Spruch:
Beide Revisionsrekurse werden gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 1.776,60 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 296,10 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Rekursgericht hat dem Beklagten nach § 2 UWG verboten, bei der Durchführung von Fahrschulaußenkursen mit einer anderen Fahrschulbezeichnung aufzutreten als mit dem für den (Haupt-)Standort bewilligten Fahrschulnamen, wodurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der unrichtige Eindruck erweckt werde, es würde sich um selbstständige Fahrschulen an unterschiedliche Standorten handeln. Das Mehrbegehren, dem Beklagten darüber hinaus nach § 1 UWG zu verbieten, seine Fahrschule mit Ausnahme bewilligter Außenkurse außerhalb des bewilligten Standorts zu betreiben, und zwar dadurch, dass er einen „Infopoint" an einem anderen Standort eröffnet habe, wies es ab.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, da im stattgebenden Teil seines Beschlusses ein Abweichen von der Entscheidung 4 Ob 149/90 gesehen werden könnte.
Rechtliche Beurteilung
Die Entscheidung des Rekursgerichts wird von beiden Seiten bekämpft. Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts sind beide Revisionsrekurse nicht zulässig.
1. Zum Revisionsrekurs des Klägers: Der Beklagte hatte außerhalb des Standorts seiner Fahrschule ein Büro („Infopoint") eingerichtet, in dem sich potenzielle Kunden über Leistungen und Preise seiner Fahrschule informieren konnten. Es wurde dort weder Unterricht abgehalten, noch konnten sich Interessenten für Fahrstunden anmelden oder Zahlungen an die Fahrschule des Beklagten leisten. Nach Auffassung des Rekursgerichts verstößt die Einrichtung eines solchen Informationsbüros nicht gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften. Der Kläger vertritt demgegenüber den Standpunkt, jede Tätigkeit einer Fahrschule außerhalb ihres genehmigten Standorts sei unzulässig, sofern es sich nicht um einen bewilligten Außenkurs iSv § 114 Abs 5 KFG handle. Aus diesem Grund verstoße auch der Betrieb eines "Infopoints" gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften und damit gegen § 1 UWG.
Den einschlägigen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes kann allerdings keine so weitreichende Einschränkung der Erwerbsfreiheit entnommen werden. Aus § 108 Abs 3 und § 111 Abs 2 KFG ist zwar abzuleiten, dass eine Fahrschule nur einen einzigen "Standort" haben kann. Es ist aber durchaus vertretbar, darunter nur den Ort des (regelmäßigen) Unterrichtsbetriebs und der wirtschaftlichen Leitung der Fahrschule zu verstehen, nicht aber ein bloßes Informationsbüro. Diese Auslegung liegt vor allem aufgrund der Vorschriften über die Genehmigung von Fahrschulen und Außenkursen nahe. Diese Vorschriften beziehen sich in erster Linie auf den Unterrichtsbetrieb (vgl dazu auch VfGH G 219-221/92 = VfSlg 13330). Nach § 110 Abs 1 lit a KFG darf die Fahrschulbewilligung nur erteilt werden, wenn die "für die theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern erforderlichen Räume" vorhanden sind. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass dieses Erfordernis am "Standort" der Fahrschule erfüllt sein muss. "Außenkurse" - also Unterricht außerhalb des "Standorts" - sind nach § 114 Abs 5 lit b KFG nur zu bewilligen, wenn diese Voraussetzungen auch am Ort des Fahrschulkurses gegeben sind. Weiters muss sowohl am Standort (§ 113 Abs 1 KFG) als auch bei Außenkursen (§ 114 Abs 5 lit c KFG) die unmittelbare Leitung durch den Fahrschulbesitzer (oder Fahrschulleiter) gewährleistet sein. Bloße Informationsbüros, in denen kein Unterricht erteilt wird, werden vom Regelungszweck dieser Vorschriften nicht erfasst. Dort ist weder eine für den Unterricht ausreichende Infrastruktur noch einen unmittelbare Leitung durch den Fahrschulbesitzer (oder Fahrschulleiter) erforderlich.
