OGH 5Ob21/07k

OGH5Ob21/07k13.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers Dr. Herbert S*****, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Bundesimmobiliengesellschaft m. b. H., Neulinggasse 29, 1030 Wien, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger, Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Abgabe von Erklärungen (Streitwert EUR 6.600), über die Rekurse beider Streitteile gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 11. Oktober 2006, GZ 22 R 251/06z-53, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 728,11 (darin enthalten EUR 121,35 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 1.582,78 (darin EUR 166,46 USt und EUR 584 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens in dritter Instanz binnen 14 Tagen bei Exektuion zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt mit seiner am 4. 8. 2003 eingebrachten Klage die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung seines Eigentums an jenem Mindestanteil, der sich nach dem WEG 2002 für die Wohnung Nr. 6 im zweiten Obergeschoss des Hauses G*****-Straße 30-32, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Vorraum, Abort mit Bad sowie den Mansardenräumen Nr. 2, 5 und 8 ergibt, und des Wohnungseigentums an diesem Objekt, bei gleichzeitiger Einverleibung verschiedener weiterer Rechte, einzuwilligen. Hilfsweise soll die Beklagte schuldig erkannt werden, dem Kläger das Anbot zum Abschluss eines Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages betreffend die zuvor angeführte Wohnung samt Mansardenräumen unter gewissen Bedingungen zu legen. Der Kläger stützt sich dabei direkt auf § 43 Abs 1 WEG 2002 und § 4 Abs 4 BundesimmobilienG idF vor der Novellierung 2003 und bringt überdies vor, dass zumindest schlüssig ein Kaufvertrag zustandegekommen sei. Die Beklagte sei gröblich mit der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten, insbesondere der Begründung von Wohnungseigentum und der Errichtung grundbuchsfähiger Kaufverträge, säumig geworden. Die Erledigung sei mutwillig und ausschließlich wegen der geplanten Novellierung des BundesimmobilienG und dem damit verbundenen Entfall des Gebotes des vorrangigen Verkaufes an die Mieter unterlassen worden.

Dem trat die beklagte Partei im Wesentlichen mit dem Vorbringen entgegen, dass weder ein ausdrücklicher noch ein konkludenter Vertrag zustandegekommen und keine Einigung über wesentliche Bestandteile eines möglichen Kaufvertrages erzielt worden sei, insbesondere sei ein allfälliger Kaufpreis nicht besprochen worden und allgemein ungeklärt gewesen, ob bzw hinsichtlich welche Teile Wohnungseigentum zu begründen sei, und ob die Wohnungen saniert oder unsaniert verkauft würden. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen mit dem Kläger kurzfristig vor der Änderung des BundesimmobilienG zu kontrahieren. Dem Kläger sei nie ein bindendes Kaufanbot gestellt worden, demgemäß habe er auch keinen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages. Die Vorrangregel des § 4 Abs 4 BundesimmobilienG aF sei dort nicht anzuwenden gewesen, wo dies einer ökonomischen Verwertung der Wohnobjekte widersprochen habe. Im vorliegenden Fall sei ein Einzelverkauf unrentabel und nicht geboten gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab und stellte zusammengefasst fest, dass das Haus G*****-Straße, in dem sich die vom Kläger gemietete Wohnung sowie die Mansadenräume 2, 5 und 8 befänden, Teil einer großen Wohnhausanlage mit insgesamt 22 - baulich getrennten - Häusern und rund 400 Wohnungen, darunter teilweise Mietwohnungen und teilweise Naturalwohnungen, die dem Bundesministerium für Landesverteidigung zur Einweisung ihrer Arbeitnehmer zur Verfügung standen, sowie Hausbesorgerwohnungen gewesen sei. Die Liegenschaft sei per 1. 1. 2001 gleichzeitig mit etwa 100 Liegenschaften und insgesamt 6.000 Gebäuden aufgrund des BundesimmobilienG, BGBl I 141/2000, in das Eigentum der beklagten Partei übergegangen. Ziel dieses Gesetzes sei es gewesen, das Immobilienvermögen und den Immobilienbedarf des Bundes nach wirtschaftlichen und marktorientierten Grundsätzen neu zu organisieren. Zum Zweck der Verwertung der Liegenschaft habe die Beklagte zunächst erhoben, ob grundsätzlich Kaufinteresse der Mieter und Bewohner bestehe. Naturalwohnungsnutzer, die ihre Rechte zur Benutzung der Wohnung lediglich vom zuweisenden Ministerium hergeleitet hätten, seien als Käufer nur mit Zustimmung des zuweisenden Ministeriums in Frage gekommen. Es hätten zwischen 30 und 50 % der Mieter konkretes Kaufinteresse zeigen müssen, damit ein Verkauf von der Beklagten als wirtschaftlich rentabel und sinnvoll erachtet worden wäre. Sofern genügend Kaufinteresse bekundet wurde, seien ein Sachverständiger mit der Bewertung der Liegenschaft beauftragt, den Mietern der daraus ermittelte Preis bekanntgegeben und in der Folge Besprechungen durchgeführt worden, um die Bedingungen der einzelnen Kaufverträge auszuhandeln. Erst nach Klärung dieser sowie weiterer Fragen, wie zB ob überhaupt Wohnungseigentum begründet werden konnte, seien „den Mietern verbindliche Anbote gemacht" worden. Wenn daraufhin tatsächlich 40 % der Mieter Kaufinteresse gezeigt hätten, hätte die Beklagte die Kaufanbote angenommen und einen Notar mit der Vertragserrichtung beauftragt.

