OGH 5Ob228/06z

OGH5Ob228/06z14.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin prot. Firma C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Till Hausmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, wegen § 16 Abs 1 Z 8 MRG, infolge des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Mai 2006, GZ 38 R 40/06y-11, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9. Jänner 2006, GZ 49 Msch 11/05f-6, aufgehoben wurde, nachstehenden

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und der erstgerichtliche Sachbeschluss wiederhergestellt.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft ***** samt dem darauf befindlichen P*****haus.

Die Antragsgegnerin hat mit Vertrag vom 14. 12. 1998 bestimmte, im Mittelhaus des P*****hauses, im Kellergeschoss sowie im Erdgeschoss vor dem P*****haus befindliche Flächen bzw Freiflächen in Bestand genommen.

Davor war das P*****haus in den Jahren 1995 bis 1998 mit einem Nettoaufwand von S 170 Mio generalsaniert worden, wobei der komplette Altbestand der Stahlkonstruktion nach Austausch verrosteter Stahlelemente weiter verwendet und die Verglasung des P*****hauses komplett erneuert wurde.

Die Antragstellerin wurde zum Zweck der Anmietung und Betreibung des Cafe-Restaurantes im Palmenhaus gegründet. Mag. Andreas B***** und Barbara B*****, deren Vater Bestandnehmer anderer Flächen im P*****haus war und seit Jahren die im W***** etablierten Lokale betreibt, waren die Gründungsgesellschafter der Antragstellerin. Sie waren vor Betrieb des gegenständlichen Unternehmens noch nicht unternehmerisch tätig.

Im Mietvertrag wurde als Nettohauptmietzins Folgendes vereinbart:

„Das Mietentgelt für die oben genannten und in Bestand genommenen Flächen beträgt 8 % vom Nettoumsatz, das heißt, nach Abzug aller direkten Abgaben und Steuern, mindestens jedoch ein Jahresentgelt von S 420.000,--, was einem monatlichen Mietzins von S 35.000,-- entspricht. Die Abrechnung hat jeweils bis 15. Februar des Folgejahres unter Hinweis auf die Umsatzsteuererklärung zu erfolgen. Das Mietentgelt ist in 12 gleich hohen Teilbeträgen à S 35.000,-- jeweils am Anfang eines Monates (bis spätestens 5.) zur Zahlung an den Vermieter fällig. Ab dem dritten Vertragsjahr betragen die monatlichen Vorauszahlungen jeweils ein Zwölftel von 80 % der durchschnittlichen Jahresumsatzmieten der letzten drei Jahre."

Entsprechend dieser Vereinbarung wurden der Antragstellerin seit Mietbeginn 8 % des Nettoumsatzes der Antragstellerin als Nettohauptmietzins vorgeschrieben; konkret bedeutet das:

Für das Jahr 2001 ein Fixmietzins von:

EUR 31.317,14

umsatzabhängiger Hauptmietzins:

EUR 110.374,93

im Jahr 2002

Hauptmietzins/Fixmiete:

EUR 32.111,64

umsatzabhängiger Hauptmietzins:

EUR 132,586,55

im Jahr 2003

Hauptmietzins/Fixmiete:

EUR 32.111,64

umsatzabhängiger Hauptmietzins:

EUR 156.967,30

Mehr als drei Jahre nach Abschluss der Bestandzinsvereinbarung, nämlich am 20. 12. 2004 brachte die Antragstellerin den verfahrenseinleitenden Antrag auf Mietzinsüberprüfung ein. Sie sei Mieterin der Flächen im P***** und begehre eine Überprüfung der Angemessenheit des ihr seit September 2003 für das Jahr 2001 vorgeschriebenen Hauptmietzinses. Zwischen ihr und der Antragsgegnerin sei ein umsatzabhängiger Hauptmietzins vereinbart worden, und zwar ein Betrag von 8 % des Nettoumsatzes der Antragstellerin, mindestens jedoch ein Betrag von S 420.000,-- pro Jahr. Der Mietzins werde jeweils im Frühjahr des folgendes Jahres auf Basis der Umsatzzahlen des abgelaufenen Jahres festgesetzt, also der Antragstellerin jeweils im Nachhinein der Mietzins für das Vorjahr bekannt gegeben. Durch diese Vertragsgestaltung sei der angemessene Hauptmietzins im Sinn des § 16 Abs 1 Z 1 MRG zwar in den ersten Jahren des Mietverhältnisses nicht überschritten worden, hingegen hätte sich durch später erfolgter Umsatzsteigerungen des von der Antragstellerin betriebene Unternehmens die darauf basierende Vorschreibung eines jährlichen Hauptmietzinses in Höhe von S 2,116.810,14 (EUR 153.800,--) netto zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer im September 2003 für das Jahr 2001 ergeben, worin erstmals eine Überschreitung des nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG zulässigen Hauptmietzinses liege. Auch in den Folgejahren 2002 und 2003 sei jeweils durch das Begehren und Zahlung des nettoumsatzabhängigen Hauptmietzinses der gesetzlich zulässige Hauptmietzins überschritten worden.