Die Auffassung des Beklagten, auch außerhalb des Standorts einen "Infopoint" einrichten zu dürfen, ist aus diesen Gründen zumindest vertretbar (RIS-Justiz RS0077771). Ein Verstoß gegen § 1 UWG liegt daher nicht vor.
2. Zum Revisionsrekurs des Beklagten: Nach Auffassung des Rekursgerichts hat die Werbung des Beklagten für Fahrschul-Außenkurse gegen § 2 UWG verstoßen, weil durch die blickfangartig herausgestellte Bezeichnung "hallofahrschule" (ua auf der nur für diese Außenkurse eingerichteten Homepage "www.hallofahrschule.at ") der Eindruck erweckt worden sei, dass der Unterricht am Standort einer Fahrschule und nicht bloß im Rahmen von Außenkursen erteilt werde. Durch die bloße Änderung dieses Werbeauftritts sei die Wiederholungsgefahr noch nicht weggefallen.
Der Beklagte bestreitet demgegenüber weiterhin Irreführungseignung und Wiederholungsgefahr. Eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht liegt allerdings nicht vor. Irreführende Angaben verstoßen gegen § 2 UWG, wenn sie den Entschluss der angesprochenen Verkehrskreise, sich mit dem beworbenen Angebot näher zu befassen, positiv beeinflussen können (RIS-Justiz RS0078296). Ob Angaben zur Irreführung geeignet sind, ist nach dem Gesamteindruck der Werbung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0043590). Bei blickfangartigem Herausstellen einzelner Teile sind Gesamteindruck und Irreführungseignung in erster Linie nach diesen Teilen zu bestimmen (RIS-Justiz RS0078542). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall ist grundsätzlich keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0053112).
Im vorliegenden Fall kann die Ankündigung des Beklagten durchaus so verstanden werden, dass am Ort des Außenkurses tatsächlich eine Fahrschule betrieben wird. Dieser nicht den Tatsachen entsprechende Eindruck ist auch zu einer wettbewerbsrechtlich relevanten Irreführung des Publikums geeignet. Denn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird annehmen, dass "in" einer Fahrschule (also an ihrem Standort) eine bessere Infrastruktur (Räumlichkeiten, Medien, Anschauungsmaterial etc) vorhanden ist als bei einem bloßen Außenkurs.
Die als Begründung für den Zulassungsausspruch angeführte Entscheidung 4 Ob 149/90 steht dem nicht entgegen. Dort ging es um die Frage, ob ein durch Werbeaussagen nahe gelegter, tatsächlich aber nicht vorhandener Zusammenhang zwischen den Fahrschulen der Streitteile geeignet sein konnte, die Entscheidung der angesprochenen Verkehrskreise zugunsten einer dieser Fahrschulen zu beeinflussen. Das ist etwas anderes als die hier zu beurteilende Frage, ob die Irreführung über das Bestehen einer Fahrschule (und nicht bloß eines Außenkurses) wettbewerbsrechtlich relevant sein kann. Das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes indiziert die Wiederholungsgefahr; für den Wegfall ist der Beklagte behauptungs- und beweispflichtig (RIS-Justiz RS0037661, RS0005402). Wiederholungsgefahr ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Beklagte seine Unterlassungspflicht im Prozess bestreitet und keine Gewähr dafür besteht, dass er Verstöße in Zukunft unterlässt (RIS-Justiz RS0012005). Auf dieser Grundlage ist die Auffassung des Rekursgerichts nicht zu beanstanden, dass die bloße Änderung einer Praxis, deren Rechtmäßigkeit aber weiterhin behauptet wird, nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führen kann.
3. Aus diesen Gründen waren beide Revisionsrekurse zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Rechtsmittelbeantwortungen haben jeweils auf die Unzulässigkeit hingewiesen und können daher grundsätzlich honoriert werden. Als Bemessungsgrundlage für die Kosten des Beklagten war allerdings nur der halbe Streitwert heranzuziehen, weil die vom Kläger bekämpfte Teilabweisung nur etwa die Hälfte des Sicherungsbegehrens erfasst hatte.
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