Spruch:
Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben und das Berufungsurteil dahin abgeändert, dass das Teil- und Zwischenurteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 19. 5. 1999 ereignete sich in den Gewässern zweier Flüsse ein Fischsterben großen Ausmaßes. Ausgangspunkt hiefür war die Einleitung giftiger Substanzen in die Kläranlage der beklagten Partei und von dort in eines dieser Gewässer. Die beklagte Partei sammelt das gesamte Abwasser einer Region und leitet dieses durch ihre Kläranlage. Die geklärten Abwässer werden in eines der Gewässer, in denen das Fischsterben auftrat, abgeleitet.
Die erstklagende Partei und die vier weiteren klagenden Parteien, allesamt Fischereiberechtigte in Revieren der betroffenen Gewässer, begehrten den Ersatz des ihnen durch das Fischsterben verursachten Schadens in unterschiedlicher Höhe, der durch die Einleitung von Cyaniden aus dem Betrieb der beklagten Partei in eines der Gewässer entstanden sei. Insbesondere wurden die Ersatzansprüche auf § 26 WRG und auf die Bestimmungen des Nachbarrechts des ABGB gestützt.
Die beklagte Partei wendete ein, sie könne als Betreiber der Kläranlage keine Vorkehrungen gegen die Einleitung solcher giftiger Substanzen durch Dritte treffen. Das Fischsterben sei ihrerseits daher nicht verhinderbar gewesen. Die Einleitung der Cyanide in das Kanalsystem und letztlich in die - von ihr betriebene - Kläranlage sei von der Nebenintervenientin verursacht worden. Diese wendete ein, für das Fischsterben nicht verantwortlich zu sein, weil dessen Ursache nicht die Einleitung von Cyaniden aus ihrem Betrieb gewesen sei. Es mangle überdies für die Einleitung komplexer Cyanide in das öffentliche Kanalnetz an einer wasserrechtlichen Beschränkung.
Das Erstgericht beschränkte auch im zweiten Rechtsgang den Gegenstand des Verfahrens auf die Entscheidung dem Grunde nach und darüber hinaus auf die von der erstklagenden Partei geltend gemachten Ansprüche. Es sprach mit Teil- und Zwischenurteil aus, dass die beklagte Partei der erstklagenden Partei dem Grunde nach für den Schaden hafte, der durch das im Mai 1999 aufgetretene Fischsterben in zwei Gewässern verursacht worden sei. Die in die Kläranlage gelangten und dort geklärten Abwässer seien in eines der Gewässer, an denen die erstklagende Partei fischereiberechtigt sei, abgeleitet worden. Sie hätten giftige Substanzen enthalten, die von der Nebenintervenientin in das Kanalnetz eingeleitet worden seien. Es habe sich dabei um komplexe Cyanide gehandelt, die durch Sonnenlicht in freie Cyanide umgewandelt worden seien und das Fischsterben ausgelöst hätten. Bei Erlassung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids für die beklagte Partei habe die Behörde nicht an eine Beschränkung der Einleitung von Cyaniden gedacht, da mit derartig hohen Konzentrationen nicht gerechnet worden sei. Auch sei nicht bedacht worden, dass sich durch das Sonnenlicht nicht toxische komplexe Cyanide in toxische freie Cyanide umwandeln könnten. Der Nebenintervenientin, die cyanidhältige Stoffe chemisch behandle, sei ein Grenzwert von 1 mg/l für die Einleitung von Cyaniden vorgeschrieben worden, der zur Zeit des Fischsterbens bei Weitem überschritten worden sei. Obwohl die beklagte Partei als Betreiberin der Kläranlage ihren Verpflichtungen zur Abwasserklärung nachgekommen sei, hafte sie gemäß § 26 Abs 2 WRG für die Schäden aus dem Fischsterben. Diese Bestimmung stelle auf eine reine Erfolgshaftung ab. Die Anwendung des § 26 Abs 5 letzter Halbsatz WRG komme nicht in Betracht, da nach dem Vorbringen nur die klagende (gemeint: beklagte) Partei eine Wasserbenutzungsanlage betreibe.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass die beklagte Partei der erstklagenden Partei dem Grunde nach nur zur Hälfte für den Schaden aus dem Fischsterben hafte. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000 überschreite und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die beklagte Partei sei lediglich Mitverursacherin des Schadens gewesen; neben der beklagten Partei sei auch die Nebenintervenientin als Schädiger anzusehen. Die Anteile an der Schadenszufügung ließen sich nicht bestimmen, sodass die beklagte Partei gemäß § 26 Abs 5 letzter Halbsatz WRG nur zu 50 % hafte.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen der klagenden und der beklagten Partei sowie jene der Nebenintervenientin.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin sind nicht zulässig, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung weder aufgezeigt wurden noch zu lösen sind.
