Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt zu lauten hat:
Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger im Schadensfall Nr ***** vom 6. 4. 2001 aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrages Deckungsschutz zu gewähren, wird abgewiesen. Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 7.818,39 (darin enthalten EUR 684,38 USt und EUR 3.712,09 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat am 6. 4. 2001 mit seinem geleasten PKW, der bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten vollkaskoversichert war, einen Verkehrsunfall allein verschuldet. Er fuhr auf dem Hietzinger Kai mit 60 km/h stadteinwärts und kollidierte an der ampelgeregelten Kreuzung mit der St. Veiter Brücke und der Testarellogasse, in die er trotz Rotlichtes einfuhr, infolge massiv verspäteter Reaktion (Reaktionsverzögerung von 7,7 bis 8,7 Sekunden auf den Beginn der Gelbphase, von 3,7 bis 4,7 Sekunden auf den Beginn der Rotphase und von 2,2 bis 2,7 Sekunden auf den Bewegungsbeginn des Querverkehrs) mit mehreren, die Kreuzung querenden Fahrzeugen, die er schwer beschädigte. Bei dem Unfall wurden zwei Personen verletzt. Zum Unfallszeitpunkt wies der Kläger eine Alkoholisierung von etwa 0,7 Promille (jedenfalls aber weniger als 0,8 Promille) auf, wodurch seine Fahrtauglichkeit herabgesetzt war. Hätte er keinen Alkohol getrunken, wäre er in der Lage gewesen, rascher auf das Ampelsignal zu reagieren und den Unfall zu vermeiden. Seine reduzierte Fahrtauglichkeit ergab sich aus der Kombination zweier Faktoren, zum einen aus einer (infolge regelmäßigen Alkoholkonsums bereits bei mäßigem Alkoholkonsum) deutlich reduzierten Reaktionsgeschwindigkeit und zum anderen aus dem aktuellen „mäßigen" Alkoholkonsum. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war die gegebene Beeinträchtigung dem Kläger allerdings aus folgenden Gründen „auch bei entsprechender Aufmerksamkeit nur sehr erschwert" erkennbar:
- Da seine „Spürgrenze" durch die Gewöhnung an jahrelangen „mäßigen" Alkoholkonsum deutlich nach oben verschoben war, fühlte er sich bei „wenigen Gespritzten" (die eine Alkoholisierung von „etwas unter" 0,8 Promille zur Folge hatten) noch nicht alkoholisiert und er registrierte die Akoholiserung erst verzögert, wenn er schon „mittelstark" alkoholisiert war.
- Außerdem fuhr er regelmäßig, nämlich „viele 1.000 km", in (minder-)alkoholiertem Zustand mit dem Auto, hatte jedoch [bisher noch] keine Unfälle unter Alkoholeinfluss erlitten und setzte auch andere Handlungen in diesem Zustand. Dass er „dieses Mal" nicht fahrtauglich sein könnte, kam ihm daher „nicht einmal in den Sinn".
- Seine durch den regelmäßigen Alkoholkonsum „langfristig" deutlich reduzierte Reaktionsgeschwindigkeit gegenüber einem nicht regelmäßig Alkohol konsumierenden durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer war dem Kläger „bis dato" ebenfalls nicht aufgefallen.
Auch am Abend des 6. 4. 2001, einem Freitag, hatte der Kläger, während er nach Ende eines Trainings gegen 20.00 Uhr noch mit den Sportlern beisammen saß, etwa vier „Gespritzte" getrunken, obwohl er wusste, dass er am selben Abend noch mit dem Pkw von S***** nach W***** fahren werde. Zwischen 21.15 und 21.30 Uhr brach er auf und fuhr - mit einem kurzen Zwischenhalt in St***** - nach Wien, wo es gegen 22.50 Uhr zum Unfall kam.
Bei der Unfallaufnahme durch die Polizei wurde der Kläger ersucht, einen Alkotest abzugeben. Der Test mit dem Alkomaten, der etwa 2 Stunden nach dem Verkehrsunfall durchgeführt wurde, ergab 0,25 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft, entsprechend 0,5 Promille Alkoholgehalt des Blutes. Zwischen Verkehrsunfall und Test hat der Kläger keinen Alkohol mehr getrunken. Das Testergebnis wurde ihm mitgeteilt und er hat es auch verstanden.
