OGH 3Ob261/05m

OGH3Ob261/05m24.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Kommerzialrat Brigitte J*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Susanne P*****, vertreten durch Dr. Gottfried Zandl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.280 EUR sA (AZ 8 C 522/04d) und Räumung (Streitwert 1.740 EUR - AZ 8 C 520/04k), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 13. Juni 2005, GZ 17 R 172/05y-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 11. März 2005, GZ 8 C 520/04k, 522/04d-22, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird, soweit er das Verfahren über das Zahlungsbegehren betrifft, zurückgewiesen; im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die Streitteile haben die Kosten des Rekursverfahrens über das Zahlungsbegehren selbst zu tragen; im Übrigen sind die Kosten des Rekursverfahrens weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung

Über das Vermögen des Eigentümers einer Liegenschaft in Maria Enzersdorf mit einem "villenartigen Objekt" wurde mit Beschluss vom 6. Oktober 1999 der Konkurs eröffnet. Dieses Verfahren ist anhängig. Zur Sicherung der Forderungen einer Bank gegen den Eigentümer wurden als Belastung dessen Liegenschaft 1995 und 1997 drei Höchstbetragspfandrechte bücherlich einverleibt. Die 1997 verbücherten Pfandrechte beruhten nach dem Grundbuchsstand vom 6. Juli 2004 (Beilage ./A) auf Pfandbestellungsverträgen vom 14. Februar 1991, 3. Jänner 1997 und 23. Mai 1997. Mit Vertrag vom 27. April 1997 vermietete der Eigentümer und nunmehrige Gemeinschuldner die belastete Liegenschaft an die Beklagte. Dabei trafen die Vertragsparteien u. a. folgende Abreden:

"3. Das Mietverhältnis beginnt am 1. 1. 1997 und wird auf die Dauer von 25 Jahren abgeschlossen. Das Mietverhältnis endet, ohne dass es einer schriftlichen Aufkündigung bedarf, am 31. 12. 2021.

4. Die Mieterin verpflichtet sich, einen Betrag von (Anm: offenkundig ATS) 1,500.000 ... bis 01. 05. 1997 im Vorhinein für die gesamte Mietzeit zu bezahlen, sodass keinerlei Mietzinsverpflichtung mehr besteht ..."

Die Beklagte leistete die vereinbarte Vorauszahlung, ohne dass diese im Grundbuch ersichtlich gemacht wurde. Am 4. April 2000 nahm die Bank als Pfandgläubigerin die Beklagte auf Unterlassung jeglicher Beeinträchtigung ihrer Pfandrechte gerichtlich in Anspruch. Diese Klage wurde mit Urteil vom 10. Jänner 2003 rechtskräftig abgewiesen. Mit Urteil vom gleichen Tag wurde ferner die Anfechtungsklage des Masseverwalters vom 25. August 2000 auf Feststellung der Unwirksamkeit des Mietvertrags gegenüber den Konkursgläubigern, überdies aber auch das Eventualbegehren auf Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte abgewiesen. In diesen bis zur Urteilsfällung verbundenen Vorprozessen wurde festgestellt, dass der Mietvertrag nicht in der Absicht, Gläubiger zu benachteiligen, geschlossen worden sei. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei die erstrangige Hypothek der Bank bereits forderungsentkleidet gewesen. Deren beiden weiteren Pfandrechte seien erst nach Abschluss des Mietvertrags einverleibt worden.

Am 10. Juli 2003 beantragte die Bank, die einen Exekutionstitel gegen den Masseverwalter im Konkurs des Liegenschaftseigentümers erwirkt hatte, die Bewilligung der Zwangsverwaltung der an die Beklagte vermieteten Liegenschaft zur Hereinbringung einer Kapitalforderung von 421.502,43 EUR. Dem Antrag wurde stattgegeben und die Klägerin zur Zwangsverwalterin bestellt. Sie wurde als solche am 28. Oktober 2003 eingeführt. In ihrer Funktion als Zwangsverwalterin forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 25. März 2004 auf, einen Mietzins von insgesamt 2.280 EUR monatlich ab 1. Jänner 2004 zu zahlen, weil eine "allenfalls ... geleistete Mietzinsvorauszahlung" der "Zwangsverwalterin gegenüber unwirksam" sei. Die Beklagte zahlte nichts.