Der Kläger habe bereits in den 90-er Jahren Kaufinteresse gezeigt, obwohl dies rechtlich erst aufgrund der bereits genannten Novelle des BundesimmobilienG möglich geworden sei. Er habe im April 2001 Kontakt mit der Beklagten aufgenommen. Im Juni/Juli 2001 sei eine Umfrage durchgeführt worden, die ein Kaufinteresse von insgesamt 49 % aller Mieter bzw im das Haus des Klägers ein solches von 67 % ergeben habe. Nach diversen Urgenzen des Klägers sei im Jänner 2002 ein Sachverständigengutachten über den Wert der Objekte eingeholt und im Juni 2002 das Haus des Klägers für die Wohnungseigentumsbildung als besonders geeignet eingestuft worden. Daraufhin habe die beklagte Partei am 3. Oktober 2002 den konkreten Auftrag erteilt, diese Objekte als Musterprojekte für die Wohnungseigentumsbildung ins Auge zu fassen und die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen. Im November 2002 habe eine Projektbesprechung stattgefunden, in der der weitere Ablauf des „Pilotprojektes, G*****-Straße" besprochen wurde. Danach sollten im April 2003 verbindliche Zusagen durch die Mieter und bis Juni 2003 die grundbücherliche Vorbereitung und Nutzwertfeststellung sowie im Herbst 2003 die Errichtung der Kaufverträge erfolgen. Zu klären blieb unter anderem, ob an den Zimmern im Dachboden überhaupt Wohnungseigentum begründet werden könne und inwieweit von den Mietern auf eigene Kosten durchgeführte Reparaturen und Verbesserungen bei der Schätzung zu berücksichtigen seien. Auch hinsichtlich der Parkplätze und Fahrbereiche waren noch offene Fragen vorhanden. Ein fixer Kaufpreis wurde weder bei dieser Besprechung noch später genannt, ebensowenig wurde ein konkretes Kaufanbot oder ein Vorvertrag besprochen bzw abgeschlossen. Das Gutachten über die Verkehrswertschätzung des Hauses wurde letztlich im Mai 2003 erstattet. Zu einem konkreten Kaufanbot kam es in der Folge nicht mehr, weil im Mai/Juni 2003 alle Verkaufsverhandlungen gestoppt bzw unterbrochen wurden. Das Finanzministerium hatte nämlich als Eigentümervertreterin der Beklagten mitgeteilt, dass als Verkaufserlös nicht wie bisher geplant EUR 60 Mio sondern EUR 183 Mio erwartet würden, was mit dem Weiterverkauf an die Mieter oder an Dritte nicht erfüllbar war. Gleichzeitig war eine Gesetzesänderung geplant. Im Juni 2003 wurde beschlossen sämtliche Liegenschaften im Gesamtpaket zu veräußern, um die Vorgabe des Finanzministeriums zu erfüllen. Letztlich wurde ein großes Liegenschaftspaket über ganz Österreich geschnürt und dieses am 5. 12. 2003 an die D***** BeteiligungsgmbH verkauft.

