Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:
„Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Campingäste, die sich zum Campieren auf dem Campingplatz 'S*****' des Klägers entschlossen haben, dadurch abzuwerben, dass sie behauptet, der Aufenthalt am klägerischen Campingplatz sei doppelt so teuer wie der Aufenthalt am Campingplatz der erstbeklagten Partei. Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Campinggäste, die sich zum Campieren auf dem Campingplatz 'S*****' der klagenden Partei entschlossen haben, auf die Art und Weise abzuwerben, indem die beklagten Parteien sie auffordern, den Campingplatz der klagenden Partei zu verlassen und sodann den Aufenthalt auf dem Campingplatz der erstbeklagten Partei zu nehmen; hilfsweise, die erstbeklagte Partei sei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, dass der Aufenthalt am klägerischen Campingplatz 'S*****' doppelt so teuer ist wie der Aufenthalt am Campingplatz der erstbeklagten Partei,
die zweitbeklagte Partei sei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ganz allgemein zu behaupten, dass der Aufenthalt am klägerischen Campingplatz 'S*****' doppelt so teuer ist wie der Aufenthalt am Campingplatz der erstbeklagten Partei, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei dessen mit 4.722,37 EUR (darin 787,05 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei dessen mit 6.797 EUR (darin 1.132,82 EUR USt) bestimmten halben Kosten des Verfahrens erster und dritter Instanz sowie 989,12 EUR anteilige Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger betreibt in K***** am R***** einen Campingplatz. In dessen unmittelbarer Nachbarschaft liegt ein Campingplatz, den der Zweitbeklagte vom erstbeklagten Grundstückseigentümer gepachtet hat. 2004 war der Campingplatz des Klägers im ADAC-Camping-Caravaning-Führer als Teilnehmer des „ADAC-Spartipp" angeführt; Inhaber von ADAC-Spartipp-Scheinen bezahlten vom 1. 3. bis 31. 3. sowie vom 1. 10. bis 30. 11. pro Nacht 13 EUR zuzüglich Kurtaxe für Stellplatz, Warmdusche und Strom für zwei Personen. Der vom Zweitbeklagten gepachtete Campingplatz war 2004 Mitglied beim Netzwerk „Camping-Cheque"; Campinggäste können derartige Camping-Cheques im Voraus erwerben und sie dann im Rahmen eines Aufenthalts bei den jeweiligen Mitgliedsbetrieben einlösen. Am 6. 10. 2004 kam ein niederländisches Ehepaar mit Wohnwagen zum R*****, weil ihnen bekannt war, dass es dort einen Campingplatz gibt, bei dem man „Camping-Cheques" einlösen kann. Die Ehegatten hatten auf ihrer Reise sowohl Cheques des Netzwerks „Camping-Cheque" als auch ein Heft mit ADAC-Spartipp-Scheinen mit; sie wussten nicht, dass sich am See zwei unmittelbar benachbarte Campingplätze befinden. Sie fuhren zunächst beim Campingplatz des Klägers ein, wo ihnen von einer Mitarbeiterin ein Stellplatz zugewiesen und der Stromanschluss hergestellt wurde. Die Mitarbeiterin teilte den neuen Gästen mit, dass die Rezeption am Abend wieder besetzt sei und dann die Anmeldung vorgenommen werden könne. Als sich die Niederländerin gegen Abend an der Rezeption anmelden wollte, war das Büro noch immer unbesetzt. Sie ging daraufhin spazieren und kam auch zum Kiosk des benachbarten Campingplatzes. Sie kam dort mit dem Zweitbeklagten ins Gespräch, der sie fragte, ob sie mit dem Wohnwagen auf dem Nachbarplatz stehe, und sich als Chef des Campingplatzes vorstellte. Der Zweitbeklagte forderte die Niederländerin auf, schnell auf seinen Platz zu kommen, weil sie auf dem Campingplatz des