Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Vorinstanzen wiesen den auf Unterlassung, Medienwerke erscheinen zu lassen, die kein Impressum gemäß § 24 MedienG aufweisen, gerichteten Sicherungsantrag ab. Mit unrichtigen oder fehlenden Angaben über die medienrechtlich verantwortlichen Personen könne sich der Medieninhaber der Verfolgung entziehen oder diese zumindest erschweren; damit sei eine Beeinträchtigung des freien Leistungswettbewerbs verbunden. Diese Gesetzwidrigkeit sei aber nicht geeignet, der Beklagten einen ungerechtfertigten Vorsprung im Wettbewerb zu verschaffen, weil die beanstandete Unterlassung keine nicht bloß unerhebliche Nachfrageverlagerung herbeiführen könne. Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, das Rekursgericht habe sich mit der vertretenen Rechtsansicht zur Spürbarkeitsgrenze in Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gesetzt.
Rechtliche Beurteilung
Ein Gesetzesverstoß begründet nur dann sittenwidriges Handeln iSd § 1
UWG, wenn er subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem Verletzer
einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen
Mitbewerbern zu verschaffen. Von einem Vorsprung in diesem Sinn kann
nach neuerer Rechtsprechung nur gesprochen werden, wenn das
gesetzwidrige Handeln geeignet ist, eine nicht unerhebliche
Nachfrageverlagerung zu bewirken. Die Wettbewerbswidrigkeit kann
nämlich nicht völlig losgelöst davon beurteilt werden, in welchem
Ausmaß sie den Wettbewerb beeinflusst, weil es nicht Aufgabe des
Wettbewerbsrechts sein kann, gegen jede noch so geringe
Nachfrageverlagerung vorzugehen (4 Ob 99/03t = ÖBl 2004/19 -
Veranstaltungshinweise; 4 Ob 59/03k = ÖBl 2004/7 -
Organisationsbeitrag II; 4 Ob 49/05t = ÖBl 2006/3 -
Kurzberichterstattung II; RIS-Justiz RS0117605). Dieses - durch die
bei Verstößen gegen § 2 UWG geforderte „wettbewerbliche Relevanz"
teilweise vorweggenommene - Prinzip der „Spürbarkeit"
wettbewerbswidrigen Verhaltens (4 Ob 222/06k; Wiltschek, Die
Spürbarkeitsgrenze im österreichischen Lauterkeitsrecht, in Aktuelle
Fragen des Lauterkeitsrechts, 263 f mwN) hat die Rechtsprechung in
Fällen der Wertreklame (ÖBl 2000/126 - Tip des Tages III) und
schließlich auch auf Verstöße gegen § 1 UWG wegen sittenwidrigen
Rechtsbruchs angewendet (4 Ob 59/03k = ÖBl 2004/7 -
Organisationsbeitrag II; 4 Ob 99/03t = ÖBl 2004/19 -
Veranstaltungshinweise; 4 Ob 49/05t = ÖBl 2006/3 -
Kurzberichterstattung II; 4 Ob 161/05p; 4 Ob 74/06w).
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass - im Gegensatz zu den von der Klägerin zitierten „Impressumfällen" (4 Ob 97/93 = ÖBl 1993, 226 ua; RIS-Justiz RS0067533) - die beanstandete Gratiszeitung ohne Impressum auf die gleichzeitig erscheinende gleichnamige Kaufzeitung desselben Medieninhabers verweist, die das gesetzmäßige Impressum enthält. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, das fehlende Impressum in der gratis verteilten (umfänglich reduzierten) Ausgabe der Tageszeitung bewirke keine spürbare Nachfrageverlagerung, bildet weder unter dem Aspekt der dadurch veranlassten Erschwerung der Verfolgung allfälliger Rechtsverstöße (Erfordernis des Erwerbs der entgeltlichen Ausgabe, allenfalls zwischenzeitig eingetretene Änderung des Impressums, was gar nicht behauptet wurde) noch der erzielten Absatzsteigerung für die Kaufzeitung (durch Kunden die am Impressum interessiert sind und bei Abdruck des Impressums in der Gratisausgabe vom Kauf der entgeltlichen Ausgabe Abstand genommen hätten) eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Auf die in erster Instanz nicht geltend gemachte schmarotzerische Ausbeutung oder irreführende Nutzung staatlicher Symbole ist wegen Verstoßes gegen das auch im Sicherungsverfahren geltende Neuerungsverbot (stRsp, RIS-Justiz RS0002445) nicht einzugehen. Da die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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