Am 8. Juli 2004 klagte die Zwangsverwalterin auf Räumung. Insofern hatte sie die Auflösung des Bestandvertrags mit der Beklagten gemäß § 1118 ABGB wegen Nichtzahlung des Mietzinses seit 1. Jänner 2004 erklärt. Am gleichen Tag brachte sie eine weitere Klage ein und begehrte von der Beklagten die Zahlung des Mietzinses von 2.280 EUR für April 2004. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 17. September 2004 (ON 9 S. 1) wurden die Verfahren über beide Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin behauptete, die Beklagte könne gegen die Zinsforderung eine allfällige Vorauszahlung nicht wirksam geltend machen, da eine Vorauszahlung im Grundbuch nicht ersichtlich gemacht worden sei. Sie - die Klägerin - sei am 28. Oktober 2003 in ihr Amt als Zwangsverwalterin eingeführt worden. Ihr sei eine Zinsvorauszahlung weder bekannt gewesen noch habe sie ihr bekannt sein müssen. Als Zwangsverwalterin sei sie weder eine Vertreterin der Betreibenden noch eine solche des Verpflichteten, sondern ein vom Exekutionsgericht bestelltes Organ. Sie müsse auf den Grundbuchsstand vertrauen. Die Zwangsverwaltung gewähre Betreibenden ein absolutes Recht auf rangmäßige Befriedigung aus den Erträgnissen. Eine Vereinbarung des Verpflichteten vor Einleitung der Zwangsverwaltung, die letztlich die Verwendung deren Erträgnisse betreffe, sei unwirksam. Der begehrte Mietzins sei der Höhe nach angemessen.

