OGH 10ObS138/06a

OGH10ObS138/06a12.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Johannes Denk (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kongregation der T***** M***** H***** der C***** (D***** B*****-Schwestern) als Rechtsträgerin des Mädchenheimes D***** B*****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Zuschuss nach Entgeltfortzahlung, infolge „Revisionsrekurses" (richtig: Rekurses) der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Mai 2006, GZ 25 Rs 33/06y-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Jänner 2006, GZ 46 Cgs 235/05p-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Bei der klagenden Partei handelt es sich um einen Frauenorden, der in Österreich insgesamt 36 Dienstnehmer/innen beschäftigt und unter anderem auch das Mädchenheim D***** B***** in Tirol führt. Die seit 1. 12. 1998 in diesem Mädchenheim beschäftigte Elfriede L*****-S***** war vom 7. 2. bis 20. 2. 2005 unfallbedingt arbeitsverhindert und erhielt dafür von ihrem Dienstgeber Entgeltfortzahlung. Mit Bescheid vom 14. 9. 2005 lehnte die beklagte Partei den Antrag der klagenden Partei vom 19. 4. 2005 auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung für die Arbeitsverhinderung von Elfriede L*****-S***** mit der Begründung ab, dass kein Unternehmen im Sinn des § 53b ASVG vorliege.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Der durch § 53b ASVG geförderte Kreis umfasse nach den Gesetzesmaterialien Kleinbetriebe, da vor allem bei diesen im Zusammenhang mit der Abschaffung des Entgeltfortzahlungsfonds Probleme aufgetreten seien. Als Anspruchsberechtigte würden stets Unternehmen mit bis zu 50 Arbeitnehmer/innen erwähnt werden. Eine genaue Definition des Begriffes „Unternehmen" sei unterblieben. Zur Klärung dieses Begriffes sei auf die Judikatur zu § 1409 ABGB zu verweisen, wonach ein Unternehmen durch eine wirtschaftliche Wirkungseinheit gekennzeichnet sei. Das Unternehmen werde durch eine einheitliche Organisation und die gemeinsame Hinordnung zu einem bestimmten Unternehmenszweck charakterisiert. Es umfasse nicht nur die technisch-organisatorischen, sondern auch die immateriellen wirtschaftlichen Elemente wirtschaftlicher Tätigkeit. Ein weiteres Kriterium bilde die rechtliche Selbständigkeit. Dies decke sich auch mit der Legaldefinition des Unternehmensbegriffes im KSchG. Die Rechtsprechung habe für die Unternehmenseigenschaft von Einrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften einen Betrieb vorausgesetzt. Kirchen und Religionsgemeinschaften seien als juristische Personen des öffentlichen Rechtes zu qualifizieren. Gewerbliche oder wirtschaftliche Belange könnten zwar auch durch sie und ihre Betriebe verfolgt werden, jedoch stünden sie nicht im Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten. Daher könnten Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht dem erwähnten Unternehmensbegriff zugeordnet werden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es bejahte die Zulässigkeit des Rechtsweges und führte in der Sache im Wesentlichen aus, dass die Begriffe des Dienstgebers und des Unternehmens einheitlich zu verstehen seien und auch Körperschaften öffentlichen Rechtes, wenn und soweit sie im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig seien und Betriebe bzw ein Unternehmen führten, in die Regelung des § 53b ASVG einzubeziehen seien. Ein genereller Ausschluss von Körperschaften öffentlichen Rechtes sei auch aus der Vorgängerbestimmung des § 8 EFZG nicht ableitbar. Es bestehe auch kein Anlass, Körperschaften nach kirchlichem Recht aus dem Anwendungsbereich des § 53b ASVG auszunehmen, da Kirchen und Religionsgesellschaften sowie deren Organisationen als Körperschaften öffentlichen Rechtes sui generis zu behandeln seien. Schließlich gebiete auch der Gleichklang zwischen Beitragspflicht einerseits und Anspruch auf Leistungen aus der Sozialversicherung andererseits die Einbeziehung der im kirchenrechtlichen Bereich beschäftigten Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich des § 53b ASVG. Das Ersturteil sei aufzuheben, weil insbesondere noch Feststellungen zur Höhe des von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruches fehlten.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zu der erheblichen Rechtsfrage der Definition des Dienstgeber- und Unternehmensbegriffes im § 53b ASVG noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Entscheidung in der Sache selbst im klagsabweisenden Sinn.

