OGH 6Ob179/05z

OGH6Ob179/05z15.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Florian Benedikt M*****, geboren am 10. November 2004, vertreten durch seine Mutter Roswitha M*****, diese vertreten durch DDr. Sven D. Fenz, Rechtsanwalt in Graz, wegen Annahme an Kindes statt, über den Revisionsrekurs des unehelichen Vaters Univ. Prof. Wolfgang M*****, vertreten durch Dr. Heinrich Kellner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. Mai 2005, GZ 2 R 128/05s-35, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz vom 25. März 2005, GZ 14 P 480/04a-29, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der am 10. 11. 2004 geborene Florian ist das uneheliche Kind der Roswitha M***** und des Univ. Prof. Wolfgang M*****, der seine Vaterschaft am 17. 11. 2004 anerkannt hat. An diesem Tag stellte die Mutter den Antrag auf Änderung des Familiennamens ihres Sohnes auf „M*****". Die Namensänderung wurde noch am selben Tag bewilligt.

Ebenfalls am 17. 11. 2004 schlossen der uneheliche Vater und der Minderjährige, vertreten durch seine Mutter, einen Adoptionsvertrag, wonach der uneheliche Vater den Minderjährigen an Kindesstatt annahm.

Am 10. 12. 2004 langte der Antrag der Eltern, die damals beide vom nunmehrigen Rechtsvertreter des Vaters vertreten wurden, auf Bewilligung des Adoptionsvertrags beim Erstgericht ein. Darin wurde vorgebracht: Der Wahlvater sei ledig, die leibliche Mutter sei geschieden. Da der Wahlvater auch leiblicher Vater des Wahlkindes sei, liege eine Beziehung im Sinne des § 180a Abs 1 ABGB vor. Das Wahlkind lebe im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter in Graz. Der Wahlvater halte sich auf Grund seiner Berufstätigkeit derzeit unter der Woche vorwiegend in Linz, wo er die Professur ausübe, und in Wien auf. An den Wochenenden sei er stets beim Wahlkind in Graz. Der Wahlvater, der über keine eigenen Nachfahren außer dem Wahlkind verfüge, strebe an, dass dieses erbrechtlich völlig gleichgestellt sei und dass er für den Fall, dass der leiblichen Mutter etwas passieren sollte, die volle Obsorge über das Wahlkind erhalte.

Das Erstgericht forderte den Vertreter der Antragsteller auf, die „Zustimmung (Äußerung)" des Amtes für Jugend und Familie zur Adoption nachzureichen. Innerhalb der hiefür gesetzten Frist - am 12. 1. 2005 - langte ein vom nunmehrigen Rechtsvertreter der Mutter unterzeichneter Schriftsatz mit der Erklärung ein, dass die Mutter ihre Zustimmung zur Adoption zurückziehe. Sie sei über die Folgen einer Adoption nicht informiert worden und erst jetzt nach Abklingen ihrer nach der Geburt aufgetretenen „postpartiellen Traumatisierung bzw Psychose" erstmals in der Lage zu erkennen, zu welcher vom Vater des Kindes vorgeschlagenen Vorgangsweise sie ihre Zustimmung erteilt habe.

Der Vater bestritt diese Behauptungen und brachte vor, dass durch die Adoption die völlige rechtliche Gleichstellung des Minderjährigen gegenüber seinem unehelichen Vater bewirkt werden solle. Die Obsorge, die ansonsten nur der Mutter zustehe, sei nach der Adoption im Sinne des § 144 ABGB einvernehmlich auszuüben. Es bestehe ein Einverständnis zwischen ihm und der Mutter, dass die Pflege und Erziehung auch nach der Adoption nur der Mutter zustehen und das Kind seinen Aufenthalt bei der Mutter haben solle. Der Vater sei Oberhaupt der „Internationalen Nobilitätsfamiliaris 'Merito Navali'", zu deren Mitgliedern hochrangige Persönlichkeiten zählten. Der Minderjährige sei nur unter der Voraussetzung sein familiärer Nachfolger, dass er bis zum Zeitpunkt der Taufe entweder durch katholische Eheschließung oder durch Adoption legitimiert sei. Eine katholische Eheschließung zwischen den Eltern sei nicht möglich, weil die Mutter bereits katholisch verheiratet sei.

