OGH 7Ob7/94

OGH7Ob7/9420.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Peter Rudeck und Dr.Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Wolfram Themmer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 391.183,62 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25.November 1993, GZ 1 R 186/93-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4.Juni 1993, GZ 37 Cg 157/92-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.247,20 (darin enthalten S 2.041,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei war Feuerversicherer einer Wohnhausanlage in Wien 12., W*****. Am 9.10.1987 verlegte Christian S*****, ein gelernter Maler und Anstreicher, damals aber als Fußbodenleger berufstätig, in der Wohnung einer Bekannten in dieser Wohnhausanlage unter Verwendung eines feuergefährlichen Kontaktklebestoffes die Decke des Badezimmers. Er führte die Arbeiten aus Gefälligkeit dieser Bekannten gegenüber durch. Infolge der Bildung explosiver Dämpfe kam es beim Einschalten eines Lichtschalters zu einer Explosion. An der Wohnhausanlage entstand ein Schaden von S 280.713, den die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei ihrem Versicherungsnehmer, der Stadt Wien, ebenso ersetzte wie Abbruch- und Aufräumekosten von S 17.367,68.

Christian S***** hatte bei der beklagten Partei eine Haushaltsversicherung abgeschlossen, nach deren Allgemeinen Bedingungen (ABH 1980) Versicherungsschutz für Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit bestand. Nach Art 22 ABH 1980 treffen den Versicherungsnehmer folgende Obliegenheiten, bei deren Verletzung Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 6 VersVG eintritt:

1. Der Versicherungsnehmer hat alles ihm Zumutbare zu tun, um Ursachen, Hergang und Folgen des Versicherungsfalles aufzuklären und den entstandenen Schaden gering zu halten.

2. Er hat den Versicherer umfassend und unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Kenntnis, zu informieren, und zwar in der Regel schriftlich, falls erforderlich auch fernmündlich oder fernschriftlich.

Insbesondere sind anzuzeigen:

a) Der Versicherungsfall;

b) die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung;

c) die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten;

d) alle Maßnahmen Dritter zur gerichtlichen Durchsetzung von Schadenersatzforderungen.

3. Der Versicherungsnehmer hat den Versicherer bei der Feststellung und Erledigung oder Abwehr des Schadens zu unterstützen.

a) Der Versicherungsnehmer hat den vom Versicherer bestellten Anwalt zu bevollmächtigen, ihm alle von ihm benötigten Informationen zu geben und ihm die Prozeßführung zu überlassen.

b) Ist dem Versicherten die rechtzeitige Einholung der Weisungen des Versicherers nicht möglich, so hat der Versicherungsnehmer aus eigenem innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle gebotenen Prozeßhandlungen vorzunehmen.

c) Der Versicherungsnehmer bevollmächtigt den Versicherer, im Rahmen seiner Verpflichtung zur Leistung alle ihm zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherungsnehmers abzugeben.

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei begehrte wegen dieses Schadensfalles von Christian S***** Zahlung von S 298.085 sA und obsiegte vor dem Landesgericht für ZRS Wien (GZ 26 Cg 152/89) zur Gänze. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte zu 13 R 110/91 diese Entscheidung. Grundlage der Entscheidung war der festgestellte Sachverhalt, wonach die Explosion und der anschließende Brand auf das Entstehen von Dämpfen durch die Verwendung des Klebers bei der Herstellung des Deckenbelages und die Betätigung des Lichtschalters zurückzuführen sei. Ein gelernter Bodenleger hafte aufgrund des höheren Sorgfaltsmaßstabes nach § 1299 ABGB. Christian S***** hätte wissen müssen, daß bei der Verlegung eines Deckenbelages im Gegensatz zur Verlegung eines Fußbodenbelages (trotz geöffneter Fenster während der Arbeit) eine erhöhte Gefahr der Bildung von explosiven Dämpfen bestehe. Der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei wurde zu 11 E 3157/92 des BG Döbling zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 298.085 sA sowie weiterer Kosten die Exekution durch Pfändung des Befreiungsanspruches des Christian S***** aus der mit der beklagten Partei abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sowie Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung bewilligt. Die Ausfertigung dieses Beschlusses, die auch das Zahlungsverbot enthielt, wurde der beklagten Partei am 17.4.1992 zugestellt. Dem Verpflichteten Christian S***** konnte der Exekutionsbewilligungsbeschluß nicht zugestellt werden.

