Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Partei veranstaltete mit ihren Autobussen unter anderem auch eintägige Werbefahrten, für welche sie mit Postwurfsendungen warb.
Mit der am 16. Oktober 1985 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, Reiseveranstaltungen anzukündigen oder durchzuführen, bei denen durch das Fahren mit einer unzureichenden Anzahl an erforderlichen Lenkern die Gefahr der Überforderung und Übermüdung zufolge Verstoßes gegen Schutzvorschriften (§§ 14 ff AZG, § 58 StVO) gegeben ist; weiters verlangt die klagende Partei die Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteilsspruches auf Kosten der beklagten Partei in einer Samstag-Ausgabe der "N*** K*** Z***" und des "K***". Um ihre Werbefahrten zu einem besonders günstigen Preis anbieten zu können, verletze die beklagte Partei planmäßig die Vorschriften des § 58 StVO und der §§ 14 bis 16 AZG. Sie veranstalte Werbefahrten von Wien in die Bundesrepublik Deutschland, bei denen ein Autobuslenker von 4,00 Uhr früh bis gegen oder nach Mitternacht fahren müsse; dabei komme es sowohl zu einer Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit als auch zur Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Pausen. Die beklagte Partei erlange dadurch unter Gefährdung der Sicherheit der Fahrgäste und der sonstigen Verkehrsteilnehmer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern, die solche Fahrten nur mit zwei Lenkern bewältigen könnten.
Die beklagte Partei beantragte, die Klage abzuweisen. Die Klage sei unschlüssig, da nicht angeführt sei, bei welcher Autobusfahrt es zu einem Gesetzesverstoß gekommen sei. Das Vorbringen sei unüberprüfbar, es werde daher vorsichtshalber Verjährung eingewendet. Wenn die beklagte Partei so lange dauernde Autobusfahrten selbst durchführe, setze sie zwei Chauffeure ein. Es sei zwar möglich, daß andere Autobusunternehmer als Subunternehmer diese Vorschriften nicht eingehalten hätten, doch habe die beklagte Partei darauf keinen Einfluß und daher für diese nicht zu haften. Im übrigen sei in der Nichteinhaltung von Dienstnehmerschutzvorschriften überhaupt kein Wettbewerbsverstoß zu erblicken.
Die klagende Partei ergänzte ihr Vorbringen über Aufforderung des Erstgerichtes dahin, daß die beanstandeten Werbefahrten am 11. Mai 1985 nach Schönrabn (Bundesrepublik Deutschland) und Kufstein sowie am 7. Juni 1985 nach Berchtesgaden durchgeführt worden seien. Von den Gesetzesverstößen habe sie erst Mitte Juli 1985 erfahren.
Die beklagte Partei hielt ihren Verjährungseinwand im Hinblick darauf, daß die beanstandeten Vorfälle erst mit einem am 20. Februar 1986 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz geltend gemacht worden seien, aufrecht und wendete ergänzend ein, daß diese Fahrten zwar nur ein Lenker unternommen, dieser aber die vorgeschriebenen Arbeits- und Ruhezeiten eingehalten habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es hielt folgenden Sachverhalt für erwiesen:
Die beklagte Partei kündigte durch Postwurfsendungen eine Fahrt nach Kufstein am 11. Mai 1985 mit der Abfahrt von Witzelsdorf um 4,07 Uhr und eine Fahrt zum Obersalzberg am 7. Juni 1985 mit der Abfahrt von Groß-Schweinbarth um 4,10 Uhr an. Wann der Autobuslenker der beklagten Partei an diesen Tagen seinen Dienst angetreten hatte, steht nicht fest; es muß dies jedenfalls vor den Abfahrtszeiten gewesen sein, also zumindest um 4,00 Uhr früh. Die im Autobus befindliche Schlafkabine konnte der Chauffeur jeweils vor und nach der Fahrt sowie während der Pausen benützen. Er hatte vom Geschäftsführer der beklagten Partei den Auftrag erhalten, die Fahrgäste an den Einsteigstellen aufzunehmen, sie zu einer Verkaufsschau in der Nähe von Freilassing und sodann nach Kufstein bzw. zum Königssee zu bringen, wo er den Aufenthalt nach den Wünschen der Fahrgäste einrichten sollte, und dann wieder zurückzufahren.
Die Fahrt am 11. Mai 1985 endete nach längeren Pausen von 6,42 Uhr bis 7,20 Uhr, 10,33 Uhr bis 14,40 Uhr und von 16,05 Uhr bis 17,35 Uhr nicht vor 21,10 Uhr. Am 7. Juni 1985 machte der Autobuslenker Pausen von 8,20 Uhr bis 8,52 Uhr, von 10,40 Uhr bis 14,00 Uhr, von 15,05 Uhr bis 16 Uhr und von 18,15 Uhr bis 19,20 Uhr. Auch diese Fahrt endete nicht vor 21,20 Uhr.
Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die sechsmonatige Verjährungsfrist nach § 20 Abs. 1 UWG nach dem Klagevorbringen zwar erst Mitte Juli 1985 zu laufen begonnen habe, durch die Klageeinbringung am 16. Oktober 1985 aber nicht unterbrochen worden sei, weil die beanstandeten Wettbewerbshandlungen erst am 20. Februar 1986 geltend gemacht worden seien. Bis dahin sei die Klage nicht schlüssig gewesen und habe in ihrer Allgemeinheit nicht dem Erfordernis entsprochen, die anspruchsbegründenden Tatsachen konkret und vollständig anzugeben. Nur eine schlüssige Klage bewirke aber eine Unterbrechung der Verjährung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei. Die vom Berufungswerber als mangelhaft bekämpften Feststellungen über die Lenkzeiten wurden als nicht entscheidungswesentlich nicht übernommen. Auch das Berufungsgericht vertrat nämlich die Rechtsauffassung, daß der Unterlassungsanspruch verjährt sei. Die Klage sei mangels Tatsachenvorbringens derart unbestimmt, daß sie wegen Unschlüssigkeit abzuweisen gewesen wäre. Es sei unklar geblieben, welche konkreten Wettbewerbsverstöße beanstandet würden. Die klagende Partei habe die inkriminierten Fahrten erst in dem am 20. Februar 1986 überreichten Schriftsatz hinreichend bestimmt und damit die beklagte Partei im Sinne des § 1497 ABGB erstmals wegen des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes belangt. Zu diesem Zeitpunkt sei aber die Frist des § 20 Abs. 1 UWG bereits abgelaufen gewesen; da jede Fahrt eine Einzelhandlung sei, liege auch kein Dauerzustand im Sinne des § 20 Abs. 2 UWG vor.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.
Der Revision kommt im Sinne des Aufhebungsantrages Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Der klagenden Partei ist beizupflichten, daß das Verfahren vor dem Berufungsgericht insofern mangelhaft geblieben ist, als sich das Gericht zweiter Instanz auf Grund seiner Rechtsansicht, das Klagebegehren sei schon nach dem Inhalt der Klage verjährt, nicht mit der Mängelrüge der klagenden Partei auseinandersetzte. Es ist zwar richtig, daß der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei nach § 20 Abs. 1 UWG verjährt gewesen wäre, wenn der beanstandete Wettbewerbsverstoß tatsächlich erst mit dem am 20. Februar 1986 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz geltend gemacht worden wäre. Nach dieser Gesetzesstelle verjähren die im UWG bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung nach sechs Monaten, nachdem der Anspruchsberechtigte von der Gesetzesverletzung und von der Person des Verpflichteten erfahren hat. Es trifft weiters zu, daß eine Klage die Verjährung immer nur für die ihn ihr geltend gemachten Ansprüche unterbricht (Schubert in Rummel, ABGB, § 1497 Rz 6; DRdA 1982, 47 ua).
Die klagende Partei begründete ihren Unterlassungsanspruch schon in der Klage damit, daß die beklagte Partei die Vorschriften des § 58 StVO und der §§ 14 bis 16 AZG dadurch "planmäßig" verletze, daß sie ihre Autobuslenker auf Werbefahrten von Wien in die Bundesrepublik Deutschland von 4,00 Uhr früh bis Mitternacht allein fahren lasse, um sich dadurch unter Preisgabe der Sicherheit der Fahrgäste die Kosten eines zweiten Chauffeurs zu sparen und so einen Kostenvorteil vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Dieses Klagevorbringen enthält entgegen der Ansicht der Vorinstanzen bereits den Vorwurf konkreter Gesetzesverstöße; die Klage war daher nicht unschlüssig, sondern in ihrer Klageerzählung wegen des Fehlens der Daten der Fahrten lediglich ergänzungsbedürftig. Diese Unvollständigkeit konnte im Rahmen der materiellen Prozeßleitung ohne weiteres behoben werden (Fasching Zivilprozeßrecht Rz 655 und 1042). Daraus folgt aber, daß die ergänzende Anführung der Daten und der in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Ziele der Werbefahrten keine neue oder gar klageändernde Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen sein kann; neue Ansprüche wurden damit nicht erhoben. Der Klageführung muß daher Unterbrechungswirkung hinsichtlich der Verjährung des Unterlassungsanspruches zuerkannt werden.
Die weitere Frage, ob die behauptete Nichteinhaltung von Arbeitszeitvorschriften als Wettbewerbsverstoß angesehen werden kann, ist wegen des Fehlens jeglicher Sachverhaltsfeststellungen noch nicht spruchreif. Die Bestimmungen der §§ 14 bis 16 AZG über die Arbeits- und Lenkzeit, die Lenkpausen und die Einsatzzeit, sowie jene des § 58 StVO über das Lenken von Fahrzeugen sind zwar an sich wettbewerbsneutral, da sie dem Arbeitnehmerschutz und der Sicherheit des Straßenverkehrs dienen; sie sind entgegen der Ansicht der klagenden Partei auch nicht den Vorschriften zum Schutz der Volksgesundheit zuzurechnen. Ihre Verletzung kann aber jedenfalls dann sittenwidrig sein, wenn der beklagten Partei eine auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung von Rechtsvorschriften zur Last fällt (SZ 56/2 ua); es ist wettbewerbswidrig, wenn sich ein Wettbewerber durch Mißachtung von Bindungen, die für alle gelten, zu Lasten seiner gesetzestreuen Konkurrenten einen nicht durch Leistung legitimierten Vorsprung verschafft (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht 467; Baumbach-Hefermehl Wettbewerbsrecht 14 , 215 und 809 ff EinlUWG RN 117, § 1 dUWG RN 546 bis 558). Eine solche schuldhafte Verletzung von Vorschriften, durch die sich die beklagte Partei Vorteile im Wettbewerb verschaffen will, wurde von der klagenden Partei behauptet; dazu wird aber das Berufungsgericht erst Stellung zu nehmen haben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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