Das Amt für Jugend und Familie lehnte die Abgabe einer Stellungnahme zum Adoptionsvertrag mit dem Hinweis ab, dass die Mutter einer Adoption nun nicht mehr zustimme.

Im Zuge des folgenden umfangreichen Schriftsatzwechsels verwies der Vater zusammengefasst auf seine gesellschaftliche Stellung als international anerkannter Pädagoge und auf die sich durch eine Adoption ergebenden wesentlich besseren Entwicklungs-, Bildungs- und Berufschancen des Minderjährigen. Der einseitige Widerruf der Adoption sei nicht möglich. Die betreffende Erklärung der Mutter gehe darauf zurück, dass ihr von der Leiterin des Jugendwohlfahrtsreferats von der Adoption mit dem Hinweis abgeraten worden sei, dass sie dadurch ihre Rechte verliere.

Die Mutter führte hingegen aus, dass im Hinblick auf das Einverständnis der Eltern, wonach die Pflege und Erziehung auch nach der Adoption der Mutter zustehen solle, eine besondere Vater-Kind-Beziehung durch die Adoption nicht eintreten werde. Der Vater habe seine finanziellen Versprechungen ihr und dem Kind gegenüber nicht eingehalten, sondern fordere nunmehr einen Geldbetrag von 12.000 EUR und den ihr zur Verfügung gestellten PKW zurück. Er habe die während der Schwangerschaft und nach der Geburt bestehende Ausnahmesituation der Mutter ausgenützt, ihr einzureden, dass durch die Adoption eine Absicherung des Kindes gegeben sei und dass das Kind Rechte erwerbe, die es ohne Adoption nicht habe. Dies sei aber infolge der rechtlichen Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern nicht richtig. Eine Adoption würde nur für den Vater von Vorteil sein, keinesfalls aber dem Kindeswohl entsprechen. Darauf habe das Amt für Jugend und Familie die Mutter aufmerksam gemacht.

Der Vater bestritt die Vorwürfe, insbesondere, dass er finanzielle Versprechungen nicht eingehalten und unberechtigte Rückforderungen gestellt habe.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Bewilligung der Annahme an Kindesstatt ab. Das Gesetz schließe zwar eine Adoption unter Verwandten nicht ausdrücklich aus, doch sei eine solche unzulässig, wenn die durch die Adoption angestrebte Rechtsstellung ohnehin schon bestehe. Infolge der rechtlichen Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern komme es für das Kind durch die Adoption zu keinerlei rechtlicher Besserstellung. Ob eine Besserstellung der Rechtsposition des Vaters eintrete, sei unbeachtlich. Ebenso unbeachtlich sei die Frage der behaupteten sozialen Besserstellung des Kindes durch die mögliche Mitgliedschaft bei „Merito Navali".

