OGH 7Ob248/05d

OGH7Ob248/05d8.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Haas und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen EUR 21.000 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 26. Juli 2004, GZ 16 R 112/05s-15, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. März 2005, GZ 24 Cg 137/04z-11, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 938,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Verlegerin der wöchentlich erscheinenden Printmedien „N*****" und „N*****".

Die Klägerin begehrt einen Teil des Sockelbetrages nach § 8 Abs 5 Z 1 PresseFG für die „N*****". Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber die Presseförderung lediglich den regionalen Tageszeitungen, nicht aber auch den regionalen Wochenzeitungen gewähre. Es liege eine Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz vor. Die Beklagte bestritt das Klagebegehren mit der Begründung, dass nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs 1 PresseFG 2004 sich dieser nur auf Tageszeitungen beziehe und eine besondere Förderung zur Erhaltung der regionalen Vielfalt von Wochenzeitungen nicht vorgesehen sei. Die Differenzierung sei sachlich gerechtfertigt.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, wobei sie den Ausführungen der Beklagten folgten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, da sich der Oberste Gerichtshof zur Frage der verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des § 8 PresseFG 2004 noch nicht auseinandergesetzt habe und daher eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Revisionswerberin macht in ihrem Rechtsmittel ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 8 Abs 5 Z 1 PresseFG 2004 geltend.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigende Rechtsfrage insbesondere dann nicht vor, wenn das Revisionsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (RIS-Justiz RS0116943). Der Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG) richtet sich auch an den Gesetzgeber und setzt insoferne Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (1 Ob 279/04t unter Hinweis auf VfSlg 10.064; VfSlg 10.084). Der Gesetzgeber ist demnach verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Unterschiedliche Regelungen, die nicht in den entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ihre Grundlage haben, sind verfassungswidrig, weil sie sachlich nicht gerechtfertigt sind (1 Ob 279/04t; 10 ObS 19/05s; RIS-Justiz RS0053509, RS0054018, RS00553959). Gemäß § 8 Abs 1 PresseFG 2004 trägt der Bund durch eine Besondere Förderung zur Erhaltung der Vielfalt der Tageszeitungen in den Bundesländern bei. Diese Besondere Förderung besteht in den finanziellen Zuwendungen des Bundes an Tageszeitungen einschließlich Kopfblätter mit besonderer Bedeutung für die politische Meinungs- und Willensbildung, denen jedoch nicht eine marktführende Stellung gemäß § 8 Abs 4 PresseFG 2004 zukommt.

Diese Besondere Förderung kommt nach dem Gesetz nur Tageszeitungen zugute, nicht jedoch - im Gegensatz zur Vertriebsförderung (§ 7 PresseFG 2004) - Wochenzeitungen. Die Gesetzesmaterialien zu § 8 PresseFG 2004 beschränken sich darauf auszuführen, dass die neue Besondere Förderung zur Erhaltung der Vielfalt der Tageszeitungen in den Bundesländern beitragen solle (AB 323, BlgNR XII GP, 2). Zum PresseFG 1979 hingegen wurde ausgeführt, dass gerade Tageszeitungen, die von besonderer Bedeutung für die politische Meinungs- und Willensbildung seien, im zunehmenden Maße mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hätten. Gerade diesen Tageszeitungen sei in ihrem Existenzkampf mit den zusätzlichen Förderungsmitteln zu helfen, damit auch künftighin die Medienvielfalt durch die Existenz von Zweit-, Dritt- und Viertzeitungen gewahrt werden könnte. Dies sei umso notwendiger, als europaweit gerade im Bereich der Tageszeitungen, durch technische und wirtschaftliche Entwicklungen begünstigt, Konzentrationstendenzen kaum übersehen werden könnten (AB 510 BlgNR XVI GP).

Das Berufungsgericht hat bereits zutreffend dargelegt, dass die Differenzierung des Gesetzgebers zwischen Tageszeitungen und Wochenzeitungen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die politische Meinungs- und Willensbildung sachlich gerechtfertigt ist. Täglich erscheinende Zeitungen reagieren unmittelbar auf tagespolitische Ereignisse und Entwicklungen. Schon allein mit ihrer wiederholten, immer aktuellen Auseinandersetzung mit gewissen Themen können sie mehr Einfluss auf die politische Meinungs- und Willensbildung nehmen, als dies Wochenzeitschriften schon im Hinblick auf die geringere Erscheinungshäufigkeit bewirken können. Da mit der Förderung auch eine Hilfe speziell beim Existenzkampf von Tageszeitungen angestrebt wird, ist auch in der unterschiedlichen Kostenbelastung bedingt durch die verschiedene Erscheinungshäufigkeit eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung zu sehen. Die von der Klägerin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 8 PresseFG können daher vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt werden.

Das Rechtsmittelgericht trifft aber nicht schon dann, wenn eine Partei Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes äußert, die Verpflichtung zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof. Es hat vielmehr als Vorfrage das Vorliegen solcher relevanter Gründe selbständig zu beurteilen (10 ObS 2/05z, RIS-Justiz RS0053638). Hegt also das Gericht - wie hier - keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßgkeit einer Gesetzesbestimmung, so besteht kein Anlass für eine Antragstellung gemäß Art 140 B-VG.

Mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO war daher die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte wies auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hin.

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