Die Beklagte wendete ein, eine nicht verbücherte Zinsvorauszahlung könne gegen einen später eingetragenen schlechtgläubigen Gläubiger wirksam geltend gemacht werden. Der Betreibenden sei der Mietvertrag, wie aus einem Vorprozess folge, bekannt gewesen. Dem von der Zwangsverwalterin erhobenen Anspruch könnten auch Einwendungen entgegen gesetzt werden, die der Beklagten im Verhältnis zur Betreibenden zustünden. Die Wirksamkeit des Mietvertrags stehe nach rechtskräftiger Abweisung der Devastationsklage der Betreibenden fest. Die Bindungswirkung dieses Urteils erstrecke sich auf die "zwischengeschaltete Zwangsverwalterin". Dieser sei auch das Wissen der Betreibenden zuzurechnen. Die Zwangsverwaltung habe auf Mietverträge keinen Einfluss. Demnach könne die Zwangsverwalterin nur Rechte des Verpflichteten geltend machen. Der Verpflichtete habe wegen der Zinsvorauszahlung keinen weiteren Zahlungsanspruch; ein solcher könne somit auch der Zwangsverwalterin nicht zustehen. Der begehrte Mietzins sei unangemessen hoch. Zahlreiche Mängel des Bestandobjekts rechtfertigten überdies eine Zinsminderung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin könne sich an sich zwar auf die Rechte der Betreibenden nach § 1102 ABGB berufen, Letztere habe jedoch, wie "sich nicht zuletzt aus dem verlorenen Anfechtungsprozess" ergebe, Kenntnis von der maßgebenden Zinsvorauszahlung gehabt. Nicht von Bedeutung sei der persönliche Kenntnisstand der Zwangsverwalterin. Diese habe allerdings über die Zinsvorauszahlung "weit vor ihrer Einführung ... zumindest seit August 2003" gleichfalls Bescheid gewusst. Das materielle Publizitätsprinzip nach Grundbuchsrecht schütze lediglich gutgläubige Dritte. Die Zinsvorauszahlung wirke gegen die Betreibende als Hypothekargläubigerin, weil diese die Vorauszahlung im Zeitpunkt ihres Exekutionsantrags gekannt habe. Deren Schlechtgläubigkeit bewirke, dass sie sich auf die mangelnde Verbücherung der Vorauszahlung nicht erfolgreich berufen könne. Gleiches gelte für die Klägerin, die bloß als Zwangsverwalterin im Exekutionsverfahren der Betreibenden einschreite.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach ferner aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es vertrat die Ansicht, dass der Zwangsverwalter Gläubigerrechte gemäß § 1102 ABGB durchsetzen könne. Daran ändere § 111 EO nichts. Nach der jüngeren Rechtsprechung seit der Entscheidung SZ 39/197 wirkten Mietzinsvorauszahlungen selbst im Fall nicht verbücherter Bestandverträge gegen den Erwerber einer Liegenschaft, soweit er jene gekannt habe oder - entgegen einer noch in der Entscheidung SZ 39/197 enthaltenen Einschränkung - hätte kennen müssen. Diese Rechtsprechung sei indes auf einen betreibenden Pfandgläubiger und den im Exekutionsverfahren bestellten Zwangsverwalter anzuwenden. Dem Zwangsverwalter könne nach herrschender Auffassung eine bücherlich nicht angemerkte Zinsvorauszahlung nicht wirksam entgegen gehalten werden. Ihm gegenüber sei daher nur der Grundbuchsstand ausschlaggebend. Würde man Vereinbarungen über Zinsvorauszahlungen - nach den Gründen der Entscheidung JBl 1957, 561 - auch ohne deren Verbücherung Wirksamkeit gegenüber Pfandgläubigern zuerkennen, so wäre das mit dem "unerträglichen Ergebnis" verbunden, "dass jeder Hypothekargläubiger weitwendige Erhebungen" über eine allfällige Zinsvorauszahlung vor Abschluss des Pfandvertrags pflegen müsste. Die Rechtsstellung eines solchen Gläubigers werde überdies durch die einem Liegenschaftserwerber bekannte Zinsvorauszahlung "schon deshalb nicht berührt ..., weil die Zivilfrüchte ... von der ... vertraglich zugesicherten Verpfändung der Hauptsache grundsätzlich nicht erfasst" würden. Der Hypothekargläubiger könne daher "sein Recht auf nochmalige Bezahlung des vorausgeleisteten Mietzinses" nach § 1102 ABGB als eine insbesondere auf "die Zwangsverwaltung ... abgestimmte Sondervorschrift ... (erst) bei exekutiver Realisierung seines Pfandrechtes geltend machen". Infolgedessen sei nicht relevant, ob der betreibende Pfandgläubiger die Zinsvorauszahlung gekannt habe oder hätte kennen müssen. Die Gründe des Erstgerichts trügen eine Klageabweisung somit nicht. Deshalb bedürfe es im fortgesetzten Verfahren ergänzender Feststellungen über den angemessenen Mietzins und über die von der Beklagten behaupteten Mängel des Bestandojekts als Grundlage einer allfälligen Zinsminderung. Die Entscheidung hänge von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ab. Die maßgebenden Leitentscheidungen (MietSlg 2.445; SZ 15/248; JBl 1957, 561), auf die sich das Berufungsgericht gestützt habe, lägen "lange zurück". Eine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs in "neuerer Zeit" fehle.

Der Rekurs der Beklagten ist teilweise absolut unzulässig; im Übrigen ist er, wie aus den nachstehenden Ausführungen folgen wird, zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Zur Teilzurückweisung des Rekurses

Rechtliche Beurteilung

1. 1. Die Zwangsverwalterin brachte zwei Klagen - eine auf Zahlung offenen Mietzinses, eine weitere auf Räumung eines Bestandobjekts iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN zufolge Nichtzahlung des Mietzinses - ein. Das Verfahren über beide Klagen wurde vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Das Urteil des Erstgerichts auf Abweisung der Klagen sowie der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ergingen in den verbundenen Verfahren.