Dazu brachte die Antragstellerin noch vor, ihr Antrag sei im Sinn des § 16 Abs 8 MRG nicht präkludiert, weil ihr der jeweilige Mietzins - so wie im Fall der Vorschreibung von Wertsicherungserhöhungen - erst Jahre nach Vertragsabschluss bekannt geworden sei und ein noch gar nicht ausübbares Recht nicht präkludiert werden könne. Das betreffe auch die Rüge gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG.

Die Antragsgegnerin bestritt das Begehren und beantragte Abweisung des Sachantrages.

Zunächst sei der verfahrenseinleitende Antrag verfristet im Sinn des § 16 Abs 8 MRG. Die Unwirksamkeit von Mietzinsüberschreitungen sei nämlich innerhalb von drei Jahren nach Abschluss der Mietzinsvereinbarung geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin komme es nicht auf den Zeitpunkt der Vorschreibung des Hauptmietzinses an - dies zum Unterschied von der bei Geltendmachung von Wertsicherungsvereinbarungen bestehenden Rechtsprechung, wonach für die Präklusion die Anwendung einer vereinbarten Wertsicherungsvereinbarung, konkret deren Vorschreibung maßgeblich sei. Für den Beginn der Fristberechnung im konkreten Fall sei aber ausschließlich der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich, weil in diesem materiell die Hauptmietzinsvereinbarung als solche, nämlich die Vereinbarung einer umsatzabhängigen Hauptmiete getroffen worden sei.

Im Weiteren wendete die Antragsgegnerin ein, es liege ein Fall des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG vor, weil das Gebäude, in dem sich der Bestandgegenstand befinde, neu errichtet worden sei. Es schade nämlich die Einbeziehung geringfügiger alter Gebäudeteile in ein neues Objekt dann nicht, wenn diesen unter dem Aspekt der weiteren Vermietbarkeit keine selbständige Bedeutung zukomme. Die in den Jahren 1995 bis 1998 um S 175 Mio vorgenommene Generalsanierung des unter Denkmalschutz stehenden P*****hauses sei bei Vornahme eines wertenden Vergleiches der Neuerrichtung eines Gebäudes mit und ohne Weiterverwendung von Teilen eines schon bestehenden Gebäudes eindeutig als Neuerrichtung zu werten. Unter dem Aspekt der Vermietbarkeit komme jenen alten Gebäudeteilen, die weiter verwendet worden seien, keine selbständige Bedeutung zu.

Die Antragsgegnerin wendete auch noch ein, dass es sich beim gegenständlichen Bestandvertrag in Wahrheit um einen Pachtvertrag handle, weshalb eine Überprüfung der Angemessenheit der Höhe des vereinbarten Bestandzinses nicht zulässig sei.

Indizien für das Vorliegen eines Pachtvertrages seien im konkreten Fall die Zurverfügungstellung einer bestimmten Kundenfrequenz durch die Lage im B***** iVm dem vereinbarten Gebietsschutz, die Betriebspflicht der Antragstellerin und die Vereinbarung einer umsatzabhängigen Miete.

Unter Punkt 16 des Mietvertrages sei nämlich ein Exklusivitätsrecht des Bestandnehmers vereinbart worden, im Bereich des gesamten B***** das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsform eines Cafe-Restaurantes auf Grund seiner Konzession auszuüben. Die Republik Österreich als Bestandgeberin habe sich verpflichtet, keine gleichen oder ähnlichen Rechte an eine andere Person als die Antragstellerin zu erteilen, weshalb ein Gebietsschutz bestehe.