Klägers doppelt soviel zahlen müsse wie bei ihm; um die Differenz könne sie in seinem Restaurant gut essen. Er wies auch darauf hin, dass ab dem nächsten Tag ein genauso schöner Platz frei sei, wie jener, welchen die Gäste jetzt auf dem Campingplatz des Klägers hätten. Der Zweitbeklagte erwähnte in diesem Gespräch nicht, dass sein Platz nur dann günstiger sei, wenn am Platz des Klägers der Vollpreis ohne Ermäßigung gezahlt werde, von ADAC-Spartipp-Scheinen war nicht die Rede. Auf Grund dieses Gesprächs verließ das niederländische Ehepaar noch am selben Tag den Campingplatz des Klägers und bezog einen Stellplatz auf dem Campingplatz der Beklagten. Am Morgen des nächsten Tages zeigte ihnen der Erstbeklagte verschiedene Stellplätze am Campingplatz, von denen keiner ihre Zustimmung fand. Die Niederländerin nahm daraufhin Kontakt mit der Rezeptionistin des Campingplatzes des Klägers auf und erkundigte sich nach dem Preis einer Übernachtung. Dabei stellte sich heraus, dass sie als Inhaberin der „Spartipp-Scheine" beim Campingplatz des Klägers sogar weniger zahlen musste als auf dem Campingplatz der Beklagten. Da den Gästen der Stellplatz auf dem Campingplatz des Klägers besser gefiel und sie über das Verhalten des Zweitbeklagten entrüstet waren, zahlten sie die eine Übernachtung am Platz der Beklagten mittels „Camping-Cheque" (13,50 EUR zuzüglich 3,60 EUR für Kurtaxe und Umweltabgabe) und übersiedelten wieder auf den Campingplatz des Klägers. Dort zahlten sie 14,60 EUR pro Übernachtung inklusive Kurtaxe. Bei ihrer Entscheidung, den Platz neuerlich zu wechseln, spielten die „Camping-Cheques" keine Rolle. In der Nebensaison 2004 kostete der Platz des Klägers pro Nacht ohne Ermäßigung 19 EUR, der Platz der Beklagten 24,90 EUR. Der Kläger begehrte mit seiner am 2. 3. 2005 überreichten Klage, die Beklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Campinggäste, die sich zum Campieren auf dem Campingplatz „S*****" des Klägers entschlossen haben, „auf die Art und Weise abzuwerben, indem die Beklagten sie auffordern", den Campingplatz des Klägers zu verlassen und sodann den Aufenthalt auf dem Campingplatz des Erstbeklagten zu nehmen. Die Beklagten hätten am 6. 10. 2004 niederländische Gäste des Campingplatzes des Klägers abgeworben, indem der Zweitbeklagte ua behauptet habe, am Campingplatz des Klägers müssten sie doppelt soviel zahlen wie bei ihm. Dieses Verhalten sei wettbewerbswidrig. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die angeblich abgeworbenen Gäste seien über den Katalog „Camping-Cheque" auf den Platz des Zweitbeklagten aufmerksam geworden und hätten für dieses Netzwerk erforderliche Cheques im Voraus erworben. Bei der Anreise am 6. 10. 2004 seien sie offenbar irrtümlich auf den Campingplatz des Klägers gelangt. Dieser habe den Irrtum nicht aufgeklärt. Die Gäste des Klägers hätten den Zweitbeklagten gefragt, ob bei ihm Camping-Cheques eingelöst werden könnten. Damit sei für den Zweitbeklagten klar gewesen, dass die Gäste irrtümlich auf den Campingplatz des Klägers gelangt seien. Er habe erklärt, dass diese Cheques nur auf seinem Platz eingelöst werden könnten. Daraufhin hätten sich die Gäste entschlossen, auf den Campingplatz des Zweitbeklagten zu wechseln. Am nächsten Tag habe sich der Kläger offenbar an die Gäste gewandt und ihnen für den Aufenthalt einen Spezialpreis angeboten, der sie dazu bewogen habe, wieder auf den Campingplatz des Klägers zurückzukehren; somit habe der Kläger die Gäste des Zweitbeklagten abgeworben.
