OGH 5Ob20/98x

OGH5Ob20/98x10.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Günter Wittek, H*****, vertreten durch Ing.Dr.Karl Ossana, Rechtsanwalt in Langenzersdorf, wider die Antragsgegner 1. Michael H*****, 2. Franz H*****, 3. Florian H*****, 4. Josef H*****,

5. Gottfried H*****, 6. Leopoldine N*****, 7. Friedrich H*****, 8. Edith S*****, 9. Margarete M*****, 10. Karl E*****, 11. Margit K*****, 12. Franz H*****, alle vertreten durch Immobilienverwaltung Johanna Denk, Schönbrunnerstraße 88, 1050 Wien, diese vertreten durch Dr.Johannes Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Angemessenheit des vereinbarten Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 16 Abs 1 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 2. September 1997, GZ 22 R 48/97g-39, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Mistelbach vom 1.März 1997, GZ 2 Msch 4/95m-31, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Hauptmieter eines Geschäftslokales im Haus *****, das den Antragsgegnern gehört. Der vereinbarte Mietzins für das im ursprünglichen Zustand 40,41 m2 große Objekt beträgt S 250,-- pro m2.

Der Antragsteller beantragte die Festsetzung des angemessenen Mietzinses für das genannte Bestandobjekt und brachte hiezu vor, der Mietzins von S 250,-- pro m2 Nutzfläche sei noch vor Anmeldung seines Gewerbes am 19.12.1994 vereinbart worden. Zur Unterfertigung des mündlich zustande gekommenen Mietvertrages sei es dann am 18.1.1995 gekommen. Der Antragsteller sei aufgrund des Mietvertrages berechtigt, das Objekt durch einen Zubau zu vergrößern, ohne für diesen Mietzins zahlen zu müssen.

Das Bestandobjekt sei im Zeitpunkt der Übernahme in schlechtem Zustand gewesen, sodaß der Antragsteller sämtliche Installationen sowie die Wand- und Bodenbeläge habe erneuern müssen. Insgesamt habe er rund S 1 Mio investiert. Für das Objekt sei ein Mietzins von S 40,-- pro m2 angemessen.

Die Antragsgegner bestritten und brachten vor, der Mietvertrag sei erst am 18.1.1995 abgeschlossen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt seien nur unverbindliche Vertragsverhandlungen geführt worden. Der Antragsteller habe das Objekt übernommen, ohne den Mietzins zu rügen. Der vereinbarte Hauptmietzins von S 250,-- pro m2 sei insbesondere im Hinblick auf die Ausbauberechtigung des Antragstellers sowie die Vereinbarung einer diesbezüglichen Beitragsleistung der Antragsgegner durchaus angemessen.

Das Erstgericht gab dem Sachantrag insofern Folge, als es den angemessenen monatlichen Mietzins (gemeint: Hauptmietzins) mit S 6.303,96 festsetzte und die Antragsgegner zur ungeteilten Hand verpflichtete, dem Antragsteller die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Mietzins von S 10.102,50 und dem nunmehr festgesetzten Mietzins, sohin S 3.798,54 pro Monat, beginnend mit 1.1.1995 zurückzuzahlen. Dem liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Der Antragsteller interessierte sich erstmals im Oktober 1994 für die Anmietung des gegenständlichen Geschäftslokals. Er hatte vor, darin einen Schau- und Verkaufsraum für das Hafnergewerbe, das er in Zukunft auszuüben beabsichtigte, einzurichten. Am fraglichen Lokal war ihm schon deshalb viel gelegen, weil sich der Geschäftseingang in der Hafnerstraße befindet. So hat er Ende Oktober 1994 mit den Antragsgegnern Franz H***** und Friedrich H***** das Objekt besichtigt. Er wurde von beiden als Mieter akzeptiert. Sie händigten dem Antragsteller die Schlüssel zum Geschäftslokal aus, das daraufhin der Antragsteller mit diversen Handwerkern und einem Architekten besichtigte. Der Antragsteller hatte nämlich vor, das Geschäftslokal umzugestalten und zu vergrößern. Spätestens Anfang bis Mitte Dezember 1994 waren sich die Vertragspartner zumindest darüber einig, daß der Antragsteller das Objekt um einen monatlichen Mietzins von S 250,-- pro m2 mietet. Der Antragsteller beauftragte in der Folge einen Architekten mit der Planung und Beaufsichtigung der Umbauarbeiten. Divergenzen gab es vorerst noch über die Höhe des Baukostenzuschusses, den die Antragsgegner dem Antragsteller als Abgeltung für die Umbauarbeiten zahlen sollten. Die Antragsgegner boten vorerst S 100.000,--, akzeptierten aber schließlich die Forderung des Antragstellers, S 200.000,-- zu zahlen.