1. 2. Nach herrschender Ansicht ist der gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO privilegierte Zugang zum Obersten Gerichtshof nur dann anzuwenden, wenn etwa ein Anspruch auf Zahlung rückständigen Mietzinses zusammen mit einem Räumungsanspruch im gleichen Verfahren geltend gemacht wurde (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 195 mN aus der Rsp). Das ist hier nach dem unter 1. 1. wiedergegebenen Sachverhalt nicht der Fall.

1. 3. Entschied das Berufungsgericht - wie hier - über verbundene Rechtssachen, so ist deren Verbindung für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln - daher auch für die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs - nicht von Belang. Das gilt auch dann, wenn zwischen den mit mehreren Klagen geltend gemachten Ansprüchen ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht (Zechner aaO § 502 ZPO Rz 167 mN aus der Rsp [dort insbes zur Frage nach einer Zusammenrechnung gemäß § 55 JN]).

1. 4. Ließ das Berufungsgericht den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss - wie im Anlassfall - undifferenziert zu, besteht jedoch ein Rechtsmittelausschluss nach anderen Bestimmungen, so ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofs absolut unzulässig. Eine nach dem Gesetz jedenfalls unanfechtbare Entscheidung kann demnach durch einen Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof nicht anfechtbar werden. Diese Sachlage besteht etwa dann, wenn der Wert des berufungsgerichtlichen Entscheidungsgegenstands in einer § 502 Abs 2 ZPO unterliegenden Streitsache 4.000 EUR nicht übersteigt (Zechner aaO § 519 ZPO Rz 59 mN aus der Rsp).

1. 5. Im Anlassfall überstieg der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz im Prozess über das Zinszahlungsbegehren nicht 4.000 EUR. Es handelt sich dabei um eine Streitigkeit gemäß § 502 Abs 2 ZPO, weil dieses Begehren den Erwägungen unter 1. 2. folgend nicht zusammen mit dem Räumungsanspruch in einer Klage geltend gemacht wurde und die Verbindung der Verfahren über mehrere Klagen entsprechend den Ausführungen unter 1. 3. für die Beurteilung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln belanglos ist. Somit ist aber der Rekurs an den Obersten Gerichtshof im Prozess über das Zahlungsbegehren nach den unter 1. 4. referierten Leitlinien absolut unzulässig. Das Rechtsmittel der Beklagten ist daher soweit zurückzuweisen.

1. 6. Der Rekurs diente im zuvor erörterten Umfang nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Da die Klägerin auf den erläuterten Zurückweisungsgrund nicht hinwies, diente aber auch deren Rekursbeantwortung nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Die Streitteile haben demnach die Kosten des Verfahrens über den Rekurs, soweit er der Zurückweisung verfiel, nach §§ 40, 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO selbst zu tragen.

2. Zur Wirkung der Zwangsverwaltung auf Zinsvorauszahlungen

2. 1. Der Oberste Gerichtshof erkannte in der Entscheidung 1 Ob 46/05d (= EvBl 2005/167), deren Leitlinien in der weiteren Entscheidung 2 Ob 45/05i übernommen wurden, dass der Drittschuldner im Verhältnis zu den die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigern in gleicher Weise schutzwürdig sei wie etwa gegenüber Pfändungspfandgläubigern. Der Drittschuldner könne daher soweit gegen die gepfändete Forderung mit Forderungen aufrechnen, die bereits vor der Pfändung bestanden hätten. Es sei aus der Exekutionsordnung eine institutionell stärkere Rechtsstellung der eine Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger gegenüber jener von Pfändungspfandgläubigern einer Forderung des Verpflichteten nicht ableitbar. Die Zwangsverwaltung einer Liegenschaft mit Bestandobjekten ändere an der materiellen Rechtsstellung eines Mieters nichts. Sie bewirke insbesondere auch keinen Übergang der Rechtszuständigkeit in Ansehung des ihr unterworfenen Sondervermögens auf die Masse als juristische Person, sondern dem Verpflichteten sei nur die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Sondervermögen entzogen. Ziehe aber der Zwangsverwalter als gesetzlicher Vertreter des Verpflichteten dessen Forderungen ein, so könne der Mieter als Drittschuldner (auch) gegen die in die Zwangsverwaltungsmasse fallenden Mietzinsforderungen des Verpflichteten, die bei aufrechtem Mietverhältnis erst nach Übergabe der verwalteten Liegenschaft an den Zwangsverwalter entstanden seien, jedenfalls mit Gegenforderungen aufrechnen, die bereits bestanden hätten, als er von der Zwangsverwaltung Kenntnis erlangt habe.