Zwei Tage danach erstattete der Kläger (über seinen Versicherungsvertreter) eine erste Versicherungsmeldung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten. In dieser Versicherungsmeldung wurde nicht nach einer allfälligen Alkoholisierung gefragt. Die darin wiedergegebenen Angaben entsprachen dem damaligen Kenntnisstand des Klägers und waren wahrheitsgemäß. Der Kläger gab an, dass er den Zeugen zufolge bei Rot in die Kreuzung eingefahren sei und daher wohl das Alleinverschulden am gegenständlichen Verkehrsunfall trage. Er nannte die Polizeidienststelle, die den Verkehrsunfall aufgenommen hatte (Unfallkommando Hietzing). Hinsichtlich der Daten der Unfallgegner verwies er in dieser (ersten) Schadensmeldung auf das Unfallkommando Hietzing, welches über die Daten verfüge. Er ermächtigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ausdrücklich, in seinem Namen Auskünfte aller Art bei Personen und Behörden einzuholen, Einsicht in alle auf den Kläger bezughabenden Akten zu nehmen sowie Abschriften oder Auszüge derselben anzufertigen. Wenige Wochen später erstattete der Kläger eine (weitere) Versicherungsmeldung, in der er angab, sich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden zu haben. Er gab (neuerlich) bekannt, dass der Unfall vom Unfallkommando Hietzing aufgenommen worden sei und teilte mit, dass gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Abermals ermächtigte er die Rechtsvorgängerin der Beklagten, in seinem Namen Auskünfte aller Art bei Personen und Behörden (Polizei, Gendarmerie, Gericht usw) einzuholen, Einsicht in alle bezughabenden Akten zu nehmen sowie Abschriften oder Auszüge derselben anzufertigen. Er ging davon aus, dass der Versicherer entsprechende Informationen direkt bei Polizei und Gericht einholen werde. Die Angabe, dass er sich im Zeitpunkt des Unfalls nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, erfolgte nicht, um die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu täuschen, sondern weil er - „die Wirklichkeit verkennend" - dachte, dass tatsächlich nicht die Alkoholisierung der Grund für den Verkehrsunfall gewesen sei, sondern Unachtsamkeit in der konkreten Situation.
Artikel 7 der zum Unfallszeitpunkt für das Kaskoversicherungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten maßgebenden Versicherungsbedingungen (AKKB 1996) lautet:
„Was ist vor bzw nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten (Obliegenheiten)?
- 1. ...
- 2. Als Obliegenheiten, die zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Erhöhung der Gefahr dem Versicherer gegenüber zu erfüllen sind und deren Verletzung im Zeitpunkt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt (§ 6 Abs 2 VersVG), werden bestimmt,
2.1. ...
2.2. dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.
Die Verpflichtung zur Leistung bleibt gegenüber dem Versicherungsnehmer und sonstigen anspruchsberechtigten Personen bestehen, sofern für diese die Obliegenheitsverletzung ohne Verschulden nicht erkennbar war.
3. Als Obliegenheiten, deren Verletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles die Freiheit des Versicherers von der Verpflichtung zur Leistung bewirkt (§ 6 Abs 3 VersVG), werden bestimmt,
3.1. ...
3.2. Nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen;".
In Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Kaskoversicherungsvertrag leistete die Rechtsvorgängerin der Beklagten EUR 8.572,71 an die Leasinggeberin, forderte den Kläger jedoch mit Schreiben vom 12. 4. 2002 auf, diesen Betrag zurückzuzahlen, weil kein Versicherungsschutz bestehe.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Beklagte zu verpflichten, ihm für diesen Schadensfall Deckungsschutz aufgrund des Versicherungsvertrages zu gewähren. Gemäß § 5 Abs 1a StVO hätten zivilrechtliche Folgen, die an die Beeinträchtigung durch Alkohol geknüpft würden, lediglich dann einzutreten, wenn eine Alkoholisierung von 0,8 Promille oder darüber vorliege bzw beim dritten oder häufigeren Verstoß gegen § 14 Abs 8 FSG innerhalb von 12 Monaten. Weder eine Obliegenheitsverletzung noch grobe Fahrlässigkeit im Sinne des VersVG seien gegeben.