OGH 4Ob91/06w

OGH4Ob91/06w12.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Bernd I*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** Gesellschaft mbH *****, vertreten durch Fiedler & Illichmann, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Wöran, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 31.800 EUR sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 12. Jänner 2006, GZ 1 R 114/05y-13, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. März 2005, GZ 4 Cg 82/04d-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge geben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 1.566,36 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 261,06 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte belieferte die spätere Gemeinschuldnerin nach einem Zwangsausgleich nur mehr gegen Barzahlung oder Vorlage einer Bankgarantie. Zu diesem Zweck eröffnete eine Bank am 29. 5. 2002 im Auftrag der Gemeinschuldnerin und ihres Geschäftsführers eine Bankgarantie über 21.800 EUR aus, die sie mehrfach verlängerte, zuletzt am 19. 3. 2003 bis zum 30. 9. 2003. Am 29. 4. 2003 garantierte die Bank weitere 10.000 EUR bis zum 31. 12. 2003. Für die Ausstellung von Bankgarantien an Lieferanten hatte die Bank der Gemeinschuldnerin einen Haftungskredit eingeräumt. Eine Auszahlung des Kredits an sich selbst konnte die Gemeinschuldnerin nicht begehren. Die Bank eröffnete und verlängerte die Garantien jeweils spätestens mit dem Entstehen der damit gesicherten Kaufpreisforderungen.

Die Gemeinschuldnerin hatte bei der Bank noch andere Giro-, Kredit- und Darlehenskonten. Die Forderungen der Bank waren mit einer Globalzession, einem Wertpapierdepot, Grundstücken und dem Guthaben auf einem Konto besichert. Die Sicherheiten hafteten nach den Geschäftsbedingungen der Bank für alle offenen Forderungen. Am 7. 8. 2003 wurde der Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Die Beklagte rief daraufhin die Garantiebeträge ab. Die Bank zahlte und meldete ihren Ersatzanspruch von 31.800 EUR als Teil ihrer Konkursforderung an. Die Konkursforderung besteht zumindest in dieser Höhe unbesichert zu Recht.

Der Masseverwalter ficht - nach Klagsänderung - an: (a) die Sicherstellung der Beklagten durch die letzte Verlängerung der ersten Bankgarantie und durch die Ausstellung der zweiten Bankgarantie sowie (b) die darauf gerichteten Aufträge der Gemeinschuldnerin an die Bank. Auf dieser Grundlage begehrt er Zahlung von 31.800 EUR an die Masse. Er stützt sich auf § 30 Abs 1 Z 1 und Z 3, § 31 Abs 1 Z 2 und § 28 Z 2 KO. Die Sicherstellung sei innerhalb der kritischen Fristen im Sinn dieser Bestimmungen erfolgt. Das Handeln der Bank sei der Gemeinschuldnerin zuzurechnen, da diese den Auftrag dazu erteilt habe. Im Zeitpunkt der Sicherstellung sei die Bank in einer besseren Position als die Beklagte gewesen, weil ihre Rückgriffsansprüche durch Sicherheiten gedeckt gewesen seien. Es liege daher kein anfechtungsneutraler Gläubigerwechsel vor. Die Gemeinschuldnerin habe gewusst, dass sie zahlungsunfähig gewesen sei. Sie habe zumindest den bedingten Vorsatz gehabt, die Beklagte zu begünstigen und andere Gläubiger zu benachteiligen. Für die Beklagte sei das erkennbar gewesen.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Es liege ein anfechtungsneutraler Gläubigerwechsel vor. Entscheidend sei, ob die Anfechtungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Zahlung gegeben gewesen seien. Nur für diesen Zeitpunkt sei auch zu beurteilen, ob der zahlende Neugläubiger die bessere Rechtsstellung habe. Zu diesem Zeitpunkt seien die Forderungen der Bank gegenüber der Gemeinschuldnerin nicht annähernd durch Sicherheiten gedeckt gewesen. Mit den Garantiesummen seien zudem ausschließlich Rechnungen beglichen worden, die nach Ausstellung der Bankgarantien gelegt worden seien; es habe sich somit um Zug-um-Zug-Leistungen gehandelt. Der Kredit habe nur der Sicherstellung künftiger Lieferantenverbindlichkeiten gedient. Die Anfechtung könne daher nicht zu einer Erhöhung der freien Massemittel oder zum Freiwerden von Sicherheiten führen, sodass die Klage schon mangels Befriedigungstauglichkeit abzuweisen sei.

