OGH 6Ob32/06h

OGH6Ob32/06h9.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. Manfred N*****, vertreten durch Mag. Albert H. Reiterer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwilligung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 12. Oktober 2005, GZ 53 R 347/05v-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hallein vom 20. Mai 2005, GZ 3 C 212/04h-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 665,66 EUR (davon 110,94 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Klägerin begehrte, den Beklagten zur Einwilligung in die bücherliche Abschreibung einer Teilfläche seiner Liegenschaft und in deren Zuschreibung zur Liegenschaft der Klägerin zu verpflichten. Sie habe ihre Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 23. 1. 2004 gekauft. Sie und die Voreigentümer ihrer Liegenschaft hätten das Eigentum an der strittigen Teilfläche ersessen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Klägerin und ihre Rechtsvorgänger hätten die strittige Teilfläche zwar seit mehr als 30 Jahren genutzt, die Rechtsvorgänger der Streitteile hätten aber in ihrer Vereinbarung lediglich die unbefristete Nutzung an dem jeweiligen im Eigentum des anderen befindlichen Grundstücksteils - dem Rechtsvorgänger der Klägerin die Nutzung der strittigen Teilfläche - eingeräumt. Ein Teilgrundstückstausch als Inhalt dieser Vereinbarung sei auszuschließen. Der unmittelbare Rechtsvorgänger des Klägers habe diese Vereinbarung gekannt, sodass es am Willen zur Ersitzung des Eigentums an der strittigen Teilfläche gefehlt habe. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Zutreffend sei das Erstgericht davon ausgegangen, dass ein Grundstückstausch zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile nicht vereinbart worden sei. Walter G***** sei seit 1963 Miteigentümer und seit 1981 Alleineigentümer der nun der Klägerin gehörigen Liegenschaft gewesen. Er habe die von seinem Rechtsvorgänger mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten getroffene Vereinbarung über die Zaunverlegung gekannt und gewusst, dass der Zaunverlauf nicht mit dem grundbücherlichen Grenzverlauf übereinstimme und der Beklagte der Eigentümer der strittigen Teilfläche sei. Daher habe das Erstgericht im Ergebnis zutreffend die Redlichkeit des Besitzes des Rechtsvorgängers der Klägerin verneint.

Das Berufungsgericht ließ - nachträglich (§ 508 ZPO) - die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zu den „Kriterien für die Annahme der Redlichkeit des Ersitzungsbesitzers nach Abschluss einer unklaren Vereinbarung, die faktisch einen Grundstückstausch durch Verlegung der Naturgrenze zur Folge hatte", keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof existiere.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

Das Berufungsgericht hat - wie sich zu den Ausführungen insgesamt entnehmen lässt - die Vereinbarung zwischen dem Vater des Beklagten und dem Rechtsvorgänger Walter G***** ebenso wie das Erstgericht dahin ausgelegt, dass Letzterem nur das alleinige Nutzungsrecht an der strittigen Teilfläche eingeräumt wurde. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn das Berufungsgericht - wie hier - den Vertrag im Einklang mit den von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen ausgelegt hat (4 Ob 134/02p; 1 Ob 2380/96y uva).

Diese dem unmittelbaren Rechtsvorgänger der Klägerin bekannte vertragliche Gebrauchsüberlassung schließt jedenfalls auch die uneigentliche Ersitzung (§ 1477 ABGB) des Eigentums aus, war doch die Rechtsausübung Ausfluss der vertraglich eingeräumten Rechtsstellung, die Ersitzung muss insoweit an der mangelnden Redlichkeit scheitern (SZ 44/41 mwN; SZ 56/111; 1 Ob 13/99i ua; RIS-Justiz RS0034095; M. Bydlinski in Rummel², § 1462 ABGB Rz 1 mwN).

Was die Rüge der Revision anlangt, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 498 Abs 1 ZPO in seiner Begründung ohne Beweiswiederholung auf Aussagen des Zeugen Walter G***** zurückgegriffen, so bildet die Verletzung dieser erheblichen Verfahrensvorschrift keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage, weil sie nicht präjudiziell ist (siehe Zechner in Fasching/Konecny² IV, 1 § 502 ZPO Rz 60). Die Ausführung des Berufungsgerichts, aus der wiedergegebenen Aussage des Zeugen gingen dessen Zweifel darüber hervor, ob die strittige Teilfläche nicht doch in Wahrheit nach wie vor dem Beklagten gehöre, ist nicht relevant. Es steht nämlich fest, dass der Zeuge wusste, dass der Beklagte Eigentümer der strittigen Teilfläche ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50 Abs 1, 41 ZPO. Der Beklagte wies in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hin.

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