Spruch:
In der Strafsache AZ 5 U 196/89 des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz verletzt das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Berufungsgericht vom 15.März 1990, AZ 1 b Bl 13/90, das Gesetz, und zwar
1. soweit es die Geringfügigkeitsgrenze (nach § 307 Abs. 2 StGB) mit 2.500 S annahm und insoweit der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das freisprechende Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 30.Oktober 1989, GZ 5 U 196/89-12, den Erfolg versagte, in der Bestimmung des § 307 Abs. 2 StGB;
2. soweit es in Stattgebung dieser Berufung hinsichtlich folgender (vom Angeklagten Franz Josef L*** gewährter) Geschenke, nämlich eines goldenen Kugelschreibers im Wert von 3.300 S zu Weihnachten 1983 an den Beamten Alois S*** und einer Porsche-Brille im Wert von 3.000 S zu Weihnachten 1984 an den Beamten Heinz H***, einen Schuldspruch wegen des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs. 2 Z 1 StGB fällte, in der Bestimmung des § 57 Abs. 2 StGB.
Das bezeichnete Urteil des Berufungsgerichtes, das im übrigen unberührt bleibt, wird, soweit es den oben zu Punkt 2 bezeichneten gesetzwidrigen Teil des Schuldspruchs betrifft und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben; im Umfang der Aufhebung wird über die Berufung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird (auch) hinsichtlich der oben zu Punkt 2 genannten Fakten nicht Folge gegeben.
Für das ihm nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch weiterhin zur Last fallende Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs. 2 Z 1 und Z 2 StGB wird Franz Josef L*** nach § 307 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 50 (fünfzig) Tagessätzen verurteilt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 (fünfundzwanzig) Tagen festgesetzt. Der Tagessatz wird mit
1.500 (eintausendfünfhundert) Schilling bestimmt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen; die Probezeit hat am 15.März 1990 zu laufen begonnen.
Gemäß § 20 Abs. 3 StGB wird Franz Josef L*** außerdem zur Zahlung eines Geldbetrages von
8.763 (achttausendsiebenhundertdreiundsechzig) Schilling verurteilt.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 30. Oktober 1989, GZ 5 U 196/89-12, wurde der nunmehr 38-jährige Franz Josef L*** von der wider ihn (gemäß § 451 Abs. 1 StPO in Form eines Antrages auf gesetzliche Bestrafung) erhobenen Anklage, das Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs. 2 Z 1 und Z 2 StGB dadurch begangen zu haben, daß er zwischen Dezember 1983 und Dezember 1988 in Graz als Geschäftsleiter der Firma A***-Gebäudereinigungs-GmbH & Co KG den Beamten Alois S***, Herbert B***, Heinrich H***, Horst S***, Heinz H*** und Karl G*** sowie dem leitenden Angestellten des Österreichischen Rundfunks Mag. Peter M*** für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften bzw. einer Rechtshandlung, nämlich für die Vergabe von Reinigungsarbeiten an das von ihm geleitete Unternehmen, nicht bloß geringfügige Vermögensvorteile, nämlich den Wert von 1.000 S erreichende und übersteigende Geschenke, gewährte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hat der Beschuldigte jeweils zu Weihnachten den nachgenannten Personen folgende Geschenke teils selbst übergeben, teils durch Mitarbeiter übergeben lassen, und zwar
- dem Liegenschaftsverwalter der Postdirektion Graz Alois S*** neben Getränken und anderen Geschenken geringen Wertes 1983 ein vergoldetes Feuerzeug im Wert von 3.300 S und 1986 einen Porsche-Kugelschreiber im Wert von 1.860 S;
- dem Leiter der Wirtschaftsabteilung der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Karl G*** zwischen 1983 und 1986 einen Kugelschreiber und eine Schreibmappe unbekannten Wertes, 1984 ein Lacoste-Parfum im Wert von 1.000 S, 1985 einen vergoldeten Kugelschreiber im Wert von 1.940 S und 1986 einen (elektrischen) Rasierapparat im Wert von 2.400 S;
- dem Stellvertreter des Genannten, Heinrich H***, von 1983 bis 1985 einen Kugelschreiber und eine Schreibmappe im Wert von 2.000 S, ein Lacoste-Parfum im Wert von 1.000 S und einen Schlüsselanhänger im Wert von 800 S;