Der Antragsteller legte am 16.12.1994 die Meisterprüfung ab. Bis zu diesem Zeitpunkt war er unselbständig tätig. Mit 19.12.1994 meldete er am Standort M*****, die Ausübung des handwerksmäßigen Gewerbes "Hafner" an. Zu diesem Zeitpunkt nahm er jedoch den Betrieb noch nicht auf. Sein Werkzeug hatte er in einem Schuppen in L***** gelagert, den er im Dezember 1994 angemietet hatte.

Spätestens am 1.1.1995 war der Mietvertrag zwischen den Parteien mündlich abgeschlossen. Neben einem Mietzins von S 10.102,50 monatlich sah der Mietvertrag in einer Zusatzvereinbarung vor, daß dem Antragsteller ein Baukostenzuschuß von S 200.000,-- gewährt wird und der Antragsteller berechtigt ist, einen Zubau im Ausmaß von ca 20 m2 zu errichten, wobei als Gegenleistung für die vom Antragsteller getragenen Kosten beginnend ab 1.1.1995 zehn Jahre lang kein Hauptmietzins für den Zubau in Rechnung gestellt werden sollte. Der letzte Satz des Mietvertrages lautet: "Das Bestandobjekt ist bereits übergeben und fand eine Äußerung im Sinne des § 16 Abs 1 Z 1 MRG nicht statt."

Am 9.1.1995 beantragte der Antragsteller bei der Stadtgemeinde M***** die Bewilligung für den Um- und Anbau des Geschäftslokals. Das Ansuchen war von Friedrich H***** als Grundeigentümer unterschrieben worden. Am 18.1.1995 wurde der gegenständliche Mietvertrag vom Antragsteller unterfertigt. Am 20.1.1995 fand die Bauverhandlung statt.

Der Antragsteller nahm den Betrieb seines Unternehmens erstmals Anfang bis Mitte Jänner 1995 auf. Das gegenständliche Bestandobjekt konnte er etwa ab Mai 1995 - zumindest teilweise - nutzen. Am 6.6.1995 wurde das Geschäft eröffnet.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, der Antragsteller habe den Mietvertrag zur Vorbereitung seiner künftigen unternehmerischen Tätigkeit abgeschlossen, wobei er zu diesem Zeitpunkt den Betrieb des Unternehmens noch nicht aufgenommen hatte. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 KSchG sei er nicht als Unternehmer anzusehen und unterliege daher auch nicht der in § 16 Abs 1 Z 1 MRG normierten Rügepflicht. Der angemessene Hauptmietzins betrage S 156,-- pro m2.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

Es mache für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied, ob der gegenständliche Mietvertrag schon vor Ende Dezember 1994 oder erst mit 18.1.1995 zustande gekommen ist. Maßgeblich sei allein die Feststellung, daß der Antragsteller erst am 6.6.1995 das Geschäft eröffnete.

Gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG seien Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses für einen in Hauptmiete gemieteten Gegenstand ohne die Beschränkungen der Abs 2 - 5 bis zu den für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig, wenn der Mietgegenstand nicht zu Wohnzwecken dient; ein Unternehmer, der eine Geschäftsräumlichkeit mietet, könne sich auf die Überschreitung des zulässigen Höchstmaßes nach Abs 8 erster Satz nur berufen, wenn er die Überschreitung unverzüglich, spätestens jedoch bei Übergabe des Mietgegenstandes, gerügt hat.