In der mündlichen Streitverhandlung am 20. 10. 2005 stellte der Kläger das Eventualbegehren, die Beklagten seien schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, zu behaupten, dass der Aufenthalt am klägerischen Campingplatz doppelt so teuer sei als [gemeint: wie] der Aufenthalt am Campingplatz des Erstbeklagten. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Eventualbegehrens wegen Verjährung.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren gegenüber dem Zweitbeklagten Folge und wies Haupt- und Eventualbegehren gegenüber dem Erstbeklagten ab. Der Zweitbeklagte habe wettbewerbswidrig gehandelt, weil er Gäste des Klägers mit wahrheitswidrigen Behauptungen von dessen Campingplatz weggelockt habe. Der Erstbeklagte hafte als Verpächter des Campingplatzes nicht für das Verhalten des Zweitbeklagten.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, das es das gesamte Klagebegehren abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Hauptbegehren ziele darauf ab, den Beklagten zu verbieten, Campinggäste des Klägers dadurch abzuwerben, dass sie aufgefordert würden, den Platz des Klägers zu verlassen und Aufenthalt auf dem Platz des Zweitbeklagten zu nehmen. Diese Form der Abwerbung sei für sich allein gesehen nicht wettbewerbswidrig. Ein sich am konkreten Wettbewerbsverstoß orientierendes Einzelverbot enthalte das Hauptbegehren hingegen nicht. Es sei daher als zu weitgehend und unbestimmt abzuweisen. Das Eventualbegehren sei verjährt, weil es erst mehr als ein Jahr nach Kenntnis des Klägers von der Gesetzesverletzung und von der Person des Verletzers erhoben worden sei. Die nur das Hauptbegehren enthaltende Klage habe die Verjährung des Eventualbegehrens nicht unterbrochen, weil es sich dabei um einen anderen Anspruch handle. Der Erstbeklagte habe selbst nicht wettbewerbswidrig gehandelt und betreibe auch den Campingplatz nicht; als Verpächter habe er für allfällige Wettbewerbsverstöße des Pächters nicht einzustehen, weil dieser den Campingplatz kraft eigenen Rechts und auf eigene Rechnung betreibe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
1. Der Kläger macht geltend, er habe mit dem Eventualbegehren kein neues Begehren gestellt, sondern das - innerhalb der Verjährungsfrist erhobene - zu allgemein und damit zu weit gefasste Klagebegehren durch ein bestimmtes Einzelverbot ausreichend konkretisiert.
2. Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen (RIS-Justiz RS0037794 [T3]), also die kurze und vollständige Angabe der rechtserzeugenden Tatsachen. Das Gericht hat im Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes jenen Sachverhalt zu beurteilen, den ihm die Parteien unterbreiten (4 Ob 12/02x = ÖBl 2002, 297 - Internationales Kultur- und Filmfestival mwN). Der prozessuale Begriff des Streitgegenstands wird durch das Klagebegehren und den rechtserzeugenden Sachverhalt bestimmt (RIS-Justiz RS0037419 [T2, T5]).
3. Wird die Unvollständigkeit eines Vorbringens dadurch beseitigt, dass in einem Schriftsatz die im Einzelnen beanstandeten Werbeaussagen konkret bezeichnet und zugleich ein durch konkrete Einzelverbote ergänztes Eventualbegehren erhoben wird, liegt in einer solchen Ergänzung und Vervollständigung des Klagevorbringens keine Geltendmachung neuer Ansprüche (4 Ob 317/86; 4 Ob 333/87 = ÖBl 1988, 17 - Autobus-Werbefahrten; RIS-Justiz RS0079932).
4. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens schon in der Klage (ua) damit begründet, dass der Zweitbeklagte durch unrichtige Angaben über die Höhe der Nächtigungskosten am Campingplatz des Klägers Gäste für seinen eigenen Platz abgeworben habe. Das Klagevorbringen enthält somit bereits den Vorwurf, zwecks Kundenfangs einen unrichtigen Preisvergleich angestellt zu haben, also die Schilderung jenes konkreten Wettbewerbsverstoßes, den der Kläger offenbar später zum Gegenstand seines Eventualbegehrens machen wollte, ohne aber den - im Hauptbegehren enthaltenen - Bezug zu Abwerbevorgängen herzustellen.