- dem Leiter der Abteilung Gebäudetechnik der Technischen Universität Graz Heinz H*** 1983 eine Uhr mit Kette im Wert von
1.535 S, ein Telefonverzeichnis und eine große Flasche Kognak, 1984 eine Porsche-Brille im Wert von 3.000 S, 1985 einen vergoldeten Kugelschreiber im Wert von 1.940 S und ein Schecketui im Wert von
1.650 S, 1986 einen Aktenkoffer im Wert von 1.482 S und einen Rasierapparat im Wert von 2.400 S, 1987 eine Dupont-Füllfeder im Wert von 3.390 S und 1988 eine Karaffe mit Gläsern im Wert von 1.098 S sowie eine Brieftasche im Wert von 2.175 S;
- dem Referenten der Finanzlandesdirektion für Steiermark Herbert B*** 1983 ein versilbertes Feuerzeug im Wert von 2.300 S, 1984 einen Taschenrechner im Wert von 249 S, 1985 einen vergoldeten Kugelschreiber im Wert von 1.940 S, 1986 eine Tabatiere im Wert von 1.220 S und 1987 eine Karaffe mit Gläsern im Wert von 1.098 S;
- dem Referenten der Steiermärkischen Landesregierung Horst S*** 1985 neben "nicht erwähnenswerten" Geschenken einen vergoldeten Kugelschreiber im Wert von 1.940 S, 1986 einen Rasierapparat im Wert von 1.600 S und 1987 eine Weinkaraffe mit Gläsern im Wert von 1.098 S;
- dem Leiter der kaufmännischen Verwaltung des ORF-Landesstudios Steiermark Mag. Peter M*** 1984 ein Lacoste-Parfum im Wert von 1.000 S, 1985 eine Flasche Kognak, 1986 bis 1988 einen Porsche-Kugelschreiber im Wert von 1.860 S, einen Porsche-Filzschreiber im Wert von 2.540 S und eine Porsche-Füllfeder im Wert von 2.833 S.
Das Bezirksgericht vertrat die Auffassung, Geschenke bis zu einem Wert von 2.500 S seien geringfügige Vermögensvorteile; soweit der Wert einzelner den Beamten S*** und H*** sowie dem leitenden Angestellten Mag. M*** gewährter Geschenke diesen Betrag übersteigt, nahm es mangelnde Strafwürdigkeit der Tat gemäß § 42 StGB an, womit es insgesamt zu einem Freispruch gelangte. Der gegen diesen Freispruch erhobenen, auf §§ 468 Abs. 1 Z 4, 281 Abs. 1 Z 9 lit. a und b StPO gestützten Nichtigkeitsberufung der Staatsanwaltschaft (die im übrigen auch eine - nicht ausgeführte - Schuldberufung erhoben hatte) gab das Landesgericht für Strafsachen Graz als Berufungsgericht mit Urteil vom 15. März 1990, AZ 1 b Bl 13/90 (= ON 17 des bg. Aktes) teilweise Folge, indem es das Ersturteil in jenen Fällen, in denen der Freispruch auf § 42 StGB gegründet worden war, aufhob und den Angeklagten Franz Josef L*** in Ansehung der in der Zeit von Weihnachten 1983 bis Weihnachten 1988 den Beamten Alois S*** und Heinz H*** sowie dem leitenden Angestellten Mag. Peter M*** gewährten Geschenke (mit einem Einzelwert von über 2.500 S), nämlich eines vergoldeten Feuerzeuges im Wert von 3.300 S (1983 an S***), einer Porsche-Brille im Wert von 3.000 S und einer Dupont-Füllfeder im Wert von 3.390 S (1984 bzw. 1987 an H***) und eines Porsche-Filzschreibers im Wert von 2.540 S sowie einer Porsche-Füllfeder im Wert von 2.833 S (1987 bzw. 1988 an Mag. M***), des Vergehens der Bestechung nach § 307 Abs. 2 Z 1 und Z 2 StGB schuldig erkannte. Franz Josef L*** wurde hiefür zu einer (gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen) Geldstrafe sowie gemäß § 20 Abs. 3 StGB zur Zahlung eines Geldbetrages von 15.063 S verurteilt. Im übrigen wurde der Berufung der Staatsanwaltschaft der Sache nach (vgl. S 261 f, 272) - im Spruch des Berufungsurteiles scheint ein diesbezüglicher Ausspruch allerdings nicht auf - keine Berechtigung zuerkannt; insoweit teilte das Berufungsgericht, gestützt auf Bertel (WrKomm § 307 Rz 9; § 304 Rz 20) und Foregger-Serini (StGB4 § 304 Anm. V) die Ansicht des Bezirksgerichtes, wonach die Grenze der Geringfügigkeit eines Vermögensvorteiles bei 2.500 S anzunehmen sei. In jenen Fällen, in denen der (Einzel-)Wert der Geschenke diese Grenze übersteigt, mithin mehr als 2.500 S beträgt, verneinte es jedoch das Vorliegen einer geringen Schuld im Hinblick darauf, daß der Angeklagte zwei Beamte und einen leitenden Angestellten während eines Zeitraumes von insgesamt sechs Jahren mit Geschenken bedacht hat (S 272).
