OGH 4Ob98/06z

OGH4Ob98/06z20.6.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Kay S*****, vertreten durch Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Bernhard L*****, vertreten durch Dr. Thomas Bründel, Rechtsanwalt in Straßwalchen, wegen 30.465 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. März 2006, GZ 2 R 14/06a-34, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der wegen Urheberrechtsverletzung klagende Architekt erblickt die charakteristischen Merkmale seines Entwurfs für das Bauernhaus einerseits in der „einzigartigen Lösung des Erschließungsproblems für den ruhenden Verkehr von Norden" samt der Idee, die Parkplätze im Souterrain unterzubringen, andererseits in der besonderen Gliederung und Gestaltung der Außenansicht (Klage S. 3; PV Kläger Verhandlung 28. 9. 2004, S. 17).

Nach der Beurteilung des Sachverständigen hat der Kläger ein Gesamtkonzept vorgelegt, das in erster Linie auf der Verkehrslösung aufbaut. Bei der Ausführung des Bauwerks wurden die Idee der Verkehrserschließung mit Anordnung der Parkplätze und die Proportionen der Ostfassade übernommen; in seiner „Nordpassage" entspricht das vom Beklagten tatsächlich ausgeführte Bauwerk allerdings nicht dem Entwurf des Klägers (SV Gutachten S 10; Verhandlung 28.5.2005, S 5).

2. Das Berufungsgericht hat die beiden vom Beklagten aus dem Vorentwurf des Klägers übernommenen Elemente/Ideen nicht als urheberrechtlich geschützte Werke/Werkteile beurteilt. Die teilweise Ausbildung eines ebenerdig bzw im Tiefparterre liegenden Geschoßes als überdachte PKW-Abstellplätze sei nicht originell und vielfach anzutreffen; diese Abstellplätze an der Nordseite zu planen, um den südseitig gelegenen Vorgarten freizuhalten, sei zweckmäßig und nützlich, ohne dass darin eine künstlerische Gestaltung oder ein schutzfähiges Werk der Baukunst liege.

3. Diese Beurteilung folgt Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung. Die Planung nordseitig teilweise im Souterrain gelegener überdachter Abstellplätze ist eine technische Lösung. Technische Lösungen sind urheberrechtlich nicht schutzfähig, mag es für die technische Idee auch verschiedene Lösungsmöglichkeiten geben (4 Ob 337/84 = ÖBl 1985, 24 - „Mart-Stam"-Stuhl; RIS-Justiz RS0076654). Gegenstand des Urheberrechtsschutzes ist nur eine bestimmte Formung des Stoffes (RIS-Justiz RS0076830[T4]). Dass aber die konkrete architektonische Ausformung der Abstellplätze (als Gestalt gewordene Idee) eigentümlich und individuell sei, wurde weder behauptet, noch ist solches ersichtlich.

4. Auch Teile von Bauwerken (hier: eine Fassade) können urheberrechtlichen Schutz genießen (4 Ob 80/94 = MR 1994, 204 - Glasfenster). Bei Werken der Baukunst ist maßgeblich, ob die zu beurteilende Ausführung einer auf technisch verschiedene Weise zu lösenden Aufgabe nicht bloß als zweckmäßige, sondern zugleich als künstlerische Gestaltung zu werten ist (4 Ob 127/00f = MR 2000, 316 - Baupläne) und ob eine eigentümliche Leistung vorliegt, die sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt (4 Ob 127/00f = MR 2000, 316 - Baupläne; RIS-Justiz RS0076841). Ob eine Schöpfung urheberrechtlichen Schutz genießt, ist eine vom Gericht zu lösende Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0043530).

5. Nach Auffassung des Berufungsgerichts zeigt die Ostansicht des Entwurfs eine für ländliche Bauten dieser Gegend typische Fassade eines dreigeschoßigen Hauses mit mittig angeordneter Eingangstür unter einem Satteldachgiebel mit Krüppelwalm und folgt damit alter bäuerlicher Bautradition; diesem Typus entspreche nicht nur der Altbestand der Westfassade, sondern auch die abgebrannte Südfassade des Objekts. In den drei symmetrisch angeordneten Fensterachsen und dem dem Dachgeschoß vorgesetzten Balkon oder auch in den Proportionen der Ostfassade des Entwurfs sei keine eigentümliche, unverwechselbare und durch künstlerisches Empfinden geprägte geistige Schöpfung zu erkennen.

Diese Beurteilung überschreitet den Rahmen des durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessensspielraums bei der Beurteilung des Werkcharakters von Bauwerken oder Teilen davon nicht. Ob die Proportionen einer Fassade und deren Gestaltungselemente ausreichend eigentümlich sind, um unter den Schutz des Urheberrechts zu fallen, hängt regelmäßig von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, weshalb insoweit eine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) - abgesehen vom hier nicht gegebenen Fall einer groben Fehlbeurteilung - nicht vorliegt.

Stichworte