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Ein durch Alkohol beeinträchtigter Zustand begründe, selbst wenn die Alkoholisierung 0,8 Promille nicht erreiche, Leistungsfreiheit der Beklagten als Kaskoversicherer oder Rechtsschutzversicherer. Da der Kläger den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt habe, sei die Beklagte auch gemäß § 61 VersVG leistungsfrei. Er habe bei der Konsumation der alkoholischen Getränke nämlich gewusst, dass er danach noch mit dem Auto nach Wien fahren werde, und sei bei Rotlicht in eine ampelgeregelte Kreuzung eingefahren. Schließlich habe er gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten wahrheitswidrig angegeben, dass er nicht unter Einfluss von Alkohol gestanden sei. Bewusst wahrheitswidrige Angaben begründeten ebenfalls Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Obliegenheitsverletzung.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt (und weitere detaillierte Feststellungen zur Unfallstelle, zur Ampelphasenschaltung, zu den [persönlichen] „Verhältnissen des Klägers", zum Unfallhergang, zur Vermeidbarkeit des Unfalls und zum Thema „Auswirkungen und Kenntnis der Alkoholisierung" beurteilte es rechtlich wie folgt:
Der Kläger sei im Unfallszeitpunkt alkoholisiert gewesen, wobei die Alkoholisierung jedenfalls „deutlich" unter 0,8 Promille gelegen sei, nämlich etwa bei 0,7 Promille. Er habe durch die Konsumation von etwa vier Gespritzten eine Blutalkoholkonzentration von etwa 0,8 Promille erreicht und sei - jedenfalls im Unfallszeitpunkt und wohl auch bereits bei Abfahrt „knapp" - unter der 0,8 Promille-Grenze des § 5 StVO, aber (während der gesamten Fahrt) über der 0,5 Promille Grenze gemäß § 14 Abs 8 FSG gelegen. Gemäß § 5 Abs 1 StVO gelte eine Person, deren Alkoholgehalt des Blutes über 0,8 Promille liege, jedenfalls als vom Alkohol beeinträchtigt. Auch bei einer Minderalkoholisierung dürfe man aber (nach StVO und nach Versicherungsbedingungen) dann nicht ein Fahrzeug lenken, wenn man sich in einem „durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" befinde. Die Beweislast für die Beeinträchtigung durch Alkohol treffe den Versicherer, dem hier Beweis einer Beeinträchtigung durch Alkohol gelungen sei. Das verkehrspsychologische Gutachten habe ergeben, dass der Kläger auf Alkohol besonders deutlich, nämlich mit einer sehr langsamen Reaktionsgeschwindigkeit, reagiere. Die reduzierte Reaktionsgeschwindigkeit habe der Kläger aber bis dato nicht wahrgenommen. Bei der im Zuge des Verkehrsunfalles vorgenommenen Alkomatüberprüfung sei zum ersten Mal seit Jahren, polizeilich eine über 0,5 Promille liegende Alkoholisierung festgestellt worden. Der Unfall sei nicht bloß der erste Unfall unter Alkoholeinfluss; für den Kläger sei auch selbst bei entsprechender Aufmerksamkeit kaum erkennbar gewesen, dass bei ihm der Alkoholkonsum die Fahrtüchtigkeit so stark beeinträchtigende Auswirkungen haben würde. „Subjektiv" habe sich der Kläger durch den oftmaligen, meist mäßigen Alkoholkonsum im alkoholisierten Zustand sicherer gefühlt als Personen, die nur selten Alkohol konsumieren. Die „Spürgrenze" sei nach oben (Richtung größere Alkoholmengen) verschoben worden. Alltagssituationen habe der Kläger infolge Vertrautheit mit der Beeinträchtigung durch Alkohol besser zu bewältigen gewusst als ein vergleichsweise alkoholisierter „Gelegenheitstrinker". Dass gerade beim Kläger die Reaktionsgeschwindigkeit schon bei Konsumation geringer Mengen Alkohols deutlicher herabgesetzt sei als bei einem Gelegenheitstrinker, sei ihm bis zum Unfall nicht aufgefallen. Diese beiden gegenteiligen Effekte von Alkohol (bessere Bewältigung von Alltagssituationen infolge Gewöhnung an Alkohol, gleichzeitig deutlichere Reduktion der Reaktionsgeschwindigkeit schon bei Konsumation geringer Mengen) seien recht „heimtückisch": Die deutlich wahrnehmbare Verbesserung der Leistungsfreiheit im Alltag erzeuge ein subjektives Sicherheitsgefühl, die Reduktion der Reaktionsgeschwindigkeit falle demgegenüber im Alltag nicht bzw kaum auf und werde durch das Sicherheitsgefühl „überlagert". Der Umstand, dass dem Kläger die angesichts der „Vorschädigung" durch den „alkoholbejahenden Lebensstil" negative Auswirkung bereits geringer Mengen Alkohols auf seine Reaktionsgeschwindigkeit nicht aufgefallen sei, sei ihm nicht vorwerfbar, setzte sie doch besonders genaue Selbstbeobachtung sowie allenfalls Selbsttestung voraus. Angesichts dieser Umstände stelle die Fahrt in Kenntnis einer nicht 0,8 Promille erreichenden Alkoholisierung und in Unkenntnis der besonderen Herabsetzung der Reaktionsgeschwindkeit keine grobe Fahrlässigkeit dar. Weitere gefahrenerhöhende Umstände, die den Schadenseintritt wahrscheinlicher gemacht hätten, seien nicht hervorgekommen.