Die klagende Partei begehrt die Verpflichtung der beklagten Partei zur Zahlung eines Betrages in der im Exekutionsbewilligungsbeschluß genannten Höhe. Die beklagte Partei habe den Schaden aufgrund des mit Christian S***** abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrages zu decken. Die behaupteten Ausschlüsse lägen ebensowenig vor wie die behaupteten Obliegenheitsverletzungen. Gegenstand der Tätigkeit des Christian S***** sei ein Kunststoffbelag gewesen, ein allfälliger Schaden an diesem Kunststoffbelag sei nicht Gegenstand der Versicherungsleistung.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und führte aus, das Schadenereignis entspringe nicht einer versicherten Tätigkeit des Versicherungsnehmers. Es handle sich nicht um eine Schadenersatzverpflichtung aus den Gefahren des täglichen Lebens, sondern aus den Gefahren einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit. Christian S***** habe den Auftrag nicht als Privatperson, sondern als Fußbodenleger übernommen, sodaß kein Versicherungsfall in der Privathaftpflichtversicherung vorliege. Der Schaden sei bei einem nahen Angehörigen eingetreten, sodaß nach Art 21 Abs 5 ABH kein Versicherungsschutz bestehe. Auch der Versicherungsausschluß nach Art 21 Abs 7 ABH, wonach sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzansprüche wegen Schäden an jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit gewesen seien, erstrecke, sowie nach Art 21 Abs 8 ABH seien gegeben. Der Versicherungsnehmer habe eine Reihe von Obliegenheiten verletzt, wodurch die beklagte Partei leistungsfrei sei. So habe er seine Verpflichtung, alle Unterlagen unverzüglich an den Versicherer weiterzuleiten und diesen über den Schadenfall aufzuklären, verletzt. Er habe sich auch beharrlich geweigert, die beklagte Partei bei der Abwehr der Schadenersatzansprüche im erforderlichen Ausmaß zu unterstützen. Dadurch hätten keine Beweise darüber aufgenommen werden können, welche Vorsichtsmaßnahmen der Versicherungsnehmer anläßlich der Verarbeitung des Klebstoffes getroffen habe, ob er seiner Ausbildung entsprechend über die Gefahr einer möglichen Entzündung der Kleberdämpfe informiert worden sei und welche Maßnahmen er gesetzt habe. Christian S***** habe zumindest mit bedingtem Vorsatz die Obliegenheiten verletzt. Dies habe auch Einfluß auf den Ausgang des Haftpflichtprozesses gehabt. Mit Schreiben vom 8.1.1992 habe die beklagte Partei endgültig den Eintritt in den Versicherungsfall qualifiziert abgelehnt. Selbst bei aufrechtem Versicherungsschutz hafte die beklagte Partei nicht für die Exekutionskosten und auch nicht für jene Mehrkosten, die durch die Versäumung der Klagebeantwortungsfrist im Haftpflichtprozeß entstanden seien. Die klagende Partei sei schließlich nicht Inhaberin der behaupteten Forderung, weil der Exekutionsbewilligungsbeschluß dem Verpflichteten nicht zugestellt worden sei.

