OGH 5Ob90/07g

OGH5Ob90/07g8.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Rudolf K*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Adolf L*****, 2. Roswitha L*****, beide vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 13.372,20 sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juli 2006, GZ 16 R 84/06z-17, womit das Zwischenurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Februar 2006, GZ 16 Cg 29/05k-13, abgändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten binnen 14 Tagen deren mit EUR 893,77 (darin EUR 148,96 USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger und die Beklagten sind jeweils Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 561 Grundbuch 01101 Favoriten mit der Grundstücksadresse 1100 Wien, Herzgasse 11. Die Beklagten haben ihre Miteigentumsanteile von der früheren Liegenschaftseigentümerin mit Kaufvertrag vom 25. 3. 1988 erworben. Als Vertragszweck wurde die zukünftige Begründung von Wohnungseigentum vorgesehen. In Punkt XXIII des Vertrages heißt es:

„Der Käufer nimmt zur Kenntnis, dass im vertragsgegenständlichen Wohnhaus der Einbau eines hydraulischen Personenaufzuges mit einer Tragkraft von 2 bis 4 Personen vom Tiefparterre (Keller) bis in das Dachgeschoss, mit Ein- und Ausstiegsstellen in jeder Etage, vorgesehen ist, soferne diesem Lift keine baubehördlichen Vorschriften entgegenstehen. Vorgesehen ist, dass die unterste Ein- und Ausstiegsstelle vom Hof aus erreicht werden kann. Der Käufer verpflichtet sich bereits jetzt, die im Zusammenhang mit der Errichtung und Finanzierung des Aufzuges auf die kaufgegenständlichen Wohnungseigentumseinheiten entfallenden Kosten, Gebühren, Steuern und Abgaben aller Art aus Eigenem zu leisten. Weiters verpflichtet sich der Käufer, alle notwendigen Erklärungen abzugeben und Urkunden ohne Säumnis zu unterfertigen, welche für die Errichtung und Finanzierung des Aufzugseinbaus notwendig sind. Der Käufer erteilt hiemit seine Zustimmung, dass der Verkäufer oder eine vom Verkäufer namhaft gemachte Person oder Firma die notwendigen Anträge für die Erlangung der Baubewilligung, der Betriebsanlagengenehmigung, der Benützungsbewilligung, der Finanzierung, der Errichtungskosten und für die Gewährung der öffentlichen Förderungsmittel bezüglich des vorgesehenen Aufzugeinbaues namens der Miteigentümergemeinschaft der vertragsgegenständlichen Liegenschaft einzubringen hat. Der Käufer verpflichtet sich, dem Verkäufer eine entsprechende gesonderte Spezialvollmacht zu unterfertigen, mit welcher der Verkäufer auch berechtigt ist, die von ihm namhaft gemachten Personen oder Firmen namens des Käufers zu beauftragen."

Gleichzeitig mit dem Kaufvertrag unterfertigten die Beklagten eine Sammelvollmacht, womit der Verkäuferin, der Realitäten GmbH, bzw deren beiden Geschäftsführern Spezialvollmacht für die Abwicklung des Lifteinbaus erteilt wurde. Die Realitäten GmbH sowie deren Geschäftsführer nahmen diese Vollmachten an und substituierten mit gleichen Rechten und Pflichten der Verwalter Heinz Prosser, welcher die Vollmacht letztlich mit Schreiben vom 13. 4. 1994 an den Kläger weitersubstituierte. Zum damaligen Zeitpunkt war bereits absehbar, dass der Konsens unter den Miteigentümern hinsichtlich der Mitfinanzierung des Lifteinbaus nicht mehr bestand und ein Teil, darunter auch die Beklagten, nicht mehr wollten, dass ein Lift errichtet werde, wenn sie sich finanziell beteiligen müssten. Das war auch der Grund dafür, warum der Hausverwalter die Vollmachten an den Kläger übertragen hat, der in der Folge die Planung, Errichtung und Vorfinanzierung der Anlage selbst übernommen hat.