Die Frage, ob der Begriff des Unternehmers nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG im Sinne jenes des § 1 KSchG zu verstehen ist, sei im Gesetz nicht geregelt und - soweit überblickbar - auch in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes noch nicht beantwortet worden. Würth/Zingher führten hiezu aus, daß der Gesetzgeber zur Frage, ob er ohne besonderen Grund den sonst dem Wohnrecht fremden Begriff "Unternehmer" für den Geschäftsraummieter verwendet oder ob er ihn im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 KSchG verstanden hat, sodaß physische Personen, die den Betrieb des Unternehmens erst aufnehmen wollen, noch nicht darunter fallen, nicht Stellung genommen habe; insbesondere gebe der AB darüber keinen Aufschluß. Berücksichtige man aber, daß zunächst noch der Vollkaufmann vorgesehen gewesen sei, spreche dies für die zweite (einschränkende) Auslegung (Würth/Zingher, Wohnrecht 94, Anm 2 zu § 16).

§ 1 Abs 3 KSchG bestimme in diesem Zusammenhang, daß Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt, noch nicht im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 KSchG zu diesem Betrieb gehören. Das Gesetz weiche damit bewußt vom Handelsrecht ab, wonach unter den Begriff Handelsgeschäft im Sinne des § 343 HGB nach der ständigen Rechtsprechung und Lehre auch vorbereitende Handelsgeschäfte fallen. Voraussetzung für die Annahme eines vorbereitenden Handelsgeschäftes sei die Kaufmannseigenschaft der Vertragspartei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder die spätere Betriebsaufnahme bezüglich des bei Vertragsabschluß in Aussicht genommenen Handelsgewerbes (ecolex 1995, 553 mwN).

§ 1 Abs 3 KSchG trage jedoch dem vom Gesetzgeber angenommenen Umstand Rechnung, daß dem Verbraucher typischerweise die unternehmerische Erfahrung und die nötige Branchenkenntnis fehlt. In diese Annahme beziehe der Gesetzgeber auch den künftigen Unternehmer ein, der Vorbereitungsgeschäfte für seine unternehmerische Tätigkeit abschließt, obwohl man dem entgegenhalten könnte, daß sich werdende Unternehmer in der Regel auf ihre künftige Tätigkeit vorbereiten werden, um erforderliche Branchenkenntnis rechtzeitig zu erlangen, damit sie nicht zu Schaden kommen (Krejci in Rummel, ABGB2, § 1 KSchG Rz 48). Die rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, für diese Phase künftiger Unternehmertätigkeit noch "Verbraucherschutz" zu gewähren, müsse für alle künftigen Unternehmer - wenn auch eingeschränkt auf natürliche Personen - gelten, gleichgültig ob die von ihnen abgeschlossenen Vorbereitungsgeschäfte wegen ihrer künftigen Kaufmannseigenschaft Handelsgeschäfte sind oder nicht (ecolex 1995, 553 f).

Gründungsgeschäfte eines Verbrauchers, der Kaufmann wird, seien also gemäß § 1 Abs 3 KSchG Verbrauchergeschäfte. Im Gegensatz zu den Regeln des Handelsrechtes genieße folglich auch der werdende Kaufmann besonderen Verbraucherschutz. Die Verfasser des KSchG seien insofern bewußt von der Rechtslage des HGB abgewichen (vgl RV zum KSchG 744, BlgNR 14. GP 16). Damit hätten sie den allgemeinen Wertungswiderspruch zwischen der ständigen Rechtsprechung zur Frage der Handelsgeschäfte im Sinn des § 343 HGB einerseits und § 3 Abs 1 KSchG andererseits nicht ausreichend beachtet, doch sei dies mittlerweile in der Rechtsprechung (ecolex 1995, 553) dahingehend gelöst worden, daß Gründungsgeschäfte einer natürlichen Person jedenfalls keine Handelsgeschäfte sind (Kerschner in Jabornegg, HGB, § 343 Rz 27).

