OGH 4Ob516/82

OGH4Ob516/8218.5.1982

SZ 55/73

Normen

AÖSp §32CMR Art41
AÖSp §32CMR Art41

 

Spruch:

Die Vereinbarung von Aufrechnungsbeschränkungen iS des § 32 AÖSp widerspricht nicht der CMR

OGH 18. Mai 1982, 4 Ob 516/82 (JBl. 1983, 90 (Hügel, 57))(OLG Innsbruck 5 R 282/81; LG Innsbruck 15 Cg 287/79)

Text

Die zweitbeklagte Partei ist persönlich haftende Gesellschafterin der erstbeklagten Partei. Die klagende Partei beförderte als Frachtführer anfangs 1979 über Auftrag der erstbeklagten Partei in drei LKW-Zügen Baumaterial von der Bundesrepublik Deutschland nach Libyen und stellte hiefür insgesamt 155 000 S in Rechnung. Diesem Transport lag ein von der Firma S KG in Detmold an die Firma T in München erteilter Auftrag zu Gründe, dieses Baumaterial für ein Bauvorhaben der Firma S KG nach Libyen zu liefern. Die Firma T gab den Auftrag an die erstbeklagte Partei weiter, die ihrerseits die klagende Partei mit der Durchführung der Transporte beauftragte.

Die klagende Partei begehrt von den beklagten Parteien die Zahlung eines Betrages von 76 602 S samt Anhang. Zur Begründung führt sie aus, die beklagten Parteien schuldeten der klagenden Partei für den erwähnten Transport 155 000 S. Nach Abzug einer Gegenforderung der beklagten Parteien hafte der Klagsbetrag aus. Die Prozeßparteien hätten die Anwendung der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen (AÖSp) für diesen Transport vereinbart.

Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Die Parteien hätten nicht die Anwendung der AÖSp, sondern die Anwendung der CMR vereinbart, die im übrigen auch ohne Vereinbarung für den grenzüberschreitenden Verkehr Geltung habe. Von dem eingeklagten restlichen Rechnungsbetrag sei noch ein Ausfallsschaden des Auftraggebers (Firma S KG) in der Höhe von 75 629.60 S abzuziehen, sodaß der klagenden Partei nur ein Betrag von 972.40 S zustehe, der ihr mit Verrechnungsscheck überwiesen, von ihr aber nicht angenommen worden sei. Die Beklagten hätten hinsichtlich dieses Betrages zur Klageführung keinen Anlaß gegeben. Sie hätten diese Abrechnung der klagenden Partei mit Schreiben vom 3. 5. 1979 bekanntgegeben.

Der vorerwähnte Ausfallsschaden sei darauf zurückzuführen, daß die drei Fahrer der klagenden Partei versucht hätten, mit der Ladung Alkohol nach Libyen zu schmuggeln. Sie seien hiebei von den libyschen Zollbehörden betreten worden, worauf die Fahrzeuge samt Ladung beschlagnahmt und erst nach zwei Wochen wieder freigegeben worden seien. Das Frachtgut sei dadurch um zwei Wochen später am Bestimmungsort eingetroffen, als dies sonst der Fall gewesen wäre. Die Firma S KG habe noch vor der Beschlagnahme zwei Monteure nach Libyen eingeflogen, die auf das Baumaterial und das in den LKW-Zügen befindliche Werkzeug hätten warten müssen, ohne während dieser Zeit zu anderen Arbeiten verwendet werden zu können. Die klagende Partei als Frachtführer hafte für die schuldhafte Überschreitung der Lieferfrist.

