OGH 6Ob112/06y

OGH6Ob112/06y28.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Krems an der Donau zu FN ***** eingetragenen K***** K***** Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in L*****, über den Revisionsrekurs ihres Geschäftsführers Karl K*****, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in Kirchberg am Wagram, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 15. März 2006, GZ 28 R 35/06g-7, womit der Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 11. Jänner 2006, GZ 10 Fr 2972/05v-3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Firmenbuch eingetragene Gesellschafter der GmbH sind Karl K*****, Karl K***** (mit 25 %), Gabriele K***** und Helga K*****.

Über das Vermögen des Gesellschafters Karl K***** wurde mit Beschluss vom 23. 9. 1999 der Konkurs eröffnet. Eine Bekanntmachung, dass dem Masseverwalter ein Gläubigerausschuss beigeordnet worden wäre, enthält die Insolvenzdatei nicht. Das Konkursgericht bewilligte mit Beschluss vom 15. 2. 2000 die sofortige Schließung des Unternehmens des Gemeinschuldners. Es bestellte mit Beschluss vom 3. 6. 2005 Rechtsanwalt Mag. Franz Müller zum Masseverwalterstellvertreter und hob schließlich mit Beschluss vom 3. 10. 2005 nach der Schlussverteilung den Konkurs auf. Die Rechtskraft der Konkursaufhebung bestätigte es am 4. 11. 2005.

Der Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH Karl K***** beantragte am 23. 12. 2005 beim Erstgericht, ihn als Gesellschafter zu löschen und Helga K***** als Gesellschafterin einzutragen. Mit Abtretungsvertrag vom 24. 6. 2005, der vom Konkursgericht mit Beschluss vom 4. 11. 2005 genehmigt worden sei, habe der Masseverwalter die „Stammeinlage" des in Konkurs verfallenen Gesellschafters Karl K***** an die Mitgesellschafterin Helga K***** abgetreten. Aus der dem Antrag beigelegten Abtretungsvertragsurkunde geht hervor, dass der Preis für den abgetretenen Geschäftsanteil von 1.000 EUR vor der Vertragsunterfertigung bezahlt worden sei, die Unterschrift der Erwerberin am 24. 6. 2005 gerichtlich beglaubigt wurde und Mag. Franz Müller als Masseverwalter ohne Datumsangabe und unbeglaubigt unterfertigte. Vorgelegt wurde weiters eine Ausfertigung des Beschlusses des Konkursgerichts vom 4. 11. 2005, mit dem der Abtretungsvertrag konkursgerichtlich genehmigt wurde.

Das Erstgericht wies den Eintragungsantrag ab, weil der Abtretungsvertrag gemäß § 76 Abs 2 GmbHG der Form eines Notariatsakts bedürfe, diese Form aber nicht eingehalten worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Geschäftsführers nicht Folge. Der Geschäftsanteil eines in Konkurs verfallenen Gesellschafters einer GmbH gehöre zur Konkursmasse (3 Ob 238/02z; RIS-Justiz RS0060266). Die Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäfts unter Lebenden bedürfe eines Notariatsakts (§ 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG). Werde dieses Formgebot, das sich sowohl auf das Verpflichtungs- als auch auf das Verfügungsgeschäft beziehe (SZ 61/153 uva; RIS-Justiz RS0060263), nicht eingehalten, so sei die Übertragung grundsätzlich unwirksam (6 Ob 121/05w uva; RIS-Justiz RS0060256). Nach neuerer höchstgerichtlicher Rechtsprechung heile Erfüllung (Entgegennahme des vereinbarten Entgelts und „Überlassen der Gesellschafterstellung") den Formmangel nicht generell (7 Ob 110/04h; 6 Ob 640/91; 6 Ob 542/90).

In bestimmten Fällen bedürfe es abweichend von § 76 Abs 2 GmbHG keines Notariatsakts, wie etwa beim Erwerb aufgrund eines Urteils oder durch gerichtlichen Vergleich (SZ 67/83), im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung oder durch letztwillige Verfügung (SZ 59/219), bei der Veräußerung des Anteils nach den §§ 68, 73 oder § 76 Abs 4 GmbHG. Bei der Überlassung des Geschäftsanteils eines Verstorbenen an Zahlungsstatt (iure-crediti-Einantwortung) ersetze der Beschluss des Verlassenschaftsgerichts den sonst erforderlichen Notariatsakt (6 Ob 18/00s). Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs SZ 24/245 spreche für den exekutiven Verkauf eines Geschäftsanteils an einer GmbH aus, dass die Errichtung eines Notariatsakts auch dann nicht erforderlich sei, wenn die Übernahme eines Geschäftsanteils einem Freihandverkauf im Sinn der §§ 271 und 280 EO gleichzuhalten sei.