Das Erstgericht nahm einen anfechtungsneutralen Gläubigerwechsel an und wies die Klage ab. Die aufgrund der Sicherstellung und der nachfolgenden Zahlung zur Konkursgläubigerin gewordene Bank befinde sich in keiner besseren Position als die Beklagte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu. Die Sicherstellungen seien spätestens mit dem Entstehen der Kaufpreisforderungen vorgenommen worden. Die „Deckung" sei daher kongruent gewesen. Der Auftrag der Gemeinschuldnerin zur Eröffnung einer Bankgarantie sei aus anfechtungsrechtlicher Sicht einer Anweisung auf Kredit gleichzuhalten. Es sei nur zu einem anfechtungsneutralen Gläubigerwechsel gekommen. Auch die Forderung der Bank sei bei Schluss der Verhandlung im Anfechtungsprozess unbesichert; sie habe daher keine bessere Position als die Beklagte. Auf den Zeitpunkt der Eröffnung (Verlängerung) der Bankgarantien komme es nicht an. Die Revision sei zulässig, weil es keine Rechtsprechung zur Frage gebe, für welchen Zeitpunkt die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung zu prüfen sei, wenn die Sicherstellung einer Forderung durch eine Bankgarantie angefochten werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Die Anfechtung nach den §§ 30 und 31 KO scheitert am Zug-um-Zug-Charakter der Sicherstellungen.

1.1. Die Beklagte lieferte nur gegen Barzahlung oder Sicherstellung; die Sicherstellung erfolgte spätestens zugleich mit der Begründung der jeweils besicherten Forderung. Damit sind die strittigen Bankgarantien im Verhältnis zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten Zug-um-Zug-Geschäfte. Einer Anfechtung nach § 30 Abs 1 und § 31 Abs 1 Z 2, erster Fall, KO sind sie schon aus diesem Grund entzogen. Denn diese Bestimmungen erfassen nur die Befriedigung oder Sicherstellung eines Gläubigers. Sie setzen damit eine schon bestehende Forderung voraus. Diese Voraussetzung fehlt, wenn die Befriedigung oder Sicherstellung Zug um Zug mit der Gegenleistung des Vertragspartners erfolgt (RIS-Justiz RS0064426; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung3 Rz 10/3 ff, 11/32, mwN; zur Sicherstellung durch den Gemeinschuldner selbst 5 Ob 310/76 = SZ 50/57; zur Haftungsübernahme durch einen Dritten Koziol, Glosse zu 4 Ob 100/04s, ÖBA 2004, 873, 874 f).

Die vorliegende Situation ist nicht anders zu beurteilen als eine Zug um Zug erfolgende Barzahlung durch die Gemeinschuldnerin selbst. Die Masse wird durch den bloß potenziellen Rückgriffsanspruch des Dritten, der durch den Auftrag der Gemeinschuldnerin an die Bank begründet wird, selbst im ungünstigsten Fall (Schlagendwerden der Haftung und Absonderungsrecht der Bank für den Rückgriffsanspruch) nicht stärker belastet als durch eine Barzahlung. Wenn schon eine solche Barzahlung nicht angefochten werden kann, dann um so weniger die Sicherstellung durch einen Dritten.

1.2. Ein konkretes Vorbringen zu § 31 Abs 1 Z 2, zweiter Fall, KO („nachteiliges Rechtsgeschäft") hat der Kläger nicht erstattet. Er bekämpft nur die Sicherstellung als solche und begehrt Leistung jenes Betrages in die Masse, den die Bank aufgrund der Sicherstellung nach Konkurseröffnung an die Beklagte gezahlt hatte. Die jeweiligen Grundgeschäfte (Kaufverträge) ficht er aber nicht an. Das wäre aber erforderlich gewesen, ist doch die isolierte Anfechtung der Deckung oder Sicherstellung nach § 31 Abs 1 Z 2, zweiter Fall, zumindest bei Zug-um-Zug-Geschäften nicht möglich (König aaO Rz 11/50 ff, insb 11/53; 6 Ob 701/86 = SZ 60/207 [Anfechtung „des gesamten Rechtsgeschäfts, nicht bloß der Sicherung desselben"]; vgl auch 4 Ob 306/98y = SZ 71/210, und RIS-Justiz RS0111459 T1 und T2, zum revolvierenden Kontokorrentkredit).

