OGH 5Ob46/07m

OGH5Ob46/07m20.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Walch & Zehetbauer Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen EUR 26.372,86 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 13. Dezember 2006, GZ 7 R 151/06m-24, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nach § 32 AÖSp ist gegenüber Ansprüchen des Spediteurs eine Aufrechnung oder Zurückbehaltung nur mit fälligen Gegenansprüchen des Auftraggebers, denen ein Einwand nicht entgegensteht, zulässig. Die in § 32 AÖSp enthaltene Aufrechnungsbeschränkung ist gegenüber „Ansprüchen des Spediteurs" anzuwenden. Damit sind alle mit dem Speditionsgewerbe typischerweise zusammen hängenden Geschäfte gemeint, also auch Fixkostenspeditionen und der Selbsteintritt in den Frachtvertrag (RIS-Justiz RS0049424). § 32 AÖSp ist auf die vom Auftraggeber erklärte Aufrechnung anzuwenden (RIS-Justiz RS0049420). Die Aufrechnung von Gegenansprüchen des Auftraggebers ist bei Geltung des § 32 AÖSp nur dann zulässig, wenn diese anerkannt werden, dem Auftraggeber durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt wurden oder dann, wenn kein Einwand des Spediteurs entgegensteht, der die alsbaldige Entscheidung über die Aufrechnung ausschließt (RIS-Justiz RS0049426).

1.2. Zu der von der Beklagten angesprochenen Frage, ob sich auch der Frachtführer auf das Aufrechnungsverbot des § 32 AÖSp berufen könne, liegt - entgegen der Behauptung der Beklagten - bereits eine - nicht uneinheitliche - Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor. Danach können die AÖSp auch im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen beauftragtem Frachtführer und auftraggebenden Spediteur schlüssig vereinbart werden (7 Ob 501/96 = ecolex 1996, 848 = ZfRV 1996/51). Dann ist die Aufrechnungsbestimmung in § 32 AÖSp zugunsten des Frachtführers anzuwenden (4 Ob 516/82 = SZ 55/73 = JBl 1984, 90; 7 Ob 687/90 = SZ 64/9 = WBl 1991, 207). Die Klägerin ist daher als „beauftragter Spediteur" (Frachtführer) anzusehen und kann sich gegen eine vom Auftraggeber erklärte Aufrechnung gegen ihre Frachtforderung wenden (7 Ob 501/96 = ecolex 1996, 848 = ZfRV 1996/51; 4 Ob 587/88).

2. Die Frage, auf welche Art und Weise das Aufrechnungsverbot des § 32 AÖSp abbedungen werden könne, stellt sich in dieser Allgemeinheit nicht.

Die der Klägerin erteilten Transportaufträge enthielten vielmehr folgenden Passus, aus dem die Beklagte für vermeintlich nicht zurückgestellte Lademittel eine Gegenforderung ableitet:

"Lademittel: tauschen

Lademittel sind bei der Be- und Entladung sofort von Ihnen zu tauschen. Weiters sind alle Lademitteltätigkeiten von Ihnen schriftlich festzuhalten und die Nachweise an uns zu senden. Bei Lademittelschuld verpflichten Sie sich, diese bei den jeweiligen Firmen zu ihren Lasten innerhalb von 14 Tagen auszugleichen. Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir Ihnen diese in Rechnung stellen und bei der Frachtrechnung sofort berücksichtigen. Bei einer Rückführung durch uns, haben Sie die Kosten zu tragen. Lademittel müssen bei Tausch oder Schuldausgleich in einwandfreiem Zustand sein."

In dieser vertraglichen Vereinbarung haben die Vorinstanzen, keinen Ausschluss des Aufrechnungsverbots nach § 32 AÖSp gegenüber Forderungen der Beklagten aus vermeintlich nicht zurückgestellten Lademitteln erkannt. Ob diese vertragliche Vereinbarung im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0044358 [T11]). Insbesondere wenn das bekämpfte Verständnis der Vereinbarung etwa bestehenden Auslegungsregeln widerspräche, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar wäre, kann dem über den konkreten Einzelfall hinausreichende erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommen (RIS-Justiz RS0042871 [T5]); ob auch eine andere Auslegung - etwa die von der Rechtsmittelwerberin favorisierte - möglich ist, hat dagegen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RS0042871 [T15]). Die - zusammengefasste - Ansicht der Vorinstanzen, wonach die Lademittelvereinbarung zwar zur Umwandlung des gegen die Klägerin bestehenden - nicht aufrechenbaren - Herausgabeanspruchs auf einen - grundsätzlich aufrechenbaren - Geldanspruch führe, aber nicht zugleich auch einen Ausschluss des Aufrechnungsverbots nach § 32 AÖSp beinhalte, widerspricht nicht bestehenden Auslegungsregeln, ist auch nicht unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar und stellt insgesamt jedenfalls kein unvertretbares Auslegungsergebnis dar. Die Beklagte zeigt daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb sich ihre außerordentliche Revision als unzulässig erweist.

Stichworte