OGH 5Ob191/06h

OGH5Ob191/06h13.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgenossenschaft „S*****" *****, vertreten durch Mag. Albert H. Reiterer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Herbert D*****, und 2. Maria D*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Klaus Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 9.785,37 Euro s.A. (Revisionsinteresse 6.767,40 Euro s. A.), über die ordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 30. Mai 2006, GZ 11 R 12/06y-62, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 26. Jänner 2006, GZ 14 Cg 47/01a-58, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten binnen 14 Tagen die mit 549,34 Euro (darin 91,56 Euro Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig, weil die Klägerin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend macht. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Darstellung der Zurückweisungsgründe beschränken:

1.1. Eine Aktenwidrigkeit liegt ausschließlich in einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks einerseits und der Zugrundelegung und Wiedergabe desselben durch das Berufungsgericht andererseits (RIS-Justiz RS0043284 [T3]). Außerdem muss die Aktenwidrigkeit für das Urteil von wesentlicher Bedeutung, also geeignet sein, die Entscheidungsgrundlage zu verändern (RIS-Justiz RS0043347 [T9]).

1.2.1. Unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit macht die Klägerin geltend, der Sachverständige sei in seinem Gutachten (gemeint: das Ergänzungsgutachten ON 14) von einer Preisminderung für den Tiefgaragenabstellplatz Nr 19 von maximal 2.180,18 Euro (gemeint:

auf der Basis einer Preisminderung von 20 % für zwei Abstellplätze und eines Kaufpreises von 21.801,80 Euro pro Abstellplatz) ausgegangen. Weshalb demgegenüber das Berufungsgericht auf einen Minderwert von 6.627,76 Euro (ATS 190.200,00) komme, sei nicht nachvollziehbar und daher aktenwidrig.

1.2.2. Soweit sich die Klägerin gegen den Prozentsatz der Preisminderung wendet, bekämpft sie - im Revisionsverfahren unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0117019) - Tatsachengrundlage und Beweiswürdigung des Erstgerichts, welches sich den Ausführungen des Sachverständigen im mündlichen Ergänzungsgutachten (S. 5 in ON 15) angeschlossen hat. Die Gleichstellung von 6.627,76 Euro mit ATS 190.200,00 (S. 26 des Berufungsurteils; richtig: ATS 91.200 [Ersturteil S. 9]) ist ein offensichtlicher Übertragungsfehler.

1.3.1. Bei der Frage, ob die Klägerin den Beklagten die Kosten für Konsumationen eigener Mitarbeiter und Behördenvertreter im Zusammenhang mit Bauverhandlungen verrechnen dürfe, sei das Berufungsgericht (auf S. 28 des Berufungsurteils) entgegen dem Beleg Blg ./H Nr. 147 davon ausgegangen, es handle sich nicht mehr um geringfügige Beträge von 689 bzw 217 Euro. Dabei habe das Berufungsgericht - aktenwidrig - die Währung verwechselt, weil die Konsumationskosten tatsächlich nur 689 bzw 217 Schilling (gesamt 87,37 Euro) betragen hätten.

1.3.2. Der Klägerin ist zuzugestehen, dass das Berufungsgericht (S. 28 des Berufungsurteils) bei den Beträgen für Konsumationskosten von 689 bzw 217 die Währung nicht richtig angegeben hat (unrichtig: Euro statt richtig: Schilling). Das Erstgericht und das Berufungsgericht haben allerdings die Zulässigkeit der Weiterverrechnung dieser Auslagen an die Beklagten schon dem Grunde nach deshalb abgelehnt, weil es sich dabei um freiwillige Leistungen der Klägerin (Ersturteil S. 27) bzw um Sowiesokosten und nicht notwendige Kosten (Berufungsurteil S. 27) gehandelt habe. Gegen diese Rechtsansichten der Vorinstanzen trägt die Klägerin keine Argumente vor, sodass der vom Berufungsgericht verwechselten Währungsbezeichnung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt.