Zur Revision der beklagten Partei:
Zu der auf ein Rechtsgutachten gegründeten Rechtsansicht, § 26 Abs 2 WRG enthalte eine Eingriffs- und Gefährdungshaftung, beide Haftungstatbestände seien nicht verwirklicht, eine Haftung der beklagten Partei für das bloße Durchleiten giftiger Stoffe sei als nicht im Gefährdungszusammenhang stehend zu verneinen, ist vorerst auf die im ersten Rechtsgang ergangene (aufhebende) Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 14. 10. 2003, 1 Ob 57/03v, zu verweisen. In dieser führte der erkennende Senat aus:
.... "Entgegen der Ansicht (der beklagten Partei) statuiert § 26 Abs 2 WRG einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch im Wege der Erfolgshaftung, um eine solche Haftung in den Fällen zu ermöglichen, in denen bei der Verleihung eines Wasserbenutzungsrechts Schäden nicht vorhergesehen wurden (SZ 66/177; SZ 51/64 uva). Daran kann auch nichts ändern, dass die Einleitung der giftigen Stoffe nicht durch die beklagte Partei selbst erfolgte und dass die klagenden Parteien gegen andere Personen, auf deren Verhalten der Schadenseintritt (mit-)ursächlich zurückzuführen ist, gleichfalls Schadenersatzansprüche erheben könnten ..." Weiters wurde in dieser Entscheidung bereits zum Ausdruck gebracht, dass die Einleitung der geklärten Abwässer in eines der betroffenen Gewässer über die von der beklagten Partei (rechtmäßig) betriebene Kläranlage erfolgte, sodass daran nicht gezweifelt werden könne, dass die Beeinträchtigung des Fischereirechts der erstklagenden Partei auf den rechtmäßigen Bestand bzw Betrieb der Wasserbenutzungsanlage (= Kläranlage) der beklagten Partei zurückzuführen sei.
Auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse des fortgesetzten Verfahrens besteht kein Anlass, von diesen Ausführungen abzugehen:
Nach ständiger Rechtsprechung hat § 26 Abs 2 WRG den Zweck, die durch eine behördlich genehmigte Anlage erfolgenden enteignungsgleichen Eingriffe zu entschädigen. Diese Bestimmung normiert eine Erfolgshaftung unter anderem als Ausgleich dafür, dass demjenigen, dem als Unterlieger einer bewilligten Wasserbenutzungsanlage ein Fischereirecht zusteht, das (Abwehr-)Recht genommen wurde, gegen den Betrieb einer solchen Anlage vorgehen zu können. Er darf darauf vertrauen, dass nur für den Fischbestand unschädliche Abwässer in das als Vorfluter benutzte Gewässer gelangen. Nur auf diese Weise kann der Zweck des § 15 Abs 1 WRG, Fischereirechte unbeeinträchtigt zu lassen oder gemäß § 117 WRG zu entschädigen, erreicht bleiben (SZ 55/16; SZ 59/129; RIS-Justiz RS0082428). Insbesondere in Fällen, in denen - wie hier - die Durchsetzung des Anspruchs auf Untersagung einer bestimmten Betriebsweise zu spät kommen muss, wurde die neben der Verschuldenshaftung des § 26 Abs 1 WRG bestehende verschuldensunabhängige Erfolgshaftung des § 26 Abs 2 WRG als gerechtfertigt angesehen (SZ 55/16). Dass die beklagte Partei den eingetretenen Schaden nicht hätte vermeiden können, hat somit zwar den Entfall ihrer Haftung nach § 26 Abs 1 WRG zur Folge, nicht aber den nach der Sonderregelung des § 26 Abs 2 WRG (SZ 55/16; SZ 66/177). Damit kommt es weder darauf an, ob für die beklagte Partei die Durchleitung der Cyanide durch ihre Kläranlage erkennbar war, noch darauf, ob die Kläranlage auf die Aufbereitung dieser Cyanide ausgerichtet war. Die von der Revisionswerberin gerügten Feststellungsmängel liegen demnach nicht vor.
