OGH 1Ob2380/96y

OGH1Ob2380/96y16.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertraud P*****, vertreten durch Dr.Helmut Fritz, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Wolfgang P*****, vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wegen Unterhalts (Streitwert 144.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgerichts vom 22.August 1996, GZ 2 R 267/96f-36, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Mürzzuschlag vom 15.März 1996, GZ 2 C 60/94g-28, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.370 S (darin 1.395 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde am 17.September 1990 gemäß § 55 a EheG geschieden. In dem am selben Tag abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich regelten die Streitteile ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen dahin, daß der Beklagte der Klägerin einen Unterhaltsbetrag von 8.000 S monatlich und überdies die „Kosten der freiwilligen Weiterversicherung in der Krankenversicherung“ zu bezahlen hat. Außerdem vereinbarten die Streitteile ausdrücklich, daß „ein Hinzutreten weiterer Sorgepflichten auf Seiten des ... (Beklagten) ... den Unterhaltsanspruch der ... (Klägerin) ... nicht mindern dürfe“. Bei der Unterhaltsfestsetzung in dieser Höhe wurden sonstige Sorgepflichten des Beklagten für drei eheliche und ein uneheliches Kind zugrunde gelegt. In der vor der Scheidung geführten Korrespondenz hatte der Vertreter des Beklagten dessen (monatliches) „Durchschnittseinkommen“ für das Jahr 1989 mit insgesamt 40.276 S bekanntgegeben. Von einer „Prozentklausel“ war dagegen nicht die Rede. Von April bis einschließlich September 1990 verdiente der Beklagte dann „tatsächlich durchschnittlich rund 53.300 S monatlich“ (netto). Davon hatte die Klägerin im Zeitpunkt der Scheidung keine Kenntnis. Diese ist seit 1992 aufgrund einer Schenkung Eigentümerin einer 81 m2 großen Wohnung in Leoben, die unbelastet ist und leer steht.

Die Klägerin begehrte den Zuspruch eines weiteren Unterhaltsbetrags von 4.000 S monatlich ab 24.Oktober 1994 (Klageeinbringung). Sie brachte vor, daß der vertraglichen Regelung ihres Unterhaltsanspruchs ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 37.396 S zugrunde gelegt worden sei. Der vereinbarte Unterhaltsbetrag von 8.000 S monatlich habe daher einem Anteil von 21 % des Nettobezugs des Beklagten entsprochen. Dieser verdiene jetzt 59.500 S monatlich netto. Der Unterhaltsanspruch belaufe sich daher auf mindestens 12.000 S monatlich.