Rechtliche Beurteilung
Die vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher geltend gemacht wird, daß die Urteile beider Instanzen mit dem Gesetz in mehrfacher Beziehung nicht im Einklang stehen, ist berechtigt.
Dem Generalprokurator ist zunächst darin beizupflichten, daß das Berufungsgericht bei der (in teilweiser Stattgebung der Berufung des öffentlichen Anklägers erfolgten) Fällung eines Schuldspruchs hinsichtlich der Gewährung von Geschenken an die Beamten Alois S*** zu Weihnachten 1983 und Heinz H*** zu Weihnachten 1984 übersehen hat, daß jede dieser Taten (für sich allein) gemäß § 57 Abs. 2 und Abs. 3, letzter Fall, StGB in einem Jahr verjährt. Die Ablaufshemmung des § 58 Abs. 2 StGB bewirkt zwar, daß die zu Weihnachten 1983 gesetzte Tat (Geschenk an S***) nicht vor der zu Weihnachten 1984 begangenen Bestechungshandlung (Geschenk an H***) verjähren konnte; Ende 1985 war aber hinsichtlich beider Taten die Verjährungsfrist abgelaufen; denn die nächste dem Schuldspruch zugrunde liegende Tat wurde erst 1987 begangen, während die Einleitung des gerichtlichen Strafverfahrens wegen § 307 StGB, das auch die zuvor genannten Taten betraf, erst am 13.Feber 1989 erfolgte (S 2).
Im angeführten Umfang stand daher dem vom Berufungsgericht gefällten Schuldspruch der Strafaufhebungsgrund der Verjährung entgegen. Lediglich zur Klarstellung sei beigefügt, daß die "Begehung" weiterer gleichartiger strafbarer Handlungen das Ablaufen der Verjährungsfrist nach § 58 Abs. 2 StGB nicht hindern konnte, weil die Tatsache, daß der Täter die Nachtat(en) begangen hat, schuldspruchmäßig festgestellt worden sein muß (SSt.52/60; Foregger WrKomm § 58 Rz 3; Karollus RZ 1988, 29 ff; Leukauf-Steininger2 § 58 RN 14).
Zuzustimmen ist dem Generalprokurator aber auch darin, daß die sowohl vom Bezirksgericht als auch vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, Geschenke bis zu einem Wert von 2.500 S seien ein bloß geringfügiger Vermögensvorteil im Sinn des § 307 Abs. 2 StGB, mit dem Gesetz nicht im Einklang steht.
In der Nichtigkeitsbeschwerde wird hiezu (ua) ausgeführt:
"Bis zu welchem Ausmaß ein Vorteil 'geringfügig' ist, wird in der Literatur höchst unterschiedlich beantwortet. Eine gefestigte Judikatur dazu liegt, insb. seit dem StRÄG 1987, das durch die Anhebung der Wertgrenzen auch die für die Geringfügigkeitsgrenze üblich gewordenen Richtwerte in Diskussion gebracht hat, nicht vor. Soweit überblickbar, wurde bisher lediglich ausgesprochen, daß ein Vermögensvorteil von 2.000 S nicht mehr als geringfügig angesehen werden kann (11 Os 100/85). Diese Entscheidung berief sich auf den Kommentar Leukauf-Steininger2 (§ 304 RN 14, ebenso ErgH 1982), der für eine sinngemäße Anwendung der Grundsätze zu §§ 141, 150 StGB (daher - damals - nicht über 500 S) eintrat. Ähnlich argumentiert Tschulik (WrKomm Rz 10) zu dem jedenfalls gleich zu beurteilenden 'nicht bloß geringfügigen Vorteil' des § 153 a StGB und nimmt daher dort einen Richtwert von 1.000 S an.