Entgegen der Meinung der Revisionswerberin ist die Haftung nach § 26 Abs 2 WRG nicht „uferlos". Eine Eingrenzung ergibt sich schon aus den in dieser Bestimmung enthaltenen (kumulativen) Tatbestandsvorraussetzungen. Danach muss der Schaden durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage an einem der in § 26 Abs 2 genannten Schutzgüter eingetreten sein; weiters besteht eine Haftung nur dann, wenn die Behörde mit dem Schadenseintritt bei der Bewilligung nicht oder nur in einem geringeren Umfang gerechnet hat. Selbst wenn alle diese Vorraussetzungen zutreffen, ist eine Haftung unter anderem dann ausgeschlossen, wenn die nachteilige Wirkung durch höhere Gewalt verursacht worden ist (§ 26 Abs 4 WRG). Eine weitergehende Haftungseingrenzung - so wie sie die Revisionswerberin mit dem Vorbringen anstrebt, ihre Kläranlage sei auf die Klärung der eingeleiteten Stoffe nicht ausgerichtet gewesen - lässt sich mit der Bestimmung des § 26 WRG aber nicht in Einklang bringen.
Damit ist die behauptete Aktenwidrigkeit im Ersturteil nicht entscheidungsrelevant. Ob der Nebenintervenientin im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1985 die Einleitung von 1 mg Cyanid pro Liter, 1 mg freien Cyaniden oder gebundenen Cyaniden gestattet wurde, kann auf die Haftung der beklagten Partei nach § 26 Abs 2 WRG keinen Einfluss haben.
Nicht zuzustimmen ist ferner der Meinung der beklagten Partei, die Bestimmung des § 26 Abs 2 WRG sei - da in uferloser Weise für Umstände eingestanden werden müsse, die außerhalb des Interessens- und Einflussbereiches des Haftenden lägen - wegen Unsachlichkeit und Unverhältnismäßigkeit gleichheitswidrig:
Der Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG) richtet sich auch an den Gesetzgeber und setzt insofern Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 10.064; 10.084 ua). Der Gesetzgeber muss an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen; wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen (VfSlg 11.641; 13.477 ua). Diesem Erfordernis entspricht die Regelung des § 26 Abs 2 WRG, weil sie der Sonderstellung bestimmter, durch den Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage in besonderer Weise gefährdeter Berechtigter dadurch Rechnung trägt, dass - abgehend vom Prinzip der Verschuldenshaftung - eine Erfolgshaftung desjenigen begründet wurde, der eine Wasserbenutzungsanlage (rechtmäßig) betreibt und dadurch eine unvorhergesehene Gefahrenquelle schafft. Die Rechtfertigung der Einführung dieser Sonderregelung ist insbesonders darin zu sehen, dass Betroffene - beispielsweise hier Fischereiberechtigte durch eine Kläranlage - im öffentlichen Interesse und im Interesse der Volkswirtschaft in besonderer Weise zusätzlichen Belastungen und Gefahren ausgesetzt werden. Zum Ausgleich dafür, dass sie diese auf sich nehmen müssen, sollen sie damit rechnen können, eintretende Schäden stets ersetzt zu erhalten. Eine weitere, bereits angesprochene sachliche Begründung für das Bestehen der Erfolgshaftung ist darin zu sehen, dass sie nur für Fälle geschaffen wurde, in denen die Untersagung einer bestimmten Betriebsweise zu spät kommen müsste, der Geschädigte sich also gar nicht zur Wehr setzen könnte (SZ 55/16). § 26 Abs 2 WRG anerkennt eine verschuldensunabhängige Schadenshaftung des Wasserberechtigten auch nur insoweit, als die Wasserrechtsbehörde bei Erteilung der Bewilligung der Wasserbenutzungsanlage an sich bereits eine Entschädigung hätte festsetzen sollen, eine solche aber nicht zugesprochen hat, weil sie mit dem Eintritt der nachteiligen Wirkung nicht oder nur in geringerem Umfang gerechnet hat. Dem liegt zu Grunde, dass auch der beste, noch so vorsichtig abgefasste wasserrechtliche Bescheid nicht jede Gefahr von vornherein ausschließen kann, sodass vom Gesetzgeber als Ausgleich für von der Behörde nicht vorhergesehene bzw vorhersehbare Schäden die Erfolgshaftung des § 26 Abs 2 WRG eingeführt wurde (Kaan/Braumüller, Handbuch Wasserrecht, 165 f).