Dies bedeute für das gegenständliche Verfahren, daß der Antragsteller, der erst mit 6.6.1995 seine Tätigkeit als Hafner durch die an diesem Tag erfolgte Geschäftseröffnung begonnen hat, im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages, der jedenfalls vor diesem Datum lag, nicht als Unternehmer anzusehen sei, da der Begriff des Unternehmers nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 KSchG auszulegen sei. Es wäre nicht einzusehen, daß ein werdender Unternehmer gerade beim Abschluß von Mietverträgen schlechter gestellt würde als bei sonstigen Gründungsgeschäften für seinen zukünftigen Betrieb, zumal auch die Grundtendenz des MRG ebenfalls auf den Schutz des Mieters gegenüber ungerechtfertigten Forderungen des Vermieters gerichtet sei. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner sei daher die mit dem 3. WÄG im § 16 Abs 1 Z 1 MRG neu eingeführte Rügepflicht nur auf jene natürlichen oder juristischen Personen anzuwenden, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages Unternehmer waren. Nur an diese könnten die strengeren Vorschriften des Handelsrechtes betreffend die Rügepflicht angelegt werden, zumal sie als Kaufleute jedenfalls eines geringeren Schutzes bedürfen als Verbraucher. Eine Rüge des Mietzinses durch den Antragsteller sei somit entbehrlich gewesen.

Das Erstgericht habe aber auch den Mietzins im Sinne des § 16 Abs 1 Z 1 MRG in angemessener Höhe ausgemittelt. Die Höhe des angemessenen Mietzinses bestimme sich nach kritischer Betrachtung des für vergleichbare Bestandobjekte nach Art, Größe und Lage üblichen Mietzinses durch entsprechende Auf- oder Abschläge, die der Beschaffenheit, dem Ausstattungszustand und dem Erhaltungszustand gebührend Rechnung tragen (MietSlg 46.277 mwN). Der Sachverständige habe in seinem Gutachten, das dem erstgerichtlichen Verfahren zugrundegelegt wurde, zahlreiche Vergleichsobjekte, nämlich insgesamt 14 Geschäftslokale zur Prüfung des angemessenen Hauptmietzinses herangezogen und dementsprechend die Werte ermittelt, wobei er die im Gesetz vorgegebenen Grundsätze zur Ausmittlung des Mietzinses entsprechend berücksichtigt habe.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Auslegung des Unternehmerbegriffes in § 16 Abs 1 Z 1 MRG.

Gegen diese Entscheidung haben die Antragsgegner fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, die Entscheidungen der Vorinstanzen entweder im Sinn einer Abweisung des Sachantrages des Antragstellers abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanzen (gemeint ist: an das Gericht erster Instanz) zurückzuverweisen.

Vom Antragsteller liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den angefochtenen Sachbeschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Als Verfahrensmangel bzw als rechtsirrig rügen die Antragsgegner, daß der Fehler des Erstgerichtes, den angemessenen monatlichen "Mietzins" statt richtigerweise "Hauptmietzins" (iSd § 15 Abs 1 Z 1 MRG) festzustellen, nicht behoben wurde, also keine Korrektur des Spruchs der Entscheidung erfolgte. Das Rekursgericht hat jedoch keinen Zweifel offen gelassen, daß es immer um den Hauptmietzins ging und sich das Erstgericht insofern nur im Ausdruck vergriffen hat. Eine entsprechende Klarstellung findet sich auf Seite 2 der Ausfertigung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses. Da die Entscheidungsgründe zur Auslegung des Spruchs heranzuziehen sind (vgl SZ 60/43 ua), kann es damit sein Bewenden haben. Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor.

