Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil - mit Ausnahme seines freisprechenden Teiles und des Einziehungserkenntnisses - sowie der Beschluss auf Verlängerung der Probezeit aufgehoben. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf die Kassation der davon betroffenen Aussprüche verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde Metin S***** der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (A), des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG (B) und mehrerer Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG (C) schuldig erkannt; sichergestelltes Suchtgift wurde gemäß § 34 SMG eingezogen.
Danach hat er zu nachgenannten Zeiten in Salzburg und anderenorts den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich
A) im Zeitraum Herbst 2005 bis 27. April 2006 Cannabis, Amphetamin,
Ecstasy-Tabletten und Kokain in unbekannter Menge erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen;
B) am 8. März 2006 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem
gesondert verfolgten Benno Sch***** 120 Gramm Amphetamin von Deutschland nach Österreich, sohin Suchtgift in einer großen Menge, ein- und ausgeführt;
C) in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) großteils durch Verkauf in Verkehr gesetzt, und zwar
1. im Dezember 2005 durch Übergabe von 105 Stück Ecstasy-Tabletten an Ugur A*****,
2. im Dezember 2005/Jänner 2006 durch Übergabe von 10 Gramm Kokain an Erdal Se*****,
3. im Februar 2006 durch Verkauf von 11 Stück Ecstasy-Tabletten an Robert G*****,
4. im März 2006 durch Verkauf von 10 Stück Ecstasy-Tabletten und 2 Gramm Kokain an Manuel H*****,
5. im März 2006 durch Übergabe von 64 Gramm Amphetamin an Ugur A***** und
6. im Zeitraum April 2005 bis April 2006 174 Stück Ecstasy-Tabletten, 38 Gramm Kokain, 136 Gramm Amphetamin und 30 Gramm Cannabisharz durch Verkauf an unbekannt gebliebene Abnehmer.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Berechtigt ist zunächst die Mängelrüge (Z 5) einer Unvollständigkeit der Begründung des Reinheitsgehaltes unter anderem des tatverfangenen Amphetamins (Fakten B sowie C 5 und 6), der bloß aufgrund des „wenig sichergestellten Suchtgiftes", der „diese Qualität nicht ernsthaft in Abrede" stellenden Einlassung des Angeklagten und weil „aus dem Akteninhalt nicht hervorgeht, dass sich Abnehmer der Suchtgifte über schlechte Qualität beschwert hätten" (US 7) als „durchschnittliche Qualität" mit 20 % angenommen wurde (US 5). Dabei wird nämlich etwa außer Acht gelassen, dass beim Beschwerdeführer sichergestelltes Amphetamin nur 6,6 % Reinsubstanz enthielt (S 33, 371/III) und sich sehr wohl Abnehmer und auch der Nichtigkeitswerber selbst negativ über dessen Qualität äußerten (S 117/III; 48/IV). Damit fehlt es jedoch an einer mängelfrei begründeten Annahme des Vorliegens einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) an Suchtgift in den Fakten B sowie C 5 und 6 und somit an der Voraussetzung zur Subsumtion unter § 28 Abs 2
SMG.
Zutreffend weist überdies die Subsumtionsrüge (Z 10) zur Faktengruppe C darauf hin, dass den Entscheidungsgründen lediglich zu entnehmen ist, der Angeklagte habe von April 2005 bis April 2006 in zahlreichen Angriffen an verschiedene Abnehmer diverse Suchtgifte in jeweils nicht großen Mengen (zu C 5 vgl oben in Erledigung der Mängelrüge) in Verkehr gesetzt (US 2, 5). Damit mangelt es an den Schuldspruch nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG hinreichend tragenden Feststellungen, können doch Verkäufe einzelner die Grenzmenge nach § 28 Abs 6 SMG nicht erreichender Suchtgiftquanten bloß Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG begründen. Suchtgiftmengen der Einzelakte sind nur dann zu einer großen Menge zusammenzufassen, wenn der Vorsatz des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasst (RIS-Justiz RS0112225, zuletzt 12 Os 146/05w). Ob dies hier der Fall war, ist der angefochtenen Entscheidung aber nicht zu entnehmen.
Es zeigt sich daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung, dass in Ansehung der Schuldsprüche B und C eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, vielmehr die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285e StPO).
Dies hat zusätzlich die Aufhebung des Schuldspruches A wegen Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG zur Folge (§§ 35 Abs 1, 37 SMG; RIS-Justiz RS0119278, zuletzt 15 Os 96/06s), somit auch des gesamten Strafausspruches, jedoch nicht des Einziehungserkenntnisses nach § 34 SMG (RIS-Justiz RS0088115).
Eines Eingehens auf die weiteren Argumente der Nichtigkeitsbeschwerde bedurfte es nicht - es sei nur hervorgehoben, dass der Beschwerdeführer zu Recht Feststellungen zu den Inhaltsstoffen der Ecstasy-Tabletten vermisst, was im zweiten Rechtsgang nachzutragen sein wird (RIS-Justiz RS0107795, RS0105865; 11 Os 55/04, SSt 2004/58).
Mit Berufung und dadurch implizierter Beschwerde (§ 498 Abs 3 Satz 3 StPO) war der Angeklagte auf die Kassation des gesamten Strafausspruches zu verweisen.
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