Im Zusammenhalt mit den bereits dargelegten, sich aus den Absätzen 2 bis 4 des § 26 WRG ergebenden Haftungsvorraussetzungen bzw -einschränkungen begründet § 26 Abs 2 WRG keine uferlose und unverhältnismäßige Haftung, die unsachlich und gleichheitswidrig wäre oder zu willkürlichen Ergebnissen führt. Dass § 26 Abs 2 WRG gegebenfalls in besonderen Fallgestaltungen zu gewissen Härten führen kann, macht diese Bestimmung noch nicht gleichheitswidrig, da der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen hat und nur auf den Regelfall abstellen kann. Dass die Anwendung des § 26 Abs 2 WRG zwangsläufig unsachliche Härten nach sich ziehen muss, ist aber nicht der Fall.
Zu einer Antragstellung nach Art 89 Abs 2 B-VG besteht somit kein Anlass.
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zurückzuweisen.
Zur Revision der Nebenintervenientin:
Der Ansicht, die Haftung gemäß § 26 Abs 2 WRG sei zu verneinen, da der rechtmäßige Betrieb nur die Klärung jener Schadstoffe umfasse, für die die Kläranlage gebaut und ausgelegt sei, nicht jedoch die Verpflichtung zur Reinigung der Abwässer von allen nur erdenklichen Stoffen, ist - wie schon die im ersten Rechtsgang ergangene Entscheidung 1 Ob 57/03v zum Ausdruck gebracht hat - nicht zu folgen. Der Begriff der „Rechtmäßigkeit" von Bestand und Betrieb ist vielmehr so zu verstehen, dass die Anlage wasserrechtsbehördlich rechtskräftig bewilligt sein muss, dass sie entsprechend den bewilligten Plänen und technischen Beschreibungen unter Berücksichtigung der Auflagen und Bedingungen des Bewilligungsbescheides und späterer wasserrechtsbehördlicher Aufträge betrieben und dass sie entsprechend den aus § 50 WRG erwachsenden Verpflichtungen in Stand gehalten wird (siehe Raschauer, Wasserrecht, Rz 6 zu § 26 mwN). Diese Vorraussetzungen sind mangels gegenteiligen Vorbringens im vorliegenden Fall als erfüllt anzusehen. Davon ausgehend ist der Begriff „rechtmäßiger Betrieb" nicht in der von der Revisionswerberin vorgenommenen einschränkenden Weise zu interpretieren. Maßgeblich ist allein die „grundsätzliche" Rechtmäßigkeit des Betriebs der Anlage. Der Zweck des § 26 Abs 2 WRG wäre nämlich verfehlt, wenn man davon ausgehen wollte, die Bestimmung sollte bereits dann keine Anwendung finden, wenn der Bestand oder Betrieb der Anlage in irgendeinem Punkt rechtswidrig sei. Dies hätte zur Folge, dass der Schädiger aus der strengen Erfolgshaftung in die Verschuldenshaftung nach § 26 Abs 1 WRG „flüchten" könnte (siehe Raschauer aaO). In diese Richtung zielt das von der Nebenintervenientin gebrauchte Argument, eine Haftung habe zu entfallen, da die Kläranlage auf die Reinigung der Abwässer von Cyaniden nicht ausgerichtet gewesen sei.