Ähnliches gilt für die Rüge, es hätte der Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses nicht die Nutzfläche des ursprünglich vorhandenen Geschäftslokals, sondern die Nutzfläche des derzeit bestehenden Objekts (77,59 m2) zugrundegelegt werden müssen. Auch in diesem Punkt sind die Entscheidungen der Vorinstanzen so zu verstehen, daß der angemessene Hauptmietzins - der Vereinbarung entsprechend - nur für die Dauer von 10 Jahren ab 1.1.1995 monatlich S 6.303,96 beträgt und sich dann durch die Einbeziehung der neu geschaffenen Nutzfläche entsprechend erhöhen wird. Damit ist den (vom Obersten Gerichtshof im übrigen nicht überprüfbaren) Verfahrensergebnissen Rechnung getragen; darüber hinausgehende Ungereimtheiten oder Begründungsfehler sind nicht zu erkennen (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528a und § 510 Abs 3 ZPO).

Schließlich werfen die Antragsgegner in ihrer Rüge von Verfahrensmängeln die Frage des Zeitpunktes des Mietvertragsabschlusses auf. Sie meinen, daß der Vertrag erst am 18.1.1997 zustandegekommen sei und daß dies auch ausdrücklich hätte festgestellt werden müssen, weil sich daraus die Nichteinhaltung der Rügepflicht des Antragstellers ergebe. Am 18.1.1997 sei er nämlich bereits als gewerblicher Unternehmer tätig gewesen. Zu Recht hat jedoch schon das Rekursgericht diese Argumentation der Rechtsrüge zugeordnet. Es wird im Rahmen der rechtlichen Beurteilung darauf einzugehen sein.

Im Mittelpunkt der rechtlichen Erörterung steht die Frage, ob der in § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz verwendete Begriff des Unternehmers mit jenem in § 1 KSchG gleichzusetzen ist, ob also die Rügeobliegenheit des Geschäftsraummieters nur dann besteht, wenn der Mietvertragsabschluß "zum Betrieb seines Unternehmens gehört" (Abs 1 Z 1 leg cit), gleichzeitig aber kein Geschäft vorliegt, das "eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt" (Abs 3 leg cit). Die diesbezügliche Rechtsansicht des Rekursgerichtes, ein Mietvertragsabschluß, der sich als Gründungsgeschäft eines angehenden Unternehmers darstellt, lasse (innerhalb der Verjährungsfrist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG) eine Mietzinsüberprüfung nach Maßgabe des § 16 Abs 1 Z 1 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG auch ohne unverzügliche Rüge des Unternehmers zu, trifft nach Ansicht des erkennenden Senates im wesentlichen zu, sodaß mangels stichhältiger Gegenargumente der Rechtsmittelwerber mit einer kurzen Zusatzbegründung das Auslangen gefunden werden kann (§ 37 Abs 1 Z 16 MRG iVm 528a und § 510 Abs 3 ZPO).

Vorweg ist, um Mißverständnisse zu vermeiden, darauf hinzuweisen, daß das in § 1 Abs 3 KSchG normierte "Gründungsprivileg" nur natürlichen Personen zusteht, sodaß bei einer Gleichsetzung des in § 1 KSchG und § 16 Abs 1 Z 1 MRG enthaltenen Unternehmerbegriffs die Rügeobliegenheit nur für Gründungsgeschäfte natürlicher Personen entfällt. Hier ist der Antragsteller ohnehin eine natürliche Person. Die beiläufige Bemerkung des Rekursgerichtes, die mit dem 3. WÄG eingeführte Rügepflicht des Geschäftsraummieters gelte nur für jene natürlichen oder juristischen Personen, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages Unternehmer waren (ON 39, 5), stellt daher - wie immer man sie versteht - das richtige Ergebnis der Entscheidung nicht in Frage. Es ist aber klarzustellen, daß dieser Teil der rekursgerichtlichen Rechtsausführungen mit dieser Entscheidung nicht gebilligt werden soll.