Die klagende Partei erwiderte hierauf, daß der Versicherungsnehmer seine Informationspflichten erfüllt habe. Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung dieser Pflichten liege nicht vor; eine allfällige Verletzung sei ohne Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder den Umfang der Versicherungsleistung geblieben. Da der Rechtsvertreter der beklagten Partei alle wesentlichen Tatsachen aufgrund der Information des Versicherungsnehmers vorbringen habe können, sei eine weitere Besprechung nicht mehr notwendig gewesen.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es traf neben den eingangs wiedergegebenen Feststellungen nachstehende weitere Feststellungen:

Im Haftpflichtprozeß wurden Klage und Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung durch Hinterlegung zugestellt. Beginn der Abholfrist war der 14.6.1989. Wann Christian S***** die Sendung behob, kann nicht festgestellt werden. Er sandte Klage und Auftrag zur Klagebeantwortung in der Meinung, schon verurteilt zu sein, der beklagten Partei, die diese Schriftstücke am 4.7.1989 erhielt. Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Beklagtenvertreter Christian S***** mit, daß die beklagte Partei ihn beauftragt habe, ihn im Haftpflichtprozeß zu vertreten, falls er einen Deckungsanspruch gelten machen wolle. Nach Erhebung des Widerspruchs konferierte der Beklagtenvertreter mit Christian S*****, worauf aufgrund der erteilten Information ein vorbereitender Schriftsatz im Haftpflichtprozeß eingebracht wurde. Nicht festgestellt werden kann, daß die Briefe des Beklagtenvertreters an Christian S***** vom 11.9.1989, in dem der Versicherungsnehmer zur Besprechung der konkreten Einwendungen im Haftpflichtprozeß aufgefordert wurde, vom 27.3.1990, in dem er zur Kontaktaufnahme mit dem Beklagtenvertreter aufgefordert wurde, und vom 26.4.1990, in dem dieses Begehren wiederholt wurde, diesem auch zugingen.

Mit Schreiben vom 8.1.1992 teilte die beklagte Partei Christian S***** mit, dem Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien sei zu entnehmen, daß keine Deckungspflicht bestehe, weil er bei der Arbeit als angestellter Bodenleger tätig gewesen sei. Diese Arbeiten seien vom Versicherungsschutz seiner Privathaftpflichtversicherung nicht umfaßt. Das Urteil sei nur aufgrund seines befremdenden Verhaltens (Nichterscheinen bei Gericht) zustande gekommen. Da Christian S***** es unterlassen habe, alles Zumutbare zu tun, um Ursachen, Hergang und Folgen des Versicherungsfalles aufzuklären, sei die beklagte Partei aufgrund dieser Obliegenheitsverletzungen von ihrer Leistungspflicht befreit. Die beklagte Partei erklärte, daß Christian S***** seinen Anspruch auf Leistung gemäß § 12 Abs VVG innerhalb von sechs Monaten geltend machen müsse.

Festgehalten wurde, daß Christian S***** die Verlegearbeiten aus Gefälligkeit übernommen hat.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß die klagende Partei nach Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Drittschuldner zur Klage legitimiert sei. Das im Haftpflichtprozeß ergangene Urteil habe mit Rücksicht auf die Rechtsnatur und den Zweck des Haftpflichtversicherungsvertrages Bindungswirkung für den Deckungsprozeß. Die Schadenersatzverpflichtung des Christian S***** resultiere aus den Gefahren des täglichen Lebens; seine Tätigkeit sei weder betrieblich noch gewerblich und, weil sie nicht auf Dauer angelegt gewesen sei, auch nicht beruflich gewesen. Da auch nicht Angehörige des Versicherungsnehmers, sondern die Stadt Wien geschädigt worden sei, sei der Ausschluß vom Versicherungsschutz nach Art 21 Abs 5 ABH nicht gegeben. Dies treffe auch auf den geltend gemachten Ausschluß nach Art 21 Abs 7 lit c ABH zu, weil eine Wohnhausanlage, die nicht unmittelbarer Gegenstand der Tätigkeit des Christian S***** gewesen sei, beschädigt worden sei. Schließlich sei der Schaden nicht auf eine allmähliche Einwirkung der Kleberdämpfe auf die Anlage, sondern durch eine Explosion verursacht worden, weshalb auch der Ausschluß nach Art 21 Abs 8 ABH nicht vorliege. Christian S***** sei seiner Aufklärungs- und Unterstützungspflicht durch Information des bestellten Rechtsanwaltes nachgekommen; die beklagte Partei habe gar nicht behauptet, daß sie durch das bloße Unterlassen der Anzeige des Versicherungsfalles einen Aufklärungsnachteil erlitten habe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es bejahte die Aktivlegitimation der klagenden Partei; die Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an den Verpflichteten sei für die Wirksamkeit der Pfändung und der Überweisung nicht Voraussetzung. Der Überweisungsgläubiger könne nach Pfändung und Überweisung der Forderung auch vor Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Verpflichteten die Drittschuldnerklage einbringen. Christian S***** habe die Tätigkeit aus Gefälligkeit übernommen. Daraus gehe hervor, daß die schadensbegründende Tätigkeit keine betriebliche, berufliche oder gewerbliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers, sondern eine solche im Rahmen des Privatlebens gewesen sei. Daran ändere auch nichts, daß er dabei seine beruflichen Kenntnisse eingesetzt habe. Der von der beklagten Partei gegenüber einer Privatperson übernommene Versicherungsschutz für die Gefahren des täglichen Lebens sei zu bejahen. Dieser Begriff sei dahin auszulegen, daß der Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers jene Gefahren umfasse, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden müsse. Es genüge, wenn derartige Gefahren erfahrungsgemäß im normalen Lebenslauf immer wieder häufiger oder auch seltener vorkämen, was hier der Fall sei. Der Versicherungsnehmer habe zwar seine Verpflichtung zur Anzeige und Information des Versicherers verletzt, weil er den Schaden verspätet angezeigt, über den Sachverhalt nicht bis ins letzte Detail informiert und weil er sich der weiteren Informationsaufnahme und der Mitwirkung im Haftpflichtprozeß entzogen habe. Diese Umstände seien aber nicht als vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung zu qualifizieren.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage der Aktivlegitimation eines Überweisungsgläubigers nach § 308 EO vor Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Verpflichteten keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege.

Die beklagte Partei bekämpft dieses Urteil mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das Berufungsgericht sei einerseits von der Rechtsprechung zur Frage der Beweislastverteilung bei Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung abgegangen und habe andererseits zu Unrecht die Aktivlegitimation der klagenden Partei bejaht, weil der Exekutionsbewilligungsbeschluß noch nicht an den Verpflichteten zugestellt worden sei.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach § 294 EO erfolgt die Exekution auf Geldforderungen des Verpflichteten durch Pfändung und Überweisung. Die Pfändung geschieht dadurch, daß das Gericht, welches die Exekution bewilligt, dem Drittschuldner verbietet, an den Verpflichteten zu bezahlen. Zugleich ist dem Verpflichteten selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (§ 294 Abs 3 EO). Die Überweisung der Forderung geschieht durch Zustellung des dem Überweisungsantrag stattgebenden Beschlusses an den Drittschuldner (§ 305 Abs 1 erster Halbsatz EO). Mit der Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung erwirkt der betreibende Gläubiger das Recht, vom Drittschuldner Zahlung zu verlangen und gegen ihn erforderlichenfalls auch die Klage einzubringen (Heller/Berger/Stix4 2187; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 679).

Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, daß das Gesetz hinsichtlich der Wirksamkeit der Pfändung und der Überweisung lediglich auf die Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an den Drittschuldner, nicht aber auch an den Verpflichteten abstellt. Im Rahmen eines Prozesses über eine Drittschuldnerklage ist lediglich das Rechtsverhältnis der Drittschuldnerin zur betreibenden Partei zu prüfen. Sie kann dem Überweisungsgläubiger keine Einwendungen entgegensetzen, die das Verhältnis des Verpflichteten zum Überweisungsgläubiger betreffen und kann daher weder den Vollstreckungsanspruch des betreibenden Gläubigers bestreiten noch das Fehlen der Exekutionsvoraussetzungen geltend machen. Die Gültigkeit der Pfändung ist im Drittschuldnerprozeß nicht mehr Gegenstand einer Überprüfung (SZ 61/140). Die Exekutionsbewilligung wirkt daher bis zur Rechtskraft eines diese beseitigenden Beschlusses fort (vgl SZ 60/278). Die mangelnde Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Verpflichteten ist daher für das Verhältnis zwischen betreibendem Gläubiger und Drittschuldner im Drittschuldnerprozeß ohne Bedeutung und hinderte nicht die Einbringung einer Drittschuldnerklage (6 Ob 545/94).