Die klagende Partei beantragte in ihrer laut vorgelegtem Postaufgabeschein am 3. 8. 2006 zur Post gegebenen und daher rechtzeitigen Rekursbeantwortung, das Rechtsmittel der beklagten Partei mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen; in eventu ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Rechtsweges für Streitigkeiten über Zuschüsse an die Dienstgeber/innen nach Entgeltfortzahlung gemäß § 53b ASVG im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senates (10 ObS 58/06m, 10 ObS 64/06v ua) bejaht hat. Diese Frage bildet auch keinen Streitpunkt zwischen den Parteien.

In der Sache vertritt die beklagte Partei in ihrem Rekurs im Wesentlichen die Ansicht, dass § 53b ASVG für die Zuschussberechtigung nicht nur die Dienstgebereigenschaft nach § 35 ASVG voraussetze, sondern zusätzlich auch die Beschäftigung von weniger als 51 Dienstnehmer/innen in einem Unternehmen. Bei der Beurteilung der Zuschussberechtigung müssten daher beide Voraussetzungen geprüft werden. Eine Einschränkung nur auf den Begriff des Dienstgebers als Zuschussberechtigten sei keinesfalls gewollt und würde mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut im Widerspruch stehen. Eine Definition des Begriffs „Unternehmen" erfolge weder im Gesetz noch in der Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung. Darunter seien vor allem im Hinblick auf Aufgabenstellung, Struktur und Wettbewerbsdruck nur privatrechtlich organisierte Unternehmen zu verstehen, nicht aber solche, die von öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern geführt würden, weil diese gesamtgesellschaftliche Zwecke verfolgen müssten. Hintergrund der Regelung des § 53b ASVG sei die Förderung von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) als Rückgrat der Europäischen Wirtschaft, weshalb ein Zuschussberechtigter auch die wirtschaftlichen Merkmale von KMU aufweisen müsse. Nach einer Empfehlung der Kommission vom 6. 5. 2003 seien Unternehmen, deren Unternehmensanteile oder Stimmrechte zu 25 % oder mehr von einer staatlichen Einrichtung oder Körperschaft des öffentlichen Rechtes kontrolliert werden, nicht als KMU zu verstehen, was auch den gesetzgeberischen Intentionen im Zusammenhang mit der Schaffung des § 53b ASVG entspreche.

Der erkennende Senat hat bereits in seiner mittlerweile ergangenen Entscheidung 10 ObS 86/06d vom 27. 6. 2006 näher begründet, warum diese Rechtsansicht der beklagten Partei vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt wird. Es wurde dazu wie folgt ausgeführt:

Im Rahmen des Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetzes 2002 (BGBl I 2002/155; siehe dazu Neumann, Neuregelung bei Entgeltfortzahlung: Zuschüsse für Klein- und Mittelbetriebe, ASoK 2002, 394) wurde die Bestimmung des § 53b mit der Intention, eine Begünstigung von Klein- und Mittelunternehmen vorzusehen (RV 310 BlgNR 22. GP 6), in das ASVG eingefügt. Diese Bestimmung sah vor, dass den Dienstgebern Zuschüsse aus Mitteln der Unfallversicherung zur teilweisen Vergütung des Aufwandes für die Entgeltfortzahlung im Sinne des § 3 EFZG oder vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften geleistet werden können, sofern die Entgeltfortzahlung verunfallten Dienstnehmern gebührt, die (zum Zeitpunkt des Unfalles) bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt versichert waren. Die Zuschüsse konnten nur Dienstgebern, „die regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer in Betrieben (§ 77a ASchG) beschäftigen", gewährt werden, und zwar höchstens für 6 Wochen jährlich in der Höhe von 50 % des fortgezahlten Entgeltes. Eine nähere Regelung der Gewährung der Zuschüsse an die Dienstgeber und die Abwicklung des Verfahrens erfolgte im Rahmen der Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über Zuschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt an Dienstgeber nach Entgeltfortzahlung (BGBl II 2002/443). Diese Verordnung ist mit dem Inkrafttreten der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Zuschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau an Dienstgeber/innen für Entgeltfortzahlung (Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung), BGBl II 2005/64, außer Kraft getreten.