5. Dieser Bezug ist notwendig, weil erst damit das beanstandete Verhalten konkret umschrieben wird. Das Klagehauptbegehren enthält diesen Bezug, ist aber zu weit gefasst, weil es ganz allgemein auf das Abwerben von Gästen des Klägers abstellt, ohne eine konkrete Begehungsform zu nennen, die erst die Sittenwidrigkeit iSd § 1 UWG nach sich zieht. Mit der Einschränkung dieses zu weiten Klagebegehrens durch das Eventualbegehren auf eine konkrete Form der Abwerbung - nämlich durch das Aufstellen unwahrer Behauptungen über das Unternehmen des Klägers - wird somit kein neuer Wettbewerbsverstoß geltend gemacht, sondern das Klagebegehren konkretisiert.
6. Der in der Klage geschilderte Abwerbe-Vorfall hat sich am 6. 10. 2004 ereignet; die Klage wurde am 2. 3. 2005 überreicht. Wie zuvor aufgezeigt, geht das mit Eventualantrag gestellte Begehren nicht über den in der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch hinaus, sondern war schon darin enthalten. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 20 Abs 1 UWG wurde somit bereits durch die Klage unterbrochen.
7. Es gehört zum Wesen des freien Wettbewerbs, durch ein attraktiveres Angebot zielbewusst in den Kundenkreis von Konkurrenten einzudringen. Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist daher nicht schon an sich wettbewerbswidrig (RIS-Justiz RS0078521). Ein Verstoß gegen § 1 UWG kann aber vorliegen, wenn besondere wettbewerbsverfälschende Umstände hinzutreten (4 Ob 66/06v). Dabei kommen insbesondere irreführende Geschäftspraktiken in Betracht (RIS-Justiz RS0078531 [T2]; vgl auch RIS-Justiz RS0077756 [T2] = RS0077518 [T4]; RS0078521 [T4]).
8. Wer Gäste eines Mitbewerbers durch unwahre Angaben über dessen Preise für das eigene Unternehmen abwirbt, beeinträchtigt den freien Willensentschluss des Kunden mit unlauteren Mitteln, verfälscht den Wettbewerb und verstößt damit gegen § 1 UWG (vgl RIS-Justiz RS0077756 [T2] = RS RS0077518 [T4]; RS0078521 [T4]). Dem Eventualbegehren gegen den Zweitbeklagten war daher mit der Einschränkung Folge zu geben, dass unrichtige Preisangaben zu Abwerbezwecken untersagt werden.
9. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Erstbeklagte keine Gäste des Klägers abgeworben oder an der Abwerbung durch den Zweitbeklagten mitgewirkt. Als Verpächter haftet er nicht für Wettbewerbsverstöße des Pächters seines Unternehmens (4 Ob 313/78 = ÖBl 1979, 23 - Austriatrans III).
- 10. Der Revision war teilweise Folge zu geben.
- 11. Die Kostenentscheidung ist in § 41 Abs 1 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO begründet. Im Verfahren erster und dritter Instanz hat der Kläger gegenüber einem von zwei Beklagten obsiegt; ihm ist Kostenersatz in Höhe der Hälfte der Gesamtkosten der beiden Beklagten gegenüber dem obsiegenden Erstbeklagten aufzuerlegen und die Hälfte seiner eigenen Kosten gegenüber dem unterlegenen Zweitbeklagten zuzusprechen; die Barauslagen des Klägers trägt dieser mit dem Zweitbeklagten je zur Hälfte. Kosten für Kopien hat der Kläger nicht bescheinigt (§ 54 Abs 1 ZPO). Im Verfahren zweiter Instanz blieben sowohl Kläger als auch Zweitbeklagter erfolglos; insoweit werden ihre Kosten gegeneinander aufgehoben.
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