Die Bauarbeiten wurden 1998 abgeschlossen und die baubehördlichen Bewilligungen mit Bescheid vom 23. 6. 2004 erteilt. Mit Schreiben vom 20. 6. 1998 hat der Kläger die anteiligen Aufzugserrichtungskosten den Miteigentümern, darunter auch den Beklagten, in Rechnung gestellt. Mit Schreiben vom 13. 10. 2004 hat der Kläger das Bauvorhaben gegenüber den Beklagten neuerlich abgerechnet. Der Kläger begehrte gestützt auf Punkt XXIII des Kaufvertrages und die darauf aufbauende Vollmachtskette von den Beklagten den auf diese entfallenden, mit EUR 13.372,20 sA errechneten Kostenanteil für die Errichtung der Aufzugsanlage.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil - soweit überblickbar - Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die nach dem Inkrafttreten des § 13c WEG 1975 mit 1. 1. 1994 fällig gewordenen Ansprüche aus Geschäftsbesorgungshandlungen eines Miteigentümers, denen Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung von Miteigentum zugrunde liegen, gleich wie nach dem 1. 1. 1994 fällig gewordene Ansprüche eines in Vorlage getretenen Verwalters gegen die Eigentümergemeinschaft und nicht gegen den einzelnen Miteigentümer zu richten seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (mehr) vorliegt; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Zurückweisungsgründe beschränken:

1. Vorauszuschicken ist, dass sich der Kläger in erster Instanz auf seine Bevollmächtigung durch die Beklagten berufen hat und dass er den von ihm geltend gemachten Anspruch auf die im Kaufvertrag der Beklagten enthaltene Vertragsbestimmung XXIII stützte. Soweit sich der Kläger in der Revision auf § 16 WEG 2002 stützt, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung.

2. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits zu 5 Ob 142/06b einen gleichartigen, ebenfalls von diesem Kläger gegen einen anderen Mit- und Wohnungseigentümer erhobenen Anspruch auf Bezahlung der anteiligen Lifterrichtungskosten beurteilt und ist dabei zur Frage der Aktiv- und Passivlegitimation der Streitteile zu folgendem Schluss gekommen:

„Nach § 19 Abs 1 WEG 1975 idF BGBl 1981/520 waren die Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Ein hievon abweichender Verteilungsschlüssel (hier: die .... Kostenbefreiung von Wohnungseigentümern mit Objekten im Tiefparterre ....) konnte von der Mehrheit der Miteigentümer hinsichtlich der Aufwendungen für Anlagen, die nicht allen Miteigentümern verhältnismäßig zugute kommen, wie etwa für einen Personenaufzug, nach dem Verhältnis ihrer unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit vereinbart werden (§ 19 Abs 1 Z 1 WEG).

Nach der Rechtsprechung zu § 19 WEG 1975 gehörten zu den dort angesprochenen Aufwendungen für die Liegenschaft auch Baukosten (Errichtungskosten), sofern sie nur zu einer Zeit entstanden, in der wenigstens hinsichtlich eines ideellen Anteiles der Liegenschaft bereits Wohnungseigentum (durch grundbücherliche Eintragung) begründet war (RIS-Justiz RS0083010); dieser zeitliche Ablauf dürfte betreffend die Errichtung des Lifts von den Vertragsparteien wohl erwartet worden sein und ist auch tatsächlich so eingetreten. Der erkennende Senat hat zu § 19 WEG 1975 auch bereits judiziert, dass die Regelung über das schriftliche Abbedingen des gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssels auf Vereinbarungen im Vorstadium des Wohnungseigentums analog anzuwenden sei, sofern damit der im Gesetz genannte Personenkreis der (späteren) Miteigentümer nicht verlassen werde. Der Vertragsabschluss vor Verbücherung des Miteigentums aller Vertragspartner sei kein Hindernis für die Gültigkeit der Vereinbarung (5 Ob 98/98t; 5 Ob 8/98g; RIS-Justiz RS0109841). Offen blieb in diesen Entscheidungen allerdings, ob auch die von den Wohnungseigentumsbewerbern mit dem Wohnungseigentumsorganisator abgeschlossenen schriftlichen Verträge in Summe eine Vereinbarung im Sinne des § 19 Abs 1 WEG 1975 ersetzen könne (vgl dazu insbesondere 5 Ob 98/98t); wollte man derartiges bejahen, könnte dies (....) für die grundsätzliche Wirksamkeit der in den Kaufverträgen der Miteigentümer enthaltenden Regelung über die Lifterrichtung sprechen. Betont sei allerdings, dass nach besagter Vertragsbestimmung der Verwalter der Liegenschaft (hier: die Verkäuferin) die notwendigen Maßnahmen zur Lifterrichtung (Anträge auf Erlangung der Baubewilligung, der Betriebsanlagengenehmigung, der Benützungsbewilligung, der Finanzierung der Errichtungskosten und für die Gewährung der öffentlichen Förderungsmittel) aufgrund ihm (ihr) erteilter Vollmachten „namens der Miteigentümergemeinschaft" zu betreiben hatte.