Die klagende Partei bestritt dieses Vorbringen. Eine Lieferfrist sei nicht vereinbart worden. Die tatsächliche Lieferdauer von 22 Tagen sei angemessen und entspreche einer einem sorgfältigen Frachtführer vernünftigerweise zuzubilligenden Frist iS des Art. 19 CMR. Gemäß dem § 32 AÖSp sei gegenüber Ansprüchen des Spediteurs eine Aufrechnung oder Zurückbehaltung nur mit fälligen Gegenansprüchen des Auftraggebers, denen ein Einwand nicht entgegenstehe, zulässig. Der Schadenersatzforderung der beklagten Parteien stunden jedoch Einwände der klagenden Partei entgegen. Dem Auftraggeber der beklagten Partei sei nämlich kein Schaden entstanden, weil die Monteure während der Zeit der Beschlagnahme der LKW-Züge andere Arbeiten hätten durchführen können. Der Empfänger habe bei Ablieferung des Frachtgutes am 22. 2. 1979 die ordnungsgemäße Übergabe auf dem Frachtbrief bestätigt. Innerhalb der nach dem Art. 30 Abs. 2 CMR vorgesehenen dreiwöchigen Frist sei kein schriftlicher Vorbehalt iS dieser Bestimmung an die klagende Partei gerichtet worden. Die erstbeklagte Partei habe von der Schadenersatzforderung erst mit Schreiben vom 20. 4. 1979 der klagenden Partei Mitteilung gemacht. Schließlich wären die beklagten Parteien gemäß dem Art. 23 Abs. 5 CMR nur berechtigt, einen mit der Höhe der Fracht begrenzten Schaden geltend zu machen. Das Transportentgelt (Fracht) habe 155 000 S betragen. Die klagende Partei sei nicht verpflichtet, eine Teilzahlung anzunehmen, zumal es sich hiebei nur um einen Verrechnungsscheck gehandelt habe. Schließlich seien die beklagten Parteien zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches nicht legitimiert, weil sie im Zeitpunkt des Schadenseintrittes nicht verfügungsberechtigt gewesen seien. Allfällige Ansprüche seien durch die Ablieferung des Frachtgutes auf den Empfänger übergegangen. Dieser habe das Gut vorbehaltlos übernommen, sodaß ein allfälliger Anspruch erloschen sei.

Die beklagten Parteien bestritten dieses Vorbringen; gemäß dem Art. 41 CMR sei jede von den Bestimmungen dieses Übereinkommens abweichende Vereinbarung nichtig. Die Bestimmung des § 32 AÖSp weiche von Vorschriften der CMR ab. Das Transportentgelt sei höher gewesen als die geltend gemachten Ersatzforderungen. Der Vorbehalt iS des Art. 30 Abs. 3 CMR sei fristgerecht erklärt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Über den von der Firma T der erstbeklagten Partei erteilten, eingangs erwähnten Auftrag wurde am 26. 1. 1979 in München ein internationaler Frachtbrief ausgestellt, auf dem die erstgenannte Firma als Absender und die klagende Partei als Frachtführer aufscheinen. Dieser Frachtbrief wurde in Österreich nicht von der erstbeklagten Partei als übersendender Spediteur umgeschrieben, weil dies nicht üblich ist. Die klagende Partei wurde mit Telex der erstbeklagten Partei, das nähere Anweisungen über das Abholen des Frachtgutes enthielt, beauftragt. Insgesamt sollten drei LKW-Züge der klagenden Partei das aus Keramik und Baumaterial bestehende Frachtgut von der Bundesrepublik Deutschland über Reggio Calabria nach Tripolis transportieren. Die Einschiffung im erstgenannten Hafen sollte laut Frachtbrief und Telexauftrag der erstbeklagten Partei am 3. 2. 1979 stattfinden; der Rücktransport sollte ab 12. 2. 1979 vorgenommen werden. Der Frachtbrief enthält den Vermerk "CMR" sowie folgenden Hinweis: "Diese Beförderung unterliegt trotz einer gegenteiligen Abmachung den Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR)."

Der Frachtsatz betrug hinsichtlich eines LKW-Zuges 55 000 S (Fahrer R) und hinsichtlich der beiden anderen Züge je 50 000 S (Fahrer E und J). Eine Lieferfrist war nicht vereinbart. Im Telexauftrag der erstbeklagten Partei an die klagende Partei verpflichtete sich die erstbeklagte Partei, ab dem 19. Tag ein Standgeld von 2000 S zu vergüten, falls das Verschulden nicht bei den Fahrern liege.

Alle drei LKW-Züge wurden am 30. bzw. 31. 1. 1979 in der Bundesrepublik Deutschland beladen und am 3. 2. 1979 in Reggio Calabria verschifft. Sie kamen am 5. 2. 1979 in Tripolis an und mußten dann auf die Verzollung warten. R hätte mit seinem LKW-Zug am 6. 2. 1979 nach Durchführung der Verzollung weiterfahren können, wenn sich nicht bei der Verzollung herausgestellt hätte, daß er zehn Flaschen Whisky zu schmuggeln versucht hatte. Der Schmuggel von Whisky ist ein in Libyen mit strenger Strafe bedrohtes Delikt, das den Fahrern im Falle des Gelingens hohe Gewinne einbringt. Der Fahrer R wurde in Haft genommen und der LKW-Zug samt Ladung beschlagnahmt. Den Fahrern E und J, die ebenfalls Whisky zu schmuggeln versuchten, erging es am 9. 2. 1979 ebenso. Jeder der drei Fahrer verbüßte eine Haftstrafe von sieben Tagen und wurde ferner zu einem Jahr Arbeitshaus bedingt verurteilt.