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Rechtsprechung habe vor Inkrafttreten des KindRÄG 1989 (BGBl 162/1989) zunächst die Adoption eines unehelichen Kindes durch seinen Vater bejaht. Im Schrifttum werde weiterhin die Auffassung vertreten, dass eine solche Adoption zulässig sei. Allerdings sei der Widerruf der Zustimmung zum Adoptionsvertrag nach der Rechtsprechung und dem Schrifttum möglich. Es erscheine unbillig, dem zustimmungsberechtigten Elternteil zwar einen Widerruf der Zustimmung zu ermöglichen, ihn aber davon auszuschließen, wenn er das Wahlkind als Vertragspartei bei Abschluss des Adoptionsvertrags vertrete. Auch die hiebei implizit erteilte Zustimmung müsse daher widerrufbar sein. Zudem liege hier zwar ein leibliches Eltern-Kind-Verhältnis vor, doch sei nach dem Vorbringen des Vaters nicht erkennbar, ob auch die weitere Voraussetzung des § 180a Abs 1 ABGB gegeben sei, wonach die Adoption dem Wohl des nicht eigenberechtigten Wahlkindes dienen müsse. Der Vater werde zwar insbesondere zur Förderung des geistigen und seelischen Wohls des Kindes wesentlich beitragen können. Die betreffenden Möglichkeit stünden ihm aber auch ohne Adoption offen. Die Förderung des körperlichen Wohls und das Angebot eines beständigen und ausgeglichenen Zuhauses werde nach der Adoption ebenso wenig bestehen wie derzeit, weil nach dem Vorbringen des Vaters ein gemeinsames Wohnen mit dem Kind nicht vorgesehen sei. Die mögliche Mitgliedschaft bei der internationalen Nobilitas familiaris „Merito Navali" könne die Entwicklungschancen des Kindes nicht beeinflussen. Es sei vielmehr auch nach der Adoption von gleichwertigen Entwicklungschancen des Kindes auszugehen, weshalb der bisherige Zustand beizubehalten sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Fragen der Zulässigkeit der Adoption eines Kindes durch seinen unehelichen Vater nach dem KindRÄG 1989 und des Rücktritts des gesetzlichen Vertreters vom Annahmevertrag vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.

§ 181 Abs 1 ABGB sieht bei der Annahme an Kindes statt Zustimmungsrechte bestimmter Personen vor, insbesondere auch der Eltern des minderjährigen Wahlkindes. Das Zustimmungsrecht entfällt jedoch, wenn der sonst Zustimmungsberechtigte als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen hat. Nach § 87 Abs 1 AußStrG (BGBl I 2003/111) kann eine Zustimmung bis zur Entscheidung erster Instanz widerrufen werden. Da der Adoptionsvertrag aber vor dem 1. 1. 2005 abgeschlossen wurde, ist hier diese Bestimmung noch nicht anzuwenden (§ 204 Abs 1 AußStrG neu). Es ist daher noch § 258 Abs 2 AußStrG (RGBl 208/1854) anzuwenden, der keine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Dennoch war schon nach bisheriger Ansicht ein Widerruf der Zustimmungserklärung der Zustimmungsberechtigten grundsätzlich möglich (SZ 39/104; 5 Ob 316/69 = NZ 1970, 70; 1 Ob 513/88; Stabentheiner in Rummel ABGB I³ §§ 181, 181a Rz 7), und zwar bis zu dem die Annahme bewilligenden Beschluss. Dennoch konnte ein Adoptionsvertrag, auch wenn er noch nicht bewilligt war, nach einhelliger Ansicht nicht einseitig widerrufen werden (SZ 10/106; 7 Ob 510/94 = EvBl 1994/158; 3 Ob 521/95; Stabentheiner aaO § 179a Rz 2; Hopf in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB [2005] § 179a Rz 1). Denn die Annahme an Kindesstatt kommt gemäß § 179a Abs 1 ABGB durch schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind und durch gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteils zustande. Sie wird im Fall ihrer Bewilligung im Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung wirksam. Der Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind unterliegt der Privatautonomie. Der am Vertragsabschluss unmittelbar als Vertreter des Kindes beteiligte Elternteil gibt seine darin sinngemäß enthaltene Zustimmung nicht in Form einer einseitigen Willenserklärung ab, sondern begründet damit ein Vertragsverhältnis. Es ist daher konsequent, dass ein Widerruf der Zustimmung durch den am Vertrag beteiligten Vertreter des Kindes weder nach alter Rechtslage vorgesehen war noch nach neuer Rechtslage vorgesehen ist. Mit seiner Ansicht, dass die Mutter ihr Einverständnis zum Adoptionsvertrag rechtswirksam zurückgezogen habe, weshalb er nicht genehmigt werden könne, steht das Rekursgericht daher im Widerspruch mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, von der abzugehen kein Anlass besteht.