Nach § 13c Abs 1 WEG 1975 (idF 3. WÄG; Inkrafttreten 1. 1. 1994 und gemäß Art. III II. Abschnitt, BGBl 1993/800 auch für bereits im Wohnungseigentum stehende Wohnungen und sonstige Räumlichkeiten anzuwenden) bildeten alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer der Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese konnte in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und am Ort der gelegenen Sache geklagt werden; für Klagen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft war das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen war, an dem Wohnungseigentum besteht. Bei diesem Gericht konnte auch ein Miteigentümer von der Wohnungseigentümergemeinschaft geklagt werden. Gemäß § 18 Abs 1 WEG 2002 kann die Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Für Klagen gegen die Eigentümergemeinschaft ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist. Bei diesem Gericht kann auch ein Wohnungseigentümer von der Eigentümergemeinschaft geklagt werden.

Aus dem Vergleich der Regelungen des § 13c Abs 1 WEG 1975 und des § 18 Abs 1 WEG 2002 zeigt sich, dass sich Letzterer weitgehend an seiner Vorgängerbestimmung orientierte. Am Wesen der Eigentümergemeinschaft änderte sich durch das WEG 2002 nichts Grundsätzliches. Die Eigentümergemeinschaft ist weiterhin als juristische Person mit Teilrechtsfähigkeit, nämlich mit Rechtsfähigkeit auf dem Gebiet der Verwaltung der Liegenschaft, konzipiert (RV 989 BlgNR 21. GP , 53).

Die Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft (Eigentümergemeinschaft) ist Aufgabe des Verwalters (vgl 5 Ob 64/97s = MietSlg 49.631; § 18 Abs 2 WEG 2002); dass das vertretungsbefugte Organ selbst wiederum rechtsgeschäftlich Vollmacht einräumt, ist möglich (vgl Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 18 WEG 2002 Rz 75).

(....) Bei der beabsichtigten Neuerrichtung eines Personenaufzugs

zufolge in den Kaufverträgen enthaltener Vereinbarung der

Miteigentümer (handelte es sich) um eine Maßnahme der Verwaltung

(....) (5 Ob 306/98f = ecolex 1999/153, 392 = MietSlg 50.597 = wobl

1999/85, 183, Call). Diese Verwaltungsmaßnahme fiel ab dem Bestand

der Wohnungseigentümergemeinschaft in deren Kompetenz. Dass der

Kläger .... die Vollmachten für den Lifteinbau gerade vom Verwalter

(....) der Liegenschaft als Vertreter der

Wohnungseigentümergemeinschaft übermittelt erhielt, .... entsprach

einerseits der Organisationsstruktur der Liegenschaftsverwaltung und andererseits dem schon in den Kaufverträgen vorgesehenen Einschreiten für die Miteigentümergemeinschaft. Das folgende Vorgehen des Klägers zum Zweck der Errichtung des Personenaufzugs beruhte demnach nicht etwa auf einem Vertretungsverhältnis zu den einzelnen Miteigentümern, sondern auf einer Vollmacht der Wohnungseigentümergemeinschaft.

(....)

Da die Organisationsstruktur der Liegenschaftsverwaltung die Maßnahme der Errichtung der Liftanlage in die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft verweist und die Kompetenz der „Miteigentümergemeinschaft" auch der Vertragsbestimmung in den Kaufverträgen der seinerzeitigen Miteigentümer zugrunde lag, können daraus nur Ansprüche der Gemeinschaft auf die vereinbarte finanzielle Beteiligung der einzelnen Mit(- und nunmehr Wohnungs)eigentümer abgeleitet werden. Aus den gleichlautenden Vereinbarungen in den Kaufverträgen kann daher nicht der Kläger persönlich, sondern nur die Wohnungseigentümergemeinschaft Forderungen geltend machen, sodass es insoweit dem Kläger an der aktiven Klagslegitimation fehlt.

(.....)

Soweit bereits aus dem erstinstanzlichen Vorbringen (....) der (....) Aufwandersatz nach § 1014 ABGB abgeleitet werden könnte, so richtet sich dieser gegen den „Gewaltgeber", der nach dem unstrittigen Sachverhalt nur die Wohnungseigentümergemeinschaft gewesen sein konnte. Für einen Anspruch nach § 1014 ABGB ist (....) der Beklagte nicht passiv klagslegitimiert. (....)

Zusammengefasst folgt bereits aus dem unstrittigen Sachverhalt, dass Ansprüche aus den gleichlautenden Vertragsbestimmungen in den Kaufverträgen der Miteigentümer gegebenenfalls nur der Wohnungseigentümergemeinschaft zugestanden haben konnten, nicht aber dem Kläger persönlich zukommen."

Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall (siehe auch 5 Ob 252/06d), erübrigen eine (neuerliche) Auseinandersetzung mit der vom Berufungsgericht angesprochenen Frage, erweisen die Abweisung des Klagebegehrens im Ergebnis als zutreffend und die Revision des Klägers als unzulässig.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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