2. 2. Der erkennende Senat tritt als Fachsenat in Exekutionssachen den Erwägungen des 1. und des 2. Senats in den zuvor referierten Entscheidungen bei. Eine solche Stellungnahme zur Rechtsstellung des Zwangsverwalters ist hier deshalb von Bedeutung, weil in der älteren Rechtsprechung bei Erörterung der Frage nach der Möglichkeit der Geltendmachung einer Vorauszahlung gegen den vom Zwangsverwalter eingeklagten Mietzins (auch) ins Treffen geführt wurde, der Zwangsverwalter sei „nicht als Vertreter des Verpflichteten anzusehen, sondern als ein Organ des Exekutionsgerichtes zur Durchsetzung der Zwangsvollstreckung (Verwaltung der Masse)" (2 Ob 1113/33 = SZ 15/248; implizit 1 Ob 600, 601/56 = JBl 1957, 561 [unter Berufung auf 2 Ob 1113/33]). Diese Auffassung ist, soweit die Rechtsstellung des Zwangsverwalters im Verhältnis zu dem der Zwangsvollstreckung unterworfenen Vermögen des Verpflichteten betroffen ist, nicht fortzuschreiben.

Die Beklagte betrachtet den Zwangsverwalter erkennbar ebenso als einen gesetzlichen Vertreter des Verpflichteten, der nur dessen Rechte geltend machen könne. Allein daraus ist jedoch für deren Standpunkt, sie könne gegen den von der Zwangsverwalterin nach einer Vertragsauflösungserklärung wegen Nichtzahlung des Mietzinses geltend gemachten Räumungsanspruch erfolgreich einwenden, dem Verpflichteten - und daher auch der klagenden Zwangsverwalterin - stehe die im Räumungsprozess behauptete Mietzinsforderung wegen der geleisteten Vorauszahlung nicht zu, nichts zu gewinnen. Die Beklagte erkennt insofern selbst, dass die Auslegung des § 1102 ABGB zur Wirksamkeit von Zinsvorauszahlungen (auch) im Verhältnis zu „einem später eingetragenen" Hypothekargläubiger als lex specialis streitentscheidend ist.