Mit BGBl I 71/2003 wurde das BundesimmobilienG, BGBl I 141/2000, dahingehend geändert, dass im § 4 Abs 4 der Passus, wonach „gegebenfalls" vorrangig an Mieter zu verkaufen war, entfiel. Diese Bestimmung wurde rückwirkend mit Ablauf des 31. 12. 2002 in Kraft gesetzt.

Rechtlich gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die schriftliche Zusage von Wohnungseigentum nicht ableiten lasse und § 4 Abs 4 BundesimmobilienG aF keine direkte Handhabe biete. Ebensowenig sei ein Kauf zustande gekommen oder die Beklagte verpflichtet gewesen dem Kläger ein entsprechendes Anbot im Sinne des Eventualbegehrens zu stellen. Weder seien Ware noch Preis festgestanden noch habe Bindungswillen seitens der beklagten Partei bestanden. Es habe daher kein zur Annahme durch den Kläger geeignetes Anbot vorgelegen, sondern seien lediglich Verhandlungen durchgeführt und Vorschläge unterbreitet worden. Auch ein Recht des Klägers ein entsprechendes Anbot zu fordern, bestehe nicht. § 4 Abs 4 BundesimmobilienG aF habe die beklagte Partei lediglich „gegebenenfalls" dazu verpflichtet und dem Mieter keinen subjektiven Rechtsanspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages über die von ihnen genutzten Wohnungen eingeräumt. Die Vorrangregel der genannten Bestimmung beruhe nicht auf einem das Wirtschaftlichkeitsprinzip verdrängenden Sozialprinzip, sondern habe nur dann bestanden, wenn der Wohnungsverkauf an die Mieter überhaupt auf wirtschaftlich vertretbare Weise realisierbar gewesen sei. Da das BundesimmobilienG auch keine Verpflichtung beinhalte bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Verkäufe zu tätigen, gingen auch die Argumente des Klägers in Richtung einer schuldhaften Verzögerung und Säumnis beim Abschluss der Verträge ins Leere.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das Urteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Ein Eingehen auf die Tatsachenrüge erübrige sich, weil erst nach Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage in Richtung Rentabilität der verschiedenen Verwertungsarten und Anzahl der Mieter, die sich verbindlich zum Kauf bereit erklärt hätten, Entscheidungsreife vorliegen werde. Lediglich die Feststellung des Erstgerichtes, dass weder ausdrücklich noch schlüssig ein Kaufvertrag zustande gekommen sei, könne nach § 500a ZPO gebilligt werden. Damit verbleibe aber § 4 Abs 4 BundesimmobilienG als mögliche Anspruchsgrundlage. Es sei davon auszugehen, dass der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung im Provisorialverfahren, 5 Ob 297/03t, klargestellt habe, dass auf den vorliegenden Fall die Bestimmung in der aF anzuwenden sei, die den Mietern nicht mehr benötigter Wohnungen zwar keinen unmittelbar durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Einräumung von Wohnungseigentum verschaffe, es aber der Bundesimmobiliengesellschaft zur Pflicht gemacht habe, entsprechende Verträge „gegebenenfalls" abzuschließen. Nur wenn sich zeige, dass angesichts der gegebenen Umstände die Bildung von Wohnungseigentum trotz der damit verbundenen Begründungskosten die wirtschaftlich günstigere oder zumindest gleichwertige Verwertungsmöglichkeit dargestellt habe, gebühre dem Wohnungsverkauf an die Mieter der Vorrang. Ob dies im vorliegenden Fall zu bejahen sei, könne auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes aber nicht abschließend beurteilt werden. Die Beklagte habe vorgebracht, dass die Gesamtveräußerung die wesentlich bessere Verwertungsmöglichkeit gewesen sei. Dazu würden jegliche Feststellungen fehlen. Sei dagegen der Verkauf der Wohnungen an die Mieter die wirtschaftlich günstigere Verwertungsart, habe der Kläger einen Erfüllungsanspruch, die Wohnung zu kaufen. Auch dafür würden Feststellungen fehlen. Da zur normativen Wertung der in § 4 Abs 4 BundesimmobilienG aF vorgesehenen Einschränkung „gegebenenfalls" keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege, sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurse beider Parteien sind berechtigt.