Die in der Revision der Nebenintervenientin zitierten Entscheidungen betreffen andere, nicht vergleichbare Sachverhalte (SZ 60/265: Rohrbuch einer Trinkwasserleitung, für welche eine wasserrechtsbehördliche Genehmigung nie erteilt worden war; SZ 63/185: Das erteilte Wasserbenutzungsrecht bezog sich nur auf jene Abwässer, die in der Entstaubungsanlage eines Schamottwerkes entstanden, nicht aber auf die Einleitung von Tensiden aus dem später auf der Liegenschaft betriebenen Waschmittelwerk).
Dies führt zur Zurückweisung der Revision der Nebenintervenientin.
Zulässig und berechtigt erweist sich hingegen die außerordentliche Revision der erstklagenden Partei:
Die erstklagende Partei wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, in Anwendung des § 26 Abs 5 letzter Halbsatz WRG habe die beklagte Partei lediglich für die Hälfte des verursachten Schadens zu haften. Der Nebenintervenientin sei mit wasserrechtlichem Bescheid kein Wassernutzungsrecht zur Einleitung von Abwässern in ein Gewässer, sondern nur - wie vielen anderen - die Einbringung von Abwässern in eine bestimmte Kanalisationsanlage gewährt worden. Auf derartige „Indirekteinleitungen" sei § 26 Abs 5 letzter Halbsatz WRG aber nicht anwendbar. Hiezu ist auszuführen:
Nach § 26 Abs 5 WRG wird - soweit nach § 26 Abs 1 bis 4 WRG für Schäden durch Gewässerverunreinigung zu haften ist (also für Schäden aus dem Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage) - vermutet, dass diese von denjenigen verursacht worden sind, die örtlich und nach der Beschaffenheit der Abwässer in Betracht kommen. Diese Vermutung wird durch den Nachweis der Unwahrscheinlichkeit der Verursachung entkräftet. Sinn dieser durch die WRG-Novelle 1959 eingefügten Bestimmung ist, dem Geschädigten durch diese Rechtsvermutung und Regelung der Haftung im Fall mehrerer Verursacher zu erleichtern, den ihm gebührenden Schadenersatz zu erhalten. Der Kläger braucht nur zu beweisen, dass ein Wasserberechtigter örtlich und nach der Beschaffenheit der Abwässer als Verursacher in Betracht kommt. Ein möglicher Schadensverursacher ist berechtigt, durch Nachweis weiterer, derart unter qualifiziertem Kausalitätsverdacht Stehender eine Schadensteilung nach Anteilen zu erreichen (SZ 64/3; SZ 63/185; ecolex 2002, 580). Mehrere Personen haften nur dann zur ungeteilten Hand, wenn sie den Schaden vorsätzlich oder mit auffallender Sorglosigkeit zugefügt haben, ansonsten haftet jeder nur für seinen Anteil an der Schadenszufügung.
Die Nebenintervenientin war und ist sogenannte „Indirekteinleiterin" (§ 32 Abs 4 WRG idF vor der WRG-Novelle 1997, BGBl I 1997/74), deren Benutzungsrecht sich nicht auf die Wasserwelle oder das Wasserbett bezieht, sondern sich allein auf die öffentliche Kanalisation erstreckt (vgl VwGH 29. 10. 1998, 98/07/0110). Zufolge § 32 Abs 6 WRG galten zwar nach § 32 erteilte Bewilligungen - also auch Indirekteinleitungen - nicht als Wasserbenützungsrechte im Sinne des WRG, doch hatten die für diese geltenden Bestimmungen - also unter anderem auch § 26 WRG - sinngemäß Anwendung zu finden. Damit waren den zum Gebrauch der Wasserwelle oder des Wasserbetts dienenden Anlagen jene nach § 32 Abs 4 WRG bewilligten bzw bewilligungspflichtigen Anlagen von Indirektleitern (beispielsweise innerbetriebliche Abwasserreinigungsanlagen) gleichgestellt, sofern diese Anlagen so konzipiert waren, dass sie Einwirkungen mit sich brachten (siehe Raschauer aaO, Rz 11 f zu § 32). Diese Gleichstellung führte zur sinngemäßen Anwendbarkeit der Haftungsteilung nach § 26 Abs 5 WRG auch für Indirekteinleiter (Raschauer aaO Rz 18 zu § 32).