Unter Punkt III des Mietvertrages sei vereinbart worden, dass der Bestandnehmer nur einen Teil der tatsächlichen Heizkosten zu bezahlen habe. Einen erheblichen Teil der Heizkosten bezahle die Antragsgegnerin selbst.

Unter Punkt V des Mietvertrages sei ein unbefristeter Verzicht der Antragsgegnerin auf die Anhebung des Hauptmietzinses im Sinn des § 12 MRG abgegeben bzw nur eine eingeschränkte Möglichkeit der Anhebung des Hauptmietzinses bei bestimmten Veränderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten vereinbart worden. Schließlich bestritt die Antragsgegnerin, dass der mit der Antragstellerin vereinbarte Hauptmietzins für das in Bestand gegebene Objekt in Anbetracht der absoluten Toplage, im Hinblick auf den der Antragstellerin eingeräumten Gebietsschutz und die übrigen von der Antragsgegnerin als Vermieterin übernommenen Verpflichtungen unangemessen im Sinn des § 16 Abs 1 Z 1 MRG sei. Die Vereinbarung einer umsatzabhängigen Miete von 8 % (bis 12 %) des Nettoumsatzes sei bei vergleichbaren Objekten durchaus üblich/angemessen und werde auch regelmäßig vereinbart und bezahlt.

Ausgehend von den oben eingangs Feststellungen sowie dem Inhalt des dem erstinstanzlichen Sachbeschluss angefügten Mietvertrages wies das Erstgericht den verfahrenseinleitenden Antrag ab. Das zwischen den Parteien bestehende Bestandverhältnis sei zum einen als Mietvertrag zu qualifizieren, zum anderen falle es in den Anwendungsbereich des MRG. Unternehmenspacht liege in der Regel dann vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages sei, also ein organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des „Good will" gehöre. Der Antragstellerin seien aber bloß Räumlichkeiten in Bestand gegeben worden. Die vereinbarte Betriebspflicht habe daher keine maßgebliche Bedeutung; sie sei nicht von einem wirtschaftlichen Interesse des Vermieters getragen, weil sich im Bereich des B***** nur das S*****haus befinde und der B***** ein an sich ein frei und gratis zugänglicher öffentlicher Park sei.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin liege auch keine Neuerrichtung des Gebäudes vor, möge auch das enorm hohe Investitionsvolumen dafür sprechen. Der Altbestand sei nur saniert und die Stahlkonstruktion - wenn auch nach Erneuerung durchgerosteter Teile - weiter verwendet worden. Die Voraussetzungen des § 1 Abs 4 Z 1 MRG lägen damit nicht vor.

Unterliege aber der Bestandvertrag dem Vollanwendungsbereich des MRG, so sei auch dessen § 16 Abs 8 MRG anzuwenden, der gebiete, die Unwirksamkeit von Mietzinsvereinbarungen bei sonstigem Ausschluss binnen drei Jahren geltend zu machen. Diese Frist sei im Zeitpunkt der Anrufung der Schlichtungsstelle verstrichen gewesen. Anders als bei der Überprüfung von Wertsicherungserhöhungen auf ihre Eignung, den angemessenen Hauptmietzins zu überschreiten, gehe es hier nicht um die Überprüfung einer einseitigen Vorschreibung des Vermieters, sondern um einen nur durch die Antragstellerin beeinflussbaren Jahresnettoumsatz als Hauptmietzins. Wenn sich auch die Vorschreibungen des Hauptmietzinses im Nachhinein in absoluten Zahlen ausdrücke, bleibe es doch nach wie vor beim Grund der Vereinbarung, dem Prozentsatz des Jahresnettoumsatzes, welche Vereinbarung die Antragstellerin nach Ablauf der dreijährigen Präklusivfrist nun nicht mehr bekämpfen könne.

Darauf, ob die Antragstellerin eine Rügepflicht getroffen hätte oder nicht, komme es daher nicht mehr an.