Seit dem Inkrafttreten mit 1. 10. 2002 wurde § 53b ASVG mehrfach novelliert (siehe dazu Teschner/Widlar, ASVG 90. Erg-Lfg § 53b Anm 1 und 2).

Soweit für den vorliegenden Fall maßgeblich, gebührt der Zuschuss nach § 53b Abs 2 Z 1 ASVG in der seit dem Inkrafttreten des 2. SVÄG 2003, BGBl I 2003/145, geltenden Fassung „nur jenen Dienstgeber(inne)n, die in ihrem Unternehmen regelmäßig weniger als 51 Dienstnehmer(innen) beschäftigen". Es wurde bereits dargestellt, dass nach den Gesetzesmaterialien zum 2. SVÄG (RV 310 BlgNR 22. GP 6) § 53b mit der Intention, eine Begünstigung von Klein- und Mittelunternehmen vorzusehen, in das ASVG eingefügt wurde. In den Materialien zum 3. SVÄG 2004, BGBl I 2004/171, wird darauf hingewiesen, dass „im Zusammenhang mit der Abschaffung des EFZG-Fonds nach wie vor Probleme bei Kleinbetrieben auftreten und die in der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt für diesen Zweck budgetierten Mittel nicht ausgeschöpft worden sind", weshalb auf Anregung der Wirtschaftskammer Österreich der Zuschuss zur Entgeltfortzahlung auf langandauernde und betriebsgefährdende Krankheitsfälle ausgedehnt werden soll (RV 703 BlgNR 22. GP 14; dazu Neumann, Zuschuss zur Entgeltfortzahlung an Arbeitnehmer auch bei Krankheit, ASoK 2005, 12 [14], und Melzer-Azodanloo, Rückkehr zum Erstattungsfondssystem über Umwege? ASoK 2005, 62).

Die Umstellung der Begriffsfolge „in Betrieben" auf „in ihrem Unternehmen" (hinsichtlich der Beschäftigtenzahl) durch das 2. SVÄG 2003, BGBl I 2003/145, wird in den Gesetzesmaterialien damit erklärt, dass § 53b ASVG auf die Beschäftigung von "weniger als 51 Dienstnehmer(innen) in Betrieben (§ 77a ASchG)" abstelle, während § 2 Abs 2 der Durchführungsverordnung, BGBl II 2002/443, Betriebe iSd § 53b Abs 2 Z 1 ASVG als „Unternehmen, in denen regelmäßig insgesamt weniger als 51 Dienstnehmer(innen) beschäftigt werden", definiere. „Durch die nunmehr vorgeschlagene Änderung soll diese Diskrepanz zwischen Gesetzestext und Verordnung bereinigt werden, indem nunmehr eindeutig auf die Zahl der Dienstnehmer in einem Unternehmen abgestellt wird und der Verweis auf § 77a ASchG den Modus für die Ermittlung der Anzahl der Dienstnehmer(innen) betrifft. Die ursprüngliche Intention des § 53b ASVG, nämlich eine Begünstigung von Klein- und Mittelunternehmen vorzusehen, soll damit auf eine eindeutige Rechtsgrundlage gestellt werden" (RV 310 BlgNR 22. GP 6). Neben dem Gesetzestext, der nicht für eine differenzierte Betrachtungsweise zwischen „Dienstgeber" auf der einen und „Unternehmen" auf der anderen Seite spricht, leuchtet auch aus den zitierten Gesetzesmaterialien hervor, dass den Begriffen „Betrieb" bzw „Unternehmen" neben dem Dienstgeberbegriff keine eigenständige Bedeutung (im Sinne einer Einschränkung des Dienstgeberbegriffs) zukommen sollte.