1.3. Die Anfechtung nach den §§ 30 und 31 KO ist somit ausgeschlossen, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage ankommt.

2. Der Kläger stützt sein Begehren auch auf § 28 Z 2 KO. Nach dieser Bestimmung sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, „durch welche die Gläubiger des Gemeinschuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, wenn dem anderen Teile die Benachteiligungsabsicht bekannt sein musste."

2.1. Anfechtbar ist nach § 28 Z 2 KO nur eine Rechtshandlung des Gemeinschuldners. Sie muss aber nicht von ihm persönlich vorgenommen worden sein. Vielmehr sind ihm auch Rechtshandlungen eines Vertreters oder, bei nachträglicher Genehmigung, eines Geschäftsführers ohne Auftrag zuzurechnen (7 Ob 718/87 = JBl 1988, 389 [König]; RIS-Justiz RS0064223 T1 und T2). Gleiches gilt, wenn ein Dritter im Auftrag des Schuldners eine Bürgschaft übernimmt (8 Ob 558/91 = ÖBA 1992, 1113 [Koziol]) oder - wie hier - eine Bankgarantie eröffnet oder verlängert.

Die im Auftrag der Gemeinschuldnerin vorgenommenen Sicherstellungen sind daher Rechtshandlungen iSv § 28 Z 2 KO. Dass es sich um Zug-um-Zug-Geschäfte handelt, schließt die Anwendung dieser Bestimmung nicht aus (6 Ob 110/00w = SZ 73/182, König aaO Rz 7/2).

2.2. § 28 Z 2 KO setzt - wie alle anderen Anfechtungstatbestände - eine Benachteiligung der Gläubiger voraus. Da die Benachteiligung hier ein ausdrückliches Tatbestandsmerkmal ist, trifft den Masseverwalter die Behauptungs- und Beweislast (4 Ob 306/98y = SZ 71/210; RIS-Justiz RS0111465; König aaO Rz 7/48).

Der Kläger bringt dazu vor, die Gemeinschuldnerin habe mit den Aufträgen zur Sicherstellung die Aufrechterhaltung weiterer Lieferungen angestrebt und dabei die Benachteiligung anderer Gläubiger zumindest in Kauf genommen. Der Nachteil soll darin bestehen, dass die Bank im Zeitpunkt der Rechtshandlungen (Eröffnung bzw Verlängerung der Garantien) wegen bestehender Absonderungsrechte gegenüber der Gemeinschuldnerin eine bessere Position gehabt hatte als die Beklagte.

2.3. Damit ist aber noch kein unmittelbarer, dh durch die

Rechtshandlungen selbst eintretender Nachteil für die Gläubiger

verbunden (zu diesem Begriff RIS-Justiz RS0050681 und König aaO

5/20). Denn durch die bloße Sicherstellung der Beklagten durch einen

Dritten (die Bank) wurde der Befriedigungsfonds der anderen Gläubiger

noch nicht verkürzt. Eine Benachteiligung kann in dieser Situation

erst dann eintreten, wenn die Sicherstellung schlagend wird und daher

ein Regressanspruch der Bank entsteht. Zudem konnte der von der Bank

gewährte Haftungskredit nur für die Sicherstellung von neu

begründeten Lieferantenforderungen in Anspruch genommen werden. Ein

Unterbleiben der Sicherstellung hätte daher nicht dazu geführt, dass

der Gemeinschuldnerin zusätzliche Mittel für die Befriedigung anderer

Gläubiger zur Verfügung gestanden wären (vgl zu dieser auf Koziol,

Anweisung und Gläubigeranfechtung im Konkurs des Anweisenden, JBl

1985, 586 [bei FN 66], zurückgehenden Argumentation 7 Ob 317/98p =

ZIK 1999, 97; 6 Ob 235/99y = SZ 73/37; 3 Ob 155/01t = ZIK 2002, 63; 6

Ob 52/04x = ZIK 2005, 63). Die Besicherung durch die Bank kann somit

selbst bei weitester Auslegung dieses Begriffs nicht als unmittelbare Benachteiligung der anderen Gläubiger angesehen werden.