Einem gegen diesen Sachbeschluss erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Gericht zweiter Instanz Folge. Es hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das Rekursgericht vertrat dabei folgende Rechtsansicht:

Die Rechtsprechung habe eine analoge Anwendbarkeit des § 16 Abs 8 MRG auch für die Fälle insolierter Überprüfung der Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung auf ihre Angemessenheit bejaht und dabei ausgesprochen, dass ein nachweisbares Anliegen des Gesetzgebers des

3. WÄG gewesen sei, die Gerichte bei der Überprüfung der Mietzinshöhe vor häufig unlösbaren Beweisproblemen zu bewahren. Dieser Zweck lasse eine analoge Ausdehnung der zeitlichen Begrenzung der Überprüfungsmöglichkeit des Hauptmietzinses auch für den Fall der selbständigen Überprüfung einer Hauptmietzinserhöhung durch Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung zu, wenn seit dem Wirksamwerden eines Erhöhungsbegehrens und damit seit dem maßgeblichen Bezugspunkt für die Überprüfung der neuen Hauptmietzinse nicht schon drei Jahre oder mehr verstrichen seien.

Wenn sich, wie im vorliegenden Fall, die Höhe des Mietzinses auf Grund einer im Hauptmietzinsvertrag enthaltenen Berechnungsvorschrift erst auf Grund von Umsatzmeldungen des Mieters zu einem späteren Zeitpunkt konkret ergebe und somit ein Erhöhungsbegehren des Vermieters auslöse, dürfe nicht auf den ursprünglichen Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses abgestellt werden. Die der Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG zugrundeliegenden Erwägungen, insbesondere jene zur Eindämmung übermäßiger Beweisprobleme seien diesfalls nicht angebracht. Im konkreten Fall könne überhaupt erst an Hand einer konkreten Mietzinsvorschreibung beurteilt werden, ob der Hauptmietzins in der betroffenen Mietzinsperiode die höchstzulässigen Grenzen des § 16 Abs 1 bis 7 MRG übersteige. Zu einem früheren Zeitpunkt sei die Umsatzentwicklung und Umsatzhöhe unvorhersehbar. Im Fall der Vereinbarung eines umsatzabhängigen Mietzinses komme es daher für den Beginn des Laufes der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG auf den Zeitpunkt an, zudem das Erhöhungsbegehren erstmals wirksam geltend gemacht wurde (vgl 5 Ob 101/03v). Ausgehend davon sei im vorliegenden Fall die Präklusionsfrist noch nicht verstrichen.

Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren den in den maßgeblichen Zeiträumen vorgeschriebenen Hauptmietzins auf seine Angemessenheit zu überprüfen haben. Vorweg werde die Frage zu klären sein, ob Geschäftsraummiete oder Unternehmenspacht vorliege bzw ob eine Teilausnahme vom MRG gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG greife. Auch werde zu berücksichtigen sein, ob nach Maßgabe des § 16 Abs 1 Z 1 MRG tatsächlich ein Fall eines Gründungsgeschäftes vorliege, in dem eine Mietzinsüberprüfung auch ohne unverzügliche Rüge des Unternehmers möglich wäre.

Das Rekursgericht führte weiters aus, dass für die entscheidende Frage der Abgrenzung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht auf die Gesamtheit aller erheblichen Umstände des Einzelfalles und die Zweckbestimmung der Bestandsache beim Vertragsabschluss bzw auf die dem Bestandgeber eingeräumten Befugnisse ankomme. Welche Festellungsgrundlagen das Erstgericht zur Beantwortung dieser Fragen zu liefern habe, sagte das Rekursgericht allerdings nicht.

Ähnliches gilt für die Frage des Vorliegens des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG. Das Rekursgericht beschränkte sich insofern auf die Wiedergabe der einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, unterließ jedoch sowohl eine rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes als auch einen Auftrag zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage des Beginnes des Laufes der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG im Fall einer vereinbarten umsatzabhängigen Miete keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Die Antragstellerin beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig, weil das Rekursgericht die Rügepflicht der Antragstellerin iSd § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG verkannte und in diesem Zusammenhang von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines Gründungsgeschäftes abgewichen ist.

