutachterausspruch im Sinne des § 64 VersVG ganz offenbar nicht, weil er sich ausschließlich auf eine unzulässigerweise vorweggenommene Beweiswürdigung hinsichtlich der im zu deckenden Haftpflichtprozess zu klärenden Umstände gründet. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat (§ 510 Abs 3 ZPO) sind die von der Klägerin geltend zu machenden Ansprüche gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer keinesfalls unschlüssig. Der Ausgang des Haftpflichtprozesses hängt primär von der vorzunehmenden Beweiswürdigung und Interessensabwägung und Beurteilung im Einzelfall ab. Damit liegt im Sinne des Art 7 ARB 1965 für die beabsichtigte Rechtsverfolgung durch die Klägerin eine hinreichende Aussicht auf Erfolg vor.
Der unberechtigten Revision war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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