OGH 7Ob108/07v

OGH7Ob108/07v30.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Günther G*****, vertreten durch Dr. Heinz Pratter, Rechtsanwalt in Leibnitz, gegen die beklagte Partei Erika P*****, vertreten durch Haßlinger Haßlinger Planinc & Partner Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, wegen Feststellung und Einverleibung einer Dienstbarkeit, Beseitigung und Unterlassung, über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2006, GZ 6 R 253/06d-12, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 31. Mai 2006, GZ 5 C 120/05h-6, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

  1. 1. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
  2. 2. Die Revisionsbeantwortung des Klägers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zu 1.: Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Streitteile sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Der Kläger und seine Rechtsvorgänger haben ein Geh- und Fahrtrecht auf einem etwa 3 m breiten Weg über das Grundstück der Beklagten ersessen; diese Dienstbarkeit ist nicht verbüchert. Als die Beklagte den betreffenden Weg durch einen Schranken versperrte, erhob der Kläger Klage (Servitutenklage - actio confessoria) unter anderem 1. auf Feststellung, dass ihm und seinen Rechtsnachfolgern die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art auf dem bereits in der Natur vorhandenen Weg zustehe und 2. auf Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit. Das Erstgericht gab diesen Begehren mit der Einschränkung statt, dass sich das Fahrtrecht auf landwirtschaftliche Fahrzeuge beschränke. Das Berufungsgericht, das die erstinstanzliche Entscheidung im Übrigen infolge Berufung der Beklagten, die das Bestehen der Dienstbarkeit bestritten hatte, bestätigte, änderte das Ersturteil über Berufung des Klägers (lediglich) dahin ab, dass das Fahrtrecht Fahrzeuge aller Art umfasse. Mit dieser Erweiterung wurde - wie schon vom Erstgericht - sowohl dem Feststellungsbegehren als auch dem Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung der Dienstbarkeit stattgegeben.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, gab dann aber der Zulassungsvorstellung (§ 508 Abs 1 ZPO) der Beklagten aber statt. Seiner Ansicht, das Begehren der actio confesoria gehe regelmäßig auf Feststellung des Bestehens oder des Umfanges einer strittigen Servitut und könne auch die Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung umfassen, stehe die Entscheidung 2 Ob 104/98f entgegen, in der ausgeführt worden sei, der Erfolg eines Leistungsbegehrens auf Einwilligung in die Einverleibung einer Dienstbarkeit würde die Feststellung des betreffenden Rechtes gänzlich erübrigen, weshalb das Feststellungsbegehren abzuweisen sei. Es liege daher keine einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage vor.

Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die von der Beklagten gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof in der einen vergleichbaren Fall betreffenden Entscheidung 1 Ob 230/03k, immolex 2004, 252 = MietSlg 56.675 zu der hier im Revisionsverfahren allein noch strittigen Frage, ob neben dem Leistungsbegehren auf Einwilligung in die Einverleibung der Dienstbarkeit auch ein auf § 523 ABGB gestütztes Feststellungsbegehren zulässig ist, ausgesprochen hat, ergibt sich das Feststellungsinteresse bei der Dienstbarkeitsfeststellungsklage schon aus § 523 ABGB (RIS-Justiz RS0012121) und wird dadurch die Möglichkeit einer Klage auf Feststellung des Bestehens einer Servitut eröffnet (Koch in KBB, § 523 Rz 3 mwN; Hofmann in Rummel3 § 523 Rz 3 und 8; Kiendl-Wendtner in Schwimann, ABGB3 II § 523 Rz 3). Es ist daher nicht einzusehen, warum mit dieser Feststellungsklage, die der sonstigen Voraussetzungen des § 228 ZPO nicht bedarf, nicht auch das Begehren auf Einverleibung der Dienstbarkeit verbunden werden könnte. Gegen eine solche Kumulierung bestehen keine Bedenken (EvBl 1960/19; SZ 24/267 ua; RIS-Justiz RS0118963). Auch in der Entscheidung 2 Ob 36/03p wurde ausgeführt, dass die Verknüpfung eines Feststellungs- und eines Einverleibungsbegehrens „nicht zu beanstanden" sei. Das von der Revisionswerberin zur Stützung ihres gegenteiligen Standpunktes angeführte Erkenntnis RZ 1991/41 betraf eine Hauptinterventionsklage, zu der nur ausgeführt wurde, dass bei möglicher Leistungsklage in der Regel dann kein rechtliches Interesse an der Einbringung einer Feststellungsklage bestehe, wenn das mögliche Leistungsbegehren alles biete, was mit dem Feststellungsbegehren angestrebt werde. Dieser Fall ist, worauf schon in der Entscheidung 1 Ob 230/03k hingewiesen worauf, mit einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die gesetzliche Möglichkeit (§ 523 ABGB) zur Erhebung einer Feststellungsklage eröffnet wurde, nicht vergleichbar.

Richtig ist zwar, dass die Ansicht der Revisionswerberin von der Entscheidung 2 Ob 104/98b gestützt wird, die in Abkehr von der ständigen Rechtsprechung fordert, dass die Voraussetzungen des § 228 ZPO auch bei einer Servitutenklage nach § 523 ABGB zu beachten seien. Diese Entscheidung ist aber, wie schon in 1 Ob 230/03k betont wurde, vereinzelt geblieben, und es wurde die darin vertretene Rechtsansicht auch vom 2. Senat des Obersten Gerichtshofes in der erwähnten Entscheidung 2 Ob 36/03p nicht aufrecht erhalten. Inzwischen wurde der in der Entscheidung 1 Ob 230/03k formulierte Rechtssatz, wonach eine Verbindung der auf § 523 ABGB gestützten Feststellung mit dem Begehren auf grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit zulässig ist, in der Entscheidung 6 Ob 140/05i, SZ 2005/104 und erst jüngst in dem zu 7 Ob 66/07t ergangenen Urteil fortgeschrieben. Da das Berufungsgericht demnach im Einklang mit gesicherter oberstgerichtlicher Judikatur entschieden hat, ist die Revision der Beklagten spruchgemäß zurückzuweisen.

Zu 2.: Hat das Berufungsgericht - wie hier - dem Revisionsgegner nach § 508 Abs 5 ZPO die Einbringung einer Revisionsbeantwortung freigestellt, so ist diese gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO beim Berufungsgericht einzubringen. Die Mitteilung des Berufungsgerichtes, dass der Beklagten die Beantwortung der Revision freigestellt werde (§ 507a Abs 2 Z 2 ZPO), wurde dem Beklagtenvertreter am 27. 3. 2007 zugestellt. Die irrtümlich zunächst beim Erstgericht eingebrachte (am 24. 4. 2007 persönlich überreichte) Revisionsbeantwortung langte beim Berufungsgericht am 4. 5. 2007, also nach Ablauf der vierwöchigen Notfrist des § 507a Abs 1 ZPO ein. Sie ist demnach verspätet und muss daher zurückgewiesen werden.

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