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Das Erstgericht hat die Rechtsfragen, ob vorliegendenfalls von einem Miet- oder Pachtverhältnis auszugehen ist und ob das Objekt in den Vollanwendungsbereich des MRG fällt (§ 1 Abs 4 Z 1 MRG) in seiner rechtlichen Beurteilung im Sinne des von der Antragstellerin eingenommenen Standpunktes gelöst. Das Rekursgericht demgegenüber die Fragen offen gelassen. Es hat in seinem Aufhebungsbeschluss allgemeine Rechtsausführungen zum Vorliegen eines Miet- oder Pachtverhältnisses sowie zur Frage, wann von einer Neuerrichtung eines Bestandobjektes im Sinn des § 1 Abs 4 Z 1 MRG auszugehen ist, gemacht, aber keine Feststellungen aufgezeigt, die notwendigerweise zu treffen wären, um die anstehenden Rechtsfragen zu beantworten. Im Ergebnis bedarf es aber gar keiner Lösung dieser Fragen. Denn selbst wenn man mit der Antragstellerin zugrundelegt, dass vorliegendenfalls ein Mietverhältnis zu beurteilen ist, das in den Vollanwendungsbereich des MRG fällt, scheitert das Begehren der Antragstellerin an der Präklusion des in Anspruch genommenen Überprüfungsrechts.

Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass der in § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG verwendete Begriff des Unternehmers mit jenem in § 1 KSchG gleichzusetzen ist, die Rügeobliegenheit des Geschäftsraummieters also nur dann besteht, wenn der Mietvertragsabschluss „zum Betrieb seines Unternehmens gehört", gleichzeitig aber kein Geschäft vorliegt, das „eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen hiefür tätigt" (§ 1 Abs 1 Z 1 und Abs 3 KSchG). Ein Mietvertragsabschluss, der sich als Gründungsgeschäft eines angehenden Unternehmers darstellt, lässt also eine Mietzinsüberprüfung nach Maßgabe des § 16 Abs 1 Z 1 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG auch ohne unverzügliche Rüge des Unternehmers zu. Dieses in § 1 Abs 3 KSchG normierte „Gründungsprivileg" steht aber nur natürlichen Personen zu, sodass bei einer Gleichsetzung des § 1 KSchG und § 16 Abs 1 Z 1 MRG enthaltenen Unternehmerbegriffes die Rügeobliegenheit nur für Gründungsgeschäfte natürlicher Personen entfällt (5 Ob 20/98x = SZ 71/19). Die Antragstellerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung traf daher die angesprochene Rügeobliegenheit (5 Ob 223/04m; RIS-Justiz RS0065176; RS0109568). Auf den konkreten Fall angewendet bedeutet das, dass die Antragstellerin bei Vertragsabschluss - spätestens im Zeitpunkt der Übergabe des Bestandobjektes den Umstand hätte rügen müssen, dass die Vereinbarung eines Hauptmietzinses in Höhe von 8 % des Nettoumsatzes der Mieterin gegen das Angemessenheitsgebot des § 16 Abs 1 MRG verstoße. Der Umstand, dass nicht ausdrücklich ein nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessener Betrag vereinbart wurde, sondern einer, der sich ausschließlich am Nettoumsatz der Mieterin orientierte, insofern also ausdrücklich von der Vorschrift des § 16 Abs 1 MRG darüber, an welchen Parametern die Angemessenheit des Mietzinses zu orientieren ist, abwich, war für die Antragstellerin ohne jeden Zweifel schon im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages erkennbar. Eine rechtzeitige Rüge war keineswegs, wie sie das darzulegen versucht, unmöglich; es hätte etwa ausgereicht, auf die Diskrepanz zur Regelung des § 16 Abs 1 MRG hinzuweisen und klarzustellen, dass sich die Antragstellerin eine Überprüfung der Angemessenheit des Mietzinses vorbehält, wenn der ziffernmäßig vorgeschriebene Betrag die Angemessenheitsgrenze des § 16 Abs 1 MRG übersteigt. Die bedingungslos aufrecht erhaltene Zustimmung zum geforderten Hauptmietzins auch noch bei Übergabe des Mietobjekts läuft der in § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG normierten Rügeobliegenheit zuwider.

Der Antragstellerin steht schon aus diesem Grund das Recht, den vereinbarten Mietzins auf seine Angemessenheit im Sinn des § 16 Abs 1 MRG im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG zu überprüfen nicht zu. Es kann daher eine Erörterung über den Ablauf der Frist des § 16 Abs 8 MRG unterbleiben.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin erweist sich damit im Sinn des Antrages auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses als berechtigt.

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