Die Aktivlegitimation der klagenden Partei ist daher zu bejahen, obwohl die Exekutionsbewilligung noch nicht dem Verpflichteten zugestellt wurde.

Zur behaupteten Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers der beklagten Partei:

Nach Art 22 der Allgemeinen Bedingungen für Haushaltsversicherungen (ABH 1980) hat der Versicherungsnehmer alles ihm Zumutbare zu tun, um Ursachen, Hergang und Folgen des Versicherungsfalles aufzuklären und den entstandenen Schaden gering zu halten. Er hat den Versicherer umfassend und unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Kenntnis, zu informieren, ihm den Versicherungsfall und die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung anzuzeigen und den Versicherer bei der Feststellung und Erledigung oder Abwehr zu unterstützen. Insbesondere hat er den vom Versicherer bestellten Anwalt zu bevollmächtigen und ihm alle von ihm benötigten Informationen zu geben sowie ihm die Prozeßführung zu überlassen. Bei Verletzung dieser Anzeige- und Informationspflichten ist Leistungsfreiheit im Sinn des § 6 VersVG vereinbart. Nach Abs 3 leg cit bleibt jedoch der Versicherer bei grob fahrlässiger Verletzung dieser Obliegenheiten zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung Einfluß gehabt hat. Nach ständiger Rechtsprechung muß der Versicherer den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung nachweisen, während es Sache des Versicherungsnehmers ist, zu behaupten und zu beweisen, daß er die ihm angelastete Obliegenheitsverletzung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig begangen hat (VR 1993, 103; VR 1993, 423).

Das Gericht muß auch ohne formellen Beweisantritt einen Mangel an Verschulden berücksichtigen, wenn die Sachlage dazu Anlaß bietet (7 Ob 19/89).

Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß dem Versicherungsnehmer zwar eine Obliegenheitsverletzung anzulasten ist, weil er den Schaden verspätet angezeigt, über den Sachverhalt nicht bis ins letzte Detail informiert und sich der weiteren Informationsaufnahme sowie der Mitwirkung im Haftpflichtprozeß entzogen hat, daß dies aber weder als vorsätzlich noch als grob fahrlässig zu qualifizieren ist. Der Versicherungsnehmer hat dem beigestellten Rechtsanwalt Vollmacht erteilt und ihn auch über den Sachverhalt informiert. Diese Informationen konnten auch im Haftpflichtprozeß verwertet werden. Aus der Unterlassung der weiteren Mitwirkung im Haftpflichtprozeß läßt sich ein grobes Verschulden des Versicherungsnehmers nicht ableiten, weil er der Meinung sein konnte, anläßlich der Informationsaufnahme durch den ihm beigestellten Rechtsanwalt sämtliche relevanten Auskünfte gegeben zu haben.

Soweit die Revision schließlich darauf verweist, daß der Versicherungsnehmer die schadenauslösende Tätigkeit als angestellter Bodenleger ausgeübt habe, wofür kein Versicherungsschutz bestehe, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Ausdrücklich festgestellt wurde nämlich, daß die Verlegearbeiten lediglich aus Gefälligkeit im Rahmen des Privatlebens außerhalb des Beschäftigungsverhältnisses des Versicherungsnehmers durchgeführt wurden. Diese Tätigkeit gehört daher noch zu den Gefahren des täglichen Lebens, auch wenn der Versicherungsnehmer dabei seine beruflichen Kenntnisse einsetzte (vgl Prölss/Martin25, 1153; BGH VersR 88, 1283).

Da das Berufungsgericht den Sachverhalt richtig beurteilt hat, war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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