2.4. Für die Anfechtung nach der Konkursordnung genügt allerdings auch eine bloß mittelbare Benachteiligung (König aaO Rz 5/25 mwN; RIS-Justiz RS0065119, RS0064333 T5). Sie liegt vor, wenn die Rechtshandlung selbst noch nicht benachteiligend ist, später aber ein weiteres Ereignis dazu tritt, das zu einer Benachteiligung führt. Dieses Ereignis kann im vorliegenden Fall die Zahlung der Bank an die Beklagte sein, die nach Konkurseröffnung erfolgte und zu einem Regressanspruch der Bank gegen die Masse führte; allenfalls schon die Konkurseröffnung als solche, die bei Vorliegen einer offenen Forderung faktisch zwingend zum Schlagendwerden der Garantie führt. Ein schon bestehender oder wegen Konkurseröffnung unmittelbar drohender Regressanspruch kann aber zudem nur dann eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger bewirken, wenn die Bank ihren Anspruch aus einer besseren Position heraus geltend machen kann als die Beklagte (RIS-Justiz RS0064410 T2, T3). Sonst liegt nur ein anfechtungsneutraler Gläubigerwechsel vor (RIS-Justiz RS0064410). Eine bessere Position der Neugläubigerin kann sich insbesondere aus der Deckung mit einem Absonderungsrecht ergeben: Die Realisierung dieses Rechts durch die Neugläubigerin führt zu einer Verminderung der Masse um den vollen Forderungsbetrag, während die Altgläubigerin nur einen Anspruch auf die Quote hätte. Die „Beseitigung" der „lästigeren" Neugläubigerin und die „Restaurierung" der Altgläubigerin bewirkt somit einen Vorteil für die Masse (so unter dem Gesichtspunkt der Befriedigungstauglichkeit, die insofern nur die zuvor eingetretene Benachteiligung widerspiegelt, König aaO Rz 5/9 und 4 Ob 100/04s = ÖBA 2004, 867 [Koziol]).

Die „Restaurierung" des Altgläubigers erfolgt dadurch, dass er den vom Neugläubiger erhaltenen Betrag in die Masse zahlt. Dadurch wird die Masseverminderung ausgeglichen, die sich daraus ergibt, dass der Neugläubiger seinen Regressanspruch aufgrund des Absonderungsrechts zur Gänze realisieren kann. Dieser Regressanspruch besteht ja weiter, da die Anfechtung nur im Verhältnis zwischen dem Anfechtungsgegner (Altgläubiger) und den Konkursgläubigern wirkt (§ 27 KO). Der Altgläubiger selbst hat in weiterer Folge nur mehr eine Konkursforderung.

Nur zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass sich die Benachteiligungsabsicht iSv § 28 Z 2 KO (dh der zumindest bedingte Benachteiligungsvorsatz; RIS-Justiz RS0064166) auf die Besserstellung des Neugläubigers beziehen müsste. Dazu fehlt jedes Vorbringen.

2.5. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, ist grundsätzlich der Schluss der Verhandlung erster Instanz im Anfechtungsprozess; nur bei einer Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2, zweiter Fall, KO („nachteiliges Rechtsgeschäft") kommt es auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung an (RIS-Justiz RS0041198, RS0110410; Koziol/Bollenberger in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, § 27 KO Rz 46; vgl auch König aaO Rz 5/23).

Im konkreten Fall konnte die Benachteiligung der anderen Gläubiger - wenn überhaupt - erst mit der Zahlung der Bank, allenfalls auch schon mit der diese Zahlung faktisch zwingend auslösenden Konkurseröffnung eintreten. Beide Ereignisse liegen vor Schluss der Verhandlung erster Instanz. Wollte man der Revision folgen und statt dessen den Zeitpunkt der Rechtshandlungen für relevant halten, wäre der Anspruch mangels einer schon damals bestehenden Nachteiligkeit von vornherein zu verneinen.