Der Beklagte wendete ein, daß „anläßlich der Ehescheidung keinerlei Bemessungsgrundlage festgehalten“ worden sei. Sein monatliches Nettoeinkommen betrage „grob“ 51.000 S. Der Klägerin stehe daher keine Unterhaltserhöhung zu. Sie unterlasse überdies die Vermietung der in ihrem Eigentum stehenden Leobner Wohnung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt. Es sprach aus, daß der Beklagte vom 24.Oktober 1994 bis einschließlich Juni 1995 insgesamt 10.000 S und ab Juli 1995 insgesamt 9.100 S monatlich an Unterhaltsbeiträgen zu bezahlen habe. Das Mehrbegehren wies es ab und erwog in rechtlicher Hinsicht: Die vertragliche Unterhaltsregelung der Streitteile entspreche der Bestimmung des § 69 Abs 2 EheG. Durch die Unterhaltsvereinbarung sei daher offenbar „die Ausgestaltung eines gesetzlichen Anspruchs der Klägerin“ erfolgt. Bei Berücksichtigung der konkurrierenden Unterhaltspflichten für Kinder stehe der Klägerin ein Unterhaltsanspruch von rund 17 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten zu. Die Klägerin hätte bei getrennter Haushaltsführung auch während aufrechter Ehe keinen höheren Unterhaltsanspruch. Daß sie - entsprechend ihren Prozeßbehauptungen - Anspruch auf 21 % des monatlichen Durchschnittseinkommens des Beklagten habe, sei nicht erwiesen. Es wäre ihr überdies zur Erzielung eines Eigeneinkommens zumutbar, ihre leer stehende Eigentumswohnung zu vermieten. Das Unterhaltserhöhungsbegehren sei somit nur teilweise gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung soweit als Teilurteil, als die dem Beklagten für den Zeitraum vom 24.Oktober 1994 bis 30.Juni 1995 auferlegte Unterhaltsleistung 9.200 S monatlich nicht übersteigt. Im übrigen hob es das Ersturteil auf und sprach aus, daß die Revision bzw der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht: Der Unterhaltsvergleich vom 17.September 1990 enthalte „keinerlei Relationen zwischen Bemessungsgrundlage und Alimentationshöhe“. Der Klägerin sei der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, daß sich ihr Unterhaltsanspruch als gleichbleibender Bruchteil von 21 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten ergebe. Unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten des Beklagten habe das Erstgericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin ohne Rechtsirrtum mit rund 17 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Klägerin erhalte damit jenen Unterhalt, „der einer gegen ihren Willen geschiedenen Person unter denselben Voraussetzungen zuerkannt würde“. Der Beklagte habe jedoch eine Alimentationsverpflichtung von 9.200 S prozessual anerkannt. Die Klägerin habe die Fällung eines Teilanerkenntnisurteils nicht begehrt. Der Beklagte habe sein Anerkenntnis später auch ausdrücklich widerrufen. Diese Prozeßhandlung sei jedoch ohne eine wesentliche Änderung der Verhältnisse unbeachtlich. Das führe hier zum Ergebnis, daß der Widerruf infolge eines „reduzierten Einkommens des Mannes“ für den Zeitraum ab 1.7.1995 wirksam sei. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, wie weit Reisediäten des Beklagten ein tatsächlicher Aufwand gegenüberstehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Die Klägerin vertritt in ihrem Rechtsmittel nach wie vor die Ansicht, die Streitteile hätten im gerichtlichen Vergleich vom 17.September 1990 vereinbart, daß der Unterhaltsanspruch der Klägerin jeweils 21 % der Bemessungsgrundlage betragen soll. Sie übersieht jedoch dabei, daß die Vorinstanzen in Auslegung des Unterhaltsvergleichs zum Ergebnis gelangten, es sei keine feste Relation zwischen dem Unterhaltsanspruch und dessen Bemessungsgrundlage vereinbart worden. Ein Problem der Vertragsauslegung kann aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellen, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RZ 1994/45 mwN aus der Rsp). Ein derartiger Entscheidungsfehler liegt hier jedoch jedenfalls nicht vor. Geht man aber von dem durch die Vorinstanzen erzielten Auslegungsergebnis aus, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, daß bei einem Unterhaltserhöhungsbegehren von der gesetzlichen Regelung auszugehen ist, wenn es an der Vereinbarung einer festen Relation zwischen der Unterhaltsleistung und deren Bemessungsgrundlage mangelt (1 Ob 529, 530/92; EFSlg 59.519; EFSlg 43.719; EFSlg 37.612 ua).

Neben der prozentuellen Unterhaltsbemessungsfrage werden in der Revision keine anderen Themen aufgegriffen. Die für die Zulassung der Revision bzw des Rekurses an den Obersten Gerichtshofs ausschlaggebende Rechtsansicht des Berufungsgerichts über die Bindung des Beklagten an sein widerrufenes prozessuales Anerkenntnis belastet die Rechtssphäre der Klägerin nicht und bedarf demnach auch keiner Erörterung.

Die Revision ist somit zurückzuweisen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 ZPO. Da der Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision hinwies, sind ihm die Kosten seiner Revisionsbeantwortung zuzuerkennen.

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