Inzwischen waren zwei Monteure der Firma S KG von der Bundesrepublik Deutschland nach Libyen geflogen, wo sie an der Baustelle vom 9. 2. bis einschließlich 22. 2. 1979 auf die Ladung und auf das auf dem LKW des Fahrers R befindliche Montagewerkzeug warten mußten. Trotz intensiver Bemühungen der erstbeklagten Partei gelang es erst am 22. 2. 1979, die beschlagnahmte Ladung freizubekommen.

Die klagende Partei wurde mit Telex vom 9. 2. 1979 durch die erstbeklagte Partei von dem Vorfall sowie davon verständigt, daß alle (dadurch) entstandenen Kosten des Lieferverzuges zu Lasten der klagenden Partei gingen. Dieser Vorbehalt von Schadenersatzansprüchen wurde mit Telex am 15. 2. und 22. 2. 1979 wiederholt. Die klagende Partei erteilte der erstbeklagten Partei den Auftrag, die LKW-Züge gegen Kostenübernahme freizubekommen und stellte der Erstbeklagten mit Rechnung vom 31. 3. 1979 ein Frachtentgelt in der Höhe von insgesamt 155 000 S in Rechnung. Dieser Betrag sollte nach Erhalt des Frachtbriefes fällig werden.

Die erstbeklagte Partei intervenierte auf Grund des vorerwähnten Auftrages in Libyen, um die LKW-Züge freizubekommen. Die der erstbeklagten Partei dadurch erwachsenen Kosten von 46 998 S stellte sie der klagenden Partei in Rechnung und wurden von dieser anerkannt.

Mit Schreiben vom 21. 3. 1979 stellte die Firma S KG der Firma T den ihr wegen der Lieferverzögerung entstandenen Schaden in der Höhe von 10360 DM (das sind für 14 Tage a 10 Stunden 2 x 140 Monteurstunden zu je 37 DM) zuzüglich 12% Umsatzsteuer in der Höhe von 1243.20 DM in Rechnung. Die Firma T stellte diesen Betrag ohne Umsatzsteuer der erstbeklagten Partei in Rechnung, die ihrerseits die klagende Partei belastete. Die Schlußabrechnung ergibt somit einen mit Verrechnungsscheck ausgeglichenen Saldobetrag von 972.40 S zugunsten der klagenden Partei. Die Gutschrift von 972.40 S wurde von der klagenden Partei nicht anerkannt, weil sie den Schaden der Firma S KG nicht tragen will.

Im Verhältnis zwischen den Prozeßparteien waren - unbeschadet der Geltung der CMR und der rechtlichen Würdigung des Verhältnisses dieser beiden Rechtsquellen zueinander - die AÖSp vereinbart. Für die Zustellung der Ladung ist eine Frist von maximal neun Tagen als angemessen zu bezeichnen. Zur tatsächlichen Schadenshöhe können wesentliche Feststellungen nicht getroffen werden.

Ein Zurückhalten der Monteure in der Bundesrepublik Deutschland war infolge der erst am 9. 2. 1979 erfolgten Verständigung der erstbeklagten Partei nicht mehr möglich. Inwieweit die Firma S KG ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen ist, kann nicht geklärt werden. Es ist nicht bekannt, ob die beiden Monteure während der Wartezeit nicht etwa zu anderen Arbeiten hätten herangezogen werden können, zumal sich bei der Ankunft des Fahrers R am 22. 2. 1979 zumindest eine Ladung mit dem gleichen Frachtgut auf der Baustelle befand.

Das Erstgericht vertrat die Auffassung, "eine genauere Klärung dieser Fragen" erübrige sich aus rechtlichen Gründen. Die Parteien hätten nämlich die Anwendung der AÖSp vereinbart. Diese hätten daher Geltung neben der CMR, soweit sie dieser nicht widersprechen. Sie seien überdies auch als Handelsbrauch zu qualifizieren.

Gemäß § 32 AÖSp sei jedoch gegenüber Ansprüchen des Spediteurs eine Aufrechnung oder Zurückbehaltung nur mit fälligen Gegenansprüchen des Auftraggebers, denen ein Einwand nicht entgegenstehe, zulässig. Die klagende Partei sei im gegenständlichen Fall als Spediteur anzusehen. Wenn auch die AÖSp grundsätzlich nur für Rechtsverhältnisse gelten, die zwischen dem Spediteur und dessen Auftraggeber bestehen, könnten sie auch zwischen Spediteur und Frachtführer kraft ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung gelten. Die Aufrechnung sei somit nur dann zulässig, wenn die Gegenansprüche anerkannt oder dem Auftraggeber durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt worden seien. Diese Voraussetzungen träfen aber hier nicht zu, sodaß die von den beklagten Parteien vorgenommene Aufrechnung unzulässig sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich eines Teilbetrages von 972.40 S und änderte sie im übrigen dahin ab, daß es das restliche Klagebegehren abwies.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die von den Parteien getroffene Vereinbarung der Anwendung der AÖSp - das Berufungsgericht behandelte die diesbezügliche Beweisrüge der beklagten Parteien ausdrücklich nur als Rechtsrüge - sei gemäß dem Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig, weil die ein Aufrechnungsverbot enthaltende Bestimmung des § 32 AÖSp von den ein solches Verbot nicht enthaltenden Bestimmungen der CMR abweiche.

