OGH 10Ob48/07t

OGH10Ob48/07t11.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Sauerzopf und Partner Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Arnold F*****, Angestellter, *****, vertreten durch DDr. Sven D. Fenz, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 4.440 s.A. infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 28. Februar 2007, GZ 2 R 26/07x-9, womit der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Jänner 2007, GZ 4 Nc 1/07s-4, als unzulässig zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz vom 22. 9. 2006, GZ 63 C 24/06a-22, wurde das Begehren der klagenden Partei auf Vermittlungsprovision in Höhe von EUR 4.440 s.A. abgewiesen. Aufgrund eines entsprechenden Antrags in der Berufung der klagenden Partei ordnete der Vorsitzende des Rechtsmittelsenates des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz am 7. 12. 2006 eine Berufungsverhandlung für 20. 12. 2006 an. Die Ladung wurde den Klagevertretern am 13. 12. 2006 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 19. 12. 2006, beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz per Fax am 19. 12. 2006 um 15.26 Uhr eingelangt, beantragte die klagende Partei die Abberaumung der Berufungsverhandlung und lehnte den - namentlich genannten - Vorsitzenden des Rechtsmittelsenates sowie die - namentlich noch nicht bekannten - weiteren Senatsmitglieder als befangen ab. Der Antrag auf Ablehnung der drei Senatsmitglieder werde mit gesonderter Post an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz ergehen. Anlässlich der dennoch abgehaltenen Berufungsverhandlung ist für die klagende Partei niemand erschienen. Mit Urteil vom 20. 12. 2006 hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz der Berufung der klagenden Partei nicht Folge gegeben. Das Berufungsurteil wurde am 21. 12. 2006 der Geschäftsstelle zur Abfertigung übergeben, am gleichen Tag ausgefertigt und am 27. 12. 2006 abgefertigt. Die Zustellung an die Klagevertreter erfolgte am 9. 1. 2007; ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO wurde nicht gestellt.

Mit Schriftsatz vom 22. 12. 2006 lehnte die klagende Partei die drei - nunmehr namentlich genannten - Senatsmitglieder als befangen ab. Die drei Richter führten in ihrer Stellungnahme aus, sich nicht befangen zu fühlen.

Mit Beschluss vom 22. Jänner 2007 wies der gemäß § 23 JN zuständige Senat des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz den Ablehnungsantrag, ohne auf die geltend gemachten Ablehnungsgründe einzugehen, als verfristet zurück. Nach dem Wortlaut des Schriftsatzes vom 19. 12. 2006 enthalte dieser nur die Ankündigung der Ablehnung, nicht aber die Ablehnung der Senatsmitglieder selbst. Der tatsächliche Ablehnungsantrag vom 22. 12. 2006 sei verspätet, weil die klagende Partei zumutbarerweise die Berufungsverhandlung (gegebenenfalls durch einen Substituten) besuchen und in dieser das Ablehnungsrecht ausüben hätte können und müssen, schon um die Fällung einer Entscheidung zu verhindern.

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht wies den Rekurs der klagenden Partei als unzulässig zurück. Zwar könne das Unbesuchtbleiben der Berufungsverhandlung nicht als Einlassung vor dem abgelehnten Richter und/oder als Verschweigen bzw als schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung des Ablehnungsrechts verstanden werden, weshalb auch der Ablehnungsantrag vom 22. 12. 2006 noch nicht als verfristet anzusehen sei und daher inhaltlich zu prüfen gewesen wäre. Allerdings sei nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptverfahrens eine Ablehnung nicht mehr zulässig. Da die klagende Partei keinen Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO gestellt habe, sei der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 1 ZPO als geheilt anzusehen (10 Ob 52/06d). Damit sei die klagende Partei nicht mehr beschwert, weshalb der Rekurs zurückzuweisen sei.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, da zu den über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Fragen, ob in Fällen wie dem gegenständlichen von einer Verschweigung des Ablehnungsantrags auszugehen sei und ob es zur Aufrechterhaltung der Beschwer der (zusätzlichen) Erhebung eines Rechtsmittels bedürfe oder ob der Ablehnungsantrag allein eine Unterbrechung des Fristenlaufes bewirke, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zwar nicht jedenfalls unzulässig, wohl aber mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 ZPO.

Die Rechtsprechung legt § 24 Abs 2 JN als abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit in Ablehnungssachen aus (1 Ob 50/07w; RIS-Justiz RS0046010; Ballon in Fasching/Konecny2 I § 24 JN Rz 8). In Ablehnungssachen ist daher ein Rechtsmittelzug gegen Entscheidungen der zweiten Instanz grundsätzlich ausgeschlossen (1 Ob 50/07w; RIS-Justiz RS0098751). Eine Ausnahme davon ist in der höchstgerichtlichen Judikatur für einen Beschluss anerkannt, in dem das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung (über den Ablehnungsantrag) gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnte (3 Ob 195/03b = EvBl 2004/39 mwN; RIS-Justiz RS0044509). In diesem (hier vorliegenden) Fall setzt der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof zwecks Prüfung dieser formellen Gründe voraus, dass eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO vorliegt. Dies ist zu verneinen, weil die angefochtene Entscheidung im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur steht:

Das Verfahren, im Zuge dessen der hier zu behandelnde Ablehnungsantrag gestellt wurde, ist rechtskräftig beendet, denn das Urteil des Berufungsgerichts vom 20. 12. 2006 wurde nicht bekämpft; die Rechtsmittelfrist ist mittlerweile verstrichen. Voraussetzung einer (erfolgreichen) Geltendmachung des Ablehnungsrechts wäre aber, dass in der Hauptsache noch ein Rechtsmittel an die dritte Instanz offen stünde, in dem die Ablehnung als Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO (Teilnahme eines wegen Befangenheit erfolgreich abgelehnten Richters an der Entscheidung) geltend gemacht werden könnte (1 Ob 272/05i; 10 Ob 52/06d ua). Nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptverfahrens ist die Ablehnung nicht mehr zulässig, heilt doch der Mangel des Nichtigkeitsgrunds nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO mit der formellen Rechtskraft der Entscheidung (1 Ob 199/99t mwN). Da selbst die Nichtigkeit infolge Teilnahme eines mit Erfolg abgelehnten Richters durch den Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung geheilt wird, sodass eine Wiederaufrollung des Verfahrens aus diesem Grunde ausgeschlossen ist, fehlt der Ablehnungswerberin ein rechtlich geschütztes Interesse daran, die Befangenheit der Mitglieder des Rekurssenates nach rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache geltend zu machen (1 Ob 273/99z). Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

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