Gellis/Feil, GmbHG³ (1995), § 76 Rz 21 (auch in Folgeauflagen), führten aus, die Veräußerung des Anteils durch den Masseverwalter bedürfe nicht der Form des Notariatsakts; auf die Veräußerung fände § 117 KO Anwendung. Ohne eigene Begründung und nur auf die Ansicht von Gellis/Feil verweisend vertrete Koppensteiner, GmbHG² § 76 Rz 21, die Auffassung, die Formfreiheit vom Notariatsakt gelte auch bei Verwertung des Anteils durch den Masseverwalter. Nach diesen Rechtsansichten, auf die sich der Rekurswerber berufe, beruhe der Entfall der Formpflicht auf der konkursgerichtlichen Genehmigung nach § 117 KO. Nach dieser Vorschrift in der Fassung vor der InsNov 2002, BGBl I 2002/75, habe die Veräußerung eines Anteils des Gemeinschuldners an einem Unternehmen - worunter auch ein Geschäftsanteil an einer GmbH zu verstehen gewesen sei - ohne Rücksicht auf den Wert in jedem Fall der Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Konkursgerichts bedurft.

Offenbar solle durch den Verweis auf § 117 KO ausgedrückt werden, dass die ansonsten dem Notariatsakt zukommenden Formzwecke (Immobilisierung der Geschäftsanteile; Schutz der Parteien beim Erwerb einer Beteiligung vor einer Übereilung; Sicherstellung der Feststellbarkeit der Identität der jeweiligen Gesellschafter [RIS-Justiz RS0060244]) im Fall der Veräußerung eines Geschäftsanteils durch den Masseverwalter durch die Genehmigungspflicht insbesondere des Konkursgerichts gewahrt seien.

§ 117 Abs 1 Z 1 KO in der im vorliegenden Fall anzuwendbaren Fassung der InsNov 2002 sehe vor, dass die Veräußerung eines Anteils des Gemeinschuldners an einem „Unternehmen im Sinn des § 228 Abs 1 und 2 HGB" der Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Konkursgerichts ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstands bedürfen. Gemäß § 228 Abs 1 HGB seien Beteiligungen Anteile an anderen Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch eine dauernde Verbindung zu diesen Unternehmen zu dienen. Als Beteiligungen gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die insgesamt den fünften Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft erreichen. Diese Vermutung sei widerleglich (Ch. Nowotny in Straube, HGB II² § 228 Rz 37 f; Geist in Jabornegg, HGB § 228 Rz 7 und 9). Im vorliegenden Fall sei die Vermutung widerlegt, weil das Unternehmen des gemeinschuldnerischen Gesellschafters gemäß § 115 KO geschlossen worden sei, weshalb der Anteilsbesitz nicht dazu bestimmt sein könne, dem eigenen Geschäftsbetrieb zu dienen. Das Halten des Anteils an der GmbH sei spätestens mit endgültiger Stilllegung des Unternehmens des Gemeinschuldners auf eine bloße Kapitalbeteiligung reduziert worden. Daraus folge, dass die Veräußerung des Geschäftsanteils Karl K***** weder der Genehmigungspflicht des Konkursgerichts noch der des Gläubigerausschusses unterlegen sei. Der im Schrifttum und von der Rechtsprechung angegebene Grund für die Befreiung des Abtretungsvertrags von der Notariatsaktpflicht - Beteiligung des Gerichts - komme daher nicht zum Tragen.

Die Bestimmungen der §§ 271, 280 EO seien nicht anwendbar: § 119 Abs 2 KO erkläre die Anwendbarkeit der EO nur für gerichtliche Veräußerungen. Solche lägen hier nicht vor. Es sei auch nicht der Fall der außergerichtlichen Verwertung einer Sondermasse gegeben, für die nach der Rechtsprechung die Vorschriften der EO anwendbar seien.

Da der vorgelegte Abtretungsvertrag keiner Genehmigung des Konkursgerichts oder des Gläubigerausschusses bedurft habe, liege nach den dargestellten Wertungen im Schrifttum und Rechtsprechung kein Fall vor, der eine Ausnahme von der in § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG eindeutig festgelegten Notariatsaktspflicht rechtfertigte.

Selbst wenn der Abtretungsvertrag der Genehmigungspflicht gemäß § 117 KO unterläge, hätte der Rekurs keinen Erfolg, weil es an der dann notwendigen Genehmigung durch den Gläubigerausschuss fehlte (RIS-Justiz RS0065143), der offenbar nicht existierte (vgl § 88 Abs 1 letzter Satz KO).

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage, ob die außergerichtliche Veräußerung eines Geschäftsanteils durch den Masseverwalter des Gesellschafters dann, wenn diese Veräußerung nicht gemäß § 117 KO vom Konkursgericht und vom Gläubigerausschuss genehmigungspflichtig ist, der Notariatsaktpflicht unterliegt, nicht existiere und die Bedeutung dieser Frage über den Einzelfall hinausgehe.

Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht geltend, nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bedürfe die Veräußerung eines Geschäftsanteils im Weg der freihändigen Verwertung durch den Masseverwalter nicht eines Notariatsakts, weil auf die Veräußerung eine Geschäftsanteils § 117 KO anzuwenden sei und subsidiär die §§ 271, 281 EO gelten. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, weil im vorliegenden Fall ein Genehmigungsbeschluss des Konkursgerichts nicht erforderlich gewesen wäre, sei die freiwillige Veräußerung notariatspflichtig, sei unrichtig. An die rechtskräftige konkursgerichtliche Genehmigung - mag sie notwendig gewesen sein oder nicht - sei das Firmenbuchgericht gebunden. Ein selbständiges Prüfungsrecht des Firmenbuchgerichts bestehe nicht. Ob die Genehmigung des Konkursgerichts notwendig gewesen sei oder nicht, könne nicht entscheidend sein, weil die den Notariatsakt ersetzende gerichtliche Kontrolle gegeben sei und der Formzweck jedenfalls erfüllt sei.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat erachtet die Begründung des Rekursgerichts für zutreffend, sodass es gemäß § 71 Abs 3 AußStrG ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen. Den Rechtsmittelausführungen ist noch kurz zu erwidern:

Unzweifelhaft und vom Rechtsmittelwerber auch nicht bestritten fällt die vorliegende Anteilsübertragung unter den Wortlaut des § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG, sodass nicht das Bestehen der Notariatsaktpflicht, sondern die Formfreiheit der Übertragung begründungsbedürftig ist.

Soweit überblickt werden kann, hat der Oberste Gerichtshof nicht ausgesprochen, dass die Veräußerung und Übertragung eines Geschäftsanteils eines Gemeinschuldners an einer GmbH durch den Masseverwalter nicht eines Notariatsakts bedarf. Der Revisionsrekurswerber führt auch keine Entscheidung an, die seine Behauptung belegte. Eine gerichtliche Veräußerung liegt ebensowenig vor wie eine exekutive Verwertung des Geschäftsanteils.

Verwirklichte im vorliegenden Verfahren die Veräußerung des Geschäftsanteils den Tatbestand des § 117 KO, so scheiterte die Eintragung - unabhängig von der Frage der Formbedürftigkeit der Übertragung - daran, dass die - in Verbindung mit § 83 Abs 1 KO - dann für die Wirksamkeit der Veräußerung im Außenverhältnis notwendige Genehmigung des Gläubigerausschusses nicht vorliegt (G. Kodek in Buchegger, InsR IV § 117 KO Rz 2 und 9; vgl RIS-Justiz RS0065143). Es muss daher auch nicht dazu Stellung genommen werden, ob die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils des Gemeinschuldners frei von der Notariatsaktform ist, wenn die Veräußerung einen Fall des § 117 Abs 1 Z 1 KO bildet. So war der die Entscheidung 6 Ob 18/00s tragende Gesichtspunkt der, dass bei einer Überlassung an Zahlungsstatt (§ 154 AußStrG; vorher § 73 AußStrG 1854) die Übertragung des Geschäftsanteils durch gerichtliche Entscheidung angeordnet wird. Die konkursgerichtliche Genehmigung eines Veräußerungsgeschäfts des Masseverwalters ist aber keine die Übertragung anordnende Entscheidung.

§ 117 KO zählt die genehmigungspflichtigen Geschäfte taxativ auf; andere als diese Geschäfte sind nicht genehmigungspflichtig (G. Kodek aaO § 117 KO Rz 10 mwN). War der Abtretungsvertrag nicht genehmigungspflichtig, so konnte die Einholung der Genehmigung des Konkursgerichts nur für das Innenverhältnis in der Weise bedeutsam sein, dass der Masseverwalter das Konkursgericht um Weisung (§ 84 Abs 1 KO) ersucht (vgl G. Kodek aaO § 117 KO Rz 10, § 114 Rz 5). Die Gesetzesmaterialien nennen als Zweck der Formvorschrift des § 76 Abs 2 erster Satz GmbHG die Immobilisierung der Geschäftsanteile, deren „Zirkulationsfähigkeit und Negoziabiliät" unterbunden werden sollte (vgl ErläutRV 236 BeilHH 17. Session 1904, 52, 59 und 84f; Bericht der Spezialkommission des HH, 272 BeilHH 17. Session 1905, 5; Koppensteiner, GmbHG² § 76 Rz 11). Diesen Zweck der Erschwerung der freien Handelbarkeit von Geschäftsanteilen erfüllt eine konkursgerichtliche Genehmigung einer nicht dem § 117 Abs 1 Z 1 KO unterliegenden Veräußerung nicht, weil der Masseverwalter die Genehmigung nicht einholen muss und ihre Erteilung für die Wirksamkeit des Geschäfts im Außenverhältnis nicht notwendig ist.

Stichworte