OGH 1Ob30/06b

OGH1Ob30/06b16.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Mario L*****, vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, wider die Antragsgegnerin Susanne L*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler, Rechtsanwälte in Neusiedl am See, wegen Aufteilung gemäß §§ 81 ff EheG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 2. Dezember 2005, GZ 20 R 54/05y-54, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 2. März 2005, GZ 2 C 73/02w-48, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Entsprechend dem übereinstimmenden Aufteilungsvorschlag der aus gleichteiligem Verschulden geschiedenen Parteien sprachen die Vorinstanzen - umbekämpft - aus, die Antragsgegnerin setze das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis an der vor und während der Ehe ausgebauten, im Haus der Eltern der Antragsgegnerin gelegenen Ehewohnung (einer Dachgeschoßwohnung) allein fort. Darüber hinaus verpflichtete das Erstgericht - dem Aufteilungsvorschlag des Antragstellers folgend - die Antragsgegnerin zur alleinigen Rückzahlung von Kreditverbindlichkeiten gegenüber drei verschiedenen Darlehensgebern sowie zur Leistung einer Ausgleichszahlung von EUR

6.500. Zwar kämen die mit Hilfe der Kredite bewirkten Wertsteigerungen nicht der Antragsgegnerin, sondern deren Eltern als Eigentümer der Ehewohnung zu, doch habe sie diese Wohnung seit Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nunmehr schon fünf Jahre bewohnt. Zudem habe der Antragsteller bzw dessen Vater vor der Eheschließung Investitionen und Leistungen in diese Wohnung im Wert von etwa EUR 55.000 getätigt.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass die Antragsgegnerin im Innenverhältnis lediglich zur Rückzahlung eines Teils eines Kredits in Höhe von EUR 14.102,68 verpflichtet sei und der Antrag auf Auferlegung einer Ausgleichszahlung (als verfristet) zurückgewiesen werde. Nur jene EUR 14.102,68, die nicht in den Wohnungsausbau, sondern in die (sonstige) eheliche Lebensführung der Ehegatten geflossen seien, bildeten den Gegenstand des Aufteilungsverfahrens. Aus Gründen der Billigkeit sei die Antragsgegnerin mit diesem gesamten Betrag zu belasten. Jene Kreditverbindlichkeiten, die der Wertsteigerung der Ehewohnung dienten, seien von der Aufteilung ausgenommen; sie seien nicht von der Antragsgegnerin, sondern allenfalls von den Eigentümern der Wohnung (deren Eltern) zu ersetzen. Der Antrag auf Ausgleichszahlung sei verfristet, weil der Antragsteller diesen erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG gestellt habe.

Der dagegen gerichtete Revisionsrekurs des Antragstellers ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Bei seinem Vorbringen, die vom Rekursgericht vorgenommene Aufteilung sei „unvollständig" und entspreche nicht dem Grundsatz der Billigkeit, übersieht der Revisionsrekurswerber, dass der Rechtssatz, wonach von den Ehepartnern auf eine nicht der Aufteilung unterliegende Liegenschaft getätigte wertsteigernde Aufwendungen im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen seien, nur dann gilt, wenn durch gemeinsame Arbeit oder Ersparnis ein Wertzuwachs im Vermögen eines der früheren Ehepartner bewirkt worden ist. Ein Wertzuwachs im Vermögen eines Dritten (hier: am Haus, das im Miteigentum der Eltern der Antragsgegnerin steht) stellt kein aufzuteilendes Vermögen der früheren Ehegatten dar (RIS-Justiz RS0057363). Unterliegt die Wertsteigerung der Ehewohnung aber nicht der Aufteilung, so können auch jene Kreditverbindlichkeiten, aus denen die Wertsteigerung finanziert wurde, nicht Gegenstand des Aufteilungsverfahrens sein. Da sie der Aufteilung schon aus diesem Grund entzogen sind, ist nicht maßgeblich, ob die jeweiligen Kreditverträge vor oder während der Ehe abgeschlossen wurden. Die vom Revisionsrekurswerber in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen stellen sich nicht. Allfällige andere privatrechtliche Ansprüche des Antragstellers (beispielsweise gegen die Eltern der Antragsgegnerin) werden durch die Ausklammerung dieser Kreditverbindlichkeiten vom Aufteilungsverfahren nicht präjudiziert. Die §§ 81 ff EheG bieten jedoch keine Rechtsgrundlage, die zum Ausbau der Dachgeschosswohnung dienenden Kredite in die Aufteilungsmasse einzubeziehen.

Dies hindert aber nicht, dass auf Wertsteigerungen der Ehewohnung - mag diese auch im Eigentum von Dritten stehen - im Wege der Billigkeit Bedacht genommen werden kann, wenn nämlich auf Grund der besonderen Verhältnisse anzunehmen ist, dass die Antragsgegnerin auch ohne Rechtsanspruch weiterhin im Genuss der Wertsteigerung verbleiben wird. Wenngleich die Kreditverbindlichkeiten zur Finanzierung der Wertsteigerung der Ehewohnung nicht so behandelt werden dürfen, als wären sie aufzuteilen, können sie bei der Bemessung des Anteils des früheren Ehegatten an dem der Aufteilung unterliegenden Vermögen angemessen Berücksichtigung finden (EvBl 1989/166). Im Einklang mit dieser Rechtsprechung ging das Rekursgericht davon aus, die Antragsgegnerin habe - zum Ausgleich dafür, dass sie schon fünf Jahre hindurch in den Genuss der Wertsteigerung der Wohnung gekommen sei - aus Gründen der Billigkeit denjenigen Teil der aushaftenden Kreditverbindlichkeiten, der zur Finanzierung des gemeinsamen ehelichen Lebensaufwands gedient habe, allein zurückzuzahlen, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, die Antragsgegnerin könnte von den Eigentümern des Hauses - ihren Eltern - aus der Wohnung gewiesen werden.