Wie schon in den Materialien zum StRÄG 1971 (vgl. auch Mayerhofer-Rieder StGB3 Anm. 5 zu § 304) ausgeführt wurde, ist jedoch die analoge Heranziehung des Begriffes des geringen Wertes in § 141 StGB nicht sachgerecht. Tatsächlich sind die Fälle der §§ 141, 142 Abs. 2, aber auch §§ 149, 150, die auf eine Sache geringen Wertes, ein geringes Entgelt oder einen geringen Schaden abstellen, insofern mit der Geringfügigkeit des Vorteils in §§ 304 Abs. 4, 305 Abs. 2, 307 Abs. 2 StGB nicht vergleichbar. In den erstgenannten Tatbeständen geht es nämlich immer um den einem Dritten (in verschiedener Weise) zugefügten Schaden; zusätzlich zum geringen Wert ist in den §§ 141, 150 eine besondere Motivation des Täters zu berücksichtigen; in § 142 Abs. 2 muß die Tat auch in anderer Weise minder strafwürdig sein; des weiteren sind bei dieser Form der Geringwertigkeit nach ständiger Rechtsprechung auch opferbezogene Faktoren zu berücksichtigen, sodaß der nun allgemein anerkannte Richtwert von 1.000 S (RZ 1989/60 uva) unter Umständen auch wesentlich unterschritten werden kann. Vor allem aber handelt es sich in diesen Fällen um eine Privilegierung, während die Geringfügigkeit des Vorteiles in den genannten Geschenkannahme- und Bestechungsdelikten die Tatbestandsmäßigkeit ausschließt. Lassen sich somit die zu den erstgenannten Tatbeständen in der Judikatur entwickelten Richtwerte zur Geringwertigkeit auf die vorliegende Frage der Geringfügigkeit nicht ohne weiteres übertragen, so folgt daraus keineswegs, daß der 'Vorteil' mit einem höheren Betrag zu bemessen wäre, wie dies in der aktuellen Literatur (seit Anhebung der Wertgrenzen) von Bertel (WrKomm § 307 Rz 9; § 304 Rz 20) und Bertel-Schwaighofer (BT I § 153 a Rz 2), und zwar mit
2.500 S, empfohlen wird. Der in ähnlicher Richtung vor dem StRÄG 1987 (also für einen Grenzwert von 1.000 S) laufenden Argumentation Pallins (ÖJZ 1982, 340) sind schon Leukauf-Steininger2 (ErgH 1982, § 304 RN 1 a) entgegengetreten.
Bei unbefangener Beurteilung, was unter einem geringfügigen Vorteil zu verstehen ist, wird man an eine Flasche Wein, eine Bonbonniere, einen Kalender oä denken, Aufmerksamkeiten die Freude bereiten können, aber nicht zu einer länger dauernden Besitzvermehrung des Beschenkten führen und deren Handelswert allenfalls einige 100 S betragen mag. Wenn es tatsächlich 'üblich' sein sollte, wie Bertel meint und wie es vorliegend geschehen ist, daß Luxusartikel von recht erheblichem Wert geschenkt werden, so widerstreitet das den vom Gesetzgeber gestellten Anforderungen an eine saubere Verwaltung und kann nicht zum Maßstab der Rechtsauslegung genommen werden. Überhaupt unbestreitbar ist wohl, daß (hier allerdings nicht aktuelle) Geldgeschenke in einem derartigen Betrag, der auch in Relation zu den durchschnittlichen Bezügen beschenkter Beamter durchaus ins Gewicht fällt, nicht bloß geringfügige Vorteile vermitteln.
Volle Zustimmung verdient daher Kienapfel (BT II2 § 153 a Rz 24), der sich für eine Grenze von 500 S ausspricht. Daß er diese - entgegen der hiezu ergangenen Judikatur - auch im Fall des § 141 StGB vertritt, steht ihrer Richtigkeit wegen der bereits dargelegten Unvergleichbarkeit der Geringwertigkeitsgrenze des § 141 StGB mit der Geringfügigkeit des Vermögensvorteiles in den hier in Rede stehenden §§ 304, 307 StGB nicht entgegen. Nur am Rande sei bemerkt, daß eine Judikatur, die an die Geschenkannahme Beamter einen 'großzügigeren' Maßstab anlegte als an die beschriebenen Kriminaltatbestände, in der Öffentlichkeit jedenfalls bei oberflächlichem Vergleich Befremden erregen muß. Bei der Bestechung von Beamten, die entgegen ihren Dienstvorschriften und ohne Not für pflichtgemäßes Tun Geschenke annehmen, ist vielmehr ein strenger Maßstab sachgerecht. Daß der vom Beamten erzielte Vorteil unter Umständen nicht dem Handelswert des Geschenkes entspricht (in diesem Sinn Foregger-Serini StGB4 § 304 Anm. V), hat für die Beurteilung des Geschenkgebers nach § 307 StGB nichts zu besagen". Der Oberste Gerichtshof schließt sich diesen Ausführungen des Generalprokurators jedenfalls insoweit uneingeschränkt an, als bei einem Geschenk an einen Beamten oder leitenden Angestellten, das den Betrag oder Wert von 2.500 S erreicht, nicht von einem bloß geringfügigen Vermögensvorteil im Sinn der §§ 304 Abs. 4, 305 Abs. 2 und § 307 Abs. 2 StGB gesprochen werden kann, uzw weder nach der Bedeutung des Wortes "geringfügig" noch nach der ratio der in Rede stehenden, die Bestrafung wegen Geschenkannahme oder Bestechung ausschließenden Bestimmungen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kann bei einer diesen Betrag oder Wert erreichenden Zuwendung keineswegs von einer "kleinen Aufmerksamkeit" gegenüber dem Beamten oder leitenden Angestellten die Rede sein, die der Gesetzgeber im gegebenen Zusammenhang nicht pönalisiert wissen wollte. Bis zu welchem Betrag oder Wert ein Vermögensvorteil als geringfügig anzusehen ist, ist vielmehr unter sinngemäßer Heranziehung jenes Richtwertes zu beurteilen, den die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der durch das StRÄG 1987 geänderten Rechtslage für die Beurteilung der Geringwertigkeit einer Sache oder der Geringfügigkeit eines Schadens oder einer Tatfolge (im Sinn des § 42 Z 2 StGB) zugrunde legt. Der Oberste Gerichtshof hält damit an jener Auffassung fest, von der er schon in der Entscheidung vom 10. September 1985, 11 Os 100/85 - unter Berufung auf Leukauf-Steininger Komm.2 § 304 RN 14 sowie ErgH 1982 § 304 RN 1 a und § 307 RN 13 a - ausgegangen ist.
Die von der Beschwerde ins Treffen geführte Passage in den EBRVzStRÄG 1971 (zit. bei Mayerhofer-Rieder StGB3 Anm. 5 zu § 304) steht dem nicht entgegen, stellt sie doch auf die zum StG entwickelte, nach Inkrafttreten des StGB aber nicht mehr aufrecht erhaltene Judikatur ab, wonach für die Geringwertigkeit bei der Entwendung die niederste nach dem Gesetz mögliche Geldstrafe maßgebend war. Die in den §§ 141, 150 StGB geforderte besondere Motivation des Täters hinwieder hat (ebenso wie die im § 142 Abs. 2 StGB normierte weitere Voraussetzung für die mindere Strafbarkeit) mit der Frage, bis zu welchem Betrag oder Wert eine Sache geringwertig (oder ein Schaden geringfügig) ist, nichts zu tun; deren Beantwortung hängt nicht davon ab, ob (auch) die in Rede stehenden (jeweils zusätzlich geforderten) Kriterien erfüllt sind oder nicht. Richtig ist, daß in den genannten Fällen für die Geringwertigkeit (Geringfügigkeit) auch opferbezogene Faktoren zu berücksichtigen sind, was für die Geringfügigkeit nach §§ 304 Abs. 4, 305 Abs. 2 und § 307 Abs. 2 StGB nicht gilt. Das allein rechtfertigt es jedoch nicht, in letzterer Beziehung einen grundsätzlich anderen Beurteilungsmaßstab anzulegen, mithin die Geringfügigkeitsgrenze bei den Bestechungsdelikten generell niedriger anzusetzen, uzw auch nicht unter dem Aspekt, daß es sich dabei um einen Tatbestandsausschluß (und nicht bloß um eine Privilegierung) handelt.