1. Verfahrensrechtliches:

Aus Anlass eines Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes hat der Oberste Gerichtshof nicht nur die aufgeworfene Rechtsfrage, sondern die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht in jeder Richtung zu überprüfen. Dass hiebei im Ergebnis gegen den Rekurswerber entschieden wird, steht einer Stattgebung des Rekurses nicht entgegen, da im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO das Verbot der reformatio in peius nicht gilt. Der Oberste Gerichtshof kann im Umfang der Aufhebung durch das Berufungsgericht in der Sache selbst erkennen (6 Ob 130/05v; RIS-Justiz RS0043853, RS0043858; RS0043903).

2. In der Sache wurde erwogen:

2.1. Zum direkten Übertragungsanspruch:

Wie der erkennende Senat bereits in 5 Ob 297/03t ausgeführt hat, gab auch § 4 Abs 4 des BundesimmobilienG idF vor der Novelle BGBl I Nr 71/2003 dem Kläger nicht den Rechtsstatus eines Wohnungseigentumsbewerbers im Sinne des § 2 Abs 6 WEG 2002. Die genannte Bestimmung verschaffte den Mietern nicht mehr benötigter Wohnungen keinen unmittelbar durchsetzbaren subjektiven Rechtsanspruch auf Einräumung von Wohnungseigentum (RIS-Justiz RS0118843). Das auf Einverleibung des Eigentums des Klägers gerichtete Hauptbegehren ist daher bereits aus diesem Grund nicht berechtigt.

2.2. Zum Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages:

Der Oberste Gerichtshof hat in 5 Ob 297/03t ausgesprochen, dass § 4 Abs 4 des BundesimmobilienG idF vor BGBl I 71/2003 eine Pflicht der BIG zum Abschluss entsprechender Verträge statuiert habe - ohne im Anlassfall die Einschränkung durch das Wort „gegebenenfalls" normativ werten zu müssen. Im Hinblick auf das hilfsweise gestellte Begehren, dem Kläger das Anbot zum Abschluss eines Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages zu legen, ist daher zu prüfen, ob die genannte Bestimmung des Bundesimmobiliengesetzes hier anzuwenden ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist 5 Ob 297/03t keineswegs zu entnehmen, dass auf den vorliegenden Fall § 4 Abs 4 BundesimmobilienG idF vor dem BundesbudgetbeglG 2003, BGBl I Nr 71/2003, Anwendung zu finden habe; dort wurde nur ausgeführt, dass selbst bei Unterstellung der Anwendbarkeit dieser Bestimmung die im dortigen Verfahren zu prüfenden Ansprüche nicht zu Recht bestünden und es daher auch auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Novellierung der Bestimmung durch das Budgetbegleitgesetz BGBl I 71/2003 nicht ankomme.

Durch diese Novelle entfiel die Bestimmung, dass Wohnungen vorrangig an die Mieter zu verkaufen sind. Nach der Gesetzeslage ist daher seit 1. 1. 2003 eine Verpflichtung zum vorrangigen Verkauf von Wohnungen an die Mieter im BundesimmobilienG nicht mehr normiert, sondern hat die BIG - gegebenenfalls - die Verwertung von nicht mehr für Bundeszwecke benötigten Objekten - zur Gänze oder in Teilen - vorzubereiten und durchzuführen, wobei oberhalb der Bagatellgrenze von EUR 10.000,-- liegende Veräußerungen im Rahmen eines Ausbietungsverfahrens zu erfolgen haben, sofern nicht ua die Verwertung von Wohnungen oder Wohngebäuden betroffen ist, hinsichtlich derer ein Sachverständigengutachten die Angemessenheit der Gegenleistung bestätigt. Auch das Eventualbegehren des Klägers findet daher in der geltenden Rechtslage keine Anspruchsgrundlage.

2.3. Zur Verfassungswidrigkeit der Novellierung:

Es bleibt daher auf das Vorbringen der Verfassungswidrigkeit der (rückwirkenden, siehe dazu 2.4.) Novellierung des § 4 Abs 4 des BundesimmobilienG wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz, den Gleichbehandlungsgrundsatz und wegen Willkür einzugehen. Der erkennende Senat vermag sich dieser Argumentation nicht anzuschließen.