2. 3. Es wurde bereits in der unter 2. 2. erörterten älteren Rechtsprechung betont, dass der Bestandnehmer dem Zwangsverwalter eine Vorauszahlung des Bestandzinses nur dann entgegen setzen könne, wenn sie „in dem öffentliche Buch ersichtlich gemacht" worden sei. Der Zwangsverwalter sei daher im Fall einer unterbliebenen bücherlichen Ersichtlichmachung nach § 1102 ABGB „ungeachtet der vor Einleitung der Zwangsverwaltung an den Eigentümer geleisteten Vorauszahlung zur Einklagung des Mietzinses nach Eintritt seiner Fälligkeit berechtigt" (1 Ob 600, 601/56), mache doch der Zwangsverwalter insofern nur „die gegenüber den Gläubigern, die auf die als Pfand bestellte Pfandsache" griffen, „noch nicht wirksam getilgte Mietzinsforderung geltend" (2 Ob 1113/33). Im Übrigen wurde in der Entscheidung 2 Ob 1113/33 auch ausgesprochen, „die Vorschrift des § 1102 ABGB" sei „durch die jüngere des § 111 EO nicht geändert" worden (der Sache nach ebenso 7 Ob 325/98i = MietSlg 50.161; s zur Begründung dessen Klang in Klang² V 77). Damit wirke „eine Vorauszahlung für mehr als einen Zinstermin auch im Falle der Einleitung einer Zwangsverwaltung nur bei bücherlicher Anmerkung beim eingetragenen Bestandrecht (s Näheres dazu in 7 Ob 325/98i; 5 Ob 1010/93 = wobl 1995, 46 [Würth]) für den Mieter auf jeden Fall befreiend". An diesem (auch) dem Schutz von Hypothekargläubigern dienenden - und in dieser Hinsicht etwa auch die Ausführungen in den Entscheidungen 7 Ob 325/98i (bücherlich nicht ersichtlich gemachte Mietzinsvorauszahlung) und 5 Ob 601/90 (= SZ 63/232 [bücherlich nicht ersichtlich gemachte Zession von Pachtzinsforderungen]) tragenden - Grundsatz ist festzuhalten (aM im Kernpunkt bei einem zur Frage nach dem Vorliegen einer Zinsvorauszahlung vergleichbaren Sachverhalt 2 Ob 228/52 = MietSlg 2.445/28). Insofern sind die dem Schutzzweck gewidmeten Erwägungen in der Entscheidung 1 Ob 600, 601/56 relevant, dass andernfalls jeder „Hypothekargläubiger, bevor er sich vernünftigerweise zum Vertragsabschluss herbeilassen könnte, weitwendige Erhebung darüber anstellen müsste, ob nicht schon im Voraus über den Zins verfügt" worden sei. „Gerade das" habe aber das Gesetz „im Interesse des Hypothekarkredits vermeiden" wollen. Darauf wird zurückzukommen sein.

2. 4. Es entspricht nunmehr herrschender Ansicht, dass Zivilfrüchte - so etwa fällig werdende Mietzinse - von der Verpfändung der Hauptsache an sich nicht erfasst werden (6 Ob 319/01g = ÖBA 2003, 876; 8 Ob 198/99x = SZ 72/178; 7 Ob 325/98i je mN aus dem Schrifttum; s ferner zuletzt Iro in KBB § 1102 Rz 2). Daraus wird abgeleitet, dass die Rechtsstellung eines auf der Bestandliegenschaft hypothekarisch gesicherten Gläubigers durch eine im Grundbuch nicht ersichtlich gemachte Zinsvorauszahlung des Bestandnehmers gewöhnlich „nicht tangiert" werde (Iro aaO), weil er sein Recht auf nochmalige Zahlung „des vorausgeleisteten Mietzinses erst bei exekutiver Realisierung seines Pfandrechtes geltend machen" könne (7 Ob 325/98i). Nach dieser Auffassung kommt es für die erörterte Zugriffsmöglichkeit eines betreibenden Hypothekargläubigers - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht darauf an, ob der Betreibende im Zeitpunkt des der Pfandrechtsbegründung zugrunde liegenden Vertragsabschlusses von einer Zinsvorauszahlung wusste oder - auf dem Boden bestimmter Tatsachen - hätte wissen müssen (idS auch Binder in Schwimann, ABGB² § 1102 Rz 5 [Differenzierung in den Rechtsfolgen bei gutgläubigen Erwerbern einer Bestandsache einerseits und Hypothekargläubigern andererseits]; Würth in Rummel, ABGB³ § 1102 Rz 1 [die Erörtertungen zum „Gutglaubensschutz" betreffen nur den Erwerber einer Bestandsache, gegenüber „dem Zwangsverwalter" sei dagegen „der Grundbuchsstand" ausschlaggebend]).