Dennoch ist dem Adoptionsvertrag die Bewilligung zu versagen. Wie schon das Erstgericht ausgeführt hat, ist nach herrschender Ansicht die Verwandtenadoption nicht grundsätzlich unzulässig. Eine Adoption unter Verwandten wird nur dann für unzulässig angesehen, wenn die durch die Adoption angestrebte Rechtsstellung des Kindes ohnehin schon besteht (5 Ob 139/03g mwN). Deshalb wurde auch in neueren Entscheidungen etwa die Adoption zwischen Geschwistern bzw Schwägern (5 Ob 139/03g) und der Adoption der Schwiegertochter (10 Ob 7/04h) als grundsätzlich zulässig angesehen. In älteren Entscheidungen wurde auch eine Adoption des unehelichen Kindes durch den Vater für zulässig erachtet (EvBl 1961/290; vgl 7 Ob 763/83 = NZ 1984, 152). Ein entscheidendes Argument hiefür war, dass nach dem Hofdekret vom 28. Jänner 1816, JGS Nr 12106, „unehelich erzeugte Kinder von ihren Eltern in keinem Fall" adoptiert werden konnten, dass diese Bestimmung aber durch § 20 der I. Teilnovelle zum ABGB aufgehoben und durch das Adoptionsgesetz (BGBl Nr 58/1960) nicht wieder eingeführt wurde (4 Ob 542/81 mwN). Die Möglichkeit der Adoption eines Kindes durch den unehelichen Vater wurde auch im Schrifttum einhellig bejaht (Mayrhofer, Gemeinschaftliche Adoption eines unehelichen Kindes durch die Kindesmutter und deren Ehemann?, RZ 1975, 61 mwN).

Die Rechtslage hat sich aber inzwischen sowohl hinsichtlich der Rechtsposition der unehelichen Mutter als auch des unehelichen Vaters gegenüber dem Kind wie auch des unehelichen Kindes gegenüber seinen Eltern ganz wesentlich geändert. Das gesetzliche Erbrecht des unehelichen Kindes wurde durch das UeKindG (BGBl 342/1970 über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes) verbessert. Schließlich wurde das uneheliche Kind durch das ErbRÄG 1989 (BGBl 656/1989 über die Gleichstellung des unehelichen Kindes im Erbrecht und die Sicherung der Ehewohnung für den überlebenden Ehegatten), mit dem die noch immer diskriminierenden Vorschriften der §§ 752 bis 756 ABGB beseitigt wurden, dem ehelichen Kind zur Gänze gleichgestellt.

Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist nun allein die Mutter betraut (§ 166 ABGB). § 167 ABGB in der Fassung des KindRÄG 2001 (BGBl 135/2000) lautet: „Leben die Eltern des Kindes in häuslicher Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass in Hinkunft beide Elternteile mit der Obsorge betraut sind. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. Hebt ein Elternteil die häusliche Gemeinschaft nicht bloß vorübergehend auf, so sind die §§ 177 und 177a entsprechend anzuwenden (Abs 1). Leben die Eltern nicht in häuslicher Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass in Hinkunft auch der Vater ganz oder in bestimmten Angelegenheiten mit der Obsorge betraut ist, wenn sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber vorlegen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll. Soll sich das Kind hauptsächlich im Haushalt des Vaters aufhalten, so muss auch dieser immer mit der gesamten Obsorge betraut sein. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. § 177a Abs 2 ist entsprechend anzuwenden".

Gemäß § 177a ABGB hat letztlich das Gericht über den hauptsächlichen Aufenthalt des Kindes und die Zuteilung der Obsorge zu entscheiden, wenn sich die Eltern hierüber nicht einigen können (Abs 1) oder wenn im Fall zunächst vereinbarter gemeinsamer Obsorge ein Elternteil deren Aufhebung beantragt (Abs 2).

