Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Beklagte betreibt eine Einzelhandelskette. Sie verkaufte in ihren Filialen Gutscheine für Pauschalreisen zu einem Einheitspreis von 140 EUR. Diese Gutscheine berechtigten die Erwerber, bei einem Tochterunternehmen der Beklagten „nach Maßgabe der verfügbaren Angebote" eine zweitägige Pauschalreise in eine von zehn europäischen Städten zu „buchen". Vorgesehen waren Flüge mit den Austrian Airlines und die Unterbringung in „zentrumsnah gelegenen, zweckmäßig eingerichteten Mittelklassehotels". Ziel und Zeitpunkt der Reise mussten die Kunden mit dem Tochterunternehmen „nach der aktuellen Flug- und Hotelverfügbarkeit" bis zu einem bestimmten Zeitpunkt telefonisch festlegen. Für die Reisen selbst war ein Zeitraum von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt vorgesehen.
Nur das Tochterunternehmen, nicht aber die Beklagte selbst verfügte über eine Gewerbeberechtigung für das Reisebürogewerbe. Im Zuge des Verfahrens bot die Beklagte an, sich zur Unterlassung des Gutscheinsverkaufs zu verpflichten. Sie nahm davon aber den Verkauf von Gutscheinen aus, die auch gegen Geld (rück-)eingelöst werden könnten.
Die Vorinstanzen untersagten der Beklagten den Gutscheinverkauf. Es handle sich dabei um die Vermittlung von Pauschalreisen iSv § 126 Abs 1 Z 4 GewO, wofür eine Gewerbeberechtigung für das Reisebürogewerbe erforderlich sei. Der Verstoß gegen die gewerberechtlichen Vorschriften sei subjektiv vorwerfbar; die Wiederholungsgefahr sei nicht weggefallen.
Rechtliche Beurteilung
Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Es trifft zwar zu, dass der Oberste Gerichtshof bisher keinen völlig gleichgelagerten Fall zu beurteilen hatte. Allerdings ist nach der Rsp des Senats schon das Entgegennehmen und Weiterleiten von Reiseanmeldungen als Vermitteln einer Reise iS der gewerberechtlichen Vorschriften anzusehen (4 Ob 147/89). Das entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs, wonach Reisevermittlung dann vorliegt, wenn der Vermittler eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen einem Kunden und einem Reiseveranstalter herstellt (VwGH GZ 2004/04/0058 = ÖJZ VwGH A 2006/80).
Die im Rechtsmittel zitierte Entscheidung 4 Ob 87/94 (= ÖBl 1995, 120 - Urlaub für Schlaue) steht dieser Auffassung nicht im Geringsten entgegen. Denn der Oberste Gerichtshof ließ dort keinen Zweifel daran, dass schon das Entgegennehmen von Reiseanmeldungen ausreiche, um den gewerberechtlichen Tatbestand des Veranstaltens (Vermittelns) von Gesellschaftsfahrten zu erfüllen. Der Verstoß gegen die Vorgängerbestimmung von § 126 GewO wurde nur mit der Begründung verneint, dass diese Regelung im Zeitpunkt des beanstandeten Verhaltens noch nicht gegolten habe. Aus dem Verstoß gegen die zuvor bestehende Konzessionspflicht könne nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte auch gegen die Neuregelung verstoßen würde, könnte sie sich doch die „erforderliche Gewerbeberechtigung" (!) nun unter erleichterten Voraussetzungen verschaffen.
Wenn in anderen (wettbewerbsrechtlichen) Entscheidungen (auch) die - hier nicht erfolgte - individuelle Beratung verboten wurde (zB 4 Ob 357/83 = ÖBl 1983, 165 - Sparkassen Reisebürowerbung; vgl die Nachweise in 4 Ob 97/89 = ÖBl 1990, 16 - Gran Canaria), ist das nicht dahin zu verstehen, dass eine solche Beratung notwendige Bedingung für das Vorliegen einer Vermittlungstätigkeit wäre. Entscheidend ist vielmehr das Herbeiführen einer unmittelbaren Vertragsbeziehung. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass schon durch den Erwerb der Gutscheine ein Vertrag zwischen dem Kunden und dem Tochterunternehmen der Beklagten zustande kam, trifft zu. Denn sowohl der Preis als auch der Rahmen für den Reisezeitpunkt und das Reiseziel waren festgelegt; das Tochterunternehmen war verpflichtet, dem Erwerber des Gutscheins innerhalb dieses Rahmens konkrete Angebote zu machen. Damit unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der Werbung für fremde Angebote in eigenem Werbematerial (4 Ob 177/89 = ecolex 1990, 298), von der Abgabe bereits fix gebuchter Reisearrangements zu einem Scheinpreis (4 Ob 97/89 = ÖBl 1990, 16 - Gran Canaria) oder vom Verkauf von Gutscheinen, die nicht auf bestimmte Reisen lauten, sondern ausschließlich einen Geldwert repräsentieren. Die Beklagte hat daher im Sinn der oben zitierten Rsp Reisen vermittelt, ohne über eine entsprechende Gewerbeberechtigung zu verfügen. Richtig ist, dass nur ein subjektiv vorwerfbarer Verstoß gegen Rechtsvorschriften zu einem Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG führen kann (4 Ob 331/82 = SZ 56/2 - Metro-Post; RIS-Justiz RS0077771; zuletzt etwa 4 Ob 171/06k). Ob subjektive Vorwerfbarkeit anzunehmen ist, begründet aber bei Bejahung einer objektiven Gesetzesverletzung idR keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung. Eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels wahrzunehmende Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
Auch die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen sei, ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte bot zwar die Abgabe einer Unterlassungserklärung an, nahm davon aber den Verkauf von Gutscheinen aus, die auch gegen Geld eingelöst werden könnten. Damit hat die Beklagte nicht alles angeboten, was der Kläger auch gerichtlich durchsetzen konnte (RIS-Justiz RS0079899 T37). Denn die Möglichkeit zur (Rück-)Einlösung eines Gutscheins gegen Geld kann in vertretbarer Weise nur als bloße Einräumung eines Rücktrittsrechts vom bereits geschlossenen Vertrag angesehen werden. Damit läge auch bei einer solchen Gestaltung der Gutscheine Reisevermittlung iS der oben zitierten Rechtsprechung vor.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)