Spruch:
Das Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichtes Linz vom 3. Februar 2005, GZ 22 Hv 100/04b-17, verletzt § 57 Abs 2 und 3 StGB. Dieses Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, wird im Schuldspruch und im Strafausspruch aufgehoben und gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 letzter Satz StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Wolfgang Peter P***** wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe in Linz und anderen Orten im April 2001 mit Bettina Pi***** und Peter L***** als Beteiligte (§ 12 StGB) gewerbsmäßig die rechtswidrige Einreise eines Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn oder einen anderen geschieht (Schlepperei), zu fördern versucht, indem er eine Scheinehe zwischen der österreichischen Staatsbürgerin Sonja Karin Z***** (damals J*****) und dem türkischen Staatsangehörigen Orhan C***** anbahnte und Sonja Karin Z***** dafür vor dem Flug in die Türkei eine Teilzahlung von 25.000 S leistete, wobei die Tatvollendung mangels Einreise des Orhan C***** nach Österreich unterblieb, und er habe hiedurch das Verbrechen der versuchten Schlepperei nach § 15 StGB, § 104 Abs 1 und Abs 3 erster Fall FrG begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Text
Gründe:
Im Verfahren AZ 22 Hv 100/04b des Landesgerichtes Linz wurde Wolfgang Peter P***** mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 18. Juni 2004 (ON 3) das Verbrechen der versuchten Schlepperei nach § 15 StGB, § 104 Abs 1 und 3 erster Fall FrG (I.) sowie die teilweise im Stadium des Versuchs nach § 15 StGB verbliebenen Vergehen der Vermittlung von Scheinehen nach § 106 Abs 1 FrG (II.) zur Last gelegt. Der Vorwurf unter II. bezog sich darauf, dass P***** sowohl im April 2001 als auch im Februar 2002 gewerbsmäßig an der Anbahnung von Scheinehen österreichischer Staatsbürger mit ausländischen Staatsangehörigen mitgewirkt habe.
Mit dem (gemäß §§ 458 Abs 3, 488 Z 7 StPO in gekürzter Form ausgefertigten) rechtskräftigen Urteil der Einzelrichterin des Landesgerichtes Linz vom 3. Februar 2005, GZ 22 Hv 100/04b-17, wurde Wolfgang Peter P***** im Umfang von Punkt I. des Strafantrages - allerdings ohne Annahme der vorgeworfenen Qualifikation einer gewerbsmäßigen Begehung - des Vergehens der versuchten Schlepperei nach § 15 StGB, § 104 Abs 1 FrG schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt. Die zugrunde liegende Anbahnung der - in Österreich nicht anerkannten - Scheinehe zwischen Sonja Karin Z***** und Orhan C***** im Sinne eines (erfolglos gebliebenen) Versuchs einer Förderung der rechtswidrigen Einreise in einen Mitgliedstaat der EU fand im April 2001 statt. Vom Vorwurf des denselben Sachverhalt betreffenden (und mit diesem Schuldspruch idealkonkurrierenden; vgl 14 Os 79/03) Vergehens der versuchten Vermittlung von Scheinehen (Punkt II.1. des Strafantrages) und des ihm weiters zur Last gelegten Vergehens einer im Februar 2002 erfolgten Vermittlung von Scheinehen (Punkt II.2. des Strafantrages) wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Die erste strafgerichtliche Verfügung (durch Anordnung der Hauptverhandlung) gegen Wolfgang Peter P***** wegen der ihm angelasteten Straftaten wurde am 24. Juni 2004 getroffen (S 3 f).
Rechtliche Beurteilung
Der Schuldspruch steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einlang:
Gemäß § 57 Abs 3 (vorletzter Fall) StGB beträgt die Verjährungszeit drei Jahre, wenn die Straftat mit mehr als sechsmonatiger, aber höchstens einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört (§ 57 Abs 2 StGB), beim erfolglosen Versuch mit der letzten auf die Ausführung gerichteten Handlung des Täters (Foregger in WK2 § 57 Rz 3). Da für das dem Schuldspruch zugrunde liegende Vergehen der versuchten Schlepperei nach § 15 StGB, § 104 Abs 1 FrG lediglich eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorgesehen ist, die aktuellen Tathandlungen nach dem Schuldspruch im April 2001 verübt wurden und die erste strafgerichtliche Verfügung gegen Wolfgang Peter P***** am 24. Juni 2004, also mehr als drei Jahre nach der Straftat erfolgte, war die im verurteilenden Erkenntnis genannte Tat bereits verjährt, als das Strafverfahren gerichtlich anhängig wurde (§ 58 Abs 3 Z 2 StGB). Eine Verlängerung der hier aktuellen dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 58 Abs 2 StGB hätte vorausgesetzt, dass die Begehung einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Straftat in einem schuldigsprechenden Urteil festgestellt worden wäre (vgl Foregger in WK2 § 58 Rz 6; 14 Os 87/90, EvBl 1991/33, 138; SSt 52/60; 13 Os 12/00). Hinsichtlich der dem damaligen Angeklagten zu Punkt II.2. des Strafantrages angelasteten Tat vom Februar 2002 erging indes ein Freispruch; dieser Vorwurf stand daher dem Eintritt der Verjährung nicht entgegen. Anhaltspunkte für ein anhängiges Verfahren wegen sonstiger, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Nachtaten, die eine Ablaufhemmung bewirkt hätten, lassen sich dem Akt nicht entnehmen, sodass aus prozessökonomischen Gründen (vgl Ratz, WK-StPO § 288 Rz 24) in der Sache selbst zu erkennen und mit Freispruch vorzugehen war.
Wegen der Aburteilung der angeklagten Straftat nach § 15 StGB, § 104 Abs 1 FrG bei - prozessual verfehlt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 563) - gleichzeitiger Fällung eines Freispruchs wegen der idealkonkurrierenden strafbaren Handlung nach § 15 StGB, § 106 Abs 1 FrG war zur Klarstellung von der Anklage freizusprechen, welche die Tat in ihrer Gesamtheit und nach allen Gesichtspunkten hin umfasst, unter der sie als gerichtlich strafbar erscheinen kann.
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