2. 5. Das Vorbringen der Beklagten im Rekurs, die Betreibende verwerte gar „nicht ihr Grundpfandrecht", sondern führe „Exekution zur Hereinbringung eines Geldbetrags aus einem Versäumungsurteil ohne Bezugnahme auf die zu ihren Gunsten eingeräumten Pfandrechte gegen die Masse", ist als eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung unbeachtlich. Nach dem Klagegrund war in erster Instanz nicht zweifelhaft, dass sich der infolge Auflösung des Mietvertrags wegen Nichtzahlung des Zinses erhobene Räumungsanspruch auf § 1102 ABGB stütze, weil die streitverfangene Vorauszahlung dem Zwangsverwalter im Exekutionsverfahren eines Hypothekargläubigers als betreibender Partei mangels deren Ersichtlichmachung im Grundbuch nicht erfolgreich entgegen gehalten werden könne (s insb das Vorbringen der Klägerin nach dem Verhandlungsprotokoll ON 17 S. 3 ff). Die Beklagte behauptete dem entgegen nicht, dass die betriebene Forderung mit den hyothekarisch sichergestellten Ansprüchen nicht identisch sei. Es muss somit nicht erörtert werden, was im Fall mangelnder Identität zu gelten hätte.

2. 6. Die Beklagte beruft sich als Stütze für ihre Rechtsansicht auf die herrschende Ansicht, dass der Erwerber der Bestandliegenschaft eine im Grundbuch nicht ersichtlich gemachte Zinsvorauszahlung auch dann gegen sich gelten lassen müsse, wenn er sie kannte oder - auf Grund bestimmter Tatumstände - hätte kennen müssen (RIS-Justiz RS0020745, RS0020767; Iro aaO § 1102 Rz 1; Mader aaO; Würth aaO).

Dass die Frage nach der Gut- oder Schlechtgläubigkeit eines Hyptohekars nach dem bisherigen Verständnis des § 1102 ABGB nicht von Belang ist, folgt aus den Erwägungen unter 2. 4.. Diese Rechtslage bedarf hier keiner Überprüfung. Die Beklagte ist zwar der Ansicht, dass die die Rechtsstellung des Erwerbers einer Bestandliegenschaft charakterisierenden Umstände auf die Rechtsstellung eines Hypothekargläubigers übertragen werden müssten. Für die Frage nach dessen Schlechtgläubigkeit im Sinne der Erörterungen im Rekurs wäre jedoch nur entweder der Zeitpunkt des Abschlusses des Pfandbestellungsvertrags oder jener des Verbücherungsantrags von Belang, könnte doch etwa eine gutgläubig begründete, die Bestandliegenschaft belastende Hypothek vor dem Hintergrund des § 1102 ABGB jedenfalls nicht bereits dadurch entwertet werden, dass der Hypothekar erst nach dem Abschluss des Pfandvertrags oder allenfalls noch vor dem Antrag auf Einverleibung seines Pfandrechts von einer bücherlich nicht ersichtlich gemachten Zinsvorauszahlung eines Bestandnehmers Kenntnis erlangt oder eine solche Vorauszahlung zumindest hätte in Erfahrung bringen können.

Dass die Betreibende als Hypothekarin bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Pfandbestellungsverträge oder in den Zeitpunkten der Verbücherungsanträge Kenntnis von der im Grundbuch nicht ersichtlich gemachten Zinsvorauszahlung der Beklagten hatte oder auf Grund bestimmter Tatsachen hätte haben müssen, wurde von der Beklagten im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Die Rede war bloß davon, dass der Betreibenden die Zinsvorauszahlung der Beklagten „aus dem Vorverfahren" - damit wurde offenkundig auf den von der Betreibenden erfolglos geltend gemachten Devastationsanspruch Bezug genommen - „bekannt gewesen" sei (ON 7 S. 4, ON 17 S. 4). Auch im Rekurs beruft sich die Beklagte nur auf eine Kenntnis der Betreibenden „auf Grund ihrer Parteistellung in den Vorprozessen". Diese Behauptung betrifft auch den vom Masseverwalter im Konkurs des Vermieters geführten verlorenen Anfechtungsprozess. Beide Prozesse wurden erst Jahre nach der Verbücherung der Pfandrechte der Betreibenden eingeleitet. Es kann daher hier offen bleiben, ob die bisherige Begründung für die zuvor erörterte Rechtsstellung des Hypothekargläubigers betreffend eine bücherlich nicht ersichtlich gemachte Mietzinsvorauszahlung ausreicht.