Dieser Ansicht folgt zumindest implizit auch der VwGH in seiner Entscheidung Zl 2004/08/0139 (ARD 5586/10/2005 = ZAS 2005, 221), in der er zwar nur auf den Dienstgeberbegriff ausdrücklich einging und diesen iSd § 35 Abs 1 ASVG verstand. Er führte aber auch aus, „dass das beschwerdeführende Unternehmen als juristische Person Dienstgeberin der betreffenden Dienstnehmerin iSd § 35 ASVG gewesen ist", verstand also Dienstgeber und Unternehmen in § 53b ASVG als sich inhaltlich mehr oder weniger deckende Begriffe, so wie in § 35 Abs 1 ASVG als Dienstgeber derjenige gilt, „für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer ... in einem Beschäftigungs...verhältnis steht". Die umfassende Aufzählung in § 35 Abs 1 ASVG zeigt ebenso wie die mehr oder weniger beiläufige Verwendung des unscharfen Begriffs des Unternehmens, dass jeweils der Dienstgeberbegriff im Vordergrund steht (siehe auch VwGH 96/08/0028, ZfVB 2002/910 zur Betriebs- bzw Unternehmenseigenschaft einer Musikschule einer Gemeinde). In § 53b ASVG soll also zum Ausdruck gebracht werden, dass der Dienstgeber ein Unternehmen führt, in dem weniger als 51 Dienstnehmer beschäftigt werden (ebenso Melzer-Azodanloo, ASoK 2005, 66 und Melzer-Azodanloo, Zuschuss an Dienstgeber zur Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Unfall II, ecolex 2006, 500 [503 f]). Die Hereinnahme des Begriffs des „Unternehmens" dient damit dem Hinweis auf die zuschussunschädliche Höchstzahl an Arbeitnehmern, ohne dass dem Begriff neben dem Dienstgeberbegriff eine besondere eigenständige Bedeutung zukäme. Aus diesem Grund kann auch eine Heranziehung der - systemfremden - handelsrechtlichen, umsatzsteuerrechtlichen oder konsumentenschutzrechtlichen Inhalte des Begriffs „Unternehmen" (bzw „Unternehmer") keine weitere Hilfe bei der Abgrenzung bieten. Ungeachtet der differenzierteren Definition auf europäischer Ebene (zB Empfehlung der Kommission betreffend die Definition von Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen 2003/361/EG; ähnlich die Definition in Anhang I der Verordnung (EG) 70/2001 der Kommission über die Anwendung der Art 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen) orientiert sich der „KMU-Begriff" des § 53b ASVG eben an der Dienstnehmerzahl des jeweiligen Dienstgebers in seinem Unternehmen. Für eine weitergehende Einschränkung der Anspruchsberechtigung - zB für eine Herausnahme von Gebietskörperschaften als Dienstgebern - bietet der Gesetzeswortlaut allerdings keinen Anhaltspunkt. Damit kann im Übrigen vermieden werden, dass die klagende Partei zwar Unfallversicherungsbeiträge zu leisten, aber keine Chance auf einen Zuschuss nach § 53b ASVG hätte" (in diesem Sinne auch 10 ObS 98/06v vom 17. 8. 2006). Der erkennende Senat sieht sich auch bei nochmaliger Prüfung der Argumente der beklagten Partei nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Den Revisionsausführungen ist vielmehr ergänzend noch Folgendes entgegenzuhalten:

Es wird auch von der beklagten Partei nicht in Zweifel gezogen, dass der Begriff des „Dienstgebers" in § 53b ASVG im Sinne des Dienstgeberbegriffes des § 35 ASVG auszulegen ist. Gemäß § 35 Abs 1 ASVG gilt derjenige als Dienstgeber, „für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist ...". Nach dem weiten Begriffsverständnis dieser Legaldefinition ist nicht nur derjenige Dienstgeber, der einen (gewerblichen) Betrieb führt, sondern auch derjenige, der jemanden für eine Verwaltung, eine Hauswirtschaft oder für irgendeine sonstige Art von Tätigkeit beschäftigt. Auch die Motivation bzw der Zweck des dienstgeberischen Wirkens (Gewinnerzielung, Verfolgung ideeller Zwecke) ist nicht entscheidend. Ebenso ist es unbeachtlich, ob der Dienstgeber eine physische oder eine juristische Person (des Privatrechtes oder des öffentlichen Rechtes) ist. Die Dienstgebereigenschaft der klagenden Partei im Sinne des § 53b ASVG iVm § 35 ASVG wird daher auch von der beklagten Partei zu Recht nicht bestritten.