Offen bleiben kann außerdem, ob die Befreiung des Unternehmensgründers von der in § 16 Abs 1 Z 1 MRG festgelegten Rügeobliegenheit immer bis zur Aufnahme seines Betriebes im angemieteten Geschäftslokal andauert. Pfiel, der sich mit dieser Problematik beschäftigte (Mietzins und Rügepflicht des Unternehmers bei Anmietung einer Geschäftsräumlichkeit, immolex 1997, 271 ff und 303 ff), meint, daß der Gesetzgeber mit dieser Regelung der typischen Unerfahrenheit des erstmaligen Unternehmensgründers Rechnung tragen wollte, sodaß es nicht darauf ankommen könne, ob Erfahrungen in gerade jenem Unternehmenszweig fehlen, der im angemieteten Geschäftslokal ausgeübt werden soll (aaO, 275). Folgerichtig wäre bei Prüfung der Unternehmereigenschaft nicht auf die Betriebsaufnahme im angemieteten Objekt abzustellen, wie es das Rekursgericht getan hat, indem es die Vorgänge zwischen Ende Dezember 1994 und Anfang Juni 1995 vernachlässigte, sondern schlechthin auf den Beginn der Unternehmertätigkeit. Auch in diesem Punkt ist eine endgültige Festlegung nicht erforderlich, sodaß die Bestätigung der rekursgerichtlichen Entscheidung nicht die Billigung der Rechtsansicht bedeutet, die Anmietung eines Geschäftslokals anläßlich der Neugründung eines Unternehmens könne nie eine Rügeobliegenheit des Mieters auslösen, weil die Unternehmereigenschaft iSd § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG immer erst mit der Aufnahme des im Mietobjekt situierten Unternehmens erworben werde. Hier steht fest, daß der Antragsteller den Betrieb seines Unternehmens erstmals Anfang bis Mitte Jänner 1995 aufnahm. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlte ihm jegliche unternehmerische Erfahrung. Spätestens am 1.Jänner 1995 wurde der Mietvertrag über das verfahrensgegenständliche Geschäftslokal mündlich abgeschlossen. In der am 18.1.1995 unterfertigten Vertragsurkunde ist festgehalten, daß das Objekt bereits übergeben wurde. Unabhängig davon, welche Bedeutung der Aufnahme des Betriebes im verfahrensgegenständlichen Geschäftslokal (am 6.Juni 1995) zukommt, ist daher jedenfalls davon auszugehen, daß den Antragsteller keine Rügeobliegenheit traf, weil ihm beim Mietvertragsabschluß die Unternehmereigenschaft iSd § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG fehlte. Nach Übergabe des angemieteten Geschäftslokals, die nach den zitierten Feststellungen praktisch mit der erstmaligen Betriebsaufnahme zusammenfiel, war dem Antragsteller eine Rüge der Mietzinshöhe gar nicht mehr möglich (arg. "spätestens bei Übergabe" in § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG), sodaß ihm deren Unterlassung auch nicht schaden kann.

Im übrigen ist den rekursgerichtlichen Rechtsausführungen nur noch hinzuzufügen, daß sich die Judikaturlinie, wonach Gründungsgeschäfte eines Verbrauchers zur Aufnahme eines Handelsgewerbes zwar Handelsgeschäfte iSd HGB, aber keine Unternehmergeschäfte iSd KSchG sind, bis in die jüngste Zeit verfolgen läßt (ecolex 1997, 922), und daß die Gleichsetzung des Unternehmerbegriffs in § 1 KSchG und § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG nicht nur von Würth/Zingher (Wohnrecht 94, Rz 3 zu § 16 MRG), sondern auch von Pfiel (aaO) vertreten wird. Die von den Rechtsmittelwerbern bezogene Gegenposition hält einer Überprüfung nicht Stand:

Mit dem Argument, es sei für Vermieter unhaltbar, eine natürliche Person, die in der Gründungsphase ihres Unternehmens ein Geschäftslokal mietete, während der langen Dauer des Mietverhältnisses nie als Unternehmer behandeln zu können, obwohl sie doch als Unternehmer tätig sei, stellen die Rechtsmittelwerber offensichtlich die Anwendbarkeit des Unternehmerbegriffs des KSchG für Dauerschuldverhältnisse in Frage. Die dadurch geschaffene (von den Vermietern hinzunehmende) Rechtslage entspricht jedoch nur der, die auch ein Unternehmer-Mieter durch eine rechtzeitige Rüge der Ungesetzlichkeit des Mietzinses herbeiführen könnte. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG verlängert das Gründungsprivileg des Neuunternehmers lediglich die Frist für die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses um regelmäßig 36 bis 42 Monate. Eine unverhältnismäßige Benachteiligung von Vermietern, die Geschäftslokale Unternehmensgründern statt etablierten Unternehmern zur Verfügung stellen, ist daraus nicht abzuleiten.