Die festgestellte Überschreitung der Lieferfrist habe die klagende Partei als Frachtführer nach den Art. 3,17 und19 CMR zu vertreten.

Den Fahrern der klagenden Partei habe klar sein müssen, daß im Falle des von ihnen unternommenen Alkoholschmuggels die Beschlagnahme der Fahrzeuge drohe, woraus sich eine Verzögerung der Abwicklung des Transportes ergeben könnte. Die Fahrer hätten daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt, so daß die klagende Partei für den daraus entstandenen und von ihr zu vertretenden Schaden nicht bloß bis zur Höhe der Fracht (Art. 23 Abs. 5 CMR), sondern unbeschränkt hafte. Da der Schaden noch vor der Ablieferung des Frachtgutes an den Empfänger und somit noch zu einer Zeit entstanden sei, in der gemäß Art. 12 Abs. 1 CMR der im Frachtbrief angeführte Absender (die Firma T) verfügungsberechtigt gewesen sei, müsse die Legitimation der als Rechtsnachfolgerin des Absenders auftretenden erstbeklagten Partei zur Geltendmachung des Verspätungsschadens bejaht werden. Der Schaden sei durch die Überschreitung der Lieferfrist unmittelbar verursacht und der klagenden Partei am 9.2. und 22. 2. 1979 von der erstbeklagten Partei in einer dem Art. 30 Abs. 3 CMR entsprechenden Weise rechtzeitig angezeigt worden. Die erstbeklagte Partei sei daher berechtigt, gegen die Frachtlohnforderung der klagenden Partei von 76 602 S die von ihr über die Firma T im Verrechnungsscheck abgedeckte Ersatzforderung der Firma S KG in Höhe des Schillinggegenwertes von 75 629.60 S aufzurechnen. Der Restbetrag von 972.40 S sei der klagenden Partei zuzusprechen. Wegen der Verweigerung der Annahme einer Teilzahlung bestehe jedoch diesbezüglich kein Anspruch auf Verzugszinsen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die klagende Partei vertritt in der Rechtsrüge vor allem die Auffassung, die Bestimmung des § 32 AÖSp weiche weder mittelbar noch unmittelbar von den Bestimmungen der CMR ab, sodaß ihre Vereinbarung nicht dem Art. 41 Abs. 1 CMR widerspreche. Die CMR enthalte nämlich keinerlei Bestimmungen über die Höhe, die Art der Entrichtung, Fälligkeit oder Verzinsung des Frachtlohnes und ebensowenig über Pfandrechte oder Zurückbehaltungsrechte.

Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Auszugehen ist davon, daß die CMR tatsächlich keine Bestimmungen über eine Zulässigkeit oder Unzulässigkeit oder über eine Einschränkung einer Aufrechnung einer Schadenersatzforderung gegen die zu zahlenden Frachtgebühren enthält. Entgegen der Ansicht der beklagten Parteien kann daraus nicht der Schluß gezogen werden, die CMR verbiete mangels Erwähnung der Aufrechnung eine Vereinbarung über sie oder über eine Beschränkung von Aufrechnungsmöglichkeiten, wie sie § 32 AÖSp enthält, sodaß diese gemäß Art. 41 Abs. 1 CMR nichtig sei. Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR; BGBl. 138/1961 idF des BGBl. 192/1981) regelt insbesondere die Beförderungsbedingungen, die Haftung und das hiefür geltende Verfahren. Ziel des Art. 41 CMR ist die Vereinheitlichung dieses Regelungsbereiches (vgl. Precht - Endrigkeit, CMR-Handbuch[3], 133). Eine Ausdehnung dieses Bereiches über diese Zielrichtung hinaus ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies aus den Bestimmungen der CMR ableiten läßt. Dies ist aber in bezug auf die Aufrechnungsbeschränkung des § 32 AÖSp nicht der Fall. Aus keiner der Bestimmungen der CMR läßt sich ein Anhaltspunkt dafür gewinnen, daß die Aufrechnung mit einer Schadenersatzforderung gegen die Fracht uneingeschränkt zulässig sein soll. Die in diesem Zusammenhang von den beklagten Parteien vorgenommene Bezugnahme auf den Art. 29 CMR versagt deshalb, weil diese Bestimmung den Ausschluß und die Begrenzung der Haftung des Frachtführers und die Beweislastumkehr betrifft, mit der aber die maßgebliche Frage einer Begrenzung oder eines Ausschlusses der Aufrechnung in keinem Zusammenhang steht. Der Auffassung, aus dieser Bestimmung lasse sich der Grundsatz ableiten, ein auf Vorsatz oder dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden beruhendes Verhalten des Frachtführers führe dazu, daß dieser sich auf jene Bestimmungen, die ihm gewissermaßen eine Erleichterung, wie durch Ausschluß oder Begrenzung der Haftung, verschaffen, nicht berufen könne, fehlt daher schon aus diesem Grund die Berechtigung. Auf die Frage, ob die Fahrer der klagenden Partei den durch die Überschreitung der Lieferfrist entstandenen Schaden tatsächlich vorsätzlich (dolus eventualis) oder nur fahrlässig (indem sie gehofft haben, beim Schmuggel nicht betreten zu werden, ohne aber eine solche Entdeckung und die dadurch bewirkte Überschreitung der Lieferfrist im Kauf zu nehmen) verursacht haben, ist daher nicht weiter einzugehen.

Ebensowenig ist aus der Bestimmung des Art. 36 CMR für den Standpunkt der beklagten Parteien etwas zu gewinnen. Diese Bestimmung regelt nur Fragen der Passivlegitimation (Muth, Leitfaden[4], 127; EB bei Buzzi - Quatini, Denkschrift zu BGBl. 138/1981), nicht aber die hier maßgebende Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung einer Schadenersatzforderung gegen die Fracht. Der Bestimmung kann keine Regelung der Frage entnommen werden, mit welchen Forderungen aufgerechnet werden darf oder daß die Aufrechnungsmöglichkeiten gewahrt bleiben müssen. Sie steht daher einer Beschränkung der Aufrechnung nicht entgegen, so daß die in der (angeblich vereinbarten) AÖSp enthaltenen Aufrechnungsbeschränkungen von der CMR weder mittelbar noch unmittelbar abweichen. Eine Vereinbarung der AÖSp in Ansehung des § 32 dieser Bedingungen, wie sie von der klagenden Partei behauptet wird, kann daher rechtswirksam vorgenommen werden.

Ob eine solche Vereinbarung (zur Vereinbarung der Anwendung der AÖSp

s. EvBl. 1967/55; SZ 38/77; SZ 26/180; HS 4542 ua.) tatsächlich zustande gekommen ist, kann aber derzeit noch nicht beurteilt werden. Die Frage des Zustandekommens eines Vertrages ist eine Rechtsfrage, deren Lösung von den festzustellenden Tatumständen, die für das Zustandekommen einer Willensübereinstimmung maßgeblich sind, abhängt. Das Erstgericht hat jedoch Feststellungen über die näheren Umstände der behaupteten Vereinbarung nicht getroffen, so daß eine rechtliche Beurteilung dieser Frage nicht möglich ist. Diese Feststellungsmängel müssen daher zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht führen. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß die Anwendung der AÖSp auf das gegenständliche Rechtsgeschäft von den Parteien, wenn auch schlüssig (§ 863 ABGB), vereinbart wurde, so daß die beklagten Parteien gemäß § 32 AÖSp eine Aufrechnung nur mit fälligen Gegenansprüchen, denen ein Einwand nicht entgegensteht, vornehmen dürfen, wäre im Falle der Verneinung dieser Voraussetzung dem Klagebegehren stattzugeben. Sollte sich aber herausstellen, daß eine solche Vereinbarung nicht zustande gekommen ist, werden die erforderlichen Feststellungen zur Höhe des Schadens und der Schadensminderungspflicht zu treffen sein. Eine Beschränkung der Haftung der klagenden Partei wegen Überschreitung der Lieferfrist auf die Höhe der Fracht (Art. 23 Abs. 5 CMR) käme hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil der durch diese Überschreitung angeblich entstandene Schaden durch alle drei Alkohol schmuggelnden Fahrer und durch die Beschlagnahme aller drei LKW-Züge samt Ladung verursacht wurde. Die Fracht der drei LKW-Züge betrug jedoch insgesamt 155 000 S, sodaß sie die Höhe des geltend gemachten Schadens weit übersteigt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte