Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Über die Berufung des Angeklagten Yonus D***** wird das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden haben.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthält, wurden Ahmet T*****, Yonus D*****, Fatma T*****, Renate Y*****, Ingrid K***** und Osman Y***** der teilweise im Stadium des Versuchs (§ 15 StGB) gebliebenen Vergehen der Vermittlung von Scheinehen nach §§ 106 Abs 1 FrG (A.) und der teilweise im Stadium des Versuchs (§ 15 StGB) gebliebenen (hinsichtlich Punkt A.1 a und b, 2 a, b, c und d, 3 a, b und c, 4, 5 a, 6, 7 a und b, 10 a, b und c des Urteilssatzes tateinheitlich begangenen) Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs 1 und Abs 3 (erster und zweiter Fall - Osman Y***** nur erster Fall) FrG (B. 2 - 10), Fatma T***** und Ingrid K***** auch des Vergehens der Schlepperei nach § 104 Abs 1 FrG (B. 1) sowie Renate Y***** des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB (C.) schuldig erkannt.
Danach haben unter wechselnder Beteiligung (teils auch mit gesondert verfolgten Personen) von September 2001 bis Oktober 2002 in Steyr und anderen Orten
A. in im Urteil detailliert angeführten insgesamt 23 Fällen gewerbsmäßig (§ 70 StGB) Ehen zwischen Österreichern und Fremden teils vermittelt oder angebahnt, teils zu vermitteln oder anzubahnen versucht, obwohl sie wussten oder wissen mussten, dass sich die Betroffenen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese Ehe berufen, aber kein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK führen wollen, indem sie sich für die Anbahnung und den Abschluss von Scheinehen zwischen türkischen Staatsangehörigen und österreichischen Frauen von den türkischen Staatsangehörigen jeweils Geldbeträge von bis zu 10.000 EUR bei Abschluss von Ehen in Österreich und bis zu 11.000 oder 12.000 EUR für den Abschluss von Ehen in der Türkei auszahlen ließen, und zwar Ahmet T***** in sechzehn Fällen (A. 1, 2, 3, 4, 5, 7 b, 8), wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, Yonus D***** in vierzehn Fällen (A. 1, 2, 3, 4, 5), Fatma T***** in zwei Fällen (A. 1), Renate Y***** in sechs Fällen (A. 3, 4, 6, 9), wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, Ingrid K***** in zwölf Fällen (A. 1, 2, 4, 6, 7, 9), wobei es in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist, und Osman Y***** in vier Fällen (A. 9, 10);
B. die rechtswidrige Einreise von Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert bzw zu fördern versucht, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für sie oder einen anderen geschieht (Schlepperei), nämlich durch die Erschleichung von Einreisebewilligungen für türkische Staatsangehörige nach Österreich, die von österreichischen Behörden in Unkenntnis darüber, dass Scheinehen zwischen türkischen Staatsangehörigen und österreichischen Staatsbürgerinnen die Grundlage dafür bildeten, erteilt wurden, wofür von den türkischen Staatsangehörigen bis zu ca. 13.000 EUR bezahlt werden mussten, und zwar Fatma T***** gemeinsam mit Ingrid K***** in einem nicht qualifizierten Fall (B. 1) sowie in insgesamt achtzehn Fällen (jeweils tateinheitlich mit Punkt A. 1 a und b, 2 a, b, c und d, 3 a, b und c, 4, 5 a, 6, 7 a und b, 10 a, b und c des Urteilssatzes), wobei die Schlepperei von allen Angeklagten gewerbsmäßig (§ 70 StGB) und - mit Ausnahme von Osman Y***** - auch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangen wurde, und zwar Ahmet T***** in elf Fällen (B. 2, 3, 4, 5, 6, 7), wobei es in fünf Fällen beim Versuch geblieben ist, Yonus D***** in zehn Fällen (B. 2, 3, 4, 5, 6), wobei es ebenfalls in fünf Fällen beim Versuch geblieben ist, Fatma T***** in zwei Fällen (B. 2), wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, Renate Y***** in fünf Fällen (B. 4, 5, 8), wobei es in vier Fällen beim Versuch geblieben ist, Ingrid K***** in neun Fällen (B. 2, 3, 5, 8, 9), wobei es in fünf Fällen beim Versuch geblieben ist, und Osman Y***** (allein) in drei Fällen (B. 10), wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist;
C. Renate Y***** im Frühjahr 2002 in Wien mit der gesondert verfolgten Angelika K***** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Ahmet T***** durch die Vorspiegelung, sie würden eine von ihm vermittelte Scheinehe eingehen, sohin durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung von 1.000 EUR, verleitet, die den Genannten an seinem Vermögen schädigte. Der Schuldspruch B. erging abweichend von der Anklageschrift, in welcher die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt nicht unter den Tatbestand der Vermittlung von Scheinehen (nach § 106 Abs 1 FrG) subsumiert hatte.
Dieses Urteil bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf § 281 Abs 1 StPO stützen, und zwar Ahmet T*****, Yonus D***** und Fatma T***** (in einer gemeinsamer Rechtsmittelschrift weitgehend undifferenziert) auf Z 9 lit a und 9 lit c, 10 und 11, Renate Y***** auf Z 5, 9 lit a und 10, Ingrid K***** auf Z 3, 4, 5a, 8, 9 lit a, 10 und 11 sowie Osman Y***** auf Z 5 und 9 lit a.
Rechtliche Beurteilung
Ihnen kommt keine Berechtigung zu.
Zur Z 10 aller Beschwerdeführer:
Ahmet T*****, Yonus D***** und Fatma T***** (diese drei auch gestützt auf die Z 11) sowie Ingrid K***** begehren aus Z 10 einen Freispruch (iS einer Nichtaufnahme der weiteren Deliktseignung nach § 104 Abs 1 und 3 FrG in den Schuldspruch, vgl 13 Os 114/01, 15 Os 27/02 uvm) vom Faktenkomplex B. wegen Vergehens oder Verbrechens der Schlepperei nach § 104 FrG mit der Behauptung scheinbarer Idealkonkurrenz, gegebenenfalls durch Verdrängung der Bestimmung des § 104 FrG durch § 106 Abs 1 FrG zufolge Spezialität.
Damit wird die Frage gestellt, ob durch die Begehung einer Tat (hier: das Anbahnen von Scheinehen gegen Entgelt) mehrere strafbare Handlungen begründet werden (zu den Begriffen "Tat" und "strafbare Handlung" vgl Ratz in WK-StGB2 Vorbem §§ 28 bis 31 Rz 1). Die Strafdrohung des § 104 Abs 1 FrG gegen Schlepperei zielt auf Migrationsunrecht ab, das durch spezifische Verknüpfung der Verletzung staatlicher Hoheitsrechte, insbesondere des Schutzes der Grenzen, mit der Beeinträchtigung des öffentlichen Friedens und wirtschaftlicher Interessen Österreichs und der Europäischen Union gekennzeichnet ist (vgl auch 13 Os 139/99 - "staatlicher Anspruch auf Vollziehung der Normen über Einreise und Aufenthalt von Fremden"). Das Verbot der Vermittlung von Scheinehen gemäß § 106 Abs 1 FrG erfasst zwar gleichfalls Migrationsunrecht, aber ohne Blick auf den Schutz der Grenzen, weil damit auch Verhaltensweisen in Bezug auf bereits - rite - eingereiste, lediglich im Inland (bzw Unionsgebiet) eine Erteilung der Aufenthaltsbewilligung anstrebende Fremde erfasst werden.
Erst durch die Unterstellung des Tatgeschehens sowohl unter den Tatbestand der Schlepperei (§ 104 Abs 1 und Abs 3 FrG) als auch unter jenen der Vermittlung von Scheinehen (§ 106 Abs 1 FrG) hat das Schöffengericht das Tatunrecht voll erfasst und somit das Gesetz richtig angewendet.
Zu Unrecht behaupten Ahmet T*****, Yonus D***** und Fatma T***** unter Z 9 lit c, Ingrid K***** hingegen unter Z 8 eine in der Heranziehung der Strafbestimmungen gegen Schlepperei gelegene Überschreitung der Anklage (§ 281 Abs 1 Z 8 StPO).
Gemäß § 267 StPO ist der Gerichtshof an die Anträge des Anklägers nur insoweit gebunden, als er den Angeklagten nicht einer Tat schuldig sprechen kann, auf die die Anklage weder ursprünglich gerichtet war noch während der Hauptverhandlung ausgedehnt wurde. Gegenstand einer Anklage ist immer ein in der Vergangenheit liegendes Ereignis, nämlich die Beteiligung eines Menschen an einem bestimmten Vorfall, die nach Ansicht des Anklägers einen strafbaren Erfolg herbeiführen sollte oder herbeigeführt oder sonst ein Tatbild erfüllt hat (Foregger/Fabrizy StPO8 § 262 Rz 1; s auch Mayrhofer, WK-StPO Vor § 207 Rz 2, § 207 Rz 8f; je mwN). Der unter Anklage gestellte Lebenssachverhalt ist jedoch vom Gericht nach allen Richtungen unter den rechtlich maßgeblichen Umständen zu erforschen und jenem Gesetz zu unterstellen, das bei richtiger Auslegung darauf anzuwenden ist. Auch kann eine Tat im prozessualen Sinn (ein angeklagter historischer Sachverhalt) ohne weiteres mehreren selbständigen Taten iS des materiellen Rechtes entsprechen, deren Verwirklichung der Ankläger alternativ oder nebeneinander als begangen ansieht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 502).
In ihren Rechtsrügen vertreten Ahmet T*****, Yonus D*****, Fatma T*****, Renate Y***** (diese gestützt auf Z 10), Ingrid K***** und Osman Y***** den Standpunkt, dass die - ohne die Absicht, eine Lebensgemeinschaft zu begründen - ausschließlich oder zumindest überwiegend zum Zweck, dem Fremden den unbeschränkten Aufenthalt in Österreich und/oder den unbeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, geschlossenen Ehen zwar nichtig sind (§ 23 Abs 1 zweiter Fall EheG), diese Nichtigkeit jedoch zum Zeitpunkt der Einreise nicht festgestellt war und die Ehen demzufolge "rechtswirksam" seien. Daraus leiten sie einen Mangel am Tatbestand der Schlepperei ab.
Indes bringt das Tatbestandsmerkmal "rechtswidrige Einreise" in § 104 Abs 1 FrG zum Ausdruck, dass jede Einreise erfasst wird, die gegen eine (verwaltungsbehördliche) Rechtsvorstrift verstößt. Die solcherart (bewusst weit) normierte Strafbarkeit erfährt ein Korrektiv durch das Abstellen auf die Leistung eines Vermögensvorteils (110 BglNr 21. GP 9 f).
Aus dieser deliktsbezogenen weiten Sicht ist die Einreise eines Fremden nur dann rechtmäßig, wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des zweiten Hauptstücks des FrG 1997 und ohne Umgehung der Grenzkontrolle bewirkt wird (vgl § 31 Abs 1 Z 1 FrG 1997). Soweit sich eine Einreise aber auf einen Aufenthaltstitel stützt, der nach Falschbehauptung eines gemeinsamen Familienlebens erteilt wurde, liegt ihr eine Verletzung des § 8 Abs 4 FrG 1997 zu Grunde, der es Ehegatten ausdrücklich verbietet, sich wahrheitswidrig auf ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK zu berufen. Da vorliegend gegen diese Verbotsnorm des zweiten Hauptstücks des FrG 1997 verstoßen wurde, ist eine solche Einreise in der Bedeutung des § 104 Abs 1 FrG 1997 rechtswidrig.
§ 8 Abs 4 FrG 1997 stellt auf die Verhinderung von Scheinehen ab und schließt solche Ehen, die nur zur Erlangung fremdenrechtlicher oder ausländerbeschäftigungsrechtlicher Vorteile geschlossen wurden, als Grundlage für die Erteilung eines Aufenthaltstitels - und somit auch für einen darauf abzielenden Einreisetitel - aus, ohne dass es zuvor der (zivilrechtlichen) Nichtigerklärung der Ehe bedürfte (Muzak/Taucher/Aigner/Lober, Fremdenrecht Anm 4 zu § 8 FrG). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Eingehung einer Ehe gegen Entgelt ausschließlich zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen als erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens (§ 8 Abs 3 Z 2 FrG) gesehen (vgl VwGH vom 28. Jänner 2003, Zl 2003/18/0003 uvm). Die Berufung auf eine "Scheinehe" stellt bereits einen Versagungsgrund dar, der ferner - nachträglich bekannt geworden - gemäß § 34 Abs 1 Z 3 FrG 1997 sowohl Grund für die Ausweisung als auch für die - demgegenüber einen gravierenden Eingriff in die persönliche Sphäre darstellende - Maßnahme des Aufenthaltsverbotes ist, das den Fremden für die Dauer der Gültigkeit von der Einreise in das Bundesgebiet ausschließt (§ 36 Abs 2 Z 9 FrG 1997). Auch im Lichte dieser Unrechtsfolgenregelung erweisen sich die vorliegenden - sogar ein Aufenthaltsverbot rechtfertigenden - Einreisen als rechtswidrig. Soweit die Angeklagte Ingrid K***** hervorhebt, dass eine Einreise ebenso mit einem Touristenvisum erfolgen hätte können, entfernt sie sich von den Urteilsfeststellungen.
Zur Beschwerde der Renate Y*****:
Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch wegen des Vergehens des Betruges - gestützt auf Z 5 - mit der Behauptung, das Gericht habe bestimmte Aspekte ihrer - in Wahrheit ohnedies berücksichtigten (US 27, 47) - Aussage (S 248/IV) nicht oder nicht ihren Intentionen ensprechend gewürdigt. Damit zeigt sie aber weder eine Unvollständigkeit noch einen sonstigen formellen Mangel der Entscheidungsgründe auf, sondern trachtet nach Art einer unzulässigen Schuldberufung die schöffengerichtliche Beweiswürdigung zu bekämpfen. Sie reißt nämlich nur einen einzigen Satz ihrer gerichtlichen Verantwortung sinnentstellend aus dem Kontext, übergeht aber alle anderen gegen sie sprechenden Beweise (so z. B. ihre geständige Einlassung S 244/IV, es sei schon richtig, sie habe Ahmed T***** "legen" wollen).
Auch ihre diesbezügliche Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht fehl, weil sie nicht konkret darlegt, welche zusätzlichen Feststellungen das Gericht zu treffen gehabt hätte.
Zur Beschwerde der Ingrid K*****:
Ihre Verfahrensrüge (Z 3) lässt außer Acht, dass § 221 Abs 1 StPO nur die Vorbereitungszeit des Angeklagten und nicht auch jene des Verteidigers betrifft, weshalb ihre lediglich auf den Verteidiger bezogene Reklamation von vorneherein ins Leere geht. Einer Behinderung der Vorbereitung des Verteidigers hinwieder kann durch eine sachgerechte Antragstellung in der Hauptverhandlung entgegengewirkt werden. Dem wurde aber - in dem hier zu beurteilenden Fall - mit einem bloßen "Hinweis" im Zuge der zur Anklageerwiderung bestimmten Gegenäußerung (§ 244 Abs 3 StPO) nicht Genüge getan (S 109/IV). Denn als Antrag wird nur ein deutlich und bestimmt formuliertes Begehren aufgefasst (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 311). Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass aus dem kritisierten Verfahrensvorgang auch deshalb keine Nichtigkeit gemäß Z 4 des § 281 Abs 1 StPO abzuleiten ist, weil weder die Beschwerdeführerin noch ihr Verteidiger in der Hauptverhandlung auf die Einhaltung der Formerfordernisse des § 238 StPO gedrungen haben (Ratz, aaO Rz 318). Die Mängelrüge (Z 5) legt mit der bloßen Wiedergabe von Feststellungen (US 18 zweiter Absatz und 19 erster und zweiter Absatz) keine Undeutlichkeit der Urteilsbegründung im Sinne des ersten Falls dieses Nichtigkeitsgrundes dar; bringt doch das Erstgericht solcherart im Zusammenhang mit den Beweiswerterwägungen (US 28 ff) unmißverständlich zum Ausdruck, welche entscheidenden Tatsachen es als erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen. Auch die weiteren hiezu angestellten Beschwerdeüberlegungen (über Bestehen legaler Einreisemöglichkeit mit Touristenvisum sowie über Ziel und Zweck der Eheabschlüsse) weisen weder eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) noch einen inneren Widerspruch (Z 5 dritter Fall) nach. Nach Inhalt und Zielrichtung des Vorbringens bekämpft die Beschwerde durch die auszugsweise angeführten, indes prozessordnungswidrig isoliert aus dem Gesamtgefüge gelösten Urteilspassagen lediglich rechtliche Erwägungen des Erstgerichtes, nicht aber Begründungsfehler festgestellter Tatsachen. In der Tatsachenrüge (Z 5a) kritisiert die Rechtsmittelwerberin zunächst ebenso wie in ihrer Rüge nach Z 8 zu Unrecht eine (vermeintliche) Unterlassung "der Befragung der Parteien zur subjektiven Tatseite" des § 104 Abs 1 und 3 FrG, indem sie die Ankündigung des Schöffengerichtes einer Subsumtionserweiterung (S 317/IV) wiedergibt, ohne darzulegen, dass und aus welchen Gründen sie an einer darauf abzielenden Antragstellung (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) gehindert war (Ratz, aaO Rz 480).
Soweit sie zudem aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Schuldsprüche A. 6 und A. 7. b zu wecken trachtet, scheitert auch dieser Versuch zufolge einer bloß selektiven Beurteilung singulärer Beweisergebnisse.
Die Beschwerdebehauptung (Z 9 lit a) hinwieder, der Versuch einer Scheinehevermittlung sowie der tateinheitlich verwirklichten Schlepperei (A. 6 und B. 8) sei wegen absoluter Untauglichkeit straflos, trifft nicht zu. Mit dem bloßen Hinweis auf die bestehende aufrechte Ehe der Silvia A***** (A. 4 = B. 5), die der (neuerlichen) Eheschließung entgegengestanden wäre, wird kein Beweisergebnis aufzeigt, welches dem Straflosigkeitserfordernis des § 15 Abs 3 StGB entsprechend bewirkt, dass die Vollendung der mit Vorlage einer gefälschten Geburtenbuchabschrift und einer gefälschten Lohnbestätigung sowie einer tatsachenwidrigen Erklärung unternommenen Tat (vgl US 40f) mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war.
Demgegenüber argumentiert die Rüge bezüglich der Schuldsprüche A. 7 b und B. 9 b nicht dem Gesetz gemäß, weil sie die Feststellungen über einen konkreten Bestimmungsversuch (US 43) glattweg übergeht.
Zur Beschwerde des Osman Y*****:
Dieser Rechtsmittelwerber bekämpft - über die bereits behandelte Rechtsrüge (formell geltend gemacht Z 9 lit a; s oben zu Z 10) hinaus - den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, indem er jeweils in Bezug auf die Vermittlung von Scheinehen und schließlich auch hinsichtlich der Schlepperei Undeutlichkeit der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (Z 5 erster Fall) und deren offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) behauptet. Entgegen seinen Ausführungen hat das Erstgericht nicht nur die gewerbsmäßige Tatbegehung (auch) durch Osman Y***** unmissverständlich festgestellt, sondern die Gewerbsmäßigkeit, welche Einkommenslosigkeit des Täters nicht voraussetzt, mit der Wiederholung der Straftaten, mit dem äußerst planmäßig-professionellen Vorgehen sowie mit dem Umstand, dass sich die Angeklagten (somit auch der Beschwerdeführer) für die Vermittlung von Scheinehen nicht unbeträchtliche Geldbeträge auszahlen ließen, auch ausreichend begründet. Im Kern bekämpft er damit bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter und lässt nicht erkennen, welche konkreten Feststellungen er vermisst (insoweit der Sache nach Z 9 lit a).
Aus den dargelegten Gründen waren daher die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten Freiheitsstrafen, und zwar über Ahmet T***** von zweieinhalb Jahren, Fatma T***** von zehn Monaten sowie über Osman Y*****, Renate Y***** und Ingrid K***** von jeweils zwölf Monaten. Gemäß § 43 Abs 1 StGB sah es bei Fatma T***** die verhängte Freiheitsstrafe zur Gänze und bei Osman Y***** gemäß § 43a Abs 3 StGB einen Teil von acht Monaten jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Dabei wertete es als mildernd bei allen Angeklagten (außer Fatma T*****) die "mehr oder weniger umfassenden Geständnisse", bei allen Angeklagten, dass es hinsichtlich einzelner Fakten beim Versuch geblieben ist, sowie bei Fatma T***** und Osman Y*****, dass sie "unbescholten" sind. Als erschwerend berücksichtigte es bei Ahmed T*****, Ingrid K***** und Renate Y***** die einschlägigen "Vorstrafen", das Zusammentreffen von Vergehen und Verbrechen, bei Renate Y***** überdies den raschen Rückfall nach der letzten Haftentlassung, bei Ahmet T***** seine Funktion als Initiator und Anstifter eines Großteils der Straftaten, ferner bei allen Angeklagten (mit Ausnahme Osman Y*****) die Verwirklichung des § 104 Abs 3 FrG in beiden Qualifikationsformen und auch die Tatwiederholungen beim Vergehen nach § 106 FrG.
Mit ihren Berufungen streben Ahmet T*****, Fatma T***** und Osman Y***** eine Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafen an. Ingrid K***** begehrt eine Reduktion der Freiheitsstrafe konkret auf sechs Monate und deren gänzliche bedingte Nachsicht. Die von Renate Y***** angemeldete Berufung wurde weder schriftlich noch im Gerichtstag mündlich ausgeführt.
Keine der Berufungen ist begründet.
Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe nicht nur im Wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, sondern sie auch entsprechend gewichtet und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) über die Angeklagten differenzierte Sanktionen verhängt, die sowohl der personalen Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der Taten gebührend Rechnung tragen.
Eine untergeordnete Tatbeteiligung (§ 34 Abs 1 Z 6 StGB), wie von Ahmet T***** und Ingrid K***** geltend gemacht wird, liegt nicht vor. Es trifft auch nicht zu, dass diese Angeklagte die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefasster Absicht begangen hat (§ 34 Abs 1 Z 9 StGB) und zur Tat durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage bestimmt worden ist (§ 34 Abs 1 Z 10 StGB). Entgegen dem Standpunkt der Angeklagten Ingrid K***** erfolgte die Berücksichtigung der doppelten Deliktsqualifikation nach § 104 Abs 3 FrG als erschwerend zu Recht; denn gewerbsmäßiges Handeln besteht nur in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB). Sie deckt sich aber nicht mit der Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB). Ihr Vorbringen im Gerichtstag über geleistete Schadensgutmachung ist nicht objektiviert. Angesichts der gegebenen Strafzumessungstatsachen, der Täterpersönlichkeit und mehrfacher Tatwiederholungen ist weder aus general - noch aus spezialpräventiven Rücksichten die Gewährung einer (auch bloß teilweise) bedingten Strafnachsicht bei Ingrid K***** gerechtfertigt.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher insgesamt zu keiner Änderung einer der angefochtenen Sanktionen bestimmt.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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