Zu verneinen sei aber auch die Verletzung von Obliegenheiten gemäß § 6 Abs 3 VersVG: Die Angabe in der zweiten Schadensmeldung, beim Verkehrsunfall nicht unter Einfluss von Alkohol gestanden zu sein, sei nicht mit dem Vorsatz erfolgt, die Leistungspflicht des Versicherers zu beeinflussen. Der Kläger sei entweder besonders schlampig oder habe die Frage falsch interpretiert; er habe ja nicht in der Alkoholisierung, sondern in anderen Umständen den Grund für den aus seinem Verschulden zustande gekommenen Verkehrsunfall gesehen.
Beim Verkehrsunfall sei erheblicher Sachschaden, nämlich Totalschaden sowohl am Fahrzeug des Klägers als auch am Fahrzeug von Frau Mag. U*****, entstanden. Auch das Fahrzeug von Herrn L***** sei deutlich verformt und die rechte Seite schwer beschädigt worden. Darüberhinaus seien zwei Personen verletzt worden. In der Regel entstehe bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden an meist lediglich zwei unfallbeteiligten Fahrzeugen von gesamt wenigen 1.000 Euro. Hier habe der Schaden über 25.000 Euro ausgemacht. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten sei bereits kurz nach dem Unfall (laut Schadensmeldung im Strafakt) ermächtigt worden, in alle Akten betreffend den gegenständlichen Unfall einzusehen und Kopien anfertigen zu lassen; bezüglich der anderen Unfallbeteiligten sei sie auf den Akt des Unfallkommandos Hietzing (welcher auch „unüberlesbar" die Ereignisse der Alkomatuntersuchung enthalten habe) verwiesen worden. Daher sei davon auszugehen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten von der ihr zweifach erteilten Ermächtigung zur umfassenden Akteneinsicht Gebrauch gemacht habe; schließlich habe sie ja die Namen der anderen Unfallbeteiligten herausfinden und außerdem deren nicht geringe Ansprüche prüfen müssen. Eine Aktenkopie des Strafaktes erstellen und übermitteln zu lassen verbessere die Entscheidungsgrundlage des Schadensreferenten erheblich und koste vergleichsweise (gegenüber Kfz-Gutachten und medizinischen Privatgutachten) wenig. Aus der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Sicherheit angeforderten Aktenkopie gehe aber sehr viel mehr hervor als aus der (nur) zweiseitigen Schadensmeldung. Somit sei bei diesem Unfall seitens des Versicherungsnehmers nur zweierlei gefordert:
Er müsse (zwecks Vermeidung unnötiger Kosten) rasch die Versicherung vom Umstand, dass sich ein Unfall ereignet habe, in Kenntnis setzen. Andererseits sollte er bekannt geben, wo die den Unfall betreffenden Akten geführt werden. Was er sonst in die Versicherungsmeldung hineinschreibe, sei für die Anspruchsprüfung „relativ irrelevant". Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten also andere, verlässlichere Daten zur Verfügung gehabt habe, sei die Ansprüchsprüfung durch die tatsachenwidrige Angabe, im Unfallszeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen zu sein, nicht erschwert worden. Auch der Tatbestand des § 6 Abs 3 VersVG sei daher nicht erfüllt (lediglich grobe Fahrlässigkeit, aber keine Kausalität).
Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm unter anderem auch die bekämpfte Feststellung, dass der Kläger beim Ausfüllen der Versicherungsmeldung subjektiv - ungeachtet des Ergebnisses der Alkomatuntersuchung - der Meinung gewesen sei, er sei beim Unfall in Wahrheit gar nicht unter (für ihn relevantem) Einfluss von Alkohol gestanden, und billigte die Beurteilung des Erstgerichtes.
Für die Annahme des nunmehr geforderten dolus coloratus biete der festgestellte Sachverhalt keine ausreichende Grundlage. Die Angabe des Klägers, er habe sich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, sei nämlich nicht deshalb erfolgt, um die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu täuschen, sondern weil der Kläger - die Wirklichkeit verkennend - nicht gedacht habe, dass tatsächlich die Alkoholisierung der Grund für den Verkehrsunfall gewesen sei, sondern Unachtsamkeit in der konkreten Situation. Dazu komme noch, dass der Kläger der Beklagten zweimal die Ermächtigung zur umfassenden Akteneinsicht, unter anderem auch in den Strafakt erteilt habe. Im Sinne der Rechtsprechung könne dabei keinesfalls von einer Täuschungsabsicht des Klägers zu Lasten der Versicherungsunternehmung ausgegangen werden, und zwar selbst dann nicht, wenn man dolus coloratus schon dann annehme, wenn der Versicherungsnehmer erkennen könne, dass die von ihm dargelegten oder unvollständig angegebenen Umstände, die für die Beurteilung der Leistungspflicht der Versicherungsunternehmung maßgeblich seien, letztere beeinträchtigen oder fehlleiten könnten und er sich damit abfinde (so 7 Ob 17/01b).