Nach der ständigen Rsp (RIS-Justiz RS0053509 mit Verweisen auf die Judikatur des VfGH) bindet der Gleicheitsgrundsatz auch den Bundesgesetzgeber, der demnach verpflichtet ist, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Unterschiedliche Regelungen, die nicht in entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ihre Grundlage haben, sind verfassungswidrig, wenn sie nicht sachlich gerechtfertigt sind. Dabei ist es zulässig, von einer durchschnittlichen Betrachtung auszugehen und auf den Regelfall abzustellen. Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, von einem einmal gewählten Ordnungsprinzip abzugehen, soferne die betreffende Regelung an sich sachlich begründbar ist (6 Ob 694/88), und seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (RIS-Justiz RS0053959). Auch nach der stRsp des VfGH gewährleistet keine Verfassungsvorschrift den Schutz wohl erworbener Rechte, sodass es im Prinzip in der rechtspolitischen Gestaltung des Gesetzgebers liegt, eine einmal geschaffene Rechtsposition (umso mehr eine bloße Anwartschaft) auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, muss aber sachlich begründbar sein, um dem Gleichheitssatz zu genügen (RIS-Justiz RS0008687), weshalb bei Änderungen von Rechtspositionen der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen ist (9 ObA 106/00d). Nach der neueren Judikatur verletzt der Gesetzgeber den Gleichheitssatz dann, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, wobei der - aus dem Gleichheitssatz erfließende - Vertrauensschutz vor allem in Bereichen besondere Bedeutung hat, wo Personen langfristig ihre Lebensführung entsprechend eingerichtet haben, wie zB im Pensionsrecht (10 ObS 360/02t). Im öffentlichen Interesse liegende Zielsetzungen, wie etwa das Bestreben den Staatshaushalt zu entlasten oder das Budget zu konsolidieren, sind grundsätzlich geeignet Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen. Verfolgt man unter diesen Gesichtspunkten die Entstehungsgeschichte des Bundesimmobiliengesetzes und seiner Vorgängerregelung, des BIG-Gesetzes, ist zu konstatieren, dass letzteres, dessen § 2 bereits die vorrangige Verwertung von „Mietwohngebäuden" durch Verkauf der Wohnungen an die jeweiligen Mieter zum Verkehrswert vorsah, auf einem Iniatitivantrag beruhte. Dem Bericht des Bautenausschusses, 571 der BlgNR 18. GP, zufolge war das Ziel dieses Bundesgesetzes die Angleichung der Immobilienverwaltung des Bundes an privatwirtschaftliche Verhältnisse, wobei der Bautenausschuss ua davon ausging, dass zur Maximierung der Einnahmen der zu gründenden Gesellschaft vor Veräußerung von Mietwohnungen alle gesetzlich vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten gegenüber Mietern ausgeschöpft würden. Für die „Vorrangregel" findet sich keine besondere Begründung.

Diese Vorrangregel des Verkaufes an die Mieter blieb in dem durch BGBl Nr 141/2000 eingeführten Nachfolgegesetz, dem BundesimmobilienG, erhalten, wobei es in der Regierungsvorlage dazu (298 BlgNR 21. GP ), ebenso wie im Bericht des Bautenausschusses (347 BlgNR 21. GP ), lediglich heißt, dass hinsichtlich der Weitergabe von Objekten an Dritte beihilfenrechtliche Aspekte des EU-Rechtes und Bestimmungen über ehemals deutsches Eigentums beachtet worden seien. In der Regierungsvorlage wird ausdrücklich auf die im Regierungsübereinkommen festgelegte Budgetkonsolidierung und die Tatsache verwiesen, dass durch die Reform der Immobilienbewirtschaftung des Bundes in den folgenden Jahren mindestens 30 Mrd Schilling erzielt werden sollten. Letztlich wurde durch das Budgetbegleitgesetz, BGBl I Nr 71/2003, unter vielen anderen Maßnahmen auch das BundesimmobilienG, ua in seinem § 4 Abs 4 dritter bis fünfter Satz, so geändert, dass Veräußerungen oberhalb der Bagatellgrenze von EUR 10.000,-- im Rahmen eines Ausbietungsverfahrens zu erfolgen haben, ua mit Ausnahme der Verwertung von Wohngebäuden oder Wohnungen, wenn ein Sachverständigengutachten die Angemessenheit der Gegenleistung (Kaufpreis, Tauschwert) bestätigt. In der von der Regierungsvorlage, 59 der BlgNR 22. GP, vorgeschlagenen Fassung war die „Vorrangregel" noch enthalten und in den Materialien dazu allgemein ausgeführt, die Novelle präzisiere, dass eine Ausbietung zu unterbleiben habe, wenn eine solche rechtlich oder faktisch unmöglich oder nicht sinnvoll (Bagatellgrenze) sei und dass die Verwertung der Restbestände an Wohngebäuden und Wohnungen nun forciert werden solle. Im Bericht des Budgetausschusses (111 der BlgNR 22. GP) findet sich dann die Vorrangpassage - ohne Begründung - nicht mehr (aaO, S 31). Ziel des Budgetbegleitgesetzes war es, allgemein budgetwirksame Änderungen einer Anzahl von Bundesgesetzen, darunter auch des BundesimmobilienG, durchzuführen. Konkret zur Änderung des BundesimmobilienG heißt es nur, dass die effiziente Bewirtschaftung und Verwertung der der BIG bzw der Bundesliegenschaftsverwertungsgesellschaft mbH übertragenen ehemaligen Bundesliegenschaften flexible Portfolioänderungen und die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Strukturierungen erfordere und dass in den textlichen Teil aus der Praxis gewonnene Erfahrungen eingearbeitet worden seien.