Dem Argument, eine strikte Anwendung des § 1 Abs 3 KSchG auf den Unternehmerbegriff des § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG würde dazu führen, daß es fast keine natürlichen Personen mehr gäbe, die als Unternehmermieter behandelt werden können, weil die Anmietung eines Geschäftslokals immer als Vorbereitungshandlung zur Aufnahme des Geschäftsbetriebes anzusehen sei, ist damit die Spitze zu nehmen, daß die Rügeobliegenheit des Geschäftslokalmieters schlechthin mit seiner unternehmerischen Erfahrung (in welchem Unternehmenszweig auch immer) bzw mit Erfahrungen als Unternehmer bei der Geschäftsraumbeschaffung verknüpft wird. Insoweit mag eine Adaptierung des dem KSchG entnommenen Unternehmerbegriffs des § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG angezeigt sein. Hier fehlte dem Antragsteller beim Mietvertragsabschluß ohnehin jegliche unternehmerische Erfahrung, sodaß ihm in analoger Anwendung des § 1 Abs 3 KSchG das Gründungsprivileg einer Befreiung von der Rügeobliegenheit des § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG jedenfalls zuzugestehen ist, ohne die Grenzen der Analogie ausloten zu müssen.

Auch wenn der Gesetzgeber mit der Wahl des Begriffes "Unternehmer" in § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG den Kreis rügepflichtiger Personen weiter ziehen wollte als er mit dem Begriff "Kaufmann" umschrieben wäre, ist daraus nicht abzuleiten, daß er - wegen der Vermeidung handelsrechtlicher Bezüge - eine Analogie zum Unternehmerbegriff des KSchG ausschloß. Gerade das Gegenteil ist der Fall, hat doch der Gesetzgeber den Unternehmerbegriff des KSchG bewußt weit gefaßt und die handelsrechtlichen Kategorien des Kaufmanns oder des Handelsgewerbes verlassen (vgl Krejci in Rummel2, Rz 14 zu § 1 KSchG). Auch der dem KSchG und dem MRG gleichermaßen immanente Zweck, bei ungleichgewichtigen Vertragslagen den Schwächeren zu schützen, legt einen weitgehend synonymen Gebrauch der Begriffe nahe (vgl die Judikatur zu § 9a UWG, zuletzt etwa 4 Ob 2264/96m). Die von den Rechtsmittelwerbern vorgeschlagene Analogie zum Unternehmerbegriff des UStG ist dagegen wegen des andersartigen Regelungszwecks dieses Gesetzes abzulehnen.

Schließlich ist dem Argument der Rechtsmittelwerber entgegenzutreten, die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit und damit die Erlangung der Unternehmereigenschaft iSd § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG sei mit der Anmeldung des Gewerbes (im konkreten Fall am 19.12.1994) gleichzusetzen. Wie bereits erwähnt, ging es dem Gesetzgeber darum, das Fehlen unternehmerischer Erfahrung des Geschäftslokalmieters zu berücksichtigen. Es liegt auf der Hand, daß unternehmerische Erfahrung nicht mit der Anmeldung eines Gewerbes bei der Behörde, sondern mit dessen tatsächlicher Ausübung erworben wird. Hier hat der Antragsteller seinen Gewerbebetrieb frühestens zeitgleich mit der Anmietung des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokals aufgenommen, sodaß er beim Vertragsabschluß noch nicht Unternehmer iSd § 16 Abs 1 Z 1 letzter Halbsatz MRG war.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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