Damit sei dem Kläger der Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 6 Abs 3 VersVG möglich und hier auch gelungen. Der Umstand, dass er Wochen nach dem Unfall auf der Schadensmeldung die Frage nach der Beeinträchtigung durch Alkohol mit Nein beantwortete, habe auf den Versicherungsfall keine Auswirkung haben können, weil der Beklagten ohnedies sämtliche Informationen aus dem Strafakt einschließlich des Ergebnisses der Alkomatuntersuchung des Klägers zur Verfügung gestanden seien. In der Entscheidung 7 Ob 7/94 sei sogar einem Versicherungsnehmer (der den Schaden seinem Haftpflichtversicherer verspätet angezeigt, über den Sachverhalt nicht ganz genau informiert und am Haftpflichtprozess nicht mitgewirkt habe) zugestanden worden, dass er seine Obliegenheiten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt habe, wenn er dem beigestellten Anwalt Vollmacht erteilt und diesen informiert habe, die Informationen im Prozess verwertbar gewesen seien und er deshalb habe meinen können, alle relevanten Auskünfte erteilt zu haben. Ebenso sei bereits judiziert worden (MGA VersVG5, E 82 zu § 6), dass der Mangel der Kausalität nachgewiesen sei, wenn der Versicherungsnehmer die mit Fristsetzung abgeforderten Informationen für den Zivilprozess erteilt und die Versicherungsunternehmung, die schon aus dem Strafurteil allgemein informiert gewesen sei, an seinen Verteidiger gewiesen habe. Der vorliegende Fall sei damit vergleichbar. Selbst wenn man dem Kläger also eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit anlasten wollte, stünde ihm doch der Kausalitätsgegenbeweis offen, den er erbracht habe. Was die Obliegenheitsverletzung nach § 6 Abs 2 VersVG (Alkoholklausel) betreffe, habe das Erstgericht objektiv betrachtet eine solche zwar festgestellt, dem Kläger könne sie aber subjektiv nicht vorgeworfen werden. Wie sich insbesondere auch aus den Ausführungen zur Beweiswürdigung deutlich ergebe, habe der Erstrichter mit dem Begriff „nur sehr erschwert erkennbar" nämlich in Wahrheit ausdrücken wollen, dass dem Kläger selbst bei entsprechender Aufmerksamkeit seine Beeinträchtigung durch Alkohol am Unfallstag aus den bereits angeführten Gründen nicht erkennbar gewesen sei. Einer weiteren Feststellung, dass der Kläger gewusst habe, dass Alkohol grundsätzlich zu einer Selbstüberschätzung führe und die Konzentration beeinträchtige, bedürfe es in diesem Zusammenhang für die rechtliche Beurteilung nicht. Dieses allgemeine Wissen des Klägers, das ihm an sich wohl tatsächlich unterstellt werden könne, ändere nämlich nichts daran, ob ihm eine Beeinträchtigung durch Alkohol am Tag der konkreten Fahrt erkennbar gewesen sei. Der Beklagten sei daher zwar objektiv gesehen der Nachweis einer Obliegenheitsverletzung nach § 6 Abs 2 VersVG wegen der Alkoholbeeinträchtigung gelungen, der Kläger habe jedoch bewiesen, dass diese Obliegenheitsverletzung „ohne sein Verschulden" für ihn nicht erkennbar gewesen sei.
Der Beklagten sei Recht zu geben, dass diese rechtliche Beurteilung das auf den ersten Blick „merkwürdige Ergebnis" zeitige, dass derjenige Lenker, der aufgrund jahrelanger Gewöhnung an Alkohol nicht erkenne, dass seine verkehrstechnische Leistungsfähigkeit aufgrund des aktuellen Alkoholkonsums herabgesetzt sei, besser behandelt werde als derjenige, der gelegentlich trinke und dem eigentlich auffallen hätte müssen, dass er aufgrund des Alkoholkonsums am konkreten Tag nicht mehr fahrtüchtig sei. Dies sei aber die Konsequenz des subjektiven Maßstabes, „der bei der Erbringung des Entlastungsbeweises des Versicherungsnehmers angelegt werden muss, dass ihn an der Obliegenheitsverletzung kein Verschulden trifft". Auf das Argument, der Versicherungsfall selbst sei gemäß § 61 VersVG grob fahrlässig herbeigeführt worden, komme die Beklagte in ihrer Berufung nicht ausdrücklich zurück. Sie zitiere allerdings die Entscheidung 7 Ob 8/78 (ZVR 1978/305), wonach Alkoholisierung des Lenkers grundsätzlich grobe Fahrlässigkeit in der Kaskoversicherung begründe. Der Vollständigkeit halber sei auf dieses Argument daher auch noch einzugehen. Es entspreche zwar der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0080405), dass der Kaskoversicherte grobes Verschulden am Verkehrsunfall zu verantworten habe, wenn er sich betrinke und dadurch einen Verkehrsunfall verursache, und zwar selbst dann, wenn die Alkoholisierung nur eine mitwirkende Ursache des Unfalls sei (MGA VersVG5, E 94 zu § 61); wobei sich grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers auch aus einer Gesamtschau von Umständen ergeben könne, die für sich allein genommen noch tolerierbare Sorgfaltsverstöße sein mögen, etwa wenn zu einer Alkoholisierung von unter 0,8 Promille noch weitere Sorgfaltsverstöße kämen, die jeder für sich keine grobe Fahrlässigkeit darstellten, wohl aber in ihrer Gesamtheit (MGA aaO, E 95 f).