Die von der Klägerin geltend gemachten Aktenwidrigkeiten liegen daher nicht vor bzw sind nicht entscheidungswesentlich; einer weitergehenden Begründung bedarf dies nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

2.1. Die Klägerin meint, dem Tiefgaragenabstellplatz der Beklagten fehle keine im Kaufanwartschaftsvertrag bzw im Kaufvertrag explizit vertraglich bedungene Eigenschaft und die Beklagten könnten diesen auch problemlos benützen. Insgesamt bestehe daher weder baulich noch hinsichtlich der Benützbarkeit des Tiefgaragenabstellplatzes oder betreffend die Erreichbarkeit der Schleuse (= Verbindung der Tiefgarage zum Haus C) ein Mangel, welcher den von den Vorinstanzen vorgenommenen Abzug vom Kaufpreis rechtfertige.

2.2. Soweit die Klägerin das Vorliegen von Mängeln des Tiefgaragenabstellplatzes verneint, setzt sie sich - unzulässig - über die gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichts hinweg und führt insoweit die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen stellt die Schleuse die einzige Möglichkeit dar, um unter Dach von der Tiefgarage in das Haus C zu gelangen. Da kein Zugangsbereich zur Schleusentür besteht, müssen die Bewohner, sofern es sich nicht um die Inhaber der Stellplätze 17 bis 20 handelt, um zur Tür zu gelangen, zwischen den parkenden Autos durchgehen. Zwischen den Stellplätzen 18 und 19 (= Stellplatz der Beklagten) ist der Durchgang durch eine Säule zumindest erheblich erschwert, sodass sich, je nachdem, von welcher Tiefgaragenseite man kommt, der Durchgang zwischen den Stellplätzen 17 und 18 oder 19 und 20 anbietet. Durch diese Situation ist (auch) der PKW des Erstbeklagten der Gefahr einer Beschädigung durch vorbeigehende Garagenbenützer ausgesetzt. Tatsächlich kam es bereits zweimal zu solchen Schäden, ohne dass sich der Verursacher gemeldet hätte. Aus dem fehlenden Zugangsbereich zur Schleusentür C und der damit verbundenen Gefahr der Beschädigung des abgestellten PKWs der Beklagten resultiert ein Minderwert des Abstellplatzes 19, welcher mit 30 % des Verkehrswerts bzw Anschaffungspreises anzusetzen sei und hier wenigstens 6.627,76 Euro (91.200 Schilling) betrage. Die Vorinstanzen haben in dieser - Fahrzeugschäden begünstigenden und verkehrswertmindernden - Situierung des Abstellplatzes der Beklagten einen Mangel erkannt; warum diese Rechtsansicht unrichtig sein soll, begründet die Klägerin nicht.

3.1.1. Nach Ansicht der Klägerin sei sie als gemeinnützige Bauvereinigung aufgrund der Entgeltrichtlinienverordnung 1994, ERVO 1994, BGBl 1994/924, zu Leistungen im technischen Bereich ermächtigt. Zur Deckung der Kosten solcher Leistungen dürfe ein Pauschalbetrag verlangt werden, der unter den vergleichbaren Sätzen für einschlägige Fachleute liegen müsse. Die Vorinstanzen hätten nun wegen der der Klägerin nicht zugestandenen Skontibeträge nicht nur anteilig deren Entgelt für Bauverwaltung, sondern auch anteilig jenes für technische Leistungen gekürzt. Für die Verrechnung der von der Klägerin erbrachten technischen Leistungen sei aber nur maßgeblich, ob die begehrten Beträge unter den Honoraren für einschlägige Fachleute lägen. Da dies hier der Fall sei, hätten die Vorinstanzen den Abzug von 6,15 % ungerechtfertigt vorgenommenen. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts, wonach in Anspruch genommene Skonti zur Reduktion der Honorarbemessungsgrundlage führten, sei unzutreffend. Zu hinterfragen sei nämlich nicht die Definition der Herstellungskosten an sich, sondern die Definition der Bemessungsgrundlage für das Honorar für technische Leistungen. Die Gebührenordnung der Architekten sehe vor, dass die Honorarbemessungsgrundlage nicht durch lukrierte Skonti reduziert werde. Diese Regelung der Gebührenordnung sei auch die Grundlage für die Errechnung des Honorars der Klägerin gewesen. Zudem habe die Klägerin ohnedies nur Sätze unter jenen einschlägiger Fachleute verrechnet, weshalb ihre Abrechnung technischer Leistungen richtig erfolgt sei und nicht gekürzt werden dürfe.