Die Betrauung beider Elternteile mit der Obsorge kann nach der Neufassung dieser Bestimmung durch das KindRÄG 2001 - im Gegensatz zur früheren Rechtslage (vgl 1 Ob 316/99y = EF-Slg 93.060) - unabhängig vom Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft vereinbart werden. Die häusliche Gemeinschaft ist nur insofern von Bedeutung, als bei deren Fehlen die Vereinbarung auch festzulegen hat, ob sich das Kind hauptsächlich beim Vater oder bei der Mutter aufhält (Hopf aaO § 167 Rz 3).

Ein Vergleich dieser Bestimmungen mit den Wirkungen der Adoption (§§ 182 ff ABGB) ergibt, dass durch eine Adoption, bei der das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (nicht durch ein Wahlelternpaar) angenommen und die leibliche Mutter in das Erlöschen einer familienrechtlichen Beziehungen nicht einwilligt (das Gericht das Erlöschen nicht ausspricht), für alle Beteiligten weitgehend dieselbe Rechtslage eintritt wie bei einer Vereinbarung der gemeinsamen Obsorge zwischen den unehelichen Eltern. Bei der Einzeladoption eines Minderjährigen und Aufrechtbleiben der familienrechtlichen Beziehungen zum leiblichen Elternteil haben dieser und der Wahlelternteil unabhängig davon, ob sie Ehegatten oder Lebensgefährten sind oder keine solche Verbindung zwischen ihnen besteht, die Rechte und Pflichten nach § 144 ABGB einverständlich auszuüben und das Wahlkind im Sinn des § 154 ABGB zu vertreten (7 Ob 763/83 = NZ 1984, 152 mwN).

Die Argumentation Stabentheiners (in Rummel, ABGB I³ § 182 Rz 6), dass die Adoption des unehelichen Kindes durch den Vater auch nach dem KindRÄG und dem ErbRÄG 1989 - im Gegensatz zur Adoption durch die Mutter, die er für nicht mehr zulässig hält (vgl auch Koziol/Welser ABGB I12 501) - weiterhin zulässig sei, weil ihm die Obsorge nicht Kraft Gesetzes zukomme, ist insofern überholt, als nun die leiblichen Eltern eines unehelichen Kindes auch ohne Adoption die gemeinsame Obsorge - wie sie bei ehelichen Kindern in aufrechter Ehe ex lege vorzusehen ist (§ 144 ABGB) - vereinbaren können und sowohl die betreffende Vereinbarung der unehelichen Eltern als auch die Adoption durch den unehelichen Vater das Einverständnis der Mutter und die gerichtliche Genehmigung erfordern.

Die Voraussetzungen der Bewilligung der Annahme an Kindes statt sind strenger, weil einerseits weitergehende Zustimmungs- und Anhörungsrechte (§§ 181, 181a ABGB) vorgesehen sind und bei der Adoption eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung bestehen muss oder hergestellt werden soll (§ 180a Abs 1 erster Satz ABGB). Diese Beziehung wird keineswegs allein durch die Blutsverwandtschaft begründet. Unter einer Beziehung zwischen dem Wahlkind und dem Wahlelternteil entsprechend dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und ihren Kindern ist ein gesellschaftliches und psychologisches Verhältnis zu verstehen (RIS-Justiz RS0048743). Das Leitbild der kindschaftsähnlichen Beziehung für die Minderjährigenadoption ist von der spezifischen sozialen und psychischen Beziehung von Eltern zu heranwachsenden Jugendlichen geprägt, wozu neben dem sozialtypischen örtlichen und persönlichen Naheverhältnis (Haushaltsgemeinschaft, leibliche und mentale Betreuung durch die Eltern) eine der Eltern- und Kindesliebe gleichkommende emotionale Bindung sowie eine spezifisch erzieherische Leitungs- und Vorbildrolle der Eltern gehören (Schwimann in Schwimann ABGB³ I § 180a Rz 2 mwN). Außerdem ist zu beachten, ob „ein überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes des Annehmenden" der Adoption entgegensteht (§ 180a Abs 2 ABGB). Dies spricht allerdings noch nicht gegen die Zulässigkeit der Adoption eines Kindes durch seinen unehelichen Vater.