Nach der allgemeinen Definition der groben Fahrlässigkeit im Sinn des § 61 VersVG sei (aber) zumindest ein Verhalten des Versicherungsnehmers vorausgesetzt, von dem er gewusst habe oder habe wissen müssen, dass es geeignet sei, den Eintritt des Versicherungsfalles oder die Vergrößerung des Schadens zu fördern. Davon könne im konkreten Fall keine Rede sein. Nach den Feststellungen habe der Kläger ja gar nicht erkannt, dass er aufgrund seines regelmäßigen Alkoholkonsums bereits eine herabgesetzte Reaktionsgeschwindigkeit aufweise, und sich aufgrund der vom Erstgericht im Einzelnen dargestellten Umstände auch am konkreten Unfallstag ungeachtet seines Blutalkoholgehalts von 0,7 Promille durchaus fahrtüchtig „gefühlt". Das Fahren in diesem Zustand könne dem Kläger daher nicht im Sinn des § 61 VersVG als grobe Fahrlässigkeit angelastet werden. Der Umstand alleine, dass er auf das Umschalten von der Grünblinkphase auf die Gelbphase an der Kreuzung erst mit einer Verzögerung von 7,7 bis 8,7 Sekunden reagiert habe, reiche nicht aus, um grobe Fahrlässigkeit des Klägers bei diesem Verkehrsunfall zu begründen.
Die ordentliche Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil - der Judikaturlinie RIS-Justiz RS0080405 folgend - auch die Auffassung vertreten werden könnte, der Umstand, dass der Kläger sich durch seinen regelmäßigen Alkoholkonsum so an Alkohol gewöhnt habe, dass er die objektiv gegebene Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit bei einem Blutalkoholgehalt von 0,7 Promille nicht habe bemerken können, begründe im Zusammenhang mit dem konkreten Unfallereignis doch grobe Fahrlässigkeit.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu einem Fall mit vergleichbaren Feststellungen fehlt; sie ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionswerberin macht geltend, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur angesprochenen Frage wohl nur deshalb fehle, weil bisher noch keine Vorinstanz auf den Gedanken gekommen sei, regelmäßiger Alkoholmissbrauch und ein „alkoholbejahender Lebensstil" könnte einem Kaskoversicherten zum Vorteil gereichen. Die Beurteilung des Vorinstanzen weiche von der Rechtsprechung ab, wonach für eine Obliegenheitsverletzung nach § 6 Abs 2 VersVG (hier: Verletzung der Alkoholklausel) leichte Fahrlässigkeit ausreiche; die Leistungsfreiheit trete bei derartigen vorbeugenden Obliegenheiten nämlich bei jedem Verschuldensgrad ein, soweit die Obliegenheitsverletzung für die Leistungspflicht des Versicherers der Höhe nach ursächlich gewesen sei. In diesem Fall habe der Versicherte den Beweis seiner Schuldlosigkeit zu erbringen und müsse auch beweisen, dass die Verletzung der Obliegenheit auf den Eintritt des Versicherungsfalles keinen Einfluss gehabt habe.
Der Revisionsgegner vertritt hingegen den Standpunkt, nach dem Feststellungen sei die bestehende Alkoholbeeinträchtigung selbst bei entsprechender Aufmerksamkeit für ihn nicht erkennbar gewesen. Das Berufungsgericht habe daher nicht grobe Fahrlässigkeit als Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs 2 VersVG gefordert, sondern sei davon ausgegangen, dass dem Kläger überhaupt kein Verschulden zu Last liege.
