Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die begehrte Löschung der Gesellschafterin Martha L***** und Eintragung der Erhöhung der Stammeinlage der Gesellschafterin Ingrid B***** von 125.000 S auf 250.000 S bewilligt wird.
Der Vollzug dieser Anordnung wird dem Erstgericht aufgetragen.
Text
Begründung
Im Firmenbuch sind als Gesellschafter der I***** GmbH Raimund B*****, Ingrid B*****, Dieter B***** und Martha L***** mit einer Stammeinlage von je 125.000 S eingetragen. Die Stammeinlagen sind voll einbezahlt.
Die Gesellschafterin Martha L***** ist am 5. 10. 1998 verstorben. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 20. 5. 1999 wurde deren Geschäftsanteil deren Tochter Ingrid B***** auf teilweisen Abschlag ihrer restlichen Forderung an bezahlten Begräbniskosten von 25.391,93 S an Zahlungs Statt überlassen.
Der einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer Raimund B***** beantragte die Löschung der Gesellschafterin Martha L***** und bei der Gesellschafterin Ingrid B***** folgende Eintragung: "Übernommene Stammeinlage 250.000 S, hierauf geleistet 250.000 S". Der Geschäftsanteil der Martha L***** sei im Erbweg auf ihre Tochter Ingrid B***** übergegangen.
Auf Aufforderung des Erstgerichtes, eine rechtskräftige Einantwortungsurkunde nachzureichen, legte der Geschäftsführer den mit einer Rechtskraftbestätigung vom 2. 8. 1999 versehenen Beschluss auf Überlassung an Zahlungs Statt vor.
Dem daraufhin vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrag, binnen drei Wochen eine Übernahmeerklärung der Ingrid B***** in Notariatsaktform nachzureichen, kam der Geschäftsführer nicht nach, weil er die Ansicht vertrat, dass im Fall der Überlassung eines Geschäftsanteils an Zahlungs Statt kein Notariatsakt erforderlich sei.
Das Erstgericht wies den Eintragungsantrag ab. Bei der Überlassung an Zahlungs Statt handle es sich um einen rechtsgeschäftlichen Vorgang, bei dem zwischen der Hingabevereinbarung und Hingabe selbst zu unterscheiden sei. Der gerichtliche Beschluss im Sinn des § 73 AußStrG ersetze die Hingabevereinbarung (den Titel zum Eigentumserwerb), nicht jedoch die Übergabe. Ein erbrechtlicher Erwerb liege nicht vor, weil es zu keiner Verlassenschaftsabhandlung und zu keiner Einantwortung gekommen sei. Zur wirksamen Übertragung des Geschäftsanteiles bedürfe es daher im Sinn des § 76 Abs 2 GmbHG einer Erklärung in Notariatsaktsform.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es billigte die seiner Vorentscheidung 28 R 249/98p entsprechende Ansicht des Erstgerichtes. Das Verfahren nach § 73 AußStrG sei ein Ersatz für das Konkursverfahren. Die Überlassung an Zahlungs Statt erfolge zur (teilweisen) Befriedigung der Gläubiger. Anders als die Einantwortung verschaffe der Beschluss des Abhandlungsgerichtes nur einen Titel zum Eigentumserwerb an den im Überlassungsbeschluss genannten Aktiven. Der Überlassungsbeschluss übertrage daher den Geschäftsanteil nicht, sodass der Erwerb der Abtretung bedürfe. Parteien dieses Verfügungsgeschäftes seien der fortdauernde ruhende Nachlass, für den ein Kurator zu bestellen sei, und der Gläubiger, dem der Geschäftsanteil an Zahlungs Statt überlassen worden sei. Das Verfügungsgeschäft sei notariatsaktpflichtig, weil kein Erwerb von Todes wegen erfolgt sei.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob die Überlassung eines Geschäftsanteils an Zahlungs Statt an einen Nachlassgläubiger die Notariatsaktspflicht für die Übertragung des Geschäftsanteiles ersetzt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers Raimund B***** (richtig: der Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer Raimund B*****) und der Gesellschafterin Ingrid B***** ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
Wie das Rekursgericht insoweit zutreffend dargelegt hat, leitet derjenige Nachlassgläubiger, dem der unbedeutende Nachlass an Zahlungs Statt überlassen wird, seinen Anspruch nicht vom Erblasser ab. Ein Erwerb von Todes wegen liegt nicht vor.
Gemäß § 76 Abs 2 GmbHG bedarf es zur Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäft unter Lebenden eines Notariatsaktes. Demnach erfordert die Geschäftsanteilsübertragung einerseits ein gültiges Rechtsgeschäft und andererseits einen Notariatsakt als sachenrechtlichen Übertragungsakt. Dabei ist der Notariatsakt nur für das Verfügungsgeschäft, nicht aber für das Verpflichtungsgeschäft erforderlich (3 Ob 544/85 = NZ 1986, 212; 6 Ob 100/97t; 10 Ob 40/99a). Ein Urteil und sogar ein gerichtlicher Vergleich ersetzen jedoch einen sonst nach § 76 Abs 2 GmbHG erforderlichen Notariatsakt (8 Ob 521/94 = SZ 67/83; 6 Ob 2280/96d, je mwN). Der erkennende Senat hat auch eine Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG (idF BGBl 1991/10) über den Rechtsübergang eines Geschäftsanteiles an einen Legatar als ausreichend angesehen (6 Ob 2280/96d).