Im Sinne der oben zitierten Judikatur ist es dem einfachen Gesetzgeber nicht verwehrt, derartige rechtspolitische Vorstellungen auf ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen. Der Wegfall der Anordnung, Wohnungen des Bundes vorzugsweise an die Mieter zu verkaufen, die der Gesetzgeber ebenso wenig begründete wie ihre Einführung, erscheint im Lichte der Zielsetzung des Gesetzes und der Vielzahl der zu einem Paket geschnürten Einzelmaßnahmen weder sachlich unbegründet noch dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend. Die vom Kläger in Anspruch genommene Regelung hat auch weder so lange gegolten, dass der Kläger auf ihren Bestand hätte vertrauen dürfen, noch stellt ihr Wegfall einen dem Pensionsrecht vergleichbaren schwerwiegenden Eingriff von erheblichem Gewicht dar.

2.4. Zur Verfassungswidrigkeit der Rückwirkung:

Letztlich ist der Gesetzgeber (abgesehen vom Verbot rückwirkender Strafgesetze) verfassungsrechtlich nicht gehindert, Gesetze mit rückwirkender Kraft zu erlassen, soweit dies mit dem Gleichheitsgebot vereinbar ist; er kann unter dieser Voraussetzung auch bereits geschaffene Rechtspositionen oder Anwartschaftsrechte rückwirkend wieder beseitigen (RIS-Justiz RS0008686). Die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgebot ist nach der Judikatur des VfGH dann nicht gewahrt, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichen Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht besondere Umstände diese Rückwirkung verlangen, etwa in dem sie sich als notwendig erweist, um eine sonst eintretende Gleichheitswidrigkeit zu vermeiden. Bei schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriffen in erworbene Rechtspositionen, auf deren Bestand die Normunterworfenen mit guten Gründen vertrauen konnten, kann dies zur Gleichheitswidrigkeit des belastenden Eingriffes führen (10 ObS 373/02d).

Nach § 48 des durch das Budetbegleitgesetz geänderten BundesimmobilienG trat die Novelle, ua auch § 4 Abs 4 BundesimmobilienG, mit Ablauf des 31. 12. 2002, und daher insoweit rückwirkend in Kraft, als das Budgetbegleitgesetz am 20. 8. 2003 ausgegeben wurde. Dazu heißt es in der Regierungsvorlage ausdrücklich, dass durch die überraschenden Neuwahlen und die vorrangige Auflösung des Nationalrates das Gesetz nicht mehr, wie beabsichtigt, im Jahr 2002 beschlossen habe werden können. Als gesetzliche Grundlage für die erforderlichen Mietvertragsänderungen sei es erforderlich, die bezughabenden Bestimmungen rückwirkend mit 1. 1. 2003 in Kraft zu setzen.

Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die referierten Überlegungen des Gesetzgebers zur rückwirkenden Inkraftsetzung der Novelle verfassungswidrig im oben dargelegten Sinn wären. Auch konkret ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus den unbestrittenen bzw vom Berufungsgericht im Rahmen der Tatsachenrüge behandelten Sachverhaltsfeststellungen, inwiefern bei nicht rückwirkenden Inkrafttreten des Gesetzes ein Kaufvertrag zustande gekommen wäre bzw wie sich gerade deshalb die Rechtsposition des Klägers in einer das Gleichheitsgebot verletzten Weise relevant verändert hätte. Es war daher den Rekursen Folge zu geben, der angefochtene Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne der Wiederherstellung des abweisenden Urteiles des Erstgerichtes zu erkennen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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