OGH 10ObS2/05z

OGH10ObS2/05z25.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Rudolf Schallhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria O*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Gottfried Lichtmannegger, p.A. Verein für Sachwalterschaft, Bürgerstraße 2, 6020 Innsbruck, dieser vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1021 Wien, wegen Kinderzuschuss, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. November 2004, GZ 25 Rs 62/04k-10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 13. 1. 2004 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Klägerin vom 19. 12. 2002, ihr für ihre Kinder Simona, geboren am 26. 2. 1988, und Andreas, geboren am 14. 10. 1977, einen Kinderzuschuss iSd § 262 Abs 1 ASVG zu gewähren, ab.

In der dagegen erhobenen Klage gestand die Klägerin zu, ihr fehle als Bezieherin einer Vollwaisenpension zwar das entscheidende Kriterium für den Anspruch auf Kinderzuschuss nach § 262 Abs 1 ASVG, nämlich der Bezug einer Alters- oder Invaliditätspension; gegen die unterschiedliche Regelung (fehlende Gleichstellung) für die Bezieher der angeführten Pensionen bestünden jedoch verfassungsrechtliche Bedenken. Da die Klägerin dadurch in sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt sei, verstoße § 262 ASVG gegen den Gleichheitsgrundsatz, und es werde beim Berufungsgericht die Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof angeregt werden.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung eines Kinderzuschusses in gesetzlicher Höhe für die Genannten (die minderjährige Tochter und den volljährigen Sohn der Klägerin) gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, weil es die in der Berufung geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die geltende Gesetzeslage nicht teilte.

Dagegen richtet sich die ao Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Rechtsmittel zuzulassen, ihrer Anregung folgend einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art 89 Abs 2 Satz 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu stellen und in der Folge das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Prozessrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Nach stRsp liegt eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigende Rechtsfrage insb dann nicht vor, wenn das Revisionsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Rechtsmittelwerbers nicht teilt (RIS-Justiz RS0116943; zuletzt: 10 ObS 185/03h mwN). Die im Rechtsmittel geltend gemachten Rechtsfragen vermögen die Zulässigkeit der ao Revision daher schon deshalb nicht zu begründen, weil die Klägerin darin nur den schon vom Berufungsgericht nicht geteilten Standpunkt betreffend die Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 262 ASVG wiederholt. Nach der Rechtsbeurteilung der zweiten Instanz begegnet es nämlich grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber derartige Hilfsleistungen, wie sie Kinderzuschüsse darstellen, nur den Versicherten als Primärleistung, nicht aber Hinterbliebenen als weitere Sekundärleistung gewährt: Erfolgt diese Differenzierung doch nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen unter Bedachtnahme auf die verschiedene Zweckbestimmtheit der Grundleistungen (vgl 10 ObS 69/04a) und knüpft an die typischerweise unterschiedlichen Verhältnisse der Betroffenen an; die Anspruchsvoraussetzungen und der Leistungsumfang für Eigenpensionen und Hinterbliebenenpensionen sind unterschiedlich geregelt.

Wenn die Klägerin dem entgegenhält, die Pensionsversicherung substituiere mit ihren Leistungen an Hinterbliebene den Ausfall von Unterhaltsleistungen aus dem Familienrecht, welche jedoch nicht nur zwischen Kindern und Eltern, sondern - wenn auch nur subsidiär - zwischen Großeltern und Enkeln (§ 141 ABGB) bestünden, wobei das Pensionsversicherungsrecht diesem Umstand Rechnung trage, indem es etwa in § 252 ASVG auch Enkel unter gewissen Voraussetzungen als Kinder definiere und ihnen Waisenpension zukommen lasse, wird hingegen folgendes übersehen:

Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 17. 9. 2002 ausgesprochen und näher begründet, dass durch die Zitierung "Kinder iSd § 252 Abs 1 Z 1 bis 4 und Abs 2" im § 260 ASVG das Entstehen eines Waisenpensions-(renten-)anspruches der Enkel ausdrücklich ausgeschlossen wurde, dass dies schon den Gesetzesmaterialien eindeutig zu entnehmen ist, und dass dieser Ausschluss des Waisenpensionsanspruches für Enkel des/der Versicherten (selbst wenn sie die Voraussetzungen des § 252 Abs 1 Z 5 ASVG erfüllen) auch nicht gleichheitswidrig ist (RIS-Justiz RS0116807 = SSV-NF 16/104 mwN). Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung wird daher auch insoweit nicht angesprochen.

Das Rechtsmittelgericht trifft aber nicht schon dann, wenn eine Partei Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes äußert, die Verpflichtung zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof. Es hat vielmehr als Vorfrage das Vorliegen solcher relevanter Gründe selbständig zu beurteilen (RIS-Justiz RS0053638). Hegt das Gericht - wie hier - keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung, besteht kein Anlass zur Antragstellung gemäß Art 140 B-VG (SSV-NF 17/68; zuletzt: 10 ObS 92/04h).

Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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