Dazu wurde Folgendes erwogen:
Es geht hier um die Verletzung der Obliegenheit nach Art 7 Punkt 2.2. AKKB 1996, also darum, dass sich der Lenker zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles in einem „durch Alkohol beeinträchtigten Zustand" - als Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers - befand. Ein derartiger Zustand ist, weil die maßgebenden (eingangs wiedergegebenen) Kaskoversicherungsbedingungen nicht auf eine Alkoholbeeinträchtigung „nach den Straßenverkehrsvorschriften" abstellen, nach der aktuellen Rechtsprechung (7 Ob 36/06d und 7 Ob 298/06h [wonach zwischen den Fallgruppen der Alkoholbeeinträchtigung bzw Alkoholisierung nach der StVO und dem FSG nur im Falle einer diesbezüglichen Einschränkung in der jeweils anzuwendenden Alkoholklausel unterschieden werden muss]) auch im Bereich eines Blutalkoholwertes zwischen 0,5 und 0,8 Promille anzunehmen. Dass dadurch auch tatsächlich eine massive Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Klägers vorlag, ergibt sich schon aus den Feststellungen zu der durch den Alkoholeinfluss „reduzierten Fahrtauglichkeit" und dem Umstand, dass er ohne (sonst) ersichtlichen Grund trotz Umschalten der Ampel von Grün auf Gelb und schließlich auf Rot etwa 12 Sekunden lang reaktionslos mit unverminderter Geschwindigkeit auf die Kreuzung zufuhr und auch auf den Bewegungsbeginn des Querverkehrs mit beträchtlicher Verspätung reagierte.
In ganz einhelliger, auch von der Lehre gebilligter Rechtsprechung wird vom Obersten Gerichtshof judiziert, dass nur die Beweislast für das Vorliegen des objektiven Tatbestandes einer Obliegenheitsverletzung den Versicherer trifft (RIS-Justiz RS0081313; 7 Ob 36/06d). Nachdem dieser Nachweis im vorliegenden Fall unstrittig gelungen ist, hat nach herrschender Ansicht der Versicherungsnehmer mangelndes Verschulden nachzuweisen (Prölss in Prölss/Martin27 213 § 6 VVG Rn 124; Schauer, Versicherungsvertragsrecht³ 252). Der Kläger, der gar nicht bestreitet, seinen Wagen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, musste daher (abgesehen von der - nach dem zum Unfallshergang und zur Vermeidbarkeit des Unfalls festgestellten Sachverhalt - nicht in Betracht kommenden Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises) nach Art 7 Punkt 2.2. letzter Satz AKKB 1996 beweisen, dass ihm diese Obliegenheitsverletzung „ohne Verschulden nicht erkennbar" gewesen sei; dass ihm also - wie die Revisionsbeantwortung behauptet - „überhaupt kein Verschulden zur Last liegt". Davon, dass ihm ein solcher Nachweis gelungen wäre, kann jedoch - entgegen der Beurteilung der Vorinstanzen - keine Rede sein. Auch angesichts der Feststellungen, wonach dem Kläger die gegebene (Alkohol-)Beeinträchtigung aus den im Einzelnen dargestellten Gründen - wie es das Erstgericht ausdrückt - „auch bei entsprechender Aufmerksamkeit nur sehr erschwert" erkennbar war, hat er die Alkoholobliegenheit nämlich zumindest fahrlässig verletzt:
Fahrlässigkeit ist die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt. Das Gesetz vermutet, dass jeder, der „den Verstandesgebrauch besitzt", eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig ist, welcher bei „gewöhnlichen Fähigkeiten" angenommen werden kann (§ 1297 Satz 1 ABGB). Wer diesen Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterlässt, macht sich „eines Versehens" schuldig (§ 1297 letzter Satz ABGB; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13 319 f). Die zitierte Bestimmung legt somit einen allgemeinen Sorgfaltsmaßstab fest, dessen Nichteinhaltung Fahrlässigkeit begründet. Maßgebend ist der gewöhnliche Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit. Es kommt also darauf an, wie sich ein maßgetreuer Durchschnittsmensch in der konkreten Lage des Täters verhalten hätte (Karner in KBB § 1297 ABGB Rz 1 mwN).
