OGH 7Ob501/96

OGH7Ob501/9627.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei St***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Longin Josef Kempf und Dr.Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wider die beklagte Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Mag.Dr.Reinhard Selendi, Kommandit-Partnerschaft in Wels, wegen S 103.663,50, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 10.Juli 1995, GZ 22 R 247/95-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 24.Februar 1995, GZ 13 C 3032/93x-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei, die mit S 7.605,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile standen seit April 1992 derart in Geschäftsbeziehung, daß die Klägerin als Frachtführerin im Auftrag der beklagten Spedition durchwegs grenzüberschreitende Transporte durchführte, wobei jeweils zumindest der Ort der Übernahme oder der Ablieferung des beförderten Gutes in Vertragsstaaten der CMR lagen. Sämtliche Geschäftspapiere beider Streitteile (Auftragsschreiben, Rechnungen und Geschäftsbriefe) tragen den Vermerk "Wir arbeiten ausschließlich auf Grund der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen". Diese Vermerke blieben jeweils unbeanstandet. Bei der Durchführung eines Transportauftrags vom 18.9.1992 (Transport von Sauerkirschen von Mazedonien in die BRD) trat an der Ware ein Transportschaden ein. Vom Kunden der Beklagten wurde ein Schadensbetrag abgezogen. Die Beklagte verrechnete diesen und die mit der Erstellung eines Gutachtens über die Schadensursache aufgelaufenen Kosten der Klägerin. Diese Rechnung wurde jedoch von der Klägerin nicht anerkannt; die Klägerin hat vielmehr ihre offenen Rechnungen gegenüber dem Beklagten auch nach der Schadensrechnung eingemahnt.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung der restlichen Fracht.

Die Beklagte wendete Schuldtilgung zufolge außergerichtlicher Aufrechnung mit ihrer Schadenersatz- forderung sowie Verjährung ein.

Die Klägerin replizierte, daß der Schaden nicht in ihren Verantwortungsbereich als Frachtführerin falle, der behauptete Schaden weit überhöht sei, und berief sich auf das Aufrechnungsverbot in § 32 AÖSp.

Das Erstgericht erkannte die eingeklagte Forderung als zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend (Punkte 1 und 2) und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der eingeklagten Forderung (Punkt 3).

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts mit der Maßgabe, daß die Punkte 1 und 2 des Spruches des Urteiles des Erstgerichtes zu entfallen haben. Die Rechtsfolgen betreffend die Erteilung und Durchführung eines Frachtauftrags richteten sich primär nach der CMR. Jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen des Übereinkommens abweiche, sei nichtig und ohne Rechtswirkung. Fragen der Aufrechnung seien in der CMR aber nicht geregelt. Die CMR stehe daher der Vereinbarung eines Aufrechnungsverbotes nicht entgegen. Die AÖSp und damit deren § 32 seien daher schlüssig als Vertragsbestandteil vereinbart worden. Der Beklagten sei als Speditionsunternehmen die Möglichkeit der schlüssigen Vereinbarung der AÖSp bekannt gewesen. Im Hinblick auf den Gegenstand der Unternehmen der Streitteile und der fortwährenden unbeanstandeten Empfangnahme der den entsprechenden Vermerk aufweisenden Geschäftspapiere sei anzunehmen, daß die Parteien diese AGB schlüssig ihrer Geschäftsbeziehung zugrundegelegt hätten. Daß die Klägerin nicht Spediteurin sondern Frachtführerin sei, stehe dem nicht entgegen. Die Klägerin habe die Gegenforderung, mit der die Beklagten schon vor dem Prozeß aufgerechnet habe, nicht anerkannt. Dem mehrmonatigen Ignorieren von Belastungsanzeigen komme noch kein Erklärungswert im Sinne des § 863 ABGB zu. Die eingeklagte Forderung sei auch nicht verjährt, weil die kürzere Verjährungsfrist der AÖSp dann nicht anzuwenden sei, wenn das Vertragsverhältnis den CMR unterliege. Die Verjährungsfrist des Art 32 CMR sei aber noch nicht abgelaufen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist ungeachtet des nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes (§ 508 a ZPO), daß die ordentliche Revision zulässig sei, unzulässig im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die unbeanstandete Annahme eines Hinweises in Geschäftspapieren (wie Geschäftsbriefen oder Rechnungen) auf die Geltung der AÖSp im Rahmen einer länger dauernden Geschäftsbeziehung zu ihrer schlüssigen Einbeziehung in den Vertrag führt (SZ 55/73; SZ 61/30; SZ 63/92; SZ 64/9; HS 9.812; EvBl 1983/159; JBl 1994, 44).

Daß auf ein Vertragsverhältnis nach dem Gesetz die CMR anzuwenden ist, welche die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung nicht regelt, schließt auch unter dem Aspekt des Art 41 CMR, wonach jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen dieses Übereinkommens abweicht, nichtig und ohne Rechtswirkung ist, die Anwendung des § 32 AÖSp nicht aus (SZ 55/73).

Die AÖSp können auch im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zwischen beauftragtem Frachtführer und auftraggebenden Spediteur schlüssig vereinbart werden. Dann ist auch die Aufrechnungsbestimmung in § 32 AÖSp zugunsten des Frachtführers anzuwenden (SZ 55/73; SZ 64/9). Die Klägerin ist daher als "beauftragter Spediteur" (Frachtführer) anzusehen und kann sich gegen eine vom Auftraggeber erklärte Aufrechnung gegen ihre Frachtforderung wenden (4 Ob 587/88; vgl Schütz in Straube, HGB2 Rz 17 zu den Vorbemerkungen zu den AÖSp im Anhang I zu § 415).

Für einen "Einwand" im Sinne des § 32 AÖSp wird die ernstliche und schlüssige Bestreitung (Vorbringen und Beweisanbot) der Gegenforderung im Prozeß gefordert (HS 7.608; SZ 61/30; SZ 64/9). Ein solches Vorbringen zur Bekämpfung der Gegenforderung hat die Klägerin im vorliegenden Fall erstattet. Ob die Klägerin der vorprozessualen Aufrechnung mit der Gegenforderung schlüssig zugestimmt hat, kann aber immer nur nach den Umständen des konkreten Falles beurteilt werden und berührt somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Revisionsrechts.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Verjährung der klägerischen Forderung verneint. Die Ausführung in der Revision, daß die eingeklagte Forderung "bei Anwendung der AÖSp" verjährt sei, enthält keine dem Gesetz entsprechende Rechtsrüge, weil damit nicht aufgezeigt wurde, warum - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - die Verjährung nach § 64 AÖSp und nicht nach Art 32 CMR zu beurteilen sei. Daß die eingeklagte Forderung nach Art 32 CMR nicht verjährt ist, zieht die Revision nicht in Zweifel.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war daher die ordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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