2.6. Eine Benachteiligung der Gläubiger liegt aber auch bei Schluss der Verhandlung nicht vor. Hätte die Bank die Garantien nicht eröffnet bzw verlängert, so hätte sie zwar in weiterer Folge auch nicht an die Beklagte gezahlt, und sie hätte daher auch keinen Regressanspruch gegen die Masse. Ihre Gesamtforderung wäre somit um den Garantiebetrag geringer. Es steht aber fest, dass die Bank eine unbesicherte Konkursforderung zumindest in Höhe dieses Betrages hat. Auch ohne Regressforderung würden die Absonderungsrechte der Bank daher zur Gänze realisiert. Die Sicherstellung war daher nicht kausal für einen durch die Realisierung der Absonderungsrechte bedingten Befriedigungsausfall der (anderen) Gläubiger. Sie führte nur zu einer entsprechenden Erhöhung der (unbesicherten) Konkursforderung der Bank, der eine Tilgung der Konkursforderung der Beklagten in gleicher Höhe gegenübersteht. Der wirtschaftliche Nachteil liegt allein bei der Bank, die der Beklagten voll leistet, selbst aber nur quotenmäßig Ersatz erhält. Es fehlt daher jedenfalls an der Benachteiligung der anderen Gläubiger. Schon daran scheitert die Anfechtung nach § 28 Z 2

KO.

Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob die Anfechtung schon allein deswegen ausgeschlossen ist, weil die Kreditsumme als solche nie in die freie Verfügungsbefugnis der Gemeinschuldnerin gekommen wäre (3 Ob 155/01t = ZIK 2002, 63; 6 Ob 52/04x = ZIK 2005, 63; Koziol, JBl 1985, 586 [bei FN 66]), oder ob die Benachteiligung durch die Realisierung aus der besseren Position nicht auch in diesem Fall für die Begründung eines Anfechtungsanspruchs ausreicht (so anscheinend König aaO Rz 5/8 und 5/9: Nach Darstellung der Auffassung Koziols führt er aus, die Anfechtung sei „aber dann befriedigungstauglich", wenn der Neugläubiger eine bessere Position habe).

2.7. Die vom Berufungsgericht genannte Entscheidung 4 Ob 100/04s (= ÖBA 2004, 867 [Koziol]) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Dort war die Zahlung durch einen Dritten angefochten, der seinen Regressanspruch aufgrund einer bestehenden Aufrechnungslage möglicherweise aus einer besseren Position realisieren konnte als der von ihm befriedigte Altgläubiger. Der Senat führte aus, dass nur die Zahlung angefochten werde und die Anfechtungsvoraussetzungen daher für den Zeitpunkt der Zahlung und nicht für jenen der Schaffung der Aufrechnungslage geprüft werden müssten. Ob die Nachteiligkeit in diesem Fall auch (noch) bei Schluss der Verhandlung erster Instanz vorliegen muss, war nicht strittig gewesen. Für die Anfechtung einer Sicherstellung lässt sich aus dieser Entscheidung nichts entnehmen. Das gilt insbesondere für die Frage, ob schon die Sicherstellung durch einen Dritten als solche eine (unmittelbare) Benachteiligung sein kann.

Die Entscheidung 4 Ob 100/04s wurde zwar von Koziol kritisiert (ÖBA 2004, 873 ff). Seine Kritik richtet sich aber (soweit hier relevant) nur gegen die Ausführungen zur Anfechtung einer Drittzahlung, die auf einer unanfechtbaren Sicherstellung durch den Dritten beruht. Zur Frage, für welchen Zeitpunkt bei Anfechtung der Sicherstellung das Vorliegen der (mittelbaren) Benachteiligung zu prüfen ist, äußert sich Koziol nicht. In seiner mit Bollenberger verfassten Kommentierung des Anfechtungsrechts hält er - wie der Senat im vorliegenden Fall - den Schluss der Verhandlung erster Instanz für maßgeblich (aaO § 27 KO Rz 46). Koziol setzt sich in der Glosse auch nicht mit der Anfechtung einer Sicherstellung nach § 28 Z 2 KO auseinander. Seine Ablehnung der Anfechtung nach § 30 Abs 1 und § 31 Abs 1 Z 2, 1. Fall, KO bei Zug-um-Zug-Geschäften wird vom Senat geteilt (oben 1.).

3. Die Anfechtung nach § 30 Abs 1 und § 31 Abs 1 Z 2 KO scheitert somit schon am Zug-um-Zug-Charakter der Sicherstellung, jene nach § 28 Z 2 KO am Fehlen der Gläubigerbenachteiligung. Dieser Umstand würde unabhängig vom Zug-um-Zug-Charakter auch eine Anfechtung nach den §§ 30 und 31 KO ausschließen.

Aus diesen Gründen war der Revision nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50, 41 ZPO.

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