3.2.1. Gemäß § 1 Abs 1 ERVO ist bei der Ermittlung der Baukosten gemäß § 13 Abs 2 Z 1 des WGG von jenem Betrag auszugehen, der für die Errichtung der Baulichkeit nachweislich aufgewendet wurde. Nach § 4 Abs 1 ERVO 1994 sind der Berechnung des Entgelts (Preises) sonstige Kosten gemäß § 13 Abs 2 Z 3 WGG, die für die Errichtung und Bewohnbarmachung der Baulichkeit erforderlich waren, insoweit zugrunde zu legen, als sie nicht schon gemäß den §§ 1 bis 3 ERVO 1994 Berücksichtigung fanden. Als Kosten im Sinn des § 4 Abs 1 sind ua insbesondere die Bauverwaltungskosten (§ 4 Abs 2 Z 2 ERVO 1994) und die Kosten der Planung und örtlichen Bauaufsicht (§ 4 Abs 2 Z 3 ERVO 1994) zu verstehen. Von Bauvereinigungen zulässigerweise erbrachte Leistungen ua im technischen Bereich (§ 2 Z 1 und § 39 Abs 17 WGG) dürfen nach § 4 Abs 5 ERVO 1994 unter Beachtung der §§ 13 und 23 WGG verrechnet werden, soweit sie nicht durch § 4 Abs 3 ERVO 1994 (Bauverwaltungskosten) abgegolten sind. Durch BGBl II 1997/156, in Kraft seit 1. Juli 1997, wurde dem § 4 Abs 5 ERVO 1994 folgender Satz angefügt: „Zur Deckung der Kosten solcher Leistungen (hier: Leistungen im technischen Bereich) darf auch ein Pauschalbetrag verlangt werden, der jedoch unter den vergleichbaren Sätzen für einschlägige Fachleute liegen muß."

3.2.2. Soweit die Klägerin im Ergebnis meint, ihr Begehren nach Abgeltung erbrachter technischer Leistungen sei schlechthin solange gerechtfertigt, als dieses Honorar unter den Sätzen einschlägiger Fachleute liege, ist diese Ansicht schon nach der oben wiedergegebenen Rechtslage so eindeutig unzutreffend, dass sich insoweit keine erhebliche Rechtsfrage stellt. Nach § 4 Abs 5 ERVO bilden nämlich die Sätze einschlägiger Fachleute zwar die Obergrenze, zusätzlich muss aber die Verrechnung der Leistungen der gemeinnützigen Bauvereinigung im technischen Bereich - wie ausdrücklich angeordnet - auch „unter Beachtung der §§ 13 und 23 WGG" erfolgen. Die Klägerin lässt überdies unberücksichtigt, dass sie mit den Beklagten einen Kaufanwartschaftsvertrag (Blg ./1) sowie einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag (Blg ./2) abgeschlossen hat, welche Verträge - nicht in allen Details übereinstimmende - Regelungen über die Ermittlung der Baukosten und über die Verrechnung technischer Leistungen durch die Klägerin enthalten. Eine erhebliche Rechtsfrage könnte sich in diesem Zusammenhang nur dann stellen, wenn die Ansicht der Vorinstanzen, wonach sich die Reduktion der Herstellungskosten um die Skontibeträge auch auf die Höhe der Entgelte für Bauleitung und Bauaufsicht auswirkten, eine unvertretbare Auslegung der einschlägigen Vertragsbestimmungen von Kaufanwartschaftsvertrag bzw Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag und/oder eine grobe Verkennung der nach § 4 Abs 5 ERVO jedenfalls zu beachtenden Grundsätze der §§ 13 und 23 WGG darstellte; mit diesen Fragen setzt sich die Klägerin aber nicht auseinander und macht daher insgesamt keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend, weshalb ihre Revision zurückzuweisen ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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