Das Rekursgericht vertrat in seiner Entscheidung 28 R 249/98p, auf die es sich auch hier berufen hat, die Ansicht, dass die Überlassung an Zahlungs Statt nach § 73 AußStrG mit der Ausstellung einer Amtsurkunde nach § 178 AußStrG nicht vergleichbar sei und daher die Entscheidung 6 Ob 2280/96d hier nicht herangezogen werden könne. Der Oberste Gerichtshof habe sich im Fall der Amtsbestätigung auf die Materialien zum FBG, BGBl 1991/10 sowie darauf berufen, dass eine Amtsbestätigung über den Rechtsübergang eines Geschäftsanteiles an einen Legatar ein gerichtlicher Beschluss sei, der nicht gegen den Willen des Erben oder bei unklarer Sach- und Rechtslage ausgestellt werden dürfe. Diese Argumente kämen hier nicht zum Tragen.
Im Gegensatz zu dieser Ansicht gelten jedoch die wesentlichen Ausführungen in der Entscheidung 6 Ob 2280/96d, warum die Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG den Notariatsakt nach § 76 Abs 2 GmbHG ersetzt, auch für den Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes nach § 73 AußStrG. Sowohl die Überlassung an Zahlungs Statt als auch die durch Amtsbestätigung erfolgte Überlassung an den Legatar und die von § 178 AußStrG ebenfalls umfasste Veräußerung eines Geschäftsanteiles während der Abhandlung setzen einen Antrag desjenigen, der die Übertragung an ihn wünscht, voraus. Im ersteren Fall leitet der Vermächtnisnehmer zwar seinen Anspruch aufgrund einer letztwilligen Verfügung vom Erblasser ab, doch gibt ihm diese Berufung ebenfalls nur ein obligatorisches Forderungsrecht, sodass die vermachte Sache erst durch Erfüllungshandlung auf ihn übertragen werden muss.
Genügt aber nach dem aus den Bestimmungen der § 3 Z 15 FBG, § 12 Abs 2 HGB (Eintragung der Rechtsnachfolge und ihr Rechtsgrund "soweit tunlich" aufgrund öffentlicher Urkunde) und § 178 AußStrG idF BGBl 1991/10 sowie den Gesetzesmaterialien hiezu IA 23 BlgNR 18. GP: "Der neu eingeführte Satz deckt jene Fälle ab, in denen eine Amtsbestätigung des Abhandlungsgerichtes nicht bloß für eine Verbücherung im Grundbuch, sondern auch für eine Eintragung in das Firmenbuch benötigt wird (vgl § 3 Z 15 FBG iVm § 12 Abs 2 HGB), etwa im Fall eines Unternehmenserwerbes durch Legat") hervorgehenden Willen des Gesetzgebers die Ausstellung einer Amtsbestätigung ohne zusätzlichen Notariatsakt (so 6 Ob 2280/96d), muss dies auch für jede andere die Übertragung eines Geschäftsanteiles anordnende gerichtliche Entscheidung gelten. Ob diese Anordnung in Form eines Urteiles oder eines Beschlusses ergeht, kann ebenfalls nicht entscheidungswesentlich sein.
Sowohl die Amtsbestätigung als auch der Beschluss auf Überlassung an Zahlungs Statt setzen die Zustimmung der Beteiligten oder zumindest voraus, dass die Beteiligten keine hinreichenden Gründe, die gegen eine solche Beschlussfassung sprechen, vortragen können (vgl etwa EvBl 1989/22 zur Amtsbestätigung und SZ 23/390 zur iure-crediti-Einantwortung). Weder die eine noch die andere Entscheidung hängt daher allein vom Antrag desjenigen ab, der den Geschäftsanteil erwerben will.
Es besteht insbesondere auch bei Berücksichtigung des Zweckes der Formvorschrift des § 76 Abs 2 GmbHG, der in der Immobilisierung der Geschäftsanteile (7 Ob 598/82) sowie weiters im Schutz der Parteien beim Erwerb einer Beteiligung und in der Publizität liegt (6 Ob 241/98d), kein Grund, zusätzlich zur öffentlichen Urkunde des Gerichtsbeschlusses einen Notariatsakt zu fordern. Durch die Überlassung eines Geschäftsanteiles eines Verstorbenen an Zahlungs Statt ohne Notariatsakt wird die Möglichkeit des freien Erwerbes von Geschäftsanteilen nicht eröffnet oder gefördert. Die notwendige Publizität wird durch den Gerichtsbeschluss ebenso gewahrt wie durch einen Notariatsakt. An die Stelle der notariellen tritt gerichtliche Kontrolle, muss doch auch die iure-crediti-Einantwortung der Sach- und Rechtslage entsprechen. Die erforderliche Antragstellung bei Gericht stellt keine entscheidend geringere Schwelle für den Erwerb des Geschäftsanteiles als das Betrauen eines Notars mit der Aufnahme eines Notariatsaktes dar.
Aufgrund des vorgelegten Beschlusses des Verlassenschaftsgerichtes auf Überlassung des Geschäftsanteiles an Zahlungs Statt kann daher die Übertragung des Geschäftsanteiles der verstorbenen Gesellschafterin auf deren Tochter im Firmenbuch eingetragen werden.
Der Vollzug der Anordnung ist dem Erstgericht zu übertragen.
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