Da keine Feststellungen zur Höhe jenes Betrags vorlagen, der zur Finanzierung des ehelichen Lebensaufwandes im Kreditwege verwendet wurde, bezifferte das Rekursgericht unter Anwendung des § 273 ZPO diesen Betrag mit der Differenz zwischen der Höhe der insgesamt nach Eheschließung aufgenommenen Kreditmittel und der Höhe des Wertzuwachses der Wohnung während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft. Diese Vorgangsweise entspricht der Rechtsprechung, wonach im Fall der Bewirkung des Wertzuwachses im Vermögen eines früheren Ehepartners nicht die seinerzeitigen Anschaffungskosten für die Ermittlung der einzelnen Vermögenswerte maßgeblich sind, sondern der Wert im Zeitpunkt der Auseinandersetzung (RIS-Justiz RS0057818; SZ 55/163). Welche Beträge tatsächlich aufgewendet werden mussten, ist nicht maßgeblich. Davon, dass von allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung in Überschreitung des Ermessensbereichs abgewichen oder in anderer Weise eine krass fehlerhafte Ermessensübung getroffen worden wäre, die im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann somit keine Rede sein. (RIS-Justiz RS0113732; 1 Ob 125/03v).

Die gerichtliche Zuweisung der Zahlungspflicht bringt für die dadurch belastete Antragsgegnerin die Verpflichtung mit sich, im Fall des Zugriffs des Gläubigers den im Ausmaß von EUR 14.102,68 intern befreiten Antragsteller in diesem Umfang schad- und klaglos zu halten. Nach außen bleibt das Schuldverhältnis durch eine solche Zuweisung gänzlich unverändert (Stabentheiner in Rummel, ABGB3, § 92 EheG Rz 1 mwN).

Richtig ist, dass der Antrag auf Auferlegung einer Ausgleichszahlung nicht verfristet ist. Die Aufteilungsmasse wird durch den bei Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG vorliegenden Parteiantrag bindend festgelegt; eine Präzisierung des Begehrens ist nach Fristablauf aber möglich (EvBl 2000/62; JBl 2000, 252; SZ 55/192). Um eine bloße Präzisierung handelt es sich im vorliegenden Fall, war doch die Aufteilung der zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bestehenden Kreditverbindlichkeiten bereits Antragsgegenstand, sodass diese Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Ablaufs der Jahresfrist Gegenstand der Aufteilungsmasse waren. Daher stellt es keine Ausdehnung des Begehrens auf bisher nicht in die Aufteilungsmasse gefallene Verbindlichkeiten dar, wenn der Antragsteller nach Ablauf der Jahresfrist beantragt, der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung in Höhe von EUR 6.500 aufzuerlegen und dies damit begründet, er habe seit Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft Kreditrückzahlungen in dieser Höhe geleistet. Nach ständiger Rechtsprechung sind derartige, nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgte Zahlungen im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen (SZ 56/193; Stabentheiner aaO, §§ 83, 84 Rz 6 mwN). Im vorliegenden Fall können sie jedoch nur in jenem Umfang Berücksichtigung finden, als sie zur Rückzahlung von Beträgen dienten, aus denen der eheliche gemeinsame Lebensaufwand (und nicht der Dachbodenausbau) finanziert wurde. Dies sind nach den dazu getroffenen Feststellungen nur etwa 15 % der zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft insgesamt aushaftenden Kreditverbindlichkeiten. Auch bei deren billiger Mitberücksichtigung wäre keine andere Gesamtaufteilung im Sinn einer Auferlegung einer diesem Prozentsatz entsprechenden Ausgleichszahlung geboten gewesen, wurde doch der Antragsteller (betragsmäßig) ohnedies in voller Höhe von der Rückzahlung jenes Kreditbetrags befreit, der zur Bestreitung des ehelichen Lebensaufwands verwendet wurde. Zudem wurde nicht behauptet, die seit Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft geleisteten Kreditraten seien gerade der Abdeckung jenes Teils der Kreditsumme gewidmet gewesen, der für die Bestreitung des ehelichen Lebensaufwands Verwendung fand. Wenngleich der Antrag auf Zuerkennung einer Ausgleichszahlung aus diesen Gründen richtigerweise abzuweisen - und nicht als verfristet zurückzuweisen - gewesen wäre, ist der Revisionsrekurswerber dadurch nicht beschwert. Auch insoweit wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen, die einer Lösung durch den Obersten Gerichtshof bedürfte.

Die Kostenentscheidung der zweiten Instanz ist vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen (RIS-Justiz RS0008483).

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