Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 29. November 2005, AZ 8 U 293/00v (unjournalisiert nach ON 36), verletzt im Schuldspruch 2. das Gesetz in der Bestimmung des § 57 Abs 2 und Abs 3 (letzter Fall) StGB.
Dieses Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, wird im Schuldspruch 2., gemäß §§ 292 erster Satz, 289 StPO auch im Schuldspruch 1. und demzufolge im Strafausspruch sowie im Privatbeteiligtenzuspruch aufgehoben und gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 letzter SatzStPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Klaus K***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im November 1999 in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Heinrich C***** durch Vortäuschung, er werde den ausgeliehenen Betrag in 14 Tagen zurückzahlen, zur Überlassung von 15.000 S verleitet, wodurch der Genannte um diesen Betrag an seinem Vermögen geschädigt wurde, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Der Privatbeteiligte Heinrich C***** wird gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Im Umfang der Aufhebung des Schuldspruches 1. wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Innsbruck verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem in gekürzter Form (§ 458 Abs 3 StPO) ausgefertigten Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 29. November 2005, AZ 8 U 293/00v (unjournalisiert nach ON 36), wurde Klaus K***** der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (1.) sowie des Betruges nach § 146 StGB
(2.) schuldig erkannt.
Danach hat er in Innsbruck
1. am 28. April 2001 an der Tankstelle Fischerhäuslweg eine fremde bewegliche Sache, nämlich Benzin im Wert von 300 S dem Werner J***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
2. im November 1999 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Heinrich C***** durch Vortäuschen, er werde den ausgeliehenen Betrag in 14 Tagen zurückzahlen, zur Überlassung von 15.000 S verleitet, wodurch der Genannte um diesen Betrag an seinem Vermögen geschädigt wurde. Das Bezirksgericht verhängte hiefür unter Anwendung des § 28 StGB eine gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Geldstrafe von 90 Tagessätzen á 10 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und verurteilte Klaus K***** gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von 1.308,11 Euro an den Privatbeteiligten Heinrich C*****.
In Ansehung weiterer Anklagevorwürfe (wegen Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht zwischen 1. November 1999 und 28. Februar 2002 nach § 198 Abs 1 StGB und einer weiteren Betrugstat nach § 146 StGB) erging ein Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Der Schuldspruch 2. steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 57 Abs 3 (letzter Fall) StGB beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist bei dem mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis 360 Tagessätzen bedrohten Vergehen des Betruges nach § 146 StGB ein Jahr.
Die erste strafgerichtliche Maßnahme gegen Klaus K***** wegen der im November 1999 begangenen Betrugstat wurde mit dem Beschluss auf Abbrechung des Verfahrens gemäß § 452 Z 2 StPO und der Ausschreibung des Genannten zur Aufenthaltsermittlung am 17. Mai 2001, also nach Ablauf der Verjährungsfrist getroffen (S 1 verso in ON 12). Da keine Anhaltspunkte für eine Verlängerung der Verjährungsfrist iSd § 58 Abs 1 bis 3 StGB bestehen, war die Strafbarkeit des Klaus K***** wegen der im Schuldspruch zu 2. genannten Tat zufolge Verjährung erloschen (§ 57 Abs 2 StGB), sodass das Urteil insoweit mit materiellrechtlicher Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO) behaftet ist.
Zwar stellen die Verjährungsbestimmungen nach § 58 StGB (materielle) Strafaufhebungsgründe und keine (prozessualen) Verfolgungshindernisse dar. Fallaktuell sind jedoch der Verjährung entgegenstehende Konstatierungen angesichts der Aktenlage auch in einem erneuerten Rechtsgang nicht zu erwarten, sodass aus prozessökonomischen Gründen insoweit von der Rückverweisung an die Tatsacheninstanz abzusehen, in der Sache selbst zu entscheiden, hinsichtlich des Betrugsvorwurfes zu
2. mit Freispruch vorzugehen (Ratz, WK-StPO § 288 Rz 24; 14 Os 129/03; 14 Os 157/03; 15 Os 64/05h; 14 Os 49/05w; 14 Os 5/06a) und der Privatbeteiligte mit seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen war.
Im Hinblick auf diesen Teilfreispruch war aber gemäß §§ 292 erster Satz, 289 StPO auch der (allein) verbleibende Schuldspruch 1. wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu kassieren, um ein gegen den unbescholtenen (ON 36) Angeklagten, der zu dem den aus dieser Straftat entstandenen Schaden in der Hauptverhandlung gutgemacht hat (S 121), mögliches Vorgehen des Bezirksgerichtes nach dem Hauptstück IXa der Strafprozessordnung zu eröffnen (vgl RIS-Justiz RS0119278, dort zur Prüfung der Diversionskriterien iSd §§ 35 Abs 1, 37 SMG nach Kassation des Schuldspruches wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG).
Vollständigkeits halber ist zu diesem Sachverhaltskomplex auszuführen, dass die Aktenlage dessen rechtliche Beurteilung als Vergehen des Betruges nach § 146 StGB indiziert (insbesondere S 9 f in ON 5; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 Rz 146; 13 Os 73/05t mwN).
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