Ausgehend von der neueren Rechtsprechung, wonach die Geringwertigkeitsgrenze bei etwa 1.000 S liegt (EvBl. 1989/112 = RZ 1989/60 = JBl. 1990, 55 = NRsp 1989/121; vgl. auch NRsp 1988/291), ist daher die Grenze, bis zu welcher eine Zuwendung an einen Beamten oder leitenden Angestellten als ein bloß geringfügiger Vermögensvorteil zu beurteilen ist, mit etwa 1.000 S anzunehmen. Nur in dieser Hinsicht vermag sich der Oberste Gerichtshof daher dem Rechtsstandpunkt des Generalprokurators, der diese Grenze unter Berufung auf Kienapfel (BT II2 § 153 a Rz 24) bei 500 S gezogen wissen will, nicht anzuschließen (wie hier auch Tschulik WrKomm § 153 a Rz 10).
Bereits das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz verletzt demnach wegen der darin vertretenen Rechtsansicht, Geschenke bis zu einem Wert von 2.500 S seien ein bloß geringfügiger Vermögensvorteil, das Gesetz in der Bestimmung des § 307 Abs. 2 StGB in jenen Fällen, in denen der Freispruch nicht auf § 42 StGB gestützt wurde. Eine gesonderte Feststellung (auch) dieser Gesetzesverletzung wurde vom Generalprokurator mit der Begründung nicht begehrt, daß das bezirksgerichtliche Urteil zufolge Berufung der Staatsanwaltschaft der Beurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz als Rechtsmittelgericht unterzogen war. Auf Geschenke mit einem 1.000 S nicht erreichenden Wert war der Bestrafungsantrag von vornherein nicht gerichtet (S 3 verso). Im Hinblick darauf, daß nach den Urteilsfeststellungen der Angeklagte dem Beamten Heinz H*** zu Weihnachten 1985, 1986 und 1988 jeweils mehrere Geschenke gewährt hat, die das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Geringfügigkeit des Vermögensvorteils gesondert beurteilt hat, sei klarstellend - und übereinstimmend mit den bezüglichen Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes - noch beigefügt, daß in bezug auf mehrere Geschenke auch desselben Geschenkgebers zwar der Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB - ungeachtet dessen, daß § 304 Abs. 3 StGB nunmehr eine Wertqualifikation normiert - weder im Fall des § 304 StGB noch in den Fällen der §§ 305 und 307 StGB anwendbar ist, daß aber bei mehreren, aus einem einheitlichen (Bestechungs-)Vorsatz aus demselben Anlaß (vom selben Geschenkgeber) gewährten Geschenken für die Ermittlung des durch diese Geschenke vermittelten Vermögensvorteils von deren Gesamtwert auszugehen ist; denn unter diesem Aspekt kann es keinen Unterschied machen, ob ein einziges Geschenk im Wert von mehr als 1.000 S gewährt wird, oder ob es sich um mehrere Geschenke handelt, bei denen erst der Gesamtwert die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt.
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Generalprokurators waren somit die zutreffend aufgezeigten Gesetzesverletzungen antragsgemäß festzustellen. Der dem Berufungsgericht in Ansehung der Geringfügigkeitsgrenze des § 307 Abs. 2 StGB unterlaufene Rechtsirrtum hat sich zum Vorteil des Angeklagten ausgewirkt; die Entscheidung hat sich daher diesbezüglich auf die Feststellung der Gesetzesverletzung zu beschränken. Soweit das Berufungsgericht aber gegen die Bestimmung des § 57 Abs. 2 StGB verstoßen hat, war gemäß § 292, letzter Satz, StPO wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Bei der durch die Aufhebung (auch) des Strafausspruchs erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe konnten die vom Berufungsgericht im wesentlichen zutreffend konstatierten Strafzumessungsgründe übernommen werden. Davon ausgehend und unter Bedachtnahme auf die im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erschien eine (gemäß § 43 Abs. 1 StGB abermals unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene) Geldstrafe von 50 Tagessätzen, welcher einer Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen entspricht, angemessen; der Tagessatz wurde - wie vom Landesgericht - mit 1.500 S festgesetzt. Darüber hinaus war Franz Josef L*** gemäß § 20 StGB zur Zahlung des an die Stelle des Verfalles tretenden Geldbetrages zu verurteilen, der mit 8.763 S dem von der Urteilsaufhebung unberührt gebliebenen Wert der Geschenke entspricht.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)