Da für Deliktsfähige - im Hinblick auf Aufmerksamkeit und Fleiß - also stets ein objektiver Maßstab gilt (Karner aaO § 1294 ABGB Rz 7 und § 1297 ABGB Rz 2 aE), handelt (auch) fahrlässig, wer ein Verhalten (subjektiv) für erlaubt hält, das erkennbar rechtswidrig ist; zB wer bei gehöriger Aufmerksamkeit den Eintritt des Schadens voraussehen hätte können (Koziol/Welser, aaO 320 FN 106 mit Hinweis auf EvBl 2000/41 = 4 Ob 216/99i [zum Thema: „Voraussehbarkeit als Verschuldensmerkmal und Adäquanz"]; 1 Ob 269/00s; RIS-Justiz RS0022399; RS0026204).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger - trotz Kenntnis der bevorstehenden Autofahrt und in der relativ kurzen Zeit von maximal eineinhalb Stunden - rund einen halben Liter Wein zu sich genommen und unmittelbar nach dem (unter diesen Umständen wohl nicht nur als „mäßig" zu beurteilenden) Alkoholkonsum die Fahrt nach Wien auch tatsächlich angetreten. Schon dieses „einleitende Verhalten" als Kfz-Lenker, auf das selbst bei Unzurechnungsfähigkeit wegen Alkoholisierung im Unfallszeitpunkt abzustellen wäre (um daraus Fahrlässigkeit abzuleiten [RIS-Justiz RS0080914]), hätte nach allgemeiner Lebenserfahrung (bei einem maßgetreuen Durchschnittsmenschen in der konkreten Lage des Klägers) Zweifel am Bestehen uneingeschränkter Fahrtüchtigkeit begründen müssen. Dass sich der Kläger noch „fahrtüchtig gefühlt" hat, kann daran nichts ändern, weil - wie bereits ausgeführt - ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Daher kommt es nicht auf die subjektive (Fehl-)Einschätzung der eigenen Reaktionsfähigkeit an. Auch im Fall des Klägers ist vielmehr - wie bereits das Berufungsgericht erkennt - das „allgemeine Wissen [als Autofahrer] zu unterstellen", dass Alkohol zu einer Selbstüberschätzung führt und die Konzentration beeinträchtigt. Da der Nachweis mangelnden Verschuldens an der Obliegenheitsverletzung somit nicht erbracht wurde, ist es dem Versicherer nicht verwehrt, sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Alkoholklausel zu berufen.
Der Beurteilung, dass dem Kläger - wie die Vorinstanzen offenbar meinen - aufgrund seiner zahlreichen, bisher offenbar nur glücklicherweise unfallfreien Fahrten in einem (minder-)alkoholisierten, im Reaktionsvermögen deutlich reduzierten Zustand und infolge seiner darauf beruhenden subjektiven Fehleinschätzung sozusagen ein „Freischaden" zugebilligt werden müsste, kann hingegen nicht beigetreten werden. Schon aus diesen Gründen ist in Stattgebung der Revision der Beklagten spruchgemäß zu entscheiden.
Die Klagestattgebung wäre aber auch deshalb abzuändern gewesen, weil sie mit der Judikatur zu § 61 VersVG in Widerspruch steht, wonach grobes Verschulden eines Kaskoversicherten (in der Regel) immer dann anzunehmen ist, wenn er sich betrinkt und dadurch einen Verkehrsunfall verursacht, auch wenn die Alkoholisierung nur eine mitwirkende Ursache war, weil lediglich eine leichte Alkoholisierung und weitere dem Versicherten anzulastende Umstände vorliegen (vgl dazu: RIS-Justiz RS0080275 [T5, T18 und T25]; RS0080405). Genau davon muss hier angesichts der besonderen Umstände, die zu der nahe dem Grenzwert von 0,8 Promille liegenden Alkoholisierung des Klägers noch hinzutreten, jedenfalls ausgegangen werden: Über den Rotlichtverstoß hinaus ist ihm nämlich der schwere Aufmerksamkeitsfehler vorzuwerfen, die Ampelschaltung überhaupt nicht wahrgenommen und auf den Querverkehr weit verspätet reagiert zu haben (vgl 7 Ob 27/95). Ob die Rechtsfolgen der in der Versicherungsmeldung enthaltenen - unrichtigen - Antwort des Klägers auf die Frage nach seiner Alkoholisierung von den Vorinstanzen richtig beurteilt wurden (vgl dazu: RIS-Justiz RS0081253 [T6 und T7], RS0109766 und 7 Ob 14/03i [zu derartigen falschen Angaben]), ist daher nicht mehr einzugehen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat der Beklagten alle Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz zu ersetzen. Die Verfahrenskosten erster Instanz errechnen sich mit EUR 4.165,69 (darin enthalten EUR 411,60 USt und EUR 1.696,09 Barauslagen). Für die Berufung sind Kosten von EUR 1.819,04 (darin enthalten EUR 161,84 USt und EUR 848 Barauslagen) aufgelaufen. Die Kosten der Revision betragen EUR 1.833,66 (darin enthalten EUR 110,94 USt und EUR 1.168 Barauslagen). Insgesamt ergibt sich ein Kostenersatzanspruch der Beklagten von EUR 7.818,39 (darin enthalten EUR 684,38 USt und EUR 3.712,09 Barauslagen).
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