OGH 7Ob67/07i

OGH7Ob67/07i18.4.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Schüßler & Schuster Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wolfsberg, gegen die beklagten Parteien 1.) Mag. Robert U*****, und 2.) Ingo U*****, beide vertreten durch Poganitsch & Ragger, Rechtsanwälte in Wolfsberg, wegen EUR 43.987,46 sA, über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2007, GZ 2 R 199/06m-24, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Es trifft zwar zu, dass der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass es einer in erster Instanz erfolgreichen Partei nicht zum Nachteil gereichen kann, wenn sie eine ihr mögliche Rechtsrüge zu aus der Sicht des Erstgerichtes unwesentlichen Aspekten in der Berufungsbeantwortung unterlässt. In diesem Sinne wurde vom Obersten Gerichtshof auch schon ausgesprochen, dass die Verjährungseinrede in den Rechtsmittelgegenschriften nicht wiederholt werden müsse (SZ 61/126). Gelegentlich ist der Oberste Gerichtshof in Einzelfällen zwar von diesem Grundsatz abgewichen (vgl 7 Ob 251/02s). Aber auch wenn man den Umstand, dass das Berufungsgericht den Verjährungseinwand nicht behandelt hat, als Verfahrensmangel ansieht, ist für die Revisionswerber daraus nichts zu gewinnen: Ausgehend von den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichtes liegt nämlich auf der Hand, dass dem Verjährungseinwand keine Berechtigung zukommt. Die Beklagten berufen sich hiezu lediglich darauf, dass von den Parteien die Anwendung der Ö-Norm B 2110 vereinbart worden sei, wonach Verjährung jedenfalls innerhalb von drei Jahren ab Übergabe der Leistung eintrete. Im vorliegenden Fall sei von einer Übergabe bzw Übernahme Mitte August 2002 auszugehen. Die Revisionswerber setzen sich dabei darüber hinweg, dass von ihnen laufend Mängel reklamiert wurden, was zu mehrfachen Korrekturen der Schlussrechnung führte. Nach ständiger Rechtsprechung schiebt mangelhafte Leistung Fälligkeit und Verjährungsbeginn bis zur Verbesserung in angemessener Frist bzw der Weigerung des Werkbestellers, diese anzunehmen, hinaus (Dehn in KBB, § 1486 Rz 5 mwN). Nach den erstgerichtlichen Feststellungen fanden zwischen den Streitteilen (genauer zwischen der Firma E***** GmbH und den Beklagten laufend auch noch das Jahr 2004 hindurch Besprechungen statt, wobei schließlich als formeller Übernahmetermin der 17. 12. 2004 vereinbart wurde, an dem die vereinbarte Übergabe stattfand (Ersturteil S 8 oben). Demnach kann keine Rede davon sein, dass die am 9. 11. 2005 eingebrachte Klage verjährt wäre. Da der dem Berufungsgericht (allenfalls) unterlaufene Verfahrensmangel daher nicht entscheidungserheblich ist (vgl RIS-Justiz RS0043027), stellt er keinen tauglichen Grund für die Zulassung der außerordentlichen Revision dar.

Dies gilt auch hinsichtlich des Einwandes, das Berufungsgericht sei zu Unrecht auf die Vereinbarung vom 17. 12. 2004 nicht eingegangen. Die damals festgestelltermaßen getroffene Vereinbarung, dass die Bezahlung nach Beseitigung der Mängel zu erfolgen habe, kann keinesfalls dahin interpretiert werden, dass damit das Schikaneverbot ausgeschlossen werden sollte.

Inwiefern schließlich die Berufungsentscheidung zum Schikaneverbot von oberstgerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll, vermögen die Revisionswerber nicht überzeugend darzulegen. Sie räumen einerseits selbst ein, dass die ständige oberstgerichtliche Rechtsprechung keine „fixe Prozentsatzgrenze" kenne, wollen aber aus der Entscheidung 10 Ob 384/98p, in der keine Schikane bei einem Verbesserungsaufwand von 2,6 % angenommen wurde, dies auch für den vorliegenden Fall ableiten. Nach oberstgerichtlicher Judikatur besteht das volle Leistungsverweigerungsrecht nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohnes für den mängelfreien Teil des Werkes auszugehen ist (6 Ob 80/05s, RIS-Justiz RS0022044 [T14] uva). Allein entscheidend ist dabei nicht die Höhe der Behebungskosten, sondern die Wichtigkeit der Behebung des Mangels, die nach den Umständen des Einzelfalles im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0022044; 6 Ob 72/00g uva). Das Vorliegen oder Nichtvorliegen schikanöser Rechtsausübung hängt demnach von den spezifischen Umständen des Einzelfalles ab (RIS-Justiz RS0110900). Deren Würdigung wirft daher keine im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (1 Ob 134/06x mwN ua). Eine solche krasse Fehlbeurteilung kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, im vorliegenden Fall sei das volle Leistungsverweigerungsrecht zu verneinen, nicht erkannt werden. Unrichtig ist schließlich die Behauptung, im vorliegenden Fall könne die Höhe der Mängelbehebungskosten nicht mit ausreichender Sicherheit begrenzt werden. Einer diesbezüglichen gewissen Unsicherheit wurde dadurch, dass das Berufungsgericht dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des Dreifachen der prognostizierten Reparaturkosten zugebilligt hat, Rechnung getragen. Da die Revisionswerber auch im Rahmen ihrer Rechtsrüge keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen, muss ihr demnach unzulässiges außerordentliches Rechtsmittel zurückgewiesen werden.

Stichworte