Selbst wenn man nun im Sinne der Revisionsausführungen der beklagten Partei von einer eigenständigen Bedeutung des in § 53b ASVG ebenfalls verwendeten Begriffes „Unternehmen" ausgeht, ist mit den Ausführungen der beklagten Partei zunächst festzuhalten, dass eine Definition dieses Begriffes weder im Gesetz noch in der Durchführungsverordnung erfolgt ist. Es ist daher zu prüfen, ob sich Ansätze für ein normatives Verständnis des Begriffes „Unternehmen" in § 53b ASVG in vergleichbaren anderen Regelungszusammenhängen oder im allgemeinen Sprachgebrauch finden. Nach § 1 Abs 2 KSchG ist Unternehmen jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Juristische Personen des öffentlichen Rechtes gelten immer als Unternehmer. Die klagende Partei wäre daher als juristische Person des öffentlichen Rechtes ohne Zweifel als Unternehmer im Sinn des § 1 Abs 2 KSchG anzusehen, doch macht die beklagte Partei in diesem Zusammenhang mit Recht geltend, dass das KSchG auf den Schutz des Verbrauchers vor der typischerweise bestehenden Überlegenheit der Unternehmer im Geschäftsverkehr abstellt, während dieser Aspekt bei der Auslegung des § 53b ASVG keine Rolle spielt. Der Unternehmensbegriff spielt auch im Arbeitsverfassungsrecht und im Zusammenhang mit Unternehmens- und Betriebsübergängen (AVRAG) eine Rolle, wobei sich jedoch weder im ArbVG noch im AVRAG eine Definition des Unternehmensbegriffes findet. Auch die Gläubigerschutznorm des § 1409 ABGB definiert das Unternehmen nicht, geht jedoch dessen ungeachtet von einem weiten Unternehmensverständnis aus, weil diese Vorschrift nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Vermögen gilt.

Während der bisherige handelsrechtliche Unternehmensbegriff nur auf handelsgewerbliche Tätigkeiten abstellte und somit viele kleine erwerbswirtschaftliche Unternehmen nicht erfasste, definiert § 1 Abs 2 UGB das Unternehmen als „jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein". Juristische Personen des öffentlichen Rechtes sind (anders als im KSchG) nicht schon als solche den Unternehmern gleichgestellt; sie sind vielmehr nur dann Unternehmer, wenn sie tatsächlich ein Unternehmen betreiben. Insofern zieht § 1 Abs 2 UGB den Kreis der Erfassten enger als § 1 Abs 2 KSchG. Der Unternehmensbegriff des UGB ist jedoch ebenfalls weit. Er umfasst ebenso wie der allgemeine Sprachgebrauch nicht nur gewerbliche, sondern auch freiberufliche und land- und forstwirtschaftliche Aktivitäten. Zu diesem Ergebnis gelangt auch das mit der Revisionsbeantwortung vorgelegte Rechtsgutachten von Univ. Prof. Dr. Krejci.

Die Ansicht der beklagten Partei, juristische Personen des öffentlichen Rechtes - und damit auch Kirchen und Religionsgemeinschaften, die als Körperschaften öffentlichen Rechtes anerkannt sind - seien generell vom Anwendungsbereich des § 53b ASVG ausgenommen, weil die Verfolgung gewerblicher oder wirtschaftlicher Belange im Gegensatz zu einem privatrechtlichen Unternehmen nicht im Mittelpunkt ihrer Tätigkeiten stehe, steht daher im Widerspruch zu dem referierten weiten Verständnis des Begriffes „Unternehmen". Für ein so restriktives Verständnis des Unternehmensbegriffes bieten auch, wie der Oberste Gerichtshof bereits in den erwähnten Entscheidungen 10 ObS 86/06d und 10 ObS 98/06v ausgesprochen hat, weder der Gesetzeswortlaut des § 53b ASVG noch die dazu vorliegenden Gesetzesmaterialien irgendeinen Anhaltspunkt. Erkennbar ist lediglich, dass es dem Gesetzgeber auf eine gewisse Unternehmensgröße ankommt, nicht aber darauf, dass diese Unternehmen lediglich gewerbliche oder erwerbswirtschaftliche Unternehmen oder sonstige Unternehmen mit besonderer Zielsetzung sein müssen. Die Zuschussberechtigung nach § 53b ASVG wurde daher vom Obersten Gerichtshof bereits für eine Gemeinde als Dienstgeberin einer Raumpflegerin (10 ObS 86/06d) und für eine Stadtpfarre als Dienstgeberin der bei ihr beschäftigten Friedhofsarbeiter (10 ObS 98/06v) bejaht. Da im Sinne dieser Ausführungen auch die klagende Partei zum Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 53b ASVG gehört, war dem Rekurs der beklagten Partei ein Erfolg zu versagen. Der Vorbehalt der Entscheidung über den Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung beruht auf § 52 ZPO.

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