Ein Unterschied besteht jedoch auch dahin, dass die Adoption nur unter den Voraussetzungen der §§ 184 (Widerruf der gerichtlichen Bewilligung) und 184a ABGB (Aufhebung der Wahlkindschaft) beseitigt werden kann. Wesentlich ist hiebei, dass bei vereinbarter gemeinsamer Obsorge ein Elternteil die Aufhebung der gemeinsamen Obsorge beantragen kann und das Gericht mangels gütlicher Einigung „nach Maßgabe des Kindeswohls" einen Elternteil allein mit der Obsorge zu betrauen hat, während die Wahlkindschaft vom Gericht auch dann, wenn sich die Eltern zerstreiten, nur „von Amts wegen" und nur dann aufzuheben ist, „wenn die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft das Wohl des nicht eigenberechtigten Wahlkindes ernstlich gefährden würde" (§ 184a Abs 1 Z 2 ABGB). Die Adoption bleibt daher - abgesehen von der Gefährdung des Kindeswohls - unabhängig von der Obsorgefrage und damit von der Frage, in der Obsorge welchen Elternteils das Kind besser aufgehoben ist, aufrecht.

Aus der bloßen Tatsache der Adoption lässt sich aber, wenn die Obsorge dem leiblichen Elternteil zugewiesen wird, keine besondere Rechtsposition für den Wahlelternteil ableiten. Auch dann, wenn ein Elternteil stirbt oder sonst an der Ausübung der Obsorge behindert ist, wird der andere Elternteil nur in dem Fall ex lege obsorgeberechtigt, wenn beiden Elternteilen die Obsorge gemeinsam zustand. Ansonsten hat das Gericht zu prüfen, ob die Obsorge dem anderen Elternteil oder den Großeltern zukommen soll (§ 145 Abs 1 ABGB).

Gegenüber einer gemeinsamen Obsorgeregelung bringt daher die Adoption weder Vorteile für das uneheliche Kind noch für dessen Vater. Dies gilt zumindest in jenen Fällen, in denen die Mutter nicht auf ihre familienrechtliche Position gegen ihr uneheliches Kind verzichten will und selbst obsorgeberechtigt ist. In einem solchen Fall der möglichen gemeinsamen Obsorge besteht kein Bedarf, die Adoption eines unehelichen Kindes durch seinen Vater für zulässig anzusehen.

Ob die Voraussetzungen des § 180a Abs 1 ABGB vorliegen, braucht hier daher nicht geprüft zu werden.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher zu bestätigen.

Die Frist für die Beantwortung des Revisionsrekurses beträgt 14 Tage (§ 68 Abs 1 AußStrG). Sie beginnt, wenn das Rekursgericht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ausgesprochen hat, mit der Zustellung der Gleichschrift des Revisionsrekurses durch das Gericht erster Instanz (§ 68 Abs 3 Z 1 AußStrG). Nach dem im Akt befindlichen Rückschein wurde die Gleichschrift des Revisionsrekurses dem Vertreter der Mutter am 17. 6. 2005 zugestellt. Die am 15. 7. 2005 bei Gericht überreichte Revisionsrekursbeantwortung ist daher verspätet. Der Antrag der Mutter auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erbringung der Revisionsrekursbeantwortung wurde vom Erstgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 1. 8. 2005 abgewiesen. Die Revisionsrekursbeantwortung ist daher zurückzuweisen.

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