§ 32 WRG hat sich durch die WRG-Novelle 1997 jedoch geändert. Mit 1. 10. 1997 wurde der bisherige § 32 Abs 4 WRG durch § 32b WRG ersetzt und für „Indirekteinleiter", also jene, die Einleitungen in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage eines anderen vornehmen, eine Neuregelung geschaffen. Gemäß Art II Abs 5 WRG-Novelle 1997 blieb eine am 1. 10. 1997 bereits bestehende wasserrechtliche Indirekteinleiterbewilligung bis zum Inkrafttreten einer Verordnung („Indirekteinleiterverordnung") gemäß § 32b Abs 5 WRG aufrecht und gilt ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung, sofern darin eine Bewilligungspflicht für diesen Abwasserherkunftsbereich festgelegt wird, als Bewilligung nach § 32b WRG. Die in Art II Abs 5 WRG-Novelle 1997 genannte Verordnung (Indirekteinleiterverordnung - IEV, BGBl II 1998/222) stand zum Zeitpunkt des Fischsterbens im Mai 1999 schon in Geltung. Damit hat § 32b WRG auf den vorliegenden Sachverhalt bereits Anwendung zu finden. Nach der neuen Gesetzeslage ist eine Haftungsteilung nach § 26 Abs 5 WRG jedoch zu verneinen:
§ 32 Abs 6 WRG blieb unverändert und ordnet weiterhin die sinngemäße Anwendung der für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen an, „die nach Absatz 1 bis 4" bewilligt sind, obwohl der zuvor die Indirekteinleitung regelnde Absatz 4 des § 32 WRG durch die Novelle entfallen ist. Einen Verweis auf die neue - an die Stelle des Absatzes 4 tretende - Bestimmung des § 32b WRG hat der Gesetzgeber in § 32 Abs 6 WRG aber nicht aufgenommen. Damit ist davon auszugehen, dass § 32 Abs 6 WRG für Indirekteinleiter nun nicht mehr gilt, sodass die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen über die Wasserbenutzung - also auch der Bestimmung des § 26 Abs 5 letzter Halbsatz - auf Indirekteinleiter entfallen ist (ähnlich Oberleitner, aaO Rz 2 zu § 32b unter Hinweis auf VwGH 29. 10. 1998, 98/07/0110). Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Intention des Gesetzgebers der WRG-Novelle 1997, im Sinne einer Entbürokratisierung ein behördliches Verfahren bei Indirekteinleitern nur mehr ausnahmsweise (siehe § 32b Abs 5 WRG) durchzuführen und im Übrigen davon auszugehen, diese würden sich im Rahmen des dem Kanalisationsunternehmen erteilten Konsenses bewegen. Ein behördliches Verfahren soll nur dann Platz greifen, wenn Abwässer bestimmter Art und/oder Menge Gegenstand der Indirekteinleitungen sind.
Unter Berücksichtigung der durch die WRG-Novelle 1997 geschaffenen Neuregelung für Indirekteinleiter ist daher die spezielle Haftungsregelung des § 26 Abs 5 letzter Halbsatz WRG auf den vorliegenden Sachverhalt jedenfalls nicht anwendbar. Dies führt zur ungeteilten alleinigen Haftung der beklagten Partei. Deren etwaige Regressansprüche gegen die Nebenintervenientin bleiben von dieser Entscheidung unberührt.
In Stattgebung der Revision der erstklagenden Partei ist das Teil- und Zwischenurteil des Gerichts erster Instanz wiederherzustellen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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