2. 7. Die Beklagte führt schließlich noch ins Treffen, § 24 Abs 1 KO verdeutliche einen Wertungswiderspruch im Verhältnis zum Gläubigerschutz nach § 1102 ABGB, weil der „Zwangsverwalter, der nur die Rechte eines einzigen ... Gläubigers zu vertreten" habe, nicht besser gestellt werden dürfe als der Masseverwalter, „der für alle Gläubiger unter Berücksichtigung der Interessen des Gemeinschuldners einzuschreiten" habe. Soweit sich die Rechtsmittelwerberin als Stütze für diesen Standpunkt auf die Entscheidung „ecolex 2005/40" (= 2 Ob 178/04x) beruft, handelt es sich um ein Fehlzitat, betrifft doch diese Entscheidung weder einen nach § 1102 ABGB noch einen nach § 24 Abs 1 KO zu beurteilenden Sachverhalt. Gemeint dürfte die Entscheidung 2 Ob 123/04h (= ecolex 2005, 40) sein. Dort gelangte der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis, dass die Regelung des § 24 Abs 1 KO über die Bestandzinsvorauszahlung im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzes nach dem MRG unanwendbar sei. Demnach dürfe der Bestandnehmer grundsätzlich davon ausgehen, „das Objekt im gesamten Vorauszahlungszeitraum nutzen zu können". Aus den Gründen dieser Entscheidung ist für die im Rekurs vertretene Auffassung nichts zu gewinnen. Die Beklagte übergeht ferner, dass Absonderungsgläubiger im Konkurs über das Vermögen ihrer Schuldner nach § 11 Abs 1 KO gleichfalls privilegiert sind. Es sind daher keine tragfähigen Gründe dafür zu erkennen, dass § 1102 ABGB durch § 24 Abs 1 KO im erörterten Umfang materiell derogiert worden wäre. Für eine andere Sicht der Rechtslage finden sich auch im Schrifttum keine Anhaltspunkte (s zuletzt dazu etwa Iro aaO § 1102 Rz 3, § 1121 Rz 3; Würth aaO § 1102 Rz 4).

2. 8. Die voranstehenden Erwägungen sind in Beurteilung dieses Anlassfalls folgendermaßen zusammenzufassen:

An der Rechtsprechung, dass die Rechtsstellung eines auf der Bestandliegenschaft hypothekarisch gesicherten Gläubigers durch eine im Grundbuch nicht ersichtlich gemachte Zinsvorauszahlung unberührt bleibt, ist - trotz der in den Entscheidungen 1 Ob 46/05d und 2 Ob 45/05i begründeten Sicht der Rechtsstellung des Zwangsverwalters - festzuhalten. Das gilt jedenfalls insoweit, als die Frage nach einer Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis einer Zinsvorauszahlung durch den Pfandgläubiger im Zeitpunkt des Abschlusses des Pfandbestellungsvertrags oder allenfalls noch im Zeitpunkt des Verbücherungsantrags nach den Einwendungen des beklagten Bestandnehmers gar nicht aufgeworfen wird.

3. Ergebnis

3. 1. Dem Rekurs der Beklagten ist ein Erfolg zu versagen, da der bekämpften Ansicht des Rekursgerichts kein Rechtsirrtum anhaftet und eine abschließende Beurteilung der Streitsache erst möglich sein wird, wenn Feststellungen zu jenen Tatsachen vorliegen werden, deren Klärung das Rekursgericht für erforderlich hielt.

3. 2. Der Kostenvorhalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Die Beklagte vermochte zwar ihre Rechtsansicht nicht durchzusetzen, ihr Rekurs war jedoch Anlass für eine Überprüfung der im Anlassfall maßgebenden Rechtslage nach Ergehen der Entscheidungen 1 Ob 46/05d und 2 Ob 45